Spatzenleben (Teil 2)

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In der naechsten Nacht weckte mich Schleicher mit seiner feuchten Zunge. Er wimmelte leicht und kratze leicht mit seiner Pfote auf dem Boden vor mir. Mein Blick wanderte und ich entdeckte die zwei roten Baumspringer, die er erbeutet und zu mir gebracht hatte um mit mir zu teilen. Ich vergrub meine Haende und mein Gesicht in Schleichers struppigen Fell. Es war ein nette Geste, sumal an den Nagern, auch wenn sie ganz gut schmeckten, nicht besonders viel dran war. Normalerweise sammelten sie zu dieser Jahreszeit auch Nuesse. Ich sprang auf. "Schleicher, zeig mir, wo du sie gefangen hast!" rief ich. Vielleicht war es mir ja moeglich einigen Spuren zu folgen und ein Nuessernest auszugraben. Ich folgte Schleicher, der uebermuetig vor mir her sprang, aus meiner kleinen Hoehle und etwas weiter in den Wald hinein. Dann blieb er schliesslich stehen und schnueffelte am Boden. Ich kniete nieder. Fuer mich sah der Boden eigentlich ganz normal aus, doch ich wusste, dass da irgendwelche Spuren sein mussten. Lange starrte ich auf den Boden, einmal drifteten meine Gedanken davon und ich musste mich wieder von neuem konzentrieren, aber schliesslich sah ich es. Ich erinnerte mich, dass mein Vater mir einmal erzaehlte, dass es beim Spurenlesen den Unterschied zwischen sehen und wirklich sehen gab und dass ich nicht wirklich sah. Bis zu diesem Augenblick hatte ich nicht wirklich verstanden, was er gemeint hatte. Es war schwer auf dem belaubten Boden etwas zu erkennen, aber unter einem dicken Baum entdeckte ich auf einem Fleckchen unbelaubten Bodens, einen einzelnen winzigen Fussabdruck. Dann den naechsten. Wenn man erstmal wusste, wonach man suchen musste war es ganz leicht und die winzigen Unebenheiten, die die Baumspringer verursacht hatten, stachen mir ins Auge. Ich folgte der Spur langsam um den Baum herum und hatte Glueck, denn sie folgten nicht wieder den Baum hinauf, sondern verharrten kurz an einer Stelle, wo ich Kratzspuren erkennen konnte und fuehrten dann weiter. Ich kuemmerte mich nicht weite um die Spur und wo genau Schleicher die zwei Baumspringer gefangen haben musste, sondern fing an an der Stelle mit den Kratzspuren in der lockeren Erde zu graben. Schon bald hielt ich di erste Nuss, wie einen Schatz in meinen Haenden und grub eifrig weiter, bis ich das Nuessernest vollkommen ausgehoben hatte. Ich war zufrieden mit mir, denn auch wenn ich den Langbogen bis jetzt noch nicht spannen konnte, so hatte ich doch etwas geschafft, was mir zuvor noch nie gelungen war, naemlich einer so winzigen Spur zu folgen. Ich sammelte die Nuesse in meinen Lendenschurz und hielt inne. Ploetzlich hatte ich das Gefuehl beobachtet zu werden. Vorsichtig darauf bedacht, dass mein eventueller Beobachter nicht bemerkte, dass ich ihn bemerkt hatte, sah ich mich um. Alles schien ruhig. Nur die normalen naechtlichen Geraeusche waren zu hoeren. Das Rascheln der Blaetter im Wind, das Piepsen eines Maeuschens und das einsame Rufen einer Eule. Nichts besonderes. Ich hatte mich wohl geirrt. Seufzend machte ich mich auf den Weg zurueck zu meinem Lager. Einer ploetzlichen Ahnung folgend drehte ich mich nochmal um und blickte zurueck zu dem Baum, wo ich die Nuesse gefunden hatte, und ploetzlich sah ich es. Das leuchten eines orangenen Augenpaares, dass sich im Licht der zwei Monde reflektierte. Wir starrten einander an. Diese Augen fesselten mich aus Gruenden, die mir voellig unbekannt waren. Sie schienen vertraut, aber auch unheimlich, oder war es nur die Stimmung. Ich alleine im Wald stehend und beobachtet von irgendeiner unbekannten Gefahr. Ich blinzelte und in der Sekunde in der der Blickkontakt unterbrochen war, verschwanden die Augen, genauso schnell, wie sie aufgetaucht waren. Ich froestelte in der frischen Luft. Was war es, dass ich da gesehen hatte, fragte ich mich, als ich mich schliesslich nach kurzen Wartens, ob sich das Wesen nochmal zeigte, auf den Rueckweg machte. Es gab nicht vielt Tiere, die fuer diese Augen in Frage kamen. Ich dachte an einen Baeren, aber ein Baer hatte andere, rundere Augen. Ich dachte an einen Wolf, aber ein Wolf haette sich mir wahrscheinlich gezeigt oder mich wenigstens gefragt, was ich in seinem Revier macht. Aber wenn es ein Wolf war, wo war das Rudel? Ich dachte an eine der grossen Raubkatzen, denen ich noch nie so richtige begegnet