1. Reproduktions-Techniken Unter Reproduktion in der Fotografie versteht man im allgemeinen die möglichst naturgetreue Wiedergabe einer Vorlage, in der Regel bereits einer Bildvorlage oder anderer meist flacher Gegenstände, zum Zwecke der Archivierung oder Dokumentation. Im Grundsatz gelten für die Reproduktion dieselben fotografischen Grundregeln der Abbildung wie für die Fotografie im allgemeinen. Jedoch sind besondere Anforderungen an die originalgetreue Abbildung zu erfüllen. Zum einen muss die Reproduktion verzerrungsfrei sein und häufig muss auch die absolute Größe der Reproduktion mit der Vorlage exakt übereinstimmen. Bei Farbreproduktionen werden darüber hinaus aber auch besondere Anforderungen an die Übereinstimmung von Farbwerten und Farbintensitäten gefordert. Reproduktion im weiteren Sinne umfasst aber auch die Herstellung von Vorlagen für die Herstellung grafisch verfremdeter Bilder. Insbesondere in der Fotografik wird über verschiedene Stufen von der Vorlage bis zum fertigen Ergebnis mit Hilfe von Reproduktionstechniken gearbeitet. Ziel ist nicht die Erhaltung von originalgetreuen Bildinformationen, sondern eine gezielte Veränderung der Bildinhalte, die zu neuen Bildaussagen führt. Dies kann durch die Manipulation bei der Reproduktion an sich oder durch die anschließende Verarbeitung der Reproduktion im Rahmen der fotochemischen Prozesse oder beliebiger weiterer Manipulationen erreicht werden. Die Reproduktion mit ihren Techniken bietet eine Fülle manipulativer Techniken, die zu neuen kreativen Bildideen mit überraschenden Ergebnissen führen. 1.1. Vorlagen für die Reproduktion Grundsätzlich können beliebige Vorlagen zur Reproduktion anstehen. Da das Ergebnis der fotografischen Reproduktion zweidimensional ist, kommen im allgemeinen jedoch auch nur zweidimensionale oder annähernd zweidimensionale Vorlagen, also Bilder, Drucke, Schriften, Dias, Negative, Münzen, o.ä., zur Verarbeitung. Je nachdem, ob die Vorlage durchsichtig (transparent) oder lichtundurchläßig (opak) ist, finden unterschiedliche Techniken zur Reproduktion Anwendung. 1.1.1.Reproduktion opaker Vorlagen Opake Vorlagen sind weitgehend lichtundurchläßig. Sie werden im Auflicht betrachtet und auch reproduziert. Beispiele hierfür sind Gemälde, Drucke oder auch Papierfotografien selbst. Die Reproduktion soll verzerrungsfrei erfolgen. Das setzt eine absolute Planparallelität zwischen der Vorlagenebene und der Abbildungsebene (Filmebene) voraus. Das bedeutet, dass die Kamera sehr exakt in Bezug auf die Vorlage ausgerichtet sein muss. Dies ist nur mit einer statischen Einrichtung zu erreichen. Denkbar ist die Verwendung eines Stativs für die Fotokamera oder bei häufigem Einsatz zur Reproduktion eine Reproeinrichtung an einem Tischstativ. Bild: Anordnung zur Reproduktion Die planparallele Ausrichtung der Kamera in Bezug auf die Vorlage erreicht man beispielsweise durch eine Testvorlage aus Millimeterpapier. Die Kamera wird so eingerichtet, dass die Linien des Millimeterpapiers exakt parallel zu den Begrenzungskanten des Sucherbildes verlaufen. Hilfreich ist eine Sucherscheibe mit Gitterlinien in einer Spiegelreflexkamera. Millimeterpapier offenbart auch sogleich eventuell durch das Objektiv hervorgerufene Verzerrungen und Abbildungsfehler, wie tonnenförmige oder kissenförmige Abberationen. Einfach und schnell lässt sich die Kamera mit einem Spiegel einrichten. Der Spiegel wird an die Stelle der Vorlage gebracht. Die Kamera wird so eingestellt, dass das Zentrum des Objektivs im Spiegelbild genau in der Mitte der Sucherscheibe abgebildet wird. Mittig in der Sucherscheibe angeordnete Hilfen zur Scharfeinstellung, wie etwa ein Mikroprismenring, sind dabei hilfreich. Es dürfen keine Reflexe auf der Oberfläche der Vorlage die Reproduktion verfälschen. Besonders