Einführung: Die elektromagnetische Gehirnaktivität und deren Darstellung im EEG
Für das Verständnis der audiovisuellen Stimulation ist ein grundlegendes Hintergrundwissen über die Funktionsweise unseres Gehirns unter der Perspektive der elektromagnetischen Gehirnwellen essentiell:
Das menschliche Gehirn besteht aus Abermilliarden Nervenzellen (Neuronen), welche wiederum von Abermilliarden Gliazellen unterstützt und versorgt werden. Jede einzelne Nervenzelle ist durch tausende axonaler und dentritischer Erweiterungen mit anderen Nervenzellen verbunden. In der Gesamtheit bilden diese ein gewaltiges neuronales Netzwerk: unser Gehirn - oder genauer: das zentrale Nervensystem.
Untereinander und über das gesamte Zentralnervensystem des Körpers hinweg tauschen die Neuronen elektrochemische Impulse aus. Jede dieser elektrochemischen Entladungen erzeugt ein elektromagnetisches Feld mit einer Frequenz zwischen 1 und 40 Hz (Schwingungen pro Sekunde). Die Gesamtheit dieser Signale bildet die sogenannten Gehirnwellen, welche mittels eines Elektroenzephalographen gemessen und als Elektroenzephalogramm (EEG) dargestellt werden können. Man unterscheidet hierbei zwischen vier wesentlichen Gehirnwellenbereichen:
Beta-Bereich: Dieser Gehirnwellenbereich umfaßt die Frequenzen 14 - 30 Hz und repräsentiert den wachen, konzentrierten, nach außen gerichteten Bewußtseinszustand, in welchem der Mensch sich den größten Teil der Zeit zwischen morgendlichem Aufstehen und abendlichem Zubettgehen befindet. Dieser Zustand ist gekennzeichnet durch mentale Aktivität und logisches, analytisches Denken, kann im Extremfall aber auch Unruhe, Sorge, plötzliche Angst, Anspannung oder Alarmbereitschaft bedeuten. Hohe Beta-Anteile stehen im Zusammenhang mit einem erhöhtem Ausstoß von Streßhormonen.
Alpha-Bereich: Dieser Gehirnwellenbereich umfaßt die Frequenzen zwischen 7 und 14 Hz. Kennzeichnend für diesen Zustand sind wohlige Entspannung, ruhiges, fließendes Denken sowie eine positive Grundstimmung. Die Aufmerksamkeit ist hierbei nach innen gerichtet und es geht eine erhöhte Empfänglichkeit für Suggestionen mit diesem Zustand einher. Aufgrund der Tatsache, daß der Mensch in diesem Zustand eine große Menge von Informationen verarbeiten kann, ist dies der bevorzugte Zustand für Superlearning.
Theta-Bereich: Dieser Bereich umfaßt die Frequenzen von 3 - 7 Hz und kennzeichnet den Zustand, in welchem wir uns üblicherweise während des Traumschlafs befinden. Es ist ein ruhiger Zustand, der durch ein gesteigertes, plastisches Erinnerungsvermögen, bildhafte Vorstellung, Phantasie und Kreativität sowie außergewöhnliches Problemlösen geprägt ist. Dieser Zustand wird auch durch Tiefenmeditation erreicht.
Delta-Bereich: Dieser Bereich umfaßt die Frequenzen 1 - 3 Hz und tritt normalerweise nur während des traumlosen Tiefschlafs auf, kann aber auch in Trance-Zuständen dominieren. Von großer Bedeutung sind diese Wellen für Heilungsprozesse und die Funktionstüchtigkeit des Immunsystems.
Weiterhin ist noch der Gamma-Bereich zu erwähnen, welcher oberhalb 30 Hz liegt, jedoch bislang kaum erforscht ist.
