Wer mein Schweigen nicht versteht, versteht auch meine Worte nicht  †

 

Es ist doch so, dass du zunächst glaubst zu wissen, wer du bist. Doch dann merkst du, dass du so nicht sein darfst, und deswegen versuchst du, dir aus den Erwartungen anderer eine neue Identität zu bauen, und diese versuchst du immer wieder zu perfektionieren, und dabei wirst du immer mehr zu dieser Person, und dieses Schauspiel verdeckt dich selbst immer mehr.
Die immer wiederkehrenden Eigenschaften deines eigentlichen Charakters werden ständig mit denen der Maske überzogen, und der Erfolg dieser Lebensweise bestätigt dich in der Annahme, dass du von Grund an nur den Wert hast, den andere dir zuteilen, und die Tatsache, nur ein Spielball des Wollens anderer zu sein, wird vollkommen aus deinem Denken verbannt. So bist du abhängig, und verkaufst deine Seele an das Konsumdenken der Gesellschaft, deren Mitglied du auf diese Weise geworden bist.
Die Tatsache der vollkommenen Abhängigkeit, die du verbannt glaubtest, kehrt jedoch zurück in dein Gedächtnis, und in deine verwirrte Seele, spätestens dann, wenn das Streben nach Vollkommenheit seinen Stillstand durch die wiederkehrenden Charakterzüge erreicht hat, und sich das Wohlwollen deiner angeblichen Freunde in ein Meer des Nichtwollens eingetauscht hat. Und du stehst da, mit deiner kaputten Seele, hast keine Kraft mehr, dein Schauspiel fortzuführen, brichst zusammen unter den Erwartungen anderer. Die vorgehaltene Maske, dein vorgetäuschtes Sein wird dir entrissen von den nackten dreckigen Händen deiner einstigen Freunde, und die kalten, nackten Füße der Gesellschaft deren Teil du einst warst- trampeln auf dir herum, und ihre Pfeile treffen deine freiliegende Seele, die du nun nicht mehr schützen kannst, tief.
Bald haben sie ein neues Opfer gefunden, und es erweckt den Anschein, als haben sie dich vergessen. Geschunden und gequält liegst du nackt im Dreck, versuchst mit letzter Kraft und Idiotismus aufzustehen, um wieder ein Teil derer zu sein, die du hasst. Doch die Vergessenheit war nur ein Trug, und die Füße kehren stampfend wieder zurück, und von weitem schießen ihre Münder wieder ihre Pfeile auf dich. Wieder liegst du am Boden, doch diesmal hast du nicht die Kraft, aufzustehen, und bleibst liegen. Du nimmst ihre Worte an, nimmst sie ernst, ohne sie zu hinterfragen, denn dies hast du nie gelernt. Der letzte Weg, du willst ihn für dich in Anspruch nehmen. Und dies tust du auch. In der Hoffnung, dann das zu sein, was du nie warst, ergibst du dich, und lernst ein neues Bewusstsein kennen.
Erst jetzt wird dir bewusst, dass die Gesellschaft aus Menschen besteht, und das es jedem von ihnen genauso ergehen wird wie dir. Dass jeder Täter einmal Opfer sein wird. Du siehst, dass ihre Anklagen nie dich betrafen, sondern das sie ein Schrei ihrer Angst waren, Angst davor, das gleiche erleben zu werden. Du hast dich einem Gericht ergeben, das urteilte, um sich selbst zu erhalten, und die Maske, die ihre wahren Gesichter verbirgt. Denn sie alle wussten tief in ihrer Seele immer, wer sie waren, doch die aufgesetzte Maske ließ sie dieses Wissen nicht nutzen. Denn sie waren immer ein Teil dieses Denkens, das sie beherrscht, und welches sie erst wieder loswerden, wenn es sie zerstört hat.