3. DIE URSPRÜNGE:

3.1 Musikalische Ursprünge:

Eine besondere Rolle spielt die musikalische Ausdrucksform, der sogenannte Rap. Viele verbinden mit Rap und HipHop das selbe. Dies ist falsch, da Rappen eigentlich nur das rhythmische Sprechen, also die Musik meint und dies eben nur ein Teil der HipHop-Kultur ist.

Die musikalische Ausdrucksform war schon immer ein Sprachrohr für kulturelle Differenzen und Widerstände. Rap zählt zu einer langen Kette von schwarzen Musiktraditionen (Blues, Jazz, Funk, Reggae, Soul, ...).

In den nächsten Punkten sind die wichtigsten Ursprünge der schwarzen Musik, die einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung der Rap Musik leisteten, näher beschrieben.

Afrika:

Rappen ist die Fortsetzung der mündlichen Traditionen, die vor vielen Jahrhunderten von den afrikanischen Ureinwohnern begonnen wurden. Ungeachtet der vielen Stämme und Sprachen gab und gibt es immer noch in Afrika "Griots". "Griots" schrieben und führten melodische Reime über soziale Inhalte der örtlichen Geschichte und Politik und priesen  in speziellen Fällen die vielen traditionellen Gottheiten bei religiösen und zeremoniellen Veranstaltungen. Das Repertoire der "Griots" wurde meist durch den Rhythmus von Trommeln und Schlagzeugen begleitet. Dies ist die Basis fast aller schwarzen Musikarten.

Auch Sklavenlieder haben sich aus dieser Kultur heraus entwickelt und an die Umgebung angepasst. Seitdem das Sprechen in der eigenen Sprache und die Benutzung der Trommeln den Sklaven von den Sklavenbesitzern verboten wurden, wurden aus den Feldliedern der Afrikaner die Arbeitslieder der Sklaven mit ihren eigenen ererbten Rhythmen. Diese sogenannten "Negro Spirituals" wurden geduldet, weil die Sklavenbesitzer bald erkannten, dass die Sklaven durch das Singen der Lieder produktiver waren.

Aus diesen "Negro Spirituals" entwickelte sich der Gospel, als anerkannt wurde, dass die Sklaven ihre eigene Seele haben und deswegen gefördert wurden bei der Errichtung ihrer eigenen christlichen Kirchen. Obwohl dort die christliche Lehre vermittelt wurde, konnte der afrikanische Geist nicht unterdrückt werden.

Auch nach der Abschaffung der Sklaverei wurden die Schwarzen mit Unterdrückung, Ausbeutung, Rassentrennung, Lynchjustiz und Armut konfrontiert. Daraus entwickelte sich der Blues, eine Musik, die sich durch eine Stimme und eine Gitarre oder Mundharmonika auszeichnet. Dadurch, dass das Tempo sich steigerte, mehr Instrumente hinzukamen und somit dem Takt und dem Rhythmus mehr Nachdruck verliehen, entstand der Rhythm And Blues, die Musik aus der Soul, Jazz und Rock´N´Roll hervorgegangen sind.

Jazz

Jazz Musik ist in seiner musikalischen Ästhetik dem HipHop sehr ähnlich, weil er auf die Verbindung afrikanischer Musiktraditionen mit den Instrumenten des 19ten und 20ten Jahrhunderts beruht. Rap ist die Verbindung afrikanischer Musiktraditionen mit der japanischen Technologie des 20ten Jahrhunderts (s. 5.1 DJ’ing). Auch die Jazz  Musik beinhaltet ein rhythmisches Sprechen, das sogenannte "Scatten", das dem Rappen sehr ähnlich ist.

Funk

Soul Musik drückt eher Freude aus, weil in den 60-ern die wirtschaftliche Entwicklung und die Bürgerrechtsbewegung die Lage der Schwarzen verbesserte. Bald entwickelte sie sich in eine Musik, die kritisch sein sollte für die weitere Entwicklung des Rap. James Brown ist wahrscheinlich die einflussreichste Person außerhalb der HipHop-Kultur in Bezug auf die Gestaltung der Rap Musik. Er hat praktisch den Funk erfunden.

Das erste Merkmal, das den Funk von seinen Vorgängern unterschied, war, dass nicht mehr die Melodie, sondern der Rhythmus in den Vordergrund gestellt wurde. Funk ist in erster Linie Tanzmusik - und zwar in bis dahin deutlichster Form. Beispielhaft ist dies in der Musik von James Brown, in der streckenweise nur noch Rhythmus und überhaupt keinerlei Melodie oder Gesang vorhanden ist.

Das erste Ziel dieser Vorgehensweise war, aus der Musik all das zu entfernen, was dem Tanzen nicht nutzte, oder es gar behinderte, und sie auf das Wesentliche zu reduzieren. Das heißt natürlich nicht, dass der Funk simpler oder oberflächlicher ist als andere Musik, vielmehr wurden nur andere Aspekte in den Vordergrund gestellt.

Jamaika:

In dieser ehemaligen Sklavenkolonie hatte eine ähnliche musikalische Entwicklung stattgefunden. In den späten 50-ern wurde karibische Musik kombiniert mit amerikanischem R´N´B und Doo Wop, einem Jazzstil aus den 40-er Jahren, woraus sich der Ska entwickelte. Als das Tempo langsamer wurde, wurde daraus Rock Steady, woraus in den 60-ern Reggae wurde.

