1.
URZEIT  |
In
einer Zeit, die etwa 300 Millionen Jahre zurückliegt, war das Gebiet
um Keldenich von einem großen Meer bedeckt. Diese Zeitperiode heisst
Devon, das Meer Devonmeer.
Flüsse und Ströme brachten
vom Festland her Geröll, Sand und Tonschlamm, die sich auf dem Meeresgrund
schichtweise absetzten. Der erste Abschnitt der Devonzeit, das sogenannte
Unterdevon, hat in der Eifel solche Schichten in großer Mächtigkeit
geliefert, vor allem ein als Grauwacke bekanntes Material. Im nachfolgenden
Abschnitt der Erdgeschichte, dem Mitteldevon, traten im heutigen Eifelgebiet
Bedingungen ein, die ein reiches Korallenleben gestatteten. Diese Bedingungen
waren eine geeignete Meerestiefe in Küstennähe und tropische
Wärme des Wassers. Gewaltige Riffe bauten sich auf und umsäumten
die Ränder des festen Landes. Die darauf abgelagerten Lebewesen lieferten
das Ausgangsmaterial für kalkige Gesteine. Solche geben dem Mitteldevon
der Eifel ein besonderes Gepräge. Viele Jahrmillionen nach der Entstehung
der mächtigen Meeresablagerungen begann der Meeresboden aufzutauchen;
die Gebiete, die bis dahin vom Wasser bedeckt waren, wurden Festland. |
2.
VORGESCHICHTLICHE ZEIT |
In
der älteren Steinzeit siedelten sich die ersten Menschen in unserer
Gegend an. Unter anderem in eine Stunde von Keldenich entfernte Kakushöhle
liessen sie sich vorübergehend nieder. Ackerbau und Viehzucht trieben
diese Menschen noch nicht; sie waren rauhe, naturverwachsene Jäger.
Mit Pfeil und Wurfspeer, in die Feuersteinspitzen eingelassen waren, jagten
sie Steppenrind, Renntier und andere größere Tiere. Essbare
Wurzeln, Kräuter, Früchte und Vogeleier wurden von den Frauen
und Kindern gesammelt. Die ersten sesshaften Siedler waren vermutlich die
Kelten 500 vor Christus. Ihre Wohnungen waren Holzbauten über künstlich
hergerichtete Erdgruben, die in Dörfern vereinigt, aber auch mit Vorliebe
als Einzelgehöfte zerstreut lagen. Namen für diese Siedlungen
bildeten die Kelten gerne mit der Endung -ac oder -iac., aus denen später
die Nachsilbe -nich wurde. Diese Silbe wurde meistens an einen Personennamen
angehängt, wodurch dann bezeichnet wird, dass das Gehöft oder
der Ort der bezüglichen Person gehörte. Diesse Namenbildung dauerte
auch noch in der Römerzeit an. Man spricht in diesem Zusammenhang
von romanisierten Kelten, deren Name häufig auf "-inius" endet.
Einige Heimatforscher führen
den Namen Keldenich auf CALDINIUS zurück, dessen Name auf einem im
Tempelbezirk von Pesch gefundenen Weihestein steht. Beispiele für
diese Namensbildung:
Caldenius - Keldenich
Suetonius - Sötenich
Sextinius - Sistig
Macrinius - Mechernich |
3.
RöMERZEIT
|
Unter
der römischen Verwaltung wurde Keldenich bald zu einem bedeutenden
Ort. Das beweisen die ausgedehnten Grundmauern römischer Bauten, die
nicht nur in den südlichen Fluren des Dorfes, sondern noch in den
Feldern gefunden wurden, die sich von der Kirche her am Tanzberg vorbei
bis in die Flur Rosacker erstrecken.
BERGBAU UND HÜTTENWESEN
Zu einem Emporglühen Keldenichs
trug vor allem das schon von den Kelten betriebene Bleibergwerk bei, der
sogenannte Tanzberg. Um dieses reiche Erzvorkommen gründlich ausbeuten
zu können, genügten den Römern die einheimischen Bewohner
nicht; sie siedelten hier auch von auswärts Menschen an. Es entstand
eine Kolonie, an die uns heute noch ein Straßenname erinnert, nämlich
"Klein-Köln". Bald entdeckten die Römer nicht vom Bleibergerk
entfernt große Eisenlager und man begann auch diese auszubeuten.
