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... "Bei Gott, esch is´ die Wahrheit. Hab einen Film gesehen. Gorillas bauen Nester." "Du meinst Vögel", sagte Crowley. "Nester", beharrte Erziraphael. Crowley beschloß, es dabei zu belassen."Wie dem auch sei", brummte er, "alle Geschöpfe, groß und gemein. Ich meine klein. Alle Geschöpfe, groß und klein. Viele von ihnen haben Gehirne. Und plötzlich- zack. Aus und Ende.""Du bis´daran beteiligt" sagte Erziraphael vorwurfsvoll. "Du bringst Leute in Versuchung. Und du verschtehst dein Handwerk." Crowley knallte sein Glas auf den Tisch."Das isch nich´ fair. Ich meine, die Leute brauchen ja nicht einverstanden zu sein. Hier kommt Seine Erhabenheit ins Schpiel. Euer Beitrag. Außerdem: Es is´gar nich´schlimm, Leute in Versuchung zu führen und ihre moralische Standfestigkeit zu prüfen. Ja, damit hat alles seine Ordnung. Aber der Weltuntergang...Ich meine, alles einfach zu zerschtören..." "Na schön. Na schön. Mir gefällt esch ebensowenig wie dir, aber ich hab´s dir doch schon gesagt. Ich kann nich´un...ungeh...ungehorsch...Ich meine, ich muß mich an meine Anweisung halten. Immerhin bin ich ´n Engel.." "Im Himmel gibt´sch keine Theater", sagte Crowley. "Und es werden nur selten Filme gezeigt." "Du verschwendest nur deine Zeit, wenn du mich in Verschuchung führen willst", entgegnete Erziraphael und lachte humorlos. "Ich kenne dich, du alte Schlange." "Denk nur mal darüber nach". Fuhr Crowley erbarmungslos fort. "Weißt du eigentlich, wasch die Ewigkeit bedeutet? Weißt du wirklich, wasch sie bedeutet? Ich meine. Hast du eine Vorstellung, wasch die Ewigkeit is`? Nun, am Ende des Universums gibt es einen Berg, mehr alsch eine Meile hoch. Und einmal in tausend Jahren kommt da dieser kleine Vogel..." "Was für´n kleiner Vogel?" fragte Erziraphael argwöhnisch. ... Aus: Neil Gaimann/Terry Pratchett: Ein gutes Omen, (S.61) Übersetzung Andreas Brandhorst. Copyright 1991 by Rogner & Bernhard Verlag. | |
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... "Ehrenwort!" sagte George zu ihm. "Warum sollte ich wohl einen Hund belügen? Immer wenn ich meinen Onkel in Queens besuche, lächelt er mich bloß an und sagt:"Du bist eindeutig nach mir geschlagen, was, George? Ein Glück, daß dein Vater nicht mehr lebt, sonst würde er mir noch unterstellen, ich hätt was dran gedreht." Ich bin dreiundzwanzig Jahre alt, habe schon jetzt mehr Geld, als ich vermutlich für den Rest meines Lebens brauchen werde, habe summa cum laude abgeschlossen und bin gerade zum Campus- schreiber ernannt worden. Und alles nur in Ermangelung einer festen Freundin. "Schwanzwedelnd leckte der Hund ihm die Hand. Winselte. "Nein", sagte George. "Nicht unglücklich. Wie könnte ich in einer Welt, in der jemand seinen Lebensunterhalt mit dem Verkauf von Betonfauna verdient, deprimiert sein? Einsam vielleicht. Manchmal. Immer rastlos, Aber ich hab so eine Theorie, weißt du, daß wer auch immer den Laden schmeißt, dabei ist, mich für eine ganz große Sache aufzubauen - sagen wir Moby Dick, Teil 2 hoch vier, einen Roman, der den Gang der Geschichte verändern wird - ,und habe ich es erstmal geschafft, wird der Herausgeber die Zügel lockern und mir erlauben, wieder mit einer Frau zu schlafen, vielleicht sogar, mich richtig zu verlieben. Bloß, daß er nach einem Monat vollkommener Seligkeit wieder das Steuer herumreißen und mir was neues vor die Nase setzen wird, weswegen ich mir Sorgen machen kann... "Der Drachen war jetzt fertig zusammengebaut. George hob ihn hoch und zeigte ihn dem Bernhardiner. Mit seiner traditionellen Rautenform sah er aus wie ein längs aufgeschnittener Diamant, weiß mit einem aufgemalten Drachenkopf, von dem rote Strahlen nach allen Seiten ausgingen. Hinten schleifte ein rot-schwarzer Schwanz. "Den habe ich erst gestern in einem Laden gefunden", sagte George. "Mal sehen, wie er fliegt, hm?" Er stand auf, und der Hund fing wieder an zu bellen. Es war noch immer nicht der leiseste Hauch einer Brise zu spüren. "Ich weiß, ich weiß. Keine Sorge. Ich mag kein großes Glück bei Frauen haben, aber der Wind und ich sind fast schon ein klassisches Liebespaar." Und unter den weiterhin zweifelnden Blicken des Bernhardiners schaute George konzentriert in den Himmel, als suchte er dort nach einem vertrauten Gesicht. Den Drachen in der einen und eine Rolle starken Garns in der anderen Hand, begann er sich auf der Stelle zu drehen- erst nach Westen, dann nach Norden, dann nach Osten, dann nach Süden. Drei mal drehte er sich so im Kreis, unentwegt lächelnd, als wirke er einen ebenso amüsanten wie machtvollen Zauber. In gewissem Sinne tat er das wirklich, wenn er auch beim besten Willen nicht hätte sagen können, ob nun Magie oder Zufall dabei die treibende Kraft war. Er wußte nur, daß es funktionierte. Er blieb stehen und blickte dem Himmel noch einmal tief ins Auge. "Na komm", lockte George leise, und der Wind kam. Er wehte von Westen her, wo er die ganze Zeit gewartet hatte, und hob den Drachen mit unsichtbaren Händen empor. Der Bernhardiner stimmte ein wütendes Gebell an. "Toll, was? Das erste Mal hätte ich mir vor Angst beinah in die Hosen gemacht. Aber jetzt, wo ich mich dran gewöhnt habe, macht´s irgendwie Spaß. "Er stand da und lauschte dem Wind, der wahrscheinlich sowieso geweht hätte, aber jedenfalls niemals ausblieb, wenn er ihn das rief - und das schon seit seinem zwölften Lebensjahr, seit dem Tag, als er unter Anleitung von Onkel Erasmus seinen ersten Drachen hatte steigen lassen. "Vielleicht ist das ja auch gar nicht so merkwürdig", sagte er. In einem Buch oder einer Erzählung brauche ich nur einen einzigen Satz zu schreiben, und schon weht der Wind. Und jetzt stell dir mal die Welt vor, das wirkliche Leben, das ist doch auch nur eine Geschichte. Bloß, daß die keiner aufzuschreiben braucht." George lachte und zwinkerte dem Bernhardiner zu, während über ihnen der Drachen höher und höher stieg, ein Fabelwesen in einem rautenförmigen Käfig, das seine Flügel zum ersten Mal erprobte. ... Aus: Matt Ruff, Fool on the Hill, (S.24-26) Aus dem Amerikanischen von Giovanni Bandini und Ditte König(c) 1991 Carl Hanser Verlag, München - Wien |