Dankbarkeit

Dort, wo es nichts zu essen gibt und man sich nirgends hinlegen kann, spricht man weder vom Essen noch vom Geld, noch von der Enge. Käme das einem in den Sinn, würde man ihn ungläubig anstarren. Dort liest man einander Tag und Nacht Gedichte vor, diskutiert die “ewigen Fragen”, bewundert einander endlos, und wenn man streitet, so nur deswegen, weil man zuviel vom anderen erwartet. Man spricht vom Gebet und bereitet sich auf die Kommunion vor: in Auge und Rede sprüht dort unablässig der Lebensfunke. Hier aber, wo es von allem zuviel gibt, hört man nur von Krise, Teuerung und steigendem Dollarkurs.

Aus “Die Kraft christlicher Torheit” von Tatjana Goritschewa (russische Philosophin) 1985

 

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