Das „Furtwänglersche Kompositionsdreieck“
(„Musisch-sozialen Methode“).
Die Dreieckspunkte und ihre
Bedeutung:
2.
Der Interpret
3.
Das Publikum
* Mögliche Berücksichtigung der „Befindlichkeit“ durch den Komponisten:
Durch die „Musisch-soziale Methode“ werden diese „Befindlichkeiten“ als schöpferische Möglichkeit für den Kompositionen definiert um Werke für Menschen mit seelischen Leiden speziell zu schaffen.
Werke
für seelisch leidende „Interpreten (2.)“ oder für seelisch leidende „Zuhörer
(3.)“ bzw. für beide (2.+3.) werden
geschaffen.
* Anmerkung:
Der Komponist muß hier keine therapeutische wie pädagogische Ausbildung
mitbringen.
Es wird aber für den Komponisten unumgänglich sein sich mit der Thematik, die zu seinem Kompositionsfeld gehört, zu beschäftigen – wenn ein Komponist z.B. ein sakrales Werk schafft benötigt er als Komponist zwar keine vollständige theologische Ausbildung, jedoch muß er seinen Geist für die sakrale Dimension öffnen.
Es
wird also ratsam erscheinen sich mit den Grundfragen therapeutischen,
pädagogischen Denkens (etc.) zu befassen- ebenso wie bei Sakralmusik der
Komponist sich mit religiösen Fragen ausreichend auseinandersetzen wird.
* Das Furtwänglersche
Kompositionsdreieck als Hilfsmittel zum Verständnis der Musikgeschichte:
Das
Furtwänglersche Kompositionsdreieck steht aber auch im historischen
Zusammenhang. Es ermöglicht die Veranschaulichung des Wechselspiels der 3
Komponenten(1.-2.-3.) im Bezug auf vergangenes wie zukünftiges Musikschaffen.
Diese Tatsache lässt Furtwängler in seinen
Schriften immer wieder auf die Kompositionen der Vergangenheit schöpferisch
blicken und hält diese Erkenntnisse auch für die Anforderungen an zukünftige
Kompositionen aufrecht.
Das
Kompositionsdreieck ermöglicht so eine „Ausgeglichenheitsschau“ für ein
zukünftiges Kunstwerk ohne es in seiner künstlerischen Freiheit einzuengen.
(siehe hierzu auch die Sinfonie Nr.2 in e-moll von Wilhelm Furtwängler).
* „Notwendigkeit der Ausgewogenheit“ im Kompositionsdreieck:
Das
Furtwänglersche Kompositionsdreieck veranschaulicht auch treffend die
„Notwendigkeit der Ausgewogenheit“, womit das Dreieck so bedeutsam für die
„Musisch-soziale Methode“ ist.
Die „Musisch-soziale Methode“ greift diese
„Notwendigkeit der Ausgewogenheit“ auf, sie steht ja bei der schöpferischen
Problematik von seelisch leidenden Menschen als Aufgabenstellung im
Vordergrund.
Anhand
einiger Beispiele soll dies veranschaulicht werden:
Beispiel 1:
Der Komponist schreibt z.B. ohne Rücksichtnahme auf den/die Interpreten, sieht also nur seinen Standpunkt (1.)im
Kompositionsdreieck.
Die Line: Komponist(1.) – Interpret(2.) besitzt eine
schwache Ausprägung:
Das Stück ist zu schwer oder zu lange, bzw. gesundheitlich gefährdend, zu laut (Hörschäden), zu dissonant (psychische Überforderung), hat zu wenige Pausen für den Spieler (Rückenschmerzen) etc., so daß seine Konzentration leicht überbeansprucht wird („virtuose Monotonie“ gff. die des Schriftbildes) oder körperlich an Grenzen stößt.
Beispiel 2: Der Komponist berücksichtigt nicht die Befindlichkeit im Publikum:
Die Line:
Komponist(1.) - Publikum (3.) besitzt eine schwache Ausprägung:
* Die „Musisch-soziale Methode“ - mehr als
Kompositionsmethode
Die
„Musisch-soziale Methode“ basiert auf dem Kompositionsdreieck des Komponisten
Wilhelm Furtwängler.
Sie
definiert sich hier dergestalt, daß wir sie als eine kombiniert
pädagogisch-therapeutische „Kompositionsmethode „bezeichnen können.