Reggae

Das Konzept der Verbindung zwischen einem DJ bzw. Produzenten und jemandem, der über den Beat Geschichten erzählt oder Trinksprüche leistet, war schon sehr beliebt, als Rap, wie wir ihn heute kennen, noch nicht existierte. Auch der Gedanke, dass man zu einem bestimmten DJ ging, um seine Lieblingsplatten oder die Art, wie er die Platten abspielte, zu hören, war weit verbreitet. Hier entwickelte sich auch die Idee, dass der DJ aus Instrumental Stücken neue Stücke machte, indem man mehrere Stücke gleichzeitig laufen ließ und sie ineinander mischte, während ein anderer über diesen Beat rappte. Dies geschah in den mobilen Discotheken, genannt Soundsystems.

Der Sprechgesang im Reggae wurde "Toasting " genannt, was dem Rappen sehr ähnlich ist, allerdings schon in den 50-er Jahren betrieben wurde. Bei dieser Tradition wurden Erzählgedichte oder gereimte Geschichten gewöhnlich von Männern vorgetragen. Sie beinhalteten meist Gewalt und Obszönitäten. Man erzählte sie, um die Langeweile, z.B. beim Militär, im Gefängnis oder auf der Straße totzuschlagen.

Die Künstler, die über den Beat improvisieren oder vorbereitete Texte vortragen wurden im Dancehall zu Stars. Diese Musikrichtung kam nach New York. Als dort Jamaikaner auf die Disco Musik trafen, war Rap, wie er heute bekannt ist, geboren.  

3.2 Musik der Ghettos:

Geschichte

Vor 1910 lebten die meisten Schwarzen im Süden der USA, Ghettos gab es noch nicht.

Ab 1910 begann nun aber eine große Umsiedelungswelle vom Süden in die Großstädte des Nordens und teilweise an die Westküste. Grund dafür war vor allem, dass der Süden aufgrund der einseitigen Ausrichtung auf Landwirtschaft, die nicht mehr so stark gefragt war, und durch den verlorenen Bürgerkrieg stark verarmt war und zahlreiche Arbeitsplätze verloren gingen. Dies traf vor allem die schwarze Bevölkerung. Gleichzeitig entstanden wegen der massiven Industrialisierung im Norden dort aber so viele Jobs, dass eine große Nachfrage nach Arbeitskräften vorherrschte.

Aus diesem Grund wanderten viele Schwarze (innerhalb weniger Jahre 1,5 Mio.) in die Großstädte des Nordens und dort vor allem in die Innenstädte, in denen die neuen Fabriken entstanden.

Dort wurden sie von der weißen Bevölkerung nicht gerade freudig empfangen. Zunächst versuchten die Weißen, durch Zuzugsverbote die Schwarzen aus den Städten heraus zu halten. Da dies nichts nutzte, begannen sie aus den Innenstädten in die Vororte zu fliehen. Es kam zu einer Bildung von weißen Vororten und schwarzen Citys.

Da die Weißen finanziell sehr viel besser gestellt waren und zusätzlich neue Arbeitsplätze nun auch nicht mehr in der Stadt, sondern am Rand geschaffen wurden, verarmten die Innenstädte. Die Ghettobildung setzte ein.

Durch allerlei Maßnahmen (Gesetze, Trennung der Innenstädte von den Vororten) wurden zahlreiche Hürden gegenüber den inneren Bezirken aufgebaut. Es wurde für die Schwarzen so immer weniger möglich, in wohlhabendere Gebiete zu ziehen. Die Ghettos entwickelten sich für die meisten zu großen Gefängnissen, in denen die sozialen Probleme immer schärfer wurden.

An diesem Zustand hat sich bis heute eigentlich kaum etwas geändert, zumindest für den Großteil der Schwarzen.

Situation

Die Situation in den schwarzen Ghettos ist erbärmlich. Es gibt kaum gesicherte und feste Arbeitsverhältnisse, qualifizierte Arbeitsplätze sind Mangelware und die Arbeitslosigkeit ist dadurch sehr hoch.

Auch die Bildungsmöglichkeiten für Schwarze sind sehr schlecht. Öffentliche Schulen sind schlecht ausgestattet und für private fehlt meist das Geld.

Weiters gibt es schlechte medizinische Versorgung, die Häuser sind in miesem Zustand und sinnvolle Freizeitangebote existieren so gut wie gar nicht.

Gangs

Diese schlechte Situation in den Ghettos hatte zur Folge, dass  die Bildung von Gangs einsetzte. Gewalt wurde somit zum Alltag. Gangs gab es zwar auch schon in den 50-er Jahren, jedoch waren es damals Cliquen, die sich ab und zu Schlägerein lieferten. In den 60-ern schlossen sich diese Gruppen der "Black Power Bewegung" an.

Nachdem diese Ende der 60-er  Jahre zerschlagen war, änderte sich alles. Es entstanden Gangs, denen es nur noch darum ging, möglichst weite Gebiete der Ghettos unter ihre Kontrolle zu bringen. Dies ging natürlich mit äußerster Gewalt vor sich. Die Gangkämpfe sind somit zum Normalzustand geworden.

Anfang der 70-er Jahre wurde auch New York von Gangs regiert, welche sich die Stadt in Hunderte von Revieren teilten. Die größten Gangs waren die "Seven Crowns" und die "Black Spades", die große Teile der Bronx kontrollierten. Die Gangs waren in sogenannte "Divisions" aufgeteilt und diese wiederum in sogenannte "Chapter" (ein System, das bei nahezu allen Gangs zu finden ist, sogar bei den "Hells Angels"). In ganz New York bekriegten sich die Gangs so stark, dass es teilweise unmöglich war, von einem Stadtteil in den anderen zu gelangen ohne in Gewalttätigkeiten verwickelt zu werden. Viele Old School HipHopper bezeichnen diese Zeit auch als die Entstehungszeit von HipHop, denn damals wurden die Grundsteine für die sogenannten vier Elemente gelegt.