Seitenende | Bilder

Es kommt eine Zeit,
da lassen die Bäume
ihre Blätter fallen.
Die Häuser rücken enger zusammen.
Aus dem Schornstein kommt Rauch.

Es kommt eine Zeit,
da werden die Tage klein
und die Nächte groß,
und jeder Abend hat
einen schönen Namen.

Einer heißt Hänsel und Gretel
Einer heißt Schneewittchen
Einer heißt Rumpelstilzchen
Einer heißt Katherlieschen
Einer heißt Hans im Glück
Einer heißt Sterntaler

Auf der Fensterbank
im Dunkeln,
daß ihn keiner sieht,
sitzt ein kleiner Stern
und hört zu.

Elisabeth Borchers

Seitenanfang

Wenn de Wind dör de Bööm weiht
un´t Gras nich mehr wassen deiht
un gael al warrt,
denn kummt de Tiet.

Wenn de Storm över´t Feld geiht,
wo lang schon keen Koorn mehr steiht
un Maehl al warrt,
denn is´t bald sowiet.

Dat de Dag körter warrt
un de Nacht de duert lang,
un de Kinner vun´e Nåver,
de warrn in Düüstern bang.

Wenn de Raeg´n vun´t Reitdack drüppt,
mien Söhn buten gauer löppt,
sunst warrt he natt,
denn snurrt binn´ de Katt.

Wenn de Wind dreiht, vun Noorn weiht
un Raeg´n gaeg´n de Finster neiht,
de Schiev´n dål rennt,
denn föhl ik mi wohl.

Wenn dat Füer in´e Kamin brennt
un jeder di bi´n Vörnååm nennt,
wiel he di kennt,
denn is uns´ Huus vull.

Denn de Nåvers sünd disse Tiet
ok nich geern alleen,
un de Teepunsch an´t Füer
mååkt de Waeder wedder schöön.

Wenn de Blaeder sik bruun farvt
un Wåter steiht in´e Grååv,
denn warrt dat Harvst
op uns´ Fresenhoff.

- Übersetzung hier klicken-

Knut Kiesewetter

Seitenanfang

Der Nebel steigt, es fällt das Laub;
schenk ein den Wein, den holden!
Wir wollen uns den grauen Tag
vergolden, ja vergolden!

Und geht es draußen noch so toll,
unchristlich oder christlich,
ist doch die Welt die schöne Welt,
so gänzlich unverwüstlich!

Und wimmert auch einmal das Herz
stoß an, und laß es klingen!
Wir wissen's doch, ein rechtes Herz
ist gar nicht umzubringen.

Der Nebel steigt, es fällt das Laub;
schenk ein den Wein, den holden!
Wir wollen uns den grauen Tag
vergolden, ja vergolden!

Wohl ist es Herbst; doch warte nur,
doch warte nur ein Weilchen!
Der Frühling kommt, der Himmel lacht,
es steht die Welt in Veilchen.

Die blauen Tage brechen an,
und ehe sie verfließen,
wir wollen sie, mein wackrer Freund,
genießen, ja genießen!

Theodor Storm

Seitenanfang

Gewaltig endet so das Jahr
Mit goldnem Wein und Frucht der Gärten.
Rund schweigen Wälder wunderbar
Und sind des Einsamen Gefährten.

Da sagt der Landmann: Es ist gut.
Ihr Abendglocken lang und leise
Gebt noch zum Ende frohen Mut.
Ein Vogelzug grüsst auf der Reise.

Es ist der Liebe milde Zeit.
Im Kahn den blauen Fluss hinunter
Wie schön sich Bild an Bildchen reiht -
Das geht in Ruh und Schweigen unter.

Georg Trakl

Seitenanfang

 

Der friedliche Übergang des Herbstes zum Winter ist keine schlechte Zeit. Es ist eine Zeit, in der man aufbewahrt und Vorräte sammelt, soviel man kann. Es ist schön, wenn man alles sammelt, was man ganz nah bei sich hat, seine Wärme und seine Gedanken, und wenn man sich weit innen einen sicheren Ort gräbt, wo man das verteidigt, was wichtig ist und kostbar und was man besitzt.
Dann können Kälte und Stürme und die Dunkelheit kommen, soviel sie nur wollen. Sie tasten über die Wände und suchen nach einem Eingang, doch alles ist verschlossen.
Und wer Vorsorge getroffen hat, sitzt drinnen, lacht in seiner Wärme und seiner Einsamkeit.

(aus Jansson, Herbst im Mumintal)

Seitenanfang


Dies ist ein Herbsttag wie ich keinen sah!
Die Luft ist still, als atmete man kaum,
Und dennoch fallen raschelnd, fern und nah,
Die schönsten Früchte ab von jedem Baum.
O stört sie nicht, die Feier der Natur!
Dies ist die Lese, die sie selber hält,
Denn heute löst sich von den Zweigen nur,
Was von dem milden Strahl der Sonne fällt.

Friedrich Hebbel

Seitenanfang

 

Im Nebel ruhet noch die Welt,
Noch träumen Wald und Wiesen:
Bald siehst du, wenn der Schleier fällt,
Den blauen Himmel unterstellt,
Herbstkräftig die gedämpfte Welt
In warmem Golde fließen.

Eduard Mörike

Seitenanfang

Die Blätter fallen,
fallen wie von weit,
als welkten in den Himmeln ferne Gärten;
sie fallen mit verneinender Gebärde.

Und in den Nächten fällt die schwere Erde
aus allen Sternen in die Einsamkeit.
Wir alle fallen. diese Hand da fällt.
Und sieh dir andre an: es ist in allen.