Der seelisch Leidende ist hier entweder als
(Teil der) Interpreten(2.) oder (Teil des) Publikum (3.) anzutreffen – oder
befindet sich sogar in beiden Dreieckskomponenten (2.+3.). Für die
„Musisch-soziale Methode“ ist die Veranschaulichung der künstlerischen
Problemstellung anhand des Furtwänglerschen Kompositionsdreiecks unentbehrlich.
Da aber die Auseinandersetzung mit der „Befindlichkeit“ der Interpreten (2.)
oder des Publikums(3.) auch eine Interaktion voraussetzt heißt die
„Musisch-soziale Methode“ nicht „musisch soziale Kompositionsmethode“.
Der Komponist sitzt nicht nur und schreibt
Noten, er setzt sich mit dem Ensemble und mit den Zuhörern schöpferisch
auseinander (er hilft ihnen vielleicht und berührt somit die Bereiche Pädagogik
und Therapie). Jene Vorgangsweise ist also in der Bezeichnung „Musisch-soziale
Methode“ implementiert.
Der lebendige Dialog im Wechselspiel
zwischen den Dreieckspunkten des Furtwänglerschen Kompositionsdreieck ist ein
erstrebter positiver Effekt.
Es werden also nicht ausschließlich Kompositionen
die für ein „spezielles Publikum“ wie z.B. für die Patienten einer
Psychiatrischen Klinik geschrieben sondern es kommt zu einer schöpferischen
Interaktion des Komponisten - zu einer schöpferischen und inspirierenden
„Wahrnehmung“ – zu der Menschen für die er komponiert. (s.a. Literatur
Liebeslied, oder Religiöser Lobpreis Gottes, Werke mit Widmung, etc...) – Der
Komponist gleitet niemals in das „bloß-therapeutische“ oder das
„bloß-Sonderpädagogische“ ab – jene
Kunst will Kunst für Menschen bleiben.
Es wird augenscheinlich, daß die menschliche
Begegnung mit seelisch leidenden Zuhörern wie seelisch leidenden Interpreten (es
kann auch eine Kombination von Berufsmusikern und seelisch leidenden Musikern
sein) ein Teil der „Musisch-sozialen Methode“ darstellt.
„...Die musisch soziale Arbeitsweise ist
für den Komponisten also nicht nur eine Kompositionsmethode sondern eine klare
wenn auch neue „Non-verbale Kommunikationsform“ mit der Sprache der KUNST
jenseits von rein pädagogischen oder rein therapeutischen Konzepten.
Der Komponist ist Künstler und kommuniziert,
er nimmt wahr, er verarbeitet, er schafft aus diesen Inspirationsquellen zum
Seelenheil seiner Mitmenschen.“
Gerald Spitzner
Nov.2007
Literatur:
Wilhelm Furtwängler:
„Gespräche über Musik“,
F.A.Brockhaus 1983, ISBN 3-7653-0294-5
„Ton und Wort“, Atlantis
Musikbuch-Verlag, Zürich u. Mainz 1994, ISBN 3-254-00199-0
„Aufzeichnungen 1924-
1954“, Atlantis-Musikbuch-Verlag, Zürich u. Mainz 1996, ISBN 3-254-00208-3
„Sinfonie in e-moll,
Nr.2“, Musikverlag Ries und Erler,
ISMN: M-013-51148
Prof. Renate Spitzner:
Das „Furtwänglersche
Kompositionsdreieck I-VI“ für Violine und Viola, 2007 über venite@gmx.at
Gerald Spitzner:
„Stabat Mater“, CD mit
Partitur 2007 (als PDF-Dokument) über venite@gmx.at
„Magnificat“, CD mit
Partitur 2007 (als PDF-Dokument)
über venite@gmx.at
Joseph Ratzinger :
„ Jesus von Nazareth“,
Verlag Herder, Freiburg in Breisgau 2007, s.a. 131 – 160, ISBN: 9783451298615
Cécile
Ladjali:
"Mauvaise langue", Verlag Seuil
2007, ISBN: 9782020953351
Dante Alighieri :
„Die Göttliche Komödie“,
Insel Verlag Frankfurt am Main und Leipzig, 1997,
aus
dem Italienischen von Friedrich Freiherr von Falkenhausen, s. Teil II-III
„Gesichter der
Menschlichkeit“, Österreichischen Sozialministeriums, 2001
"Maschinelles
Virtuosentum oder musisch-soziale Arbeitsweise in der Rehabilitation",
Wissenschaftlicher Beitrag zum Thema "Mensch-Macht-Maschine" an
Universitätsklinik Graz, 1995, Vorstand Prof. Dr. Zapotoczky