Mondschatten auf der Donauinsel
Am Abend vorher hat er mich wieder einmal überrascht - Festbeleuchtung ohne Strom. Hochschauen - oh fast rund schon wieder. Wie wäre es, morgen endlich einmal dort zu laufen. Bei Vollmond auf der Donauinsel.
Was sagt die Wetterprognose? Wird es Wolken geben? Wann geht der Mond auf?
Sonntag Morgen stehen die Chancen günstigst wie nie. Letzte Vorbereitung - Begleiter motivieren. Klappt auch.
Nachmittags um 1/2 5 ein Blick aus dem Fenster: Siehe da, er leuchtet schon in guter Höhe über den Hausdächern. Die Wolken vom Tag haben sich restlos verzogen. Die Dämmerung geht ins Schwarz über. Endgültig wird der Abfahrtszeitpunkt festgelegt: in einer Stunde gehts los!
Noch einmal Tee kochen für die Thermoskanne. Wechselkleidung einpacken. Wieder ein Blick aufs Thermometer. Die Tankleuchte strahlt von Anbeginn. Geld haben wir keines bei. Bleibt einzig die Hoffnung.
Fast wie geplant, biegen wir auf den großen, fast leeren Parkplatz auf der Insel ein. Noch unter Laternen. Unbemerkt - wo hörten die Laternen auf, wo gab es nur mehr Mondlicht? Lichterperlenketten an den Donauufern. Mal eng gedrängt, mal einzelnes Glänzen. Heller Asphaltweg. Klar umrissen - unsere kräftig schwarzen Schatten. Einzig die Farben fehlen, sonst wärs wie am Tag.
Der Lauf wird langsam schneller. Wohlige Wärme. Ausser an einzelnen Körperstellen. Doch Füsse und Hände kuschlig warm. Der Wind hat wohl auch Pause zum Schauen gemacht. So zurückhaltend präsentiert er sich sonst nie hier.
Der Mond steht schräg hinten rechts. Links mein Schatten. Laufstilstudie. na gut, geht so. Zwischen Büschen ein dunkler Weg, dann wieder helles Band und breites Wasser. Links und rechts. Glatt und leicht gekräuselt. Doppelte Lichterketten.
Ereignis: ein großes Passagierschiff fährt vorbei. Lichtermenge.
Ereignis: ein Mensch kommt uns entgegen. Fast übersehen, grad so nicht angerempelt.
Ständig dabei - der Strassenlärm der Autobahn als Hintergrundrauschen.
Lichterschnüre in der Stadt. Fast jeder Weg die Hügel hinauf ist bekannt. Das sind die Strassen. Die Wanderwege bleiben Wald. Am letzten Hügel vor dem Fluß thront die Leopoldsburg.
Beim Schreiben jetzt blendet die Sonne.
to be continued
8.12.03 12:12
Klosterneuburg leuchtet unerwartet hell. Kirchtürme.
rechts der rote Sendemast auf dem Bisamberg. jetzt ist er kein Unbekannter mehr. kürzlich ganz nah vorbeigelaufen.
nach einer nächsten Biegung ist schon das Wehr zu sehen. das heisst - nicht das Wehr. die Lampen daran.
ist dieser Weg so schnell vorbei ? einmal umdrehen - ein ganz anderes Bild. Stadt, Helligkeit. jetzt gilt es also, die letzten Meter ins Dunkle, ins mondhelle Dunkle zu geniessen.
Umrundung der Inselspitze. jedes Mal - als wär dort Meer. so breit der Strom. Wellen schlagen auf die Felssteine. und dabei gibt es die Insel erst seit etwa 30 Jahren.
Rückweg
Hochhäuser. die UNO-City fast wie ein Downtown, obwohl dort sicher nicht das Zentrum von Wien liegt. netter Gag.
jedes Hochhaus bekannt. dazwischen der Donauturm. doch noch alles weit entfernt. links steht jetzt der Mond. rechts der dunkle Berg. immer wieder Blicke hoch zu beiden.
Bad im Mondlicht
über eine Stunde nix tun, ausser sich von ihm bescheinen zu lassen. laufen ? ach ja wirklich, ich laufe. so leicht und unmittelbar, wie lange nicht. keine Aufmerksamkeit an den Weg verschwenden müssen. glatter Asphalt. reinster Luxus für einen Waldläufer. weder auf den Atem noch auf die Uhr achten. später zeigt die Uhr das Tempo. doch ohne Wertung. ich brauche kein bestimmtes Tempo. ich bin hier, weil dazugehören möchte. zu dem Mondschein und der Dunkelheit. mehr nicht. ein Tanz. die Füsse streicheln den Boden. sanftes Aufsetzen. erinnere mich an andere Läufer - stampfend, wie zornig, als wär der Boden Schuld. woran ? erinnere mich, dass mir dieses Stampfen manchmal fast weh tat. wohin vergeudet ihr eure Kraft ? möcht ich so manches Mal sagen. ich will schwerelos vorwärtsgleiten. so leicht, wie hier im Mondlicht, lange nicht gewesen. als Teil des Ganzen. getragen. mich selbst nicht bemerke. die Arme ausbreite.
später viel zu schnell vorbei die paar Kilometer. erst froh, dass der Rückweg beginnt. dann irgendwo. doch wenn rechts die erste Brücke sichtbar wird, zieht Wehmut auf: solls denn wirklich gleich vorbei sein ?
was ist denn vorbei ? der Lauf.
kann nicht alles andre bleiben ? mal etwas verdeckt, mal dominant.
immer ein Teil davon.
10.12.2003 bei Dunkelheit