Und doch ist einer, welcher dieses Fallen
unendlich sanft in seinen Händen hält.

Rainer Maria Rilke

Seitenanfang

Herr, es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß.
Leg Deinen Schatten auf die Sonnenuhren,
und auf den Fluren lass die Winde los.

Befiehl den letzten Früchten voll zu sein
gib ihnen noch zwei südlichere Tage,
dränge sie zur vollendung hin und jage
die letzte Sßüße ind en schweren Wein.

Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr
Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben,
wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben
und wird in den Alleen hin und her
unruhig wandern, wenn die Blätter treiben.

Rainer Maria Rilke

Seitenanfang

Schwankende Bäume
im Abendrot -
Lebenssturmträume
vor purpurnem Tod -

Blättergeplauder -
wirbelnder Hauf - -
nachtkalte Schauder
rauschen herauf.

Christian Morgenstern

Seitenanfang

Als ich das Dis Irae in der Sixtinischen Kapelle hörte:

Nein, Gott, nicht so! Lenzfrohes Knospenspringen,
Olivenhain, der Taube Silberbrust
Zeigt klarer deiner Liebe Sein und Macht
Als Flammenschreck und Donnerkeulenschwingen.

Die roten Reben dein Gedenken bringen;
Ein Vogel, der des Abends westwärts fliegt,
Sagt mir von Ihm, den niemals Rast gewiegt;
Von dir, ich weiß es, alle Vögel singen.

Nein, komm nicht so! Komm in des Herbsttags Stille,
Wenn rot und braun entflammt die Blätter sind
Und über Wäldern echot Schnittersang.

Komm, wenn des runden Mondes Glanz und Fülle
Auf goldne Ährenbündel nieder rinnt,
Und ernte deine Frucht: wir harrten lang.

Oscar Wilde

Seitenanfang

Das ist ein Abschied mit Standarten
aus Pflaumenblau und Apfelgrün.
Goldlack und Astern flaggt der Garten,
und tausend Königskerzen glühn.

Das ist ein Abschied mit Posaunen,
mit Erntedank und Bauernball.
Kuhglockenläutend ziehn die braunen
und bunten Herden in den Stall.

Das ist ein Abschied mit Gerüchen
aus einer fast vergessnen Welt.
Mus und Gelee kocht in den Küchen.
Kartoffelfeuer qualmt im Feld.

Das ist ein Abschied mit Getümmel,
mit Huhn am Spieß und Bier im Krug.
Luftschaukeln möchten in den Himmel.
Doch sind sie wohl nicht fromm genug.

Die Stare gehen auf die Reise.
Altweibersommer weht im Wind.
Das ist ein Abschied laut und leise.
Die Karussells drehn sich im Kreise.
Und was vorüber schien, beginnt.

Erich Kästner

Seitenanfang

Die Blätter fallen von den Bäumen

Die Blätter fallen von den Bäumen,
was grün war, ist nun alles tot.
Die Wärme ist der Erd' entflohen,
die Sonne hat sich abgewandt.

Kein Fluss, der nicht über die Ufer tritt,
keine Wiesenblumen fangen das Licht.
Die goldene Sonne hat sich verhüllt,
auf frostige Nacht folgt Schnee am Tag.

Nun ist alles, was lebt, im Frost erstarrt,
nur ich allein bin von Hitze durchglüht.
Das Herz in mir brennt lichterloh,
entfacht von dem Mädchen, für das es schlägt.

Von Küssen wird das Feuer genährt,
und von meines Mädchens scheuer Umarmung.
In ihren Augen leuchtet sein Licht,
ein helleres gibt's auf Erden nicht.

Lateinisches Liebeslied aus dem 13. Jahrhundert
Übersetzung Gillian Bradshaw/Martin Schult

Seitenanfang

Nun laß den Sommer gehen,
Laß Sturm und Winde wehen.
Bleibt diese Rose mein,
Wie könnt ich traurig sein?

Joseph Freiherr von Eichendorff

Seitenanfang

Bilder:

Das Bild am Anfang ist ein Ausschnitt aus
"The Conversion Of Paula By Saint Jerome"
von Sir Lawrence Alma-Tadema (1836-1912)

Die Blätter kommen von PSP-Tubes aus dem Internet.

Übersetzung:

Friesenhof

Wenn der Wind durch die Bäume weht
und das Gras nicht mehr wächst
und schon gelb wird,
dann kommt bald die Zeit

Wenn der Sturm über das Feld geht,
wo lang schon kein Korn mehr steht
und schon Mehl geworden ist,
dann ist es bald soweit.

Dass die Tage kürzer werden
und die Nacht lange dauert,
und die Kinder vom Nachbarn,
die werden im Dunkeln ängstlich.

Wenn der Regen vom Reetdach tropft,
und mein Sohn draußen schneller läuft,
sonst wird er nass,
dann schnurrt drinnen die Katze.

Wenn der Wind dreht, von Norden weht,
und Regen gegen die Fenster schlägt,
die Scheiben hinunter rinnt,
dann fühle ich mich wohl.

Wenn das Feuer im Karmin brennt
und jeder dich beim Vornamen nennt,
weil er dich kennt,
dann ist unser Haus voll.

Denn die Nachbarn sind in dieser Zeit
auch nicht gern allein,
und der Teepunsch am Feuer
macht das Wetter wieder schön.

Wenn die Blätter sich braun färben,
und Wasser steht im Graben,
dann wird es Herbst
auf unserem Friesenhof.

zurück

 

Herbst/Inhalt

Gedichte/Inhalt

EMail

Gästebuch