hochglänzende Vorlagen sind hierfür empfindlich. Sie lassen sich vermeiden durch den Einsatz eines Polfilters. Besser sind jedoch Hilfsmittel zur Abschirmung von Reflexen. Dies können Tücher oder reflexmindernde Pappschirme sein. Die Beleuchtung soll über die gesamte Vorlagefläche gleichmäßig hell sein. Üblicherweise ordnet man dazu um ein Reprostativ herum jeweils an den Diagonalenenden der Vorlagefläche vier Lampen an, die die Vorlage etwa unter einem Winkel von 45° bescheinen. Ihr Abstand zur Vorlage soll mindestens 60 bis 80 cm betragen. Die Gleichmäßigkeit der Beleuchtung kontrolliert man einfach, indem man einen Bleistift in der Vorlagenmitte senkrecht stellt und die vier Schattenverläufe des Bleistifts bewertet. Die vier Schatten müssen gleichmäßig hell/dunkel sein, sonst ist die Beleuchtung über die Fläche ungleichmäßig. Es können aber auch mit einem einzigen Elektronenblitzgerät ganz brauchbare Reproduktionen hergestellt werden, wenn man einige einfache Tricks beachtet. Das Elektronenblitzgerät muss in einem Winkel von ca. 30° flach von vorne die Vorlage beleuchten. Ein flacher Winkel ist vor allem dann erforderlich, wenn wegen eines hohen Abbildungsmaßstabes bei der Aufnahme das Objektiv nahe an die Vorlage herangeführt werden muss. Da die Lichthelligkeit einer einzelnen Leuchte mit der Entfernung abnimmt (I = f(1/E²)), muss der Abstand zwischen der Blitzlampe und der Vorlage so gewählt werden, dass der Helligkeitsverlust in der Tiefe nicht merklich ins Gewicht fällt. Dies ist dann der Fall, wenn der Abstand zwischen Vorlage und Lampe mindestens 15- bis 20-mal so groß ist wie die Diagonalenlänge der Vorlage. Der Lichtverlust beträgt dann etwa 10%. Durch Aufstellen eines einfachen weißen Reflektors (Styropor oder weißes Papier) gegenüber dem Blitzgerät kann der Lichtabfall verringert werden. Wird bei Abständen von weniger als 1,5 m zwischen der Blitzleuchte und der Vorlage gearbeitet, muss eine Leitzahlreduktion infolge der fehlende Lichtreflektion an Wänden und Decken im Raum berücksichtigt werden. Am sichersten wird dann die Blende mit einem Blitzbelichtungsmesser bestimmt. Bei der Blendenrechnung sind dann lediglich noch Verlängerungsfaktoren infolge von Auszugsverlängerungen oder Filtervorsätzen zu berücksichtigen. Am einfachsten ist das Arbeiten mit einer TTL-Blitzautomatik. 1.1.2. Reproduktion transparenter Vorlagen Transparente, lichtdurchläßige Vorlagen kommen in sehr vielfältiger Form vor. Nicht nur Diapositive, sondern auch beispielsweise übliche Schwarz-Weiß-Negative, Folien, Gläser oder auch natürliche Objekte (Blätter, Blüten, Gräser, o.ä.) lassen sich als lichtdurchläßiges Objekt reproduzieren. Dabei werden dann häufig Strukturen und Muster sichtbar, die bei der Betrachtung im Durchlicht gar nicht zum Vorschein kommen. Es lohnt sich also die verschiedensten Gegenstände einmal im Durchlicht zu betrachten. Im Folgenden sollen die Methoden Reproduktionen von transparenten Vorlagen herzustellen am Beispiel der Dia-Reproduktion dargelegt werden. Ein erster sehr einfacher Weg zur Herstellung von Kopien von Dia-Positiven besteht darin Zwischennegative durch Kontaktkopieren herzustellen, die dann erneut zum Dia umkopiert werden. Dabei wird das Vorlagedia mit seiner Schichtseite auf die Schichtseite des Reproduktions-Negativfilms im Kontakt aufgelegt. Um einen guten Kontakt beider Filmschichten sicherzustellen wird noch mit einer sauberen Glasscheibe beschwert. Unter dem Licht eines Vergrößerungsgerätes wird dann durch das aufgelegte Vorlagedia das Repromaterial belichtet. Bild: Dia-Reproduktion durch Kontaktkopieren So erhält man eine Negativreproduktion genau im Maßstab 1:1. Reproduktionen dieser Art lassen sich beispielsweise auf graphisch arbeitenden S/W-Film ausführen und stellen dann auch schon den ersten