Verschiedene Gehirnwellen können in verschiedenen Gehirnarealen
gleichzeitig auftreten. So verändert sich das gesamte Gehirnwellenmuster
von Sekunde zu Sekunde. Die folgenden Abbildungen sollen das Verständnis
über die Gehirnwellen und deren Darstellung erleichtern:
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Amplituden-Darstellung:
zeigt den Wellenverlauf der Gehirnaktivität in ihrer Gesamtheit über einen bestimmten Zeitraum hinweg. |
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3D-Landscape-Darstellung:
ermöglicht die Spektralanalyse der Gehirnwellen für eine Messung über eine bestimmte Zeitdauer hinweg. |
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Mindmirror-Darstellung:
zeigt eine Momentaufnahme der Gehirnaktivität zu einem bestimmten Zeitpunkt - oder bezogen auf einen Zeitraum eine Darstellung der durchschnittlichen Gehirnaktivität auf den verschiedenen Frequenzwerten. |
Geschichte der visuellen Stimulation
Seit der Entdeckung des Feuers weiß die Menschheit, daß flackerndes Licht eine Wirkung auf die menschliche Psyche hat.. Sowohl antike als auch moderne Wissenschaftler haben dieses Phänomen beobachtet. Bereits 200 Jahre vor Christus entdeckte der griechische Philosoph und Wissenschaftler Ptolemäus, daß ein vor die Sonne gehaltenes, sich drehendes Spinnrad bei einer bestimmten Geschwindigkeit Bewußtseinsveränderungen beim Betrachter hervorruft, welche sich in Form visuell wahrgenommener Farben und Muster sowie eines Gefühls der Benommenheit und Euphorie niederschlagen können.
Zum Ende des 19. Jahrhunderts stellte der französische Psychologe Pierre Janet fest, daß hysterische Patienten weniger Anfälle hatten und wesentlicher entspannter wurden, wenn man sie mit flackerndem Licht therapierte.
In den vierziger und fünfziger Jahren experimentierte der Wissenschaftler Gray Walter mit einem elektronischen Stroboskop in Kombination mit EEG-Instrumenten zur Messung der Gehirnwellen. Die geschlossenen Augen seiner Versuchspersonen wurden hierbei mit rhythmischen Lichtblitzen in Frequenzen zwischen zehn und fünfundzwanzig Blitzen pro Sekunde bestrahlt. Zu seiner Überraschung schien das Flackern die Gehirnwellentätigkeit des gesamten Kortex - nicht nur die für das Sehen zuständigen Bereiche - dahingehend zu verändern, daß sich die Gehirnfrequenzen der Probanden der jeweiligen Stimulationsfrequenz anpaßten. Seine Versuchspersonen berichteten dabei von Visionen von Kometen, überirdischen Farben sowie von Farben geistiger, nicht visueller Art.
Im Laufe der sechziger Jahre wuchs das wissenschaftliche Interesse an dem Flackereffekt, aber erst Anfang bis Mitte der siebziger Jahre kam es zu einen großen Aufschwung, als plötzlich reihenweise überall auf der Welt unabhängige Studien zu diesem Phänomen durchgeführt wurden und wiederholt bestätigt wurde, daß rhythmisch blitzende Lichter eine rasch eintretende Resonanzwirkung auf Gehirnwellen hatten. Außerdem kamen die Forscher zu dem überraschenden und aufregenden Ergebnis, daß man mit der photischen Stimulation ein Werkzeug zur Verbesserung der Funktionen von Geist und Körper zur Verfügung hatte. Unabhängig voneinander entdeckten mehrere Forscher, daß
Geschichte der auditiven Stimulation
Während sich die einen Wissenschaftler also mit der visuellen Stimulation beschäftigten, kam durch andere nun noch die Erforschung der auditiven Stimulation hinzu. Zunächst beschränkte sich die auditive Stimulation lediglich auf rhythmische Klangimpulse. Ähnlich wie bei der visuellen Stimulation stellte sich hierbei heraus, daß das Gehirn dabei mit erhöhter Gehirnwellenaktivität auf der entsprechenden Frequenz reagiert und daß die beiden Gehirnhälften in einen Zustand größerer hemisphärischer Kohärenz und Synchronisation gebracht wurden.
Der Biophysiker Dr. Gerald Oster entdeckte 1973, daß sich die Gehirnwellenaktivität auch insofern beeinflussen läßt, indem man beide Ohren getrennt mit Tönen verschiedener Frequenz beschallt. Kombiniert man zwei auf unterschiedliche Frequenzen eingestellte Oszillatoren und schickt ihre Signale durch einen oder auch zwei getrennte (so daß sie sich erst in der Luft vermischen) Lautsprecher, dann erzeugen sie eine sehr regelmäßige Interferenzschwingung, die man sowohl mit beiden, aber auch mit einem Ohr wahrnehmen kann. Diese Signale nannte er monaurikulare Schwingungen. Ein ganz anderes Phänomen jedoch entsteht, wenn man Stereokopfhörer benutzt und die Signale den beiden Ohren getrennt zuführt. Auch dann nimmt man unter bestimmten Umständen rhythmische Schwingungen wahr, die sich allerdings deutlich von den monaurikularen unterscheiden. Diese Signale nannte er binaurikulare Schwingungen. Sie erfordern die kombinierte Tätigkeit beider Ohren und entstehen als Folge der Interaktion von Wahrnehmungen im Gehirn. Im Inneren des Gehirns vermischen sich die Töne so, daß eine binaurikulare Schwingung entsteht. Die Gehirnwellen werden dabei an den Rhythmus der Schwingung gekoppelt und beginnen entsprechend dem Unterschied der beiden Ausgangsfrequenzen zu schwingen. Stimuliert man also das rechte Ohr beispielsweise mit einem konstanten und gleichmäßigen Ton von 400 Hz und das linke mit einem konstanten Ton von 410 Hz, so entsteht im Gehirn eine binaurikulare Schwingung von 10 Hz, in diesem Fall also eine Frequenz im Alpha-Bereich. Das Gehirn reagiert mit einer entsprechenden Frequenzfolgereaktion.
