Zwiespalt zum Körper


Sie hasst mich, sie würde mich am liebsten verlassen. Dabei mag ich sie doch. Aber uns trennt eine Mauer die wir beide nicht übertreten können.
Ich bin ihr Körper und ich muss jeden Tag Schmerzen ertragen, die ich nicht beschreiben kann. Ich würde gerne weinen, um diesen Schmerz frei zu lassen, aber sie lässt es nicht zu. Sie mag es nicht, wenn ich weine. Ich weiß, dass sie nicht will, was mit mir gemacht wird. Aber wir können uns nicht berühren, sie kann mir nicht helfen. Ich weiß, dass sie es nicht böse meint, deswegen werde ich ihr verzeihen. Sie hasst diesen Mann, der mir das antut, aber sie hasst auch mich. Sie will mich zerstören und sie weiß, dass sie sich selbst damit auch zerstört. Sie tut mir immer weh, aber nur, weil sie immer so traurig ist, weil er mir wieder weh getan hat. Dann schlägt sie meine Hand gegen ihre Wand, bis ich blute oder sie lässt meine Zähne in meine Haut beissen. Aber das tut nicht so weh, als wenn sie meine Hand nimmt und ich mir mit Rasierklingen die Haut aufschneiden muss. Dabei darf ich jedoch weinen. Sie sagt mir dann, dass ich so bin wie die anderen, aber im Gegensatz zu ihnen weine ich Blut. Das beruhigt mich immer und mein kleines Herz beruhigt sich wieder.
Ich werde dann müde und sie legt sich endlich mit mir schlafen und ich weiß, ich darf dann endlich ausruhen.

Ich habe immer Angst vor den Wochenenden. Sie muss dann immer zu ihm gehen. Sie will es nicht. Ich will es auch nicht. Aber ich kann meine Beine nicht kontrollieren, ich kann mich ... Nein wir können uns beide nicht wehren. Jetzt machen wir alles zusammen. Wir lachen, wir lachen aber nur zum Schein. Ich weiß es tut ihr weh. Aber weinen kann ich auch nicht. Ich darf ja nicht weinen, sie will es nicht.
Ich bin müde, ich will das sie endlich mit mir ins Bett geht. Ich will schlafen. Mein Herz schlägt jetzt schneller. Ich will die Augen schließen, aber ich kann nicht. Sie hat Angst die Augen zu schließen. Wir können ihn beide sehen. Ich weiß, sie hat jetzt Angst.
Ich will mich wegdrehen, aufstehen und fortgehen, aber ich kann nicht. Ihre Angst lähmt mich. Jetzt fängt es wieder an. Sie beginnt mich zu hassen. Das macht mich traurig. Ich mag sie doch! Warum mag sie mich nicht? Sie quält mich ... Jetzt ist mir schlecht, weil ich so böse denke. Sie kann doch nichts dagegen tuen.

Ich habe Schmerzen und sie hat Angst. Sie kann sie nicht fühlen. Wir leben nicht zusammen, sie hat keine Gefühle gegenüber mir. Aber ich muss sie ertragen, ich muss sie spüren. Ich blute. Schon wieder. Es tut weh. Ich will weg, aber es geht nicht. Sie würde dableiben, getrennt können wir nicht fort von hier. Wie lange ist er heute da? Eine Stunde? Oder nur ein paar Minuten? Ich habe kein Zeitgefühl, denn ich habe jetzt keine Verbindung zu ihr. Sie weiß auch nicht, wie lange es heute dauert. Sie fühlt sich jetzt Tot, sie stirbt, aber ich fühle, dass ich lebe, denn ich spüre den Schmerz, den sie ertragen muss und den ich erleide. Ich fühle mich schuldig, sie mag mich jetzt nicht mehr. Ich habe Angst vor morgen, sie wird mich wieder bestrafen. Das mag ich nicht.

Es hat jetzt aufgehört. Ich darf mich wieder bewegen. Mir ist kalt und wir kauern uns zu einem kleinen Bündel zusammen. Ich habe Schmerzen, mir tut alles weh, ich will mit ihr weinen, aber wir, ich darf nicht weinen. Nicht jetzt.

Ich bin ihr Körper, aber sie hat die Kontrolle über mich. Sie hasst mich und ich mag sie. Es macht traurig. Uns verbindet nichts mehr. Sie will mich nicht. Sie hasst mich. Jetzt. Wieder. Wir können nicht so leben, wie wir es jetzt tuen, das halten wir beide auf Dauer nicht durch. Ich hoffe, dass sie mich eines Tages wieder mögen wird. Irgendwann. Ich bin doch ihr Körper.

Ich sind doch Wir.