RÖMERKANAL
Zu den bedeuteten Zeugnissen römischer
Baukunst in der Eifel gehören unstreitig die Überbleibsel der
unter dem Namen Römerkanal oder Teufelsader bekannten römischen
Wasserleitung. Unter der Erde verborgen zieht sich dieser Kanal von den
Höhen der Eifel in vielen Windungen über das Vorgebirge hinab
bis nach Köln, vorsichtig alle Täler und Schluchten umgehend
und trotzdem ein beständiges Gefälle beibehaltend. Es kann mit
Sicherheit angenommen werden, dass der Hauptkanal dieser römischen
Wasserleitung unterhalb Kallmuth (1,5 km von Keldenich entfernt) seinen
Anfang nahm. Die dortigen, sehr starken Quellen sind jetzt versiegt. Als
später durch Zuwachs der Bevölkerung der Wasserbedarf in Köln
stieg, baute man in der ersten Hälfte des 2. Jhd. n.Chr. die Wasserleitung
um rund 13 Km aus bis in die Nähe der Rosentalermühle zwischen
Nettersheim und Urft. |
4.
MITTELALTER UND NEUZEIT |
DIE
FRANKEN
In der ersten Hälfte des 5.Jhd.
bereiteten die Franken der römischen Herrschaft westlich des Rheins
am Ende. Sie teilten das von den Römern eroberte linksrheinische Gebiet
in Gaue ein. Keldenich gehörte zum Eifelgau, der das Quellgebiet der
Erft, Ahr und Kyll, also dem mittleren Teil des heutigen Eifelgebirges
umfasste. Er wurde unter anderem umgrenzt vom Zülpich-, Ahr- und Ardennengau.
In den eroberten Ländern hatten die Heerführer der Franken die
vielen herrenlosen Staatsgüter in Besitz genommen. Sie verschenkten
davon Ländereien an ihre Krieger für die geleisteten Dienste
als erbliches Besitztum. Unter den schwachen Nachfolgern Karls des Großen
fanden die Gaugrafen Gelegenheit, ihre Macht auszudehnen. Sie sahen das
ihrer Verwaltung unterstellte Gebiet schließlich als ihre Eigentum
an und verteilten es unter ihre Nachkommen. So entstanden aus den Gaugrafschaften
im 10.Jhd. Grafschaften, die nicht mehr so ein geschlossenes, zusammenhängendes
Gebiet umfassten. Viele Territorien kamen durch Kauf, Verpfändung,
Erbschaft, Schenkung oder durch Kampf entweder an den Kurfürsten von
Köln oder an den Grafen von Jülich.
KELDENICH IM HERZOGTUM JÜLICH
Den größten Teil der
Nordeifel brachte der Graf von Jülich im 13.Jhd. unter seine Herrschaft.
1356 wurde die Grafschaft Jülich zum Herzogtum erhoben. Das Herzogtum
Jülich gliederte sich in verschiedene Ämter, die eine viel größere
Ausdehnung als die heutigen Gemeinden hatten. Keldenich gehörte zum
Amt Bad Münstereifel, in dem es mit Sötenich und Kall ein Untergericht
bildete. In den folgenden Jahrhunderten erlebte das Herzogtum Jülich
einen großen Macht- und Gebietszuwachs. Im 17.Jhd wurde Jülich
im Folge des Jülich-Klevischen Erbfolgestreits dem Herzogtum Pfalz-Neuburg
zugeschlagen. 1810 musste der Herzog auf Druck Frankreichs auf das Herzogtum
Jülich verzichten. |
5.
DIE ZEIT NACH DER FRANZöSISCHEN REVOLUTION |
Im
Jahre 1794 drangen französiche Revolutionstruppen in die Eifel ein.
Alle bis dahin bestehenden Herrschaftsformen wurden von ihnen aufgelöst.