war, mal abgesehen von Tigerchen, aber die waren wirklich seltener und ich glaubte nicht, dass das die Augen einer Katze waren, aber sicher war ich mir nicht. Nur eines war mir klar. Was auch immer es war, es war gross genug um mich anzugreifen und zu toeten, falls es mir boese gesinnt war, oder sich bedroht fuehlte. So leise wie es war wuerde ich es nicht rechtzeitig bemerken und ohne meinen Speer, den ich dummerweise im Hain gelassen hatte, hatte ich kaum eine Moeglichkeit mich vernuenftig zu verteidigen. Aber wenn es mich anfallen wollte haette es es nicht schon laengst getan, als ich es noch nicht bemerkt hatte. Mit einem bedrueckten Gefuehl erreichte ich mein Lager. Das Gefuehl beobachtet zu werden war verschwunden, aber, so ungern ich es mir auch zugestand, ich machte mir Sorgen. Energisch schuettelte ich den Kopf und bereitete mein Mahl vor, dass ich geschwisterlich mit Schleicher teilte. Nach der Staerkung griss ich nach dem Bogen. Muerrisch dreht ich ihn in meinen Haenden. Ich war fest entschlossen es diese Nacht zu schaffen. Ich bedrachte ihn. Das gerade, glatte, dunkle Holz. Normalerweise waren oft schon etwas gebogen. Mein Langbogen war anders. Er war ziemlich gerade, nur leicht gebogen, aber felxible. Um ihn zu biegen musste man mehr Kraft aufwenden. Ich seuzte und rieb meine von gestern etwas steifen Arme. Ich war nicht kraeftig genug. Ploetzlich kam mir mein Traum wieder in den Sinn. Wenn nicht der Weg, dann ein anderer! Der Gedanke hatte sich irgendwie in meinem Kopf festgesetzt. Wenn nicht der Weg, dann ein anderer! Ich erinnerte mich, dass mein Bruederchen, als er juenger war, manchmal seinen Fuss benutzt hatte um seinen Bogen zu spannen. Mit hochgezogenen Brauen dachte ich darueber nach. Wenn nicht der Weg, dann ein anderer. Wenn ich den Bogen nicht mit meinen Armen spannen konnte, dann vielleicht...Ich befestigte die Sehne an einem Ende des Bogens, dann umfasste ich mit meiner linken Hand fest das obere Ende des Bogens und brachte ihn in die richtige Position neben meinem Fuss. In der anderen Hand hielt ich das lose Sehnenende. Schliesslich so weit hob ich mein linkes Bein und setzte meinen Fuss sicher in die Mitte des Bogens. Als letzten Schritt liess ich mich schraeg zur Seite nach unten fallen, drueckte dabei mein Bein durch und erreichte dadurch, dass sich der Bogen wegen meines Koerpergewichtes bog. Schnell befestigte ich die Sehne am oberen Bogenende und es war geschafft. Ich hatte den Langbogen gespannt. Die Art und Weise war zwar unterschiedlich von wie mein Bruder seinen Bogen gespannt hatte, da er seinen Fuss nur zum Festhalten des Bogens benutzt hatte, und unterschiedlich von der Art jeder andere Elf seinen Bogen spannte, den ich je gekannt hatte, aber das Ergebnis war das selbe. Gluecklich betrachtete ich die stolze Kruemmung des Bogens. Ich warf ihn kurz in die Luft und fing ihn wieder auf. "Na Schleicher, was meinst du?" fragte ich meinen Wolfsfreund. "Soll ich es versuchen?" Ich sah in die goldbraunen Augen meines Wolfes und er gab einen leisen, auffordernden Laut von sich. Ich nickte laechelnd, stellte mich seitlich hin und hielt den Bogen der Hand meines linken Armes bevor ich die Sehne mit zwei Fingern meines rechten Armes umfasst und sie unter mein Kinn zog, bis sich meine Hand unter meinem Ohr fuehlen konnte. Auf der Sehne war viel Spannung und ich hatte leicht Schwierigkeiten sie so weit zu ziehen und in der richtigen Position zu halten. Meine Arme begannen vor Anstrengung zu zittern. Als ich sie schliesslich losliess und sie mit dem bekannten Geraeusch, dass ploetzlich nicht mehr deprimierend klang, durch die Luft sirrte, war ich ploetzlich froh, dass ich noch keinen Pfeil benutzt hatte. Ich haette sowieso nicht getroffen, so sehr wie meine Arme gezittert hatten. Ich aergerte mich darueber, dass ich so schwach war. Ich musste staerker werden. Staerker und besser. So schwach wie ich war, war ich meinem Stamm und meinen Liben wohl kaum eine Hilfe. Meine Fingernaegel drueckten sich in meine Handflaeche, als ich eine feste Faust ballte. Ich hasste es mich schwach zu fuehlen. Ich hasste es zu versagen. Und ich wuerde nicht. Ich wurde wieder etwas lockerer, aber der groesste Teil der Anspannung blieb. Ich war hier um zu lernen. Ich war hier um das zu lernen, was ich nicht konnte und ich wuerde nicht eher aufgeben und in den Hain zurueckkehren bis ich es geschafft hatte.
