Medienschriftkompetenz als Hypertext-Kompetenz
Zusammenstellung: Dieter Schrey, in engem Anschluss an: Adalbert Wichert, Hypertext im Deutschunterricht. Überlegungen zur Rhetorik und Didaktik des Hypertexts, in: E.-B. Berndt/U. Schmitz (Hrsg.), Neue Medien im Deutschunterricht, Osnabrücker Beiträge zur Sprachtheorie (OBST) März 1997, S. 118 ff.
1. Hypertext als Vorstufe von Text:
Konsequenz aus Ergebnissen der Schreibforschung
(z.B.: wie komplex Textordnungsprobleme sind; wie komplex die Aufgaben sind, die mit der schulischen Vermittlung von Textstrukturierungsfähigkeiten zusammenhängen):
- Ergänzung der Schreibplan-Didaktik durch Design-Konzeptionen, die das Schreiben als einen Prozess begreifen:
- der nicht vorausplanbar ist
- dessen Planungsstrategien, dessen Produktionsweg und dessen Ergebnis nicht a priori festliegen,
- sondern im Laufe des Schreibprozesses entwickelt und in immer wieder neuen Entscheidungen umgestaltet werden:
- sprunghafter Wechsel zwischen verschiedenen Gebieten
- offene formale Vorstellungen (also Verzicht auf eindeutigen Aufbau, auf eindeutige Abfolge im Text)
- Netzstrukturen, die es ermöglichen, die gleichen Punkte von verschiedenen Richtungen her anzugehen
- nichtlineares Wachsenlassen von Assoziationsstrukturen, Clustering (Knüpfen von 'Ideennetzen'/'nichtlineares Brainstorming')
- als Verfahren, Schreibhemmungen zu lösen
- offene Fragen: Text-Bild-Relationen; Schrifttext-Sprech- text-Relationen; Formen, Funktionen und Rezeptionsweisen von Offenheit; Lesersteuerung (Navigationshilfen), Leserautonomie und Formen der Interaktivität im Hypertext
2. Vorformen von Hypertext: Realisieren einfacher Verweisstrukturen:Nutzung vielfältiger Möglichkeiten, Texte miteinander zu verknüpfen:
- zeitliche, räumliche, kausale Nachbarschaften oder Ähnlichkeiten
- Verknüpfung einer Aussage mit Erklärung, Begründung, Schlussfolgerung, Verallgemeinerung, Veranschaulichung, Vergleich, Einschränkung ihrer Gültigkeit, ihrer Kritik
- Definition / Differenzierung von Begriffen, Verbindung mit Ober- oder Unterbegriffen usw.
3. Verknüpfung von Texten zu einem Hypertext:Textmaterial: z.B.
Aufgaben:
- verschiedene Texte, verknüpft zu einem Problemkreis
- verschiedene themen- oder motivgleiche Gedichte
- z.B. ein Gedicht und ein Umfeld aus verschiedensten Gebrauchstexten
- Textauszüge aus einer Erzählung, einem Roman
- begründete Auswahl des Textkorpus
- Begründung der Verbindung zwischen den Texten oder Textstellen
- Wahl geeigneter Begriffe als Anker („Welche Erwartungen löst der jeweilige Ankerbegriff aus?" „Wie werden diese Erwartungen durch den Zieltext erfüllt, bzw. wird Befremden ausgelöst?")
4. Transformation von Texten in Hypertexte durch Ein- schreiben eigener Texte (produktive Verfahren):
- erläuternde, definierende, argumentierende, assoziative Kommentare in Hypertexte schreiben
- Hypertexte erweitern oder reduzieren (z.B. einen Bericht zu einem Nachrichtenkopf bzw. umgekehrt
- Erzähltexte durch Einfügungen erweitern, interpretieren, in Stil oder Perspektive verändern:
- durch Schilderung eines im Text nur erwähnten Raumes - durch Schilderung von Aussehen, Kleidung, Ausstrahlung einer Figur
- durch innere Monologe bzw. Tagebucheinträge von Figuren
- durch Briefe von einer Figur an eine andere oder an zusätzliche Figuren, die außerhalb des Erzählgeschehens stehen
- durch Kommentare des Erzählers, kleine Nebenepisoden, Parallelen zum erzählten Geschehen aus den Perspektiven verschiedener Figuren
- durch einen alternativen Schluss
- insgesamt also: durch - bewährte - Möglichkeiten des produktiven Literatur- und Sprachunterrichts
5. Hypertexte als spielerische Textkompositionen:
- Durchführung kleinerer kreativer Spiele mit Hypertext
- Gestaltung kurzer Texte, einzelner Sätze, Wortgruppen, Wörter:
- grafisch und farbig auf verschiedenen Bildschirmseiten
- verbunden mit Such- und Verwirrspielen, mit Kreis-, Stern-, Linien-, Baumstrukturen
- verbunden mit logischen und assoziativen Leseangeboten
6. Hypertexte als Dokumentationen:eine neue Form des Vertextens von Unterrichtserfahrungen:
- multimediale Zusammenfassung dessen in einem Hypertext, was im Unterricht im Laufe einer Unterrichtseinheit als Text- und Bildmaterial eingebracht worden ist:
- Tafelbilder / Schüler-Texte / Lesekommentare / Bezüge zu vergangenen Unterrichtseinheiten / von einzelnen Schülern beigetragene Materialien
- Verbindung all dessen in einem im Laufe der Zeit wachsenden Hypertext
- qualitative Weiterentwicklung:
- durch wiederholte redaktionelle Überarbeitung von Textanteilen („work in progress")
- durch Ergänzungen oder Veränderungen der Verweise (Hyperlinks)
- durch Einrichtung von Navigationswerkzeugen wie Index und Vernetzungsgrafiken
- auf diese Weise per Hypertext: mitwachsende Dokumentation der Unterrichtsergebnisse (auf Diskette, CD-ROM oder Homepage)
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