Der Forscher Robert Monroe entdeckte darüber hinaus, daß die Frequenzfolgereaktion nicht etwa nur in dem für das Hören zuständigen Gehirnbereich auftrat oder nur in der linken oder rechten Hemisphäre. Vielmehr schwang das gesamte Gehirn mit, die Wellenformen beider Hemisphären wurden identisch in Bezug auf Frequenz, Amplitude, Phase und Kohärenz. Monroe hatte eine Technik zur Erzeugung von Hemisphärensynchronisation entdeckt. Seine Probanden berichteten beispielsweise nach den Tests der Stimulierung im Theta-Bereich übereinstimmend von allen mentalen Phänomenen, die dem Theta-Zustand zugerechnet werden: lebhaftes hypnagoges Bilderleben, schöpferische Gedanken, integrative Erfahrungen und spontane Erinnerungsbilder. Weiterhin führte die Stimulation im Beta-Bereich zu wacher Aufmerksamkeit und Konzentration. Monroe ließ sich dieses Verfahren patentieren und nannte es Hemi-Sync. Hemi-Sync wird heute weltweit zu therapeutischen Zwecken sowie zur Selbsthilfe eingesetzt.
Was die Wissenschaftler der modernen
Zeit scheinbar neu entdeckt haben, wird von Medizinmännern und Schamanen
der Stammesvölker schon seit tausenden von Jahren genutzt. Der rhythmische
Klang der Trommel ist ein grundlegendes Instrument zur Auslösung und
Aufrechterhaltung des schamanischen Bewußtseinszustands. Bei der
Untersuchung der Auswirkung des regelmäßigen, monotonen Trommelschlags
auf die EEG-Muster stellte der Forscher Andrew Neher fest, daß rhythmische
Schläge die Gehirnwellentätigkeit geradezu dramatisch verändern.
Andere Beobachter schamanistischer Rituale haben festgestellt, daß
während der Initiationsriten Trommelschlagfrequenzen im Theta-Bereich
vorherrschten.
Die audiovisuelle Stimulation als Synthese auditiver und visueller Stimulation
Weitere Forschungen bestätigten die Vermutung, daß wenn sowohl flackerndes Licht als auch pulsierende Klänge alleine genommen die Gehirnwellenaktivität koppeln und die hemisphärische Synchronisation verbessern konnten, eine Kombination von Klang- und Licht-Stimulation diesen Effekt noch verstärken würde.
Auf der Basis der Forschungserkenntnisse wurden die ersten audiovisuellen Stimulationssysteme entwickelt. Ursprünglich gaben diese simple Ton- und Lichtimpulse auf einer einstellbaren Frequenz ab oder das Programm war in einem Chip gespeichert. Es war ein hervorragendes Medium entstanden, um die Gehirnaktivität auf beliebigen Frequenzen anzuregen und auf diese Weise damit einhergehende Geisteszustände bzw. kognitive Funktionen zu fördern.
Die heute erhältlichen Systeme sind in ihrer Entwicklung bereits weitaus fortgeschrittener und bieten neben integrierten Programmen für die verschiedensten Anwendungsbereiche (Förderung von Entspannung, Konzentration, Auffassungsgabe, Gedächtnisleistung, Vitalität, Wohlbefinden, Kreativität, Imagination, Meditation, Trance, Schlaf, usw.) auch diverse weitere Features wie zum Beispiel die Möglichkeit der Erstellung eigener Programme, die interaktive Verwendung zusammen mit Biofeedbacksystemen oder den Einsatz externer Stimulationsprogramme, die auf CD gespeichert sind.