Schwarzgefieder segelte von einem Ast herunter und unterbrach meine duesteren Gedanken. Ich laechelte ihm leicht zu und ploetzlich bemerkte ich, dass mit Schwarzgefieder noch etwas von den Baeumen herunter geflattert war. Ich nahm das kleine Etwas genauer in Augenschein. Es war ein kleiner, brauner Spatz, der froehlich peipsend und anscheinend verliebt, um Schwarzgefieder herumhuepfte. Dieser war wenig begeistert ueber seinen neuen Freund und Anhaengsel und guckte ein wenig skeptisch drein. Ich aber freute mich ueber den kleinen Spatzen. Er schien nicht mehr ganz jung und sah etwas zerrupft aus, aber er war ziemlich gut drauf und was das beste war, er brachte mich zum laecheln. Ich zerkleinerte eine Nuss, die von meinem Essen uebrig geblieben war und bot sie ihm an. Der Spatz flatterte sofort auf meine Hand und begann hungrig zu picken. Er war so zutraulich. Schwarzgefieder kraechzte eiferzuechtig und versuchte nach dem Spatzen zu hacken. Als er aber keinen Erfolg und der Spatz nur weiterhin empoert zwitscherned auf meiner Hand herumhuepfte, wandte er mir nur beleidigt den Ruecken zu, als wolle er sagen: "Ihn fuetterst du, aber mich nicht!" Heimlich rollte ich hinter seinem gefiederten Ruecken mit den Augen, dann nahm ich ein paar Nuesse in meine andere Hand und hielt sie ihm hin. Er sah sie, verzieh mich fast gleichzeitig und kraechzte begeistert. Eine Weile hatte ich beide Haende damit zu tun die Maegen zweier gefraessiger Voegel zu fuellen. Spaeter, als sich Schwarzgefieder satt aufgeplustert und der Spatz es geschafft hatte sich an ihn zu kuscheln, setzte ich meine Bogenuebungen fort. Ich uebte nur die Sehne zu spannen und alles in die richtige Position zu bringen und zu halten. Ich hoerte erst auf, als mein Arm sich richtig warm anfuehlte, er kribelte und ich das Blut in ihm klopfen fuehlen konnte. Erst dann war ich sicher, dass ich ihn kein weiteres Mal spannen konnte. Ich seuzte. Bogenspannen war so anstrengend. Die Nacht neigte sich schon wieder ihrem Ende zu, aber es gab noch einiges zu erledigen, bevor ich mich wieder in mein Laublager kuscheln konnte. Ich holte meinen Dolch und ging zu einem alten, grossen Baum. Leicht ritzte ich Kreise in die dicke Rinde. Moegen wuerde ich versuchen mit meinen Uebungspfeilen in das Auge der Kreise zu treffen. Ich pruefte die Rinde abermals. Sie war wirklich dick und ich wollte den Baum ja schliesslich nicht verletzten. Bluetenlicht wuerde mir das nur schwer verzeihen. Ich glaubte wirklich nicht, dass ich mit meinen Uebungspfeilen den Baum schwer verletzen konnte, denn sie wuerden kaum so weit die Rinde durchdringen. Ich nickte und entdeckte gluecklicherweise noch einen Busch mit alten Beeren, die, wie ich wusste, eine roetliche Farbe enthielten. Mit Hilfe der Beeren machte ich die Kreise auf dem Baum nur noch deutlicher. Jetzt musste ich nur noch etwas zum Essen finden...

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Kommentare:

Barra: wow Federregen
meine Arme tun vom Lesen ja schon weh! ich hab' auch schon öfter Bögen gespannt, das ist echt anstrengend! Das arme kleine Elfie!
Auf jeden Fall auch ein Lob eine deine Spatzkreation! Der ist absolut spatzig! Auch wenn ich bezweifle, dass er Nachts umhertollt- nunja... er liebt halt den eifersüchtigen Raben*g*
Barra

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