Damit wurden die Grafschaft Schleiden und die Herrschaft Kronenburg, die
luxemburgische Lehen waren, und kurze Zeit später auch Keldenich der
französischen Republik einverleibt. Keldenich wurde eine Mairie im
Roerdepartement, Arrondissement Aachen, Kanton Gemünd. Wenn auch im
Rheinland die Revolutionstruppen im allgemeinen nicht unfreundlich empfangen
wurden, so änderte sich die Haltung weiter Bevölkerungskreise
doch recht bald. Vor allem die kirchenfeindlichen Bestimmungen der Besatzung
stießen auf großen Widerstand. Durch lang dauernde Einquartierungen
und willkürlich hohe Kriegslasten fühlte sich das Volk immer
mehr bedrückt. Erst nach der Angleiderung an Frankreich traten gesetzmäßige
Zustände ein. Die Bevölkerung lernte nach jahrhundertelanger
Zerstückelung zum ersten Male seit den Tagen Karls des Großen
die Vorteile einer zentralen Verwaltung kennen. Die Eifeler Eisenindustrie
erlebte eine ungeahnte Blütezeit. Napoleon wurde anfänglich wegen
seiner auf Tatkraft und Energie beruhenden militärischen und staatsmännischen
Erfolge in vielen Bevölkerungsschichten verehrt. Später wurde
die Unzufriedenheit offenkundiger, als sein unersättlicher Ehrgeiz
immer mehr Opfer forderte. Verhasst waren besonders die Rekrutierungen,
von denen auch in Keldenich viele junge Leute betroffen wurden. Nachdem
Napoleon nach seinem missglückten Rußlandfeldzug bei Leipzig
geschlagen worden war, verließen seine Truppen und Verwaltungsstellen
im Jahre 1814 unser Gebiet.
DIE PREUßENZEIT
Bei der Neuordnung Europas auf dem
Wiener Kongreß 1815 wurden die Rheinlande mit dem preußischen
Staat vereinigt. Die unteren Verwaltungsbezirke wurden im wesentlichen
so beibehalten, wie sie unter den französischen Herrschaft eingerichtet
worden waren: Keldenich kam zum Kreis Gemünd. Dieser wurde 1829 mit
dem Kreis Blankenheim zum Kreis Schleiden vereinigt. Es entstand die Bürgermeisterei
Keldenich. Zur ihr gehörten Sötenich, ein Teil von Kall sowie
der Stürzerhof bei Heistert und Dalbenden.
AUS DER CHRONIK DER BÜRGERMEISTEREI
KELDENICH
Die Gemeinde Keldenich wird 1816
dem Großherzogtum Niederrhein zuschlagen und in Kirchensachen zur
Diozöse Köln. Die Bürgermeistereien Weyer und Wallenthal
gehören zu jetzt zu Keldenich.
1782 wurde die baufällige Pfarrkirche
neu erbaut.
1817 wurde der Turm mit Glocke nach
einem Blitzschlag vollständig zerstört. Der sofortige Neubau
begann 1818 durch Joh. Heinrich von Sötenich.
1824 wurden die steuerpflichtigen
Grundstücke durch die Geometer Nolten und Branchard vermessen.
1827 wurde die Verwaltung Bürgermeisterei
Keldenich von der Gemeinde Kall übernommen.
1832/33: Durch mehrere Wasserfluten
wurden die Eisensteingruben am Gierzenberge überflutet, so dass die
Arbeiter 2 Monate keine Arbeit hatten.
1835: Im Distrikt Brandenbusch wurden
30 Pfund und im Distrikt Kropel und Hühnerschlad 20 Pfund Kiefernsamen
gesät. Der Samen hat 13 Thaler, 21 Silbergroschen und 6 Pfennige.
1839: Auf Kosten der Gemeinde Keldenich
wurde ein neues Schulhaus erbaut, welches 900 Thaler kostete.
1841: Durch den Verkauf der Bergwerke
an den Herzog von Arenberg und den langsamen Betrieb der Hüttenwerke
ging es dem Bergbau sehr schlecht. Durch die schlechte Einkommenslage kam
es zu Nahrungsmangel.
1842: Wieder schlug ein Blitz in
den Kirchturm ein, es entstand jedoch kein Brand. Der Schaden wurde die
Feuerversicherung Koblenz wieder ersetzt. In Sötenich wurde eine massive
Brücke über die Urft gebaut, deren Kosten von den Bürgermeistereien
Kall und Keldenich gemeinschaftlich bestritten wurden.
1844: Schon 1844 hatte Keldenich
Probleme mit Billigimporten aus dem Ausland. Engländer und Belgien
lieferten Roheisen zu 13 Thaler pro 1000 Pfund (darin schon enthalten 3
Thaler/1000 Pf. Zoll), während hiesige Hüttenwerke zu 18 Thaler/1000
Pf. produzierten. Der fehlenden Absatzmöglichkeiten folgte große
Arbeitslosigkeit und größter Mangel.
1846: Schlechte Ernten durch Rostkrankheit
und Kartoffelfäule sorgten für Nahrungsmittelknappheit. Zur Linderung
der allgemeinen Not kaufte der preußische Staat eine bedeutene Menge
an Roggen an, welche zu verminderten Preisen unter die gemeinden zur Unterstützung
der Bedürtigen verabreicht wurde. |
6.
EISENINDUSTRIE UND ERZBERGBAU
|
Als
die Franken Herren der Eifel wurden, verloren die in der Römerzeit
blühenden Gewerbe der Eisenbereitung und Eisenschmiedekunst an Bedeutung,
blieben aber immer noch lebensfähig. Die wirtschaftliche Nutzung der
Eisensteingruben und die Herstellung des Eisens waren dem könig vorbehalten.
Von Karl dem Großen wissen wir, dass ihm alljährlich zu Weihnachten
die Verwalter seiner Eisensteingruben im Rheinlande über den Betrieb
Rechenschaft ablegen mußten. Die Zahl der im Keldenicher Bergbaugebiet
betriebenen Eisensteingruben vermehrte sich allmählich bedeutend.
Die Förderung des gewonnenen Eisensteins geschah durch Tragen in Körben
auf dem Rücken, durch Ziehen in Schlepptrögen, durch Schachtförderung
(Aufwinden), mittels Haspel und Seil und später in besser angelegten
Gruben durch Loren, sogenannte Hunde. Die Familien der Ortschaften, die
in der Nähe von Eisensteingruben lagen, hatten damals trotz der geringen
Löhne, welche an die Arbeiter im Bergbau gezahlt wurden, einen recht
guten Verdienst durch die Menge der beschäftigten Familienarbeitskräfte.
Nicht vergessen werden sollten die vielen Unglücksopfer in den Eisensteingruben.
DER TANZBERG
Am Tanzberg gruben schon die Kelten
nach Bleierz. Die Römer setzten die Ausbeute des Berges fort. Im 15.
Jhd. hatte das Schloß Hengebach (Heimbach) das Recht Bleierz abzubauen.
1723 bekam die Fa. Stiegeler die Konzession von Kall aus einen Wasserabzugsstollen
zu treiben. Später hatte die Fa. Pirath und Jung den Stollen.
Während und nach dem 1.Weltkrieg
wurden die Maschinen verkauft. Bald verschwanden auch die Gebäude
und die Seilbahn, die die Aufbereitung mit dem Bahnhof in der Hüttenstraße
verband. Später wurde der 120 m tiefe Schacht mit einer Betondecke
verschlossen und das Kesselhaus wurde in ein Wohnhaus mit Stall umgebaut.
Bei der jahrtausendealten Geschichte
des Bergbaus am Tanzberg ist es verständlich, dass er auch einen Platz
in der Sage fand. Man erzählt sich, der Tanzberg sei so reichhaltig
an Bleierz gewesen, dass es sprichwörtlich wurde, es könne der
Bergmann in der Grube schneller ein Malter Korn verdienen als der Müller
es mahlen. Aber dieser Reichtum erzeugte zugleich eine Üppigkeit unter
den Bergleuten, die bald keine Grenzen mehr kannte. Nicht genug, dass man
daheim von dem Gewinn prasste und schweigte - man hatte selbst im Innern
des Berges einen Tanzsaal geschaffen und Kegelbahnen angelegt, auf denen
man statt der hölzernen Kugel sich runder holländischer Käse
zum Kegeln bediente. Fast täglich wurde unten zum Tanz aufgespielt,
und mancher mochte selbst die Sonn- und Feiertage bei Spiel und föhlichem
Gelage dort verbringen. Solche Verderbnis konnte der erzürnte Himmel
nicht länger ansehen und auch den Berggeistern missfiel dies sehr.
Sie beschlossen, sich wegen der Störung des Bergfriedens zu rächen
und warnten die Frevler durch erschreckende Töne und dumpfes Grollen
im Innern des Berges. Aber vergebens war diese Warnung. Eines Tages, als
sämtliche Knappen wiederum bei rauschender Musik weilten, da stürzten
plötzlich die Wölbungen der unterirdischen Säle des Berges
unter Getöse zusammen und begruben alle samt den Schätzen. Nur
eine Frau, die im Begriff war, ihren Mann dem wilden Gelage zu entlocken,
wurde durch unsichtbare Hand zu Tage gehoben und entging so dem allgemeinen
Verderben.
DIE BLEIHÜTTE
Die Bleihütte, auch Bleihammer
genannt, verdankt ihre Entstehung dem silberhaltigen Bleivorkommen in der
nahen Umgebung. Urkundlich war Johann Heinrich Eisleb von 1744-1779 als
Markscheider auf dem Tanzberg bei Keldenich tätig. Die Markscheidekunde
umfasst die für den Bergbau nötigen geometrischen Vermessungen
über und unter Tage zur Herstellung von Grubenplänen, den sog.
Markscheidekarten. Die Hütte wurde immer weiter erweiter. Seit 1900
wurden schon ausländische Erze mitverarbeitert und hauptsächlich
australische Erze verschmolzen. Nach dem 1.Weltkrieg wurde mit Erfolg die
Herstellung von Kupferlegierungen aufgenommen. In den Jahren 1916-1922
bezifferte sich die Belegschaft auf etwa 750 Personen.
Mit dem Ausbruch des 2.Weltkriegs
musste das Werk auf Kriegswirtschaft umgestellt werden. Wie schon im 1.
Weltkrieg, so wurde auch jetzt wieder durch die Reichsstelle für Metalle
die Beschlagnahmung sämtlicher Bronzeglocken veranlasst. Der Umstand
dass Kall im Jahre 1944 viele Monate im Kampfbereich lag, hatte weitgehende
Zerstörungen der Werksanlage zur Folge. Erst im Herbst 1949 wurde
die Hütte wieder in Betrieb genommen. Im Jahre 1954 beschäftigte
das Unternehmen wieder 170 Angestellte und Arbeiter. Der Betrieb musste
jedoch 1967 wegen Unrentabilität stillgelegt werden. |
7.
VON DER JAHRHUNDERTWENDE 1900 BIS ZUM ENDE DES 2. WELTKRIEGS
|
BAU
DER WASSERLEITUNG
Vor dem Bau der Wasserleitung versorgten
sich die Dorfbewohner aus mehreren Brunnen mit Wasser zum Beispiel aus
dem Dionysiusbrunnen, dem Brunnen auf der Lehmaar und im Pützberg
und aus dem Brunnen am "Hohlen Weg" in der Nähe des Tanzberges. 1908
wurde die Trinkwasserleitung gebaut und 1909 in Betrieb genommen. Durch
den Bau der Wasserleitung werden die Brandweiher und der Dorfbrunnen überflüssig.
DER 1. WELTKRIEG
Die grenznahe Lage hat unser Gebiet
im 19. und 20. Jhd. dreimal zum Aufmarschgebiet deutscher Truppen gemacht:
1870/71 im deutsch-französischen Krieg sowie im 1. und 2. Weltkrieg.
Unsere Heimat wurde, abgesehen von Einquartierungen und Entbehrungen, vom
1.Weltkrieg nicht direkt betroffen. Von denen, die aus Keldenich zum Militär
dienst eingezogen wurden, sind viele Gefallene zu beklagen.
DIE ZEIT ZWISCHEN DEN WELTKRIEGEN
Die Not der Jahre nach dem 1.Weltkrieg
zwang vielrorts zu Verwaltungsvereinfachungen. 1929 wurde die Bürgermeiosterei
Keldenich ins Amt Kall integriert. Die Weltwirtschaftskrise wirkte bis
nach Keldenich und es wurden Notstandsarbeiten verordnet. Die Arbeitslosen
wurden für die Auszahlung der Arbeitslosenunterstützung zu Notstandsarbeiten
verpflichtet. Die Straße von Kall nach Keldenich, die Dorfstraße
und der Weg von Keldenich nach Zingsheim wurden im Zuge dieser Massnahme
ausgebaut.
DER 2.WELTKRIEG
1938
Die ganze Eifel wird mit Arbeitern
aus allen deutschen Gauen überflutet. Sie sollen beim Bau der Verteidigungsanlagen
und des Westwalls helfen.
1939
Die Arbeiten an Bunkern und Panzersperren
werden im Sommer fertiggestellt. Alle Dorfbewohner sind in einer fieberhaften
Spannung und erwarten Tag für Tag mit Bangen die Meldungen in Rundfunk
und Tagespresse über die Entwicklung der politischen Lage. Die Stimmung
ist gedrückt, denn das Grauen des Krieges von 1914-1918 ist noch in
zu frischer Erinnerung. Am 25. August werden in die Dörfer Kuriere
geschickt um Einberufungsbefehle für 56 Keldenicher zuzustellen. Ohne
Rücksicht auf die mit Hochdruck laufenden Erntearbeiten sind alle
Landwirte gezwungen, Haus und Hof zu verlassen, um zunächst Hilfsdienste
dei der allgemeinden Mobilmachung zu leisten.
1940
Am 10. Mai überfliegen hunderte
von deutschen Flugzeugen die Eifel zum Angriff auf holländisches,
belgisches, luxemburgisches und französisches Gebiet. Gleichzeitig
überschreiten die Bodentruppen die Grenzen. Holland und Belgien kapitulieren
schon nach wenigen Tagen, Frankreich am 25.Juni. Es ist wieder still und
relativ ruhig in der Eifel geworden.
1941
Immer häufiger kommen Gefallenenmeldungen
nach Keldenich.
1942
Am 9.Juni klingen die Keldenicher
Kirchenglocken zum letztenmal über die Eifelhöhen.
1943
Der Luftkrieg nimmt unerbittliche
Formen an. Von Keldenich aus sieht man den Feuerschein der brennenden Städte
Köln, Aachen, Bonn.
1944
Im September ist die Front wieder
an die Eifel herangerückt. Mitte Dezember unternehmen die deutrschen
Gruppennoch einmal einen letzten Vorstoß in die Ardennen.
1945
Die amerikanischen Truppen arbeiten
sich allmählich immer weiter heran. Die letzten deutschen Soldaten,
die Keldenich verlassen, sprengten das Munitionslager in der "Kropel".
Am Abend bricht die Hölle los. Der ganze Ort wird von Artilleriefeuer
eingedeckt. Die Luft ist erfüllt von unaufhörlichen Dröhnen,
Heulen und Bersten, von Brausen der Flugzeuge und vom Pfeifen der Granaten.
Der Angriff dauert, von kurzen Pausen abgesehen, bis zum frühen Morgen
des 6. März. Erst jetzt ist es möglich, unter Einsatz des eigenen
Lebens nach Verschütteten zu suchen. Überall findet man Trümmer,
zerschossene Häuser ohne Dächer und Fenster, zerstörte Licht-
und Wasserleitungen. In Sötenich ist die Kirche dem Erdboden gleichgemacht.
Die amerikanischen Truppen rücken in unser Dorf ein und sichern die
Nachschubmöglichkeiten. Die Front rückt weiter, unterbrochen
rollen durch unsere Ortschaften Nachschubkolonnen zum Rhein, der bei Remagen
von den Amerikanern überschritten wird. Während für unsere
Gemeinde damit der schreckliche Krieg vorbei ist, findet die allgemeine
Kapitulation erst Anfang Mai 1945 statt. In der Pfarrchronik wird eine
Sammlung von Totenzetteln der gefallenen Keldenicher Soldaten aufbewahrt,
darunter auch der des damals nicht ganz 19jährigen Hans Hensch. Für
ihn fand nach den feierlichen Exequien in der Kirche eine Gedenkfeier am
Heldenmal statt, wobei die Fronturlauber die Ehrenwache hielten. Nach Kriegsende
kehrte Hans Hensch dann zur großen Freude seiner Angehörigen
wohlbehalten aus der Kriegsgefangenschaft in der Heimat zurück. |
8.
DIE NACHKRIEGSZEIT
|
DIE
NOTZEIT
Im allgemeinen konnten die Menschen,
die auf dem Lande wohnten, die Notzeit der Nachkriegsjahre besser überdauern
als die Stadtbevölkerung.
Um Grundnahrungsmittel wie Milch,
Eier und Fleisch zu haben, hielt in Keldenich fast jede Familie ein wenig
Vieh, mit der die Wegränder und Feldraine abgeweidet wurden. Das Wasser
musste vom Brunnen im Pützberg oder von der Quelle an der Kolonie
geholt werden, und am Abend wurde die Wohnung mit einer Petroliumlampe
schwach erleuchtet oder man ließ einfach die Ofentür etwas offen.
Durch den Wiederaufbau besserten sich die Verhältnisse langsam, aber
stetig.
FLURBEREINIGUNG UND AUSSIEDLUNG
Einer der wichtigsten Massnahmen
der Nachkriegszeit war die vom Kulturamt Euskirchen durchgeführte
Flurbereinigung, die um Jahre 1960 zum Abschluss gebracht wurden. Durch
Erbteilungen waren im Laufe der Jahrhunderte die Parzellen derart zersplittert
und über die gesamte Gemarkung verstreut, dass eine Bearbeitung nach
wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht mehr gegeben war. Es fanden sich
vier Betriebe bereit, aus Gründen der mangelnder zusammenhängender
Parzellen in Dorfnähe auszusiedeln, nämlich der Herrmann Meurer
(Meurerhof), Herrmann Schumacher (Schwalbenhof), Herrman Schumacher (Hof
Kleinholz) und Franz Josef Gentz (Margaretenhof). |
9.
AUS DEM KIRCHLICHEN LEBEN |
Im
Kirchenarchiv von Keldenich hat sich eine Notiz befunden, nach der schon
im 4.Jahrhundert hier eine christliche Kirche gestanden haben soll. Dieses
Gotteshaus der römischen Zeit befand sich warscheinlich an der gleichen
Stelle, wo die heutige Kirche steht. Um die Mitte des 13. Jahrhunderts
war Keldenich eine reich ausgestattete Pfarrei, über die Kölner
Erzbischof Konrad von Hochstaden das Pfarrecht besaß. Nachdem er
die Grafschaft Hochstaden dem Kölner Erzstifte geschenkt hatte, verzichtete
er auf diese Rechte. Er vereinigte die Pfarrei Keldenich mit dem Kloster
Steinfeld. Damit war für das Kloster, das damals große Schulden
hatte, die Berechtigung verbunden, in Keldenich einen Steinfelder Kanonikus
als Pfarrer einzusetzen. Die überschüssigen Einkünfte der
Pfarrei wurden zur Erhaltung des Klosters verwandt.
Um 1600 wurde die Pfarrei Keldenich
wieder selbstständig, was jedoch ihre Einkünfte stark verringerte.
1687 wurde ein neuer Glockenturm
errichtet.
Das heutige Pfarrhaus wurde zu Zeiten
Pfarrer Bungs (1758-1763) erbaut und zuletzt 1960 renoviert.
Zu dieser Zeit wurde festgestellt,
dass das Schiff der Kirche baufällig geworden war. 1701 wurde der
Grundstein zum Neubau gelegt. Der erste Neubau geriet zu klein, so dass
Kurfürst Karl Theodor 1786-87 an den alten Turm das jetzige Kirchenschiff
anbauen ließ.
DIE PFARRPATRONE
Die Verehrung des hl.Dionysius wird
als Indiz gewertet dass der Ursprung unserer Pfarrei bis in die Anfänge
des Christentums zurückreicht. Nun sind von der Kirche mehrere Männer
mit dem Namen Dionysius heiliggesprochen worden, unter anderem jener, der
zur Zeit Christi in Athen lebte und ferner der Bischof und Märtyrer
Dionysius, der im 3.Jhd. in Paris wirkte. Von ersterem besitzt die Pfarrkirche
eine Reliquie, aber letzterer gilt als Pfarrpatron.
Seit alters her wird in Keldenich
auch die Klosterfrau Brigida verehrt. Ihren Gedenktag hat die Kirche auf
den 1.Februar festgesetzt. Zu diesem Feste kommen viele Leute aus den umliegenden
Orten nach Keldenich, um die hl. Brigida als Schutzpatronin des Viehs zu
verehren. Sie lassen Brot und Salz segnen, um es dem erkrankten Vieh unters
Futter zu mischen. |
10.
AUS DEM VEREINSLEBEN
|
DER
JUNGGESELLEN- UND THEATERVEREIN
Der älteste Verein war der
um die Jahrhundertwende gegründete Jünglingsverein. Er pflegte
die Geselligkeit unter der Jugend im eigenen Dorf und zu den Nachbardörfern.
Ein willkommender Anlass zu gegenseitigen Besuchen waren die Stiftungsfeste,
die auf den einzelnen Dörfern gefeiert wurden. Außer der Kirmes
war dieses Fest für Jung und Alt eine der wenigen Möglichkeiten,
das Tanzbein zu schwingen. Nachdem einige Mitglieder geheiratet hatten,
wurde der Verein in Junggesellen- und Theaterverein umbenannt. Er bestand
bis etwa 1950.
DER MUSIKVEREIN
So ganz genau lässt sich der
Ursprung des Musikvereins nicht zurückverfolgen. Fest steht nur, dass
die ersten Musiker enge Verbindung zum Kaller Musikverein hatten. In seinem
aktiven Wirken bei allen Anlässen im Dorf trägt er entscheidend
zur Identität von Keldenich bei. Der Musikverein feierte im Jahr 2000
als ältester Dorfverein sein 100-jähriges Jubiläum.
DER KIRCHENCHOR
Es ist mündlich übereliefert,
dass am Anfang des 19.Jhd. (um 1820) in Keldenich ein Kirchenchor von Küster
Weiß geleitet wurde. Damals bestand der Kirchenchor nur aus männlichen
Mitgliedern, die vorne im Altarraum (Chor) Psalmen und Choräle sangen.
Erst nach dem 2. Weltkrieg wurde mangels männlicher Stimmen ein gemischter
Chor gebildet.
DIE JUNGMÄDCHENGRUPPE
Nach dem 2. Weltkrieg bestand in
Keldenich ca. 10 jahre lang eine Jungmädchengruppe, die es sich zur
Aufgabe gemacht hatte, die Freizeit lehrreich und freudvoll zu gestalten.
Wanderungen, Fahrten, Theaterspiel, Volkstanz, religiöse Unterweisung,
sportliche Betätigung und Feiern wie das Erntedankfest zählten
zum Programm.
DER SPORTVEREIN
Erste sportliche Aktivitäten
sind in der zeit kurz nach dem 1.Weltkrieg zu verzeichnen. und zwar kamen
die Anregungen von englischen Besatzungssoldaten. So wissen wir, dass Mitte
der zwanziger Jahre ein Turnverein, der Fußballclub "Germania" und
die von Dechant Wolfgarten ins Leben gerufene DJK (Deutsche Jugendkraft)
entstand. Das erste Fußballspiel, an das man sich erinnern konnte,
fand 1926 gegen die Zöglinge der Erziehungsanstalt Gemünd-Mauel
statt. Das Spiel ging mit 17:0 verloren. Weitere Informationen finden sie
auf diesen Internetprogramm.
DER KIRMESREIH
Noch bis in die 50-iger Jahre hinein
war es in Keldenich Brauch, dass sich einen Monat vor dem 1.Sonntag im
Oktober, dem Kirmessonntag, die jungen Männer über 18 Jahre zusammenfanden
und den Kirmesreih bildeten. Sie wählten drei Hötjonge, die die
Aufgabe hatten, die Kirmestage vorzubereiten und zu gestalten. Am Sonntag
vor der Kirmes wurde in der "Kropel" der Kirmesbaum gehauen und auf der
Kier aufgestellt. Am Kirmessonntag wurde unter den Klängen der Blasmusik
der Kirmesknochen auf dem "Säusköppchen" ausgegraben und in föhlichem
Zug zum Tanzsaal gebracht, wo er am Firstbalken einen Ehrenplatz erhielt.
Am selben Abend wurde ein Mann aus Lumpen hergestellt, "Schabeies" genannt,
und am Giebel des Wirtshauses aufgehängt. Nach ausgelassenm Tanzvergnügen
am Kirmessonntag war für jedes Mitglied des Kirmesreih verpflichtet,
montags morgen an der Messe für die Gefallenen und Verstorbenen der
Gemeinde und am Gang zum Friedhof teilzunehmen, anderenfalls wurde eine
empfindliche Geldbuße verhängt. Am Kirmesdienstag fand das traditionelle
Hahneköppen statt mit anschließendem Königsball. In der
Nacht zum Mittwoch wurde gegen Morgen unter großem Wehklagen der
Kirmesknochen begraben. Der Überschuss, den die "Hötjunge" bei
der finanziellen Abwicklung der Kirmes erwirtschafteten, wurde zur Nachkirmes
am folgenden Sonntag vertrunken. |