6. Der Dopplereffekt zum Messen und Beeinflussen von Temperaturen

6.a. Dopplerverbreiterung und Temperaturbestimmung

Beim Durchgang eines Lichtstrahls durch ein Gas oder eine Flüssigkeit
absorbieren die darin vorhandenen Atome oder Moleküle ganz bestimmte Wellenlängen. Sie verändern damit den Lichtstrahl auf eine Weise, die charakteristisch ist für den jeweiligen Stoff. Der Vergleich mit dem unbeeinflussten Strahl ergibt das Absorptionsspektrum,
bei dem die Stärke der Absorption gegen die Wellenlänge aufgetragen ist. Spiegel zur Umlenkung der Lichtstrahlen wurden in dieser schematischen Zeichnung weggelassen.
Die Dopplerverbreiterung meint die Verbreiterung von Spektrallinien aufgrund der Eigenbewegung der emittierenden oder reflektierenden Teilchen. Die Frequenz, die ein solches Atom, Molekül oder Ion aussendet ist gegenüber der eines ruhenden Teilchens verschoben, da aufgrund der Wärmebewegung die Teilchen ständig mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten und Richtungen ihre Lage zum Messgerät verändern.
Ist das gegebene Gas angeregt, werden von den bewegten Atomen Wellen unterschiedlicher Frequenz ausgesandt. Die Intensitäts-Frequenz-Kurve stellt ein Gauß-Profil dar. Es gilt:
I(w) = I(w0) * exp(-c(w-w0)/(w0*uw)2
Dabei ist w die Emissionsfrequenz ist, w0 die Frequenz eines ruhenden Atoms, c die Phasengeschwindigkeit und u die wahrscheinlichste Geschwindigkeit der Atome nach der Maxwellschen Verteilung, die von der absoluten Temperatur und der Atommasse abhängt. Diese Intensitätsverteilung gilt auch für Absorptionsspektren und behindert so spektroskopische Arbeiten. Allerdings ist der Effekt umgehbar, indem das Gas so stark heruntergekühlt wird, dass die Teilchen beinahe ruhen.
Andererseits kann man durch die Beobachtung der Spektrallinienbreite Rückschlüsse auf die Temperatur eines Gases ziehen, da die Spektrallinienbreite eine Funktion der Temperatur ist.
Bei einem Plasma mit Plasmadichten von bis zu 1011 cm-3 gilt die Beziehung:
T = 2*1012Ar(
dw0/w0)2
Ar ist die relative Atommasse

 

6.b. Laser-Doppler-Kühlung


6.b.i. Funktion und Aufbau

Der Dopplereffekt macht in der Forschung nicht nur kalte Atome notwendig, sondern er ermöglicht sie auch. Das zu kühlende Atom wird von zwei Laserstrahlen der selben Frequenz aus entgegengesetzter Richtung angestrahlt. Die Laserfrequenz ist gerade so eingestellt, dass die Photonen vom Laborsystem aus gesehen eine geringfügig kleinere Energie aufweisen, als nötig wäre, um das Atom vom Grundzustand in den ersten Angeregten zustand zu versetzen. Doch aufgrund des Dopplereffektes erscheint das Laserlicht einem Atom, das sich auf einen Laser zu bewegt, zu höheren Frequenzen - und Energien - verschoben. Damit reicht diese Energie, um das Atom anzuregen. Grundlage ist die Quantelung der Energiebeträge der Elektronen im Atom. Es absorbiert ein Photon und verringert dabei seine Geschwindigkeit. Anschließend fällt das angeregte Elektron wieder in den Grundzustand zurück, sendet dabei ein Photon in eine beliebige Richtung aus und erfährt einen Rückstoß.
Auf diese Weise ändern die zwischen den Strahlen eingefangenen Atome ständig ihre Geschwindigkeit - und zwar so, dass sie relativ zu den Lasern immer langsamer werden. Das für eine Dimension beschriebene Kühlverfahren lässt sich auf drei Dimensionen erweitern indem drei Paare von gegeneinander gerichteten Lasern aufgebaut werden, deren Strahlen sich am Ort der kleinen Atomwolke kreuzen.
Theoretisch betrachtet verhalten sich die Atome, wenn sie erst einmal hinreichend verlangsamt sind, als seien sie einer zur Geschwindigkeit proportionalen Bremskraft ausgesetzt. Da diese Kraft genau wie die Reibung in einer zähen Flüssigkeit wirkt, sprechen die Physiker von einem optischen Sirup.
Die Atome ändern in diesem Sirup ständig ihre Geschwindigkeit und beschreiben einen Zufallspfad, welcher der Brown'schen Molekularbewegung ähnelt. Im thermodynamischen Gleichgewicht entspricht die verbleibende Bewegung einer Temperatur, die sich theoretisch vorhersagen lässt. Für die häufig verwendeten Alkaliatome Natrium, Rubidium und Cäsium ist eine Temperatur von rund hundert Mikrokelvin rechnerisch möglich. In der Praxis konnte diese Grenze sogar unterschritten werden.
Ursache ist ein zum Vorkühlen der Atome hergestelltes Magnetfeld, das durch den Zeeman-Effekt das Atom in Unterniveaus aufsplittet. Aufgrund der phasenweisen Energieschwankungen dieser Unterniveaus ergibt sich die Sisyphus-Kühlung auf die hier nicht weiter eingegangen werden soll.


6.b.ii. Die Dopplergrenze

Die Dopplergrenze ist die theoretische Grenztemperatur bei der Laserkühlung. Die dauernd stattfinden Absorptions- und Remissionsprozesse ergibt sich die Beschleunigung der Atome, die der Abbremsung der durch den gerichteten Impuls entgegenwirkt. Aus dem Gleichgewicht dieser beiden Prozesse ergibt sich die Doppler-Grenze. Wie oben beschrieben stellt sie keine absolute Untergrenze für die Temperatur.


6.b.iii. Anwendung

Mit der Unterbindung der störenden Molekularbewegung werden verschiedene Beobachtungen und Nachweise möglich. So konnten die im Jahr 1929 vorhergesagten Bloch-Schwingungen modellhaft demonstriert werden. Auch die oben beschriebene Dopplerverbreiterung von Spektrallinien tritt bei stark gekühlten Atomen nicht mehr auf.
Selbst die Zeitmessung, die weltweit von hochgenauen Atomuhren gesteuert wird, würde nicht ohne die Dopplerkühlung funktionieren. Das Grundprinzip jeder Atomuhr beruht darauf, eine bestimmte Lichtfrequenz konstant zu halten, die den Takt der Uhr steuert. Die heute vielfach gebräuchlichen Cäsium-Atomuhren bestehen aus einem Ofen, in dem Cäsiummetall verdampft wird. So erzeugt man einen Strahl aus Cäsiumatomen, der durch ein luftleer gepumptes Rohr läuft. Ein Magnet an dessen Ende lenkt nur Cäsiumatome mit einem ganz bestimmten Energiezustand in den so genannten Resonator. In ihm werden die Atome mit Lichtquanten der Frequenz 9,19263177 Milliarden Hertz (Mikrowellen) bestrahlt. Die Atome können genau diese Frequenz absorbieren und werden dadurch angeregt. Nur diese angeregten Atome werden nun von einem zweiten Magneten in einen Detektor gelenkt. Wenn dort plötzlich weniger Atome eintreffen, muss sich die Frequenz des Lichts im Resonator etwas verschoben haben. Bei neueren Atomuhren spielt nicht nur Mikrowellen-, sondern auch Laserstrahlung eine Rolle. Die Bewegungsenergie der Cäsium-Atome wird durch das Verfahren der Laserkühlung reduziert. Eine solche Uhr geht weniger als eine Sekunde in 10 Millionen Jahren fehl.

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weiterführende Literatur
Jan Romberg