Wie sanft ist die sogenannte "sanfte" Energie aus Wasserkraft wirklich?
"1. Nößwartlinger Umweltstreitgespräch" zwischen Betreibern von Wasserkraftanlagen und Ökologen stieß auf großes Interesse
Wasserkraft zählt zu den erneuerbaren umweltfreundlichen Energieformen, da sie keinerlei Schadstoffe freisetzt und hilft, klimaschädliche Kohlendioxidproduktion zu vermindern. Andererseits werden unsere Fließgewässer durch eine Vielzahl von Kleinkraftwerken ohne die Möglichkeit der Durchwanderbarkeit für Gewässerorganismen (Fische, Muscheln etc.) beeinträchtigt.
Das "1. Nößwartlinger Umweltstreitgespräch" im LBV-Zentrum Mensch und Natur zwischen den Betreibern von Wasserkraftanlagen und Ökologen um das Für und Wider zu den über 4000 Kleinwasserkraftanlagen in Bayern hatte das Ziel, die Diskussion in die Öffentlichkeit zu tragen und Lösungsmöglichkeiten aus dem Konflikt aufzuzeigen.
Hausherr und LBV-Kreisvorsitzender Heribert Mühlbauer konnte am Freitagabend in der "Alten Mühle" in Nößwartling neben zahlreichen interessierten Zuhörern eine hochkarätige Diskussionsrunde begrüßen: Ministerialrat Peter Brecht vom Bayer. Umweltministerium in München, Dr. Oliver Born vom Landesfischereiverband Bayern, Ludwig Sothmann, den Vorsitzenden des Landesbundes für Vogelschutz aus Hilpoltstein, Reinhard Kutter, den Leiter des Arbeitskreises Energie vom Naturschutzbund Landesverband Sachsen in Leipzig, Erich Krauß vom Landesverband Bayerischer Wasserkraftwerke in Regensburg und Klaus Schuster, Kraftwerksbetreiber aus Spiegelau.
Peter Brecht vom Bayer. Umwelministerium sprach den Zielkonflikt an: Förderung regenerativer Energien zum einen - Erhalt und Verbesserung der Gewässerökologie zum anderen. Die Wasserwirtschaftsverwaltung bemühe sich seit Jahren um Ausgleich und positive Veränderung nach dem Motto: Wasserkraftnutzung ja, aber ..! Als Beispiele nannte er Runde Tische zur Förderung der Gewässerdurchgängigkeit und die Erarbeitung eines Restwasserleitfadens für bestehende Ausleitungskraftwerke.
LBV-Landesvorsitzender Ludwig Sothmann bezeichnete sich als Vertreter der Kreaturen, die nicht an diesem Tisch sitzen könnten. Da die Kleinwasserkraftanlagen (rd. 4000 in Bayern, die aber nicht einmal 1 % des Gesamtstrombedarfs produzieren) das biologische System der kleinen Bäche und Flüsse zerstörten, fordere der LBV: keine Neuanlagen von Kleinkraftwerken, die Entschärfung bestehender Anlagen, keine Verlängerung von Nutzungsrechten oder Reaktivierung stillgelegter Kleinkraftwerke in naturschutzfachlich wertvollen Räumen.
Dr. Oliver Born vom Bayer. Landesfischereiverein führte aus, dass die Veränderung der Fließgewässer durch den Bau von Kleinwasserkraftanlagen für viele Fischarten (Fische gehörten sowieso zu den gefährdetsten Tiergruppen in Deutschland) bestandsbedrohend seien und lehnte den Bau von neuen Kleinwasserkraftanlagen ebenfalls ab. Bei den bestehenden Anlagen forderte er die Einhaltung ökologischer Mindeststandarts, wie den Einbau von Wanderhilfen und die Abgabe ausreichender Restwassermengen.
Reinhard Kutter vom NABU Sachsen konnte sich seinen beiden Vorrednern vollinhaltlich anschließen. Die Probleme seien überall die gleichen. In Sachsen gebe es ca. 350 Kleinwasserkraftanlagen, meist mit staatlichen Mitteln gefördert, die nur 0,015 % des Gesamtstrombedarfs lieferten. Andererseits lägen dadurch in Sachsen etwa 3 Millionen Quadratmeter Flußlandschaft trocken und einmalige Biotope würden so zerstört.
Mit Erich Krauß vom Landesverband der Bayer. Wasserkraftwerke kam dann die andere Seite, die Nutzer der Wasserkraft, zu Worte. Auf die Vorwürfe entgegnete er, dass in letzter Zeit ein regelrechtes Kesseltreiben gegen Wasserkraftanlagen begonnen habe, man aber Äpfel mit Birnen verwechsle. Es gäbe einen Restwasserleitfaden und bei den Kleinwasserkraftanlagen handle es um alte Anlagen, die oft von den Vätern geerbt worden wären.
Genauso ist es auch bei dem letzten Diskussionsteilnehmer, Klaus Schuster, Kraftwerksbetreiber aus Spiegelau, der sein Wasserkraftwerk bereits in der 3. Generation (früher Sägewerk mit Wasserrad) betreibt. Was er denn falsch mache, fragte er provokativ, er habe ein Wassernutzungsrecht, leite die vorgeschriebene Menge Restwasser ab und habe eine Fischtreppe gebaut.
In der anschließenden sehr regen, aber fairen Diskussion ging es vor allem darum, dass den Ökologen die Umweltauflagen im Vergleich zur Naturzerstörung nicht ausreichten und z.B. Fischaufstiegshilfen technisch noch nicht ausgereift sind. Vor allem Leit. Regierungsdirektor Rüdiger Schmid vom Wasserwirtschaftsamt Regensburg trug mit seinen erklärenden Ausführungen viel zur Versachlichung bei. Dipl.-Biologe Wolfgang Müller vom gleichen Amt verwies auf neue (= alte) umweltfreundliche und zugleich wirtschaftliche Möglichkeiten und Lösungen, z.B. ein Wasserrad ("ein Wasserrad schluckt keinen ganzen Bach und zerhäckselt keine Fische"), wie es auch bei der Alten Mühle in Nößwartling geplant ist. Auch Dr. Born vom Landesfischereiverband Bayern führte aus, dass Deutschland diese Technik in großem Stile in die Entwicklungsländer exportiert und Heribert Mühlbauer wünschte sich, dass die Alte Mühle in Nößwartling in diesem Bezug Modellcharakter bekommen könnte.
Nach der Schlußrunde bedankte sich Rüdiger Schmid bei allen Teilnehmern recht herzlich für die fruchtbare Diskussion. Man habe an diesem Abend ein Stück Umweltbildung betrieben, um sich besser zu verstehen und einen guten, konstruktiven Weg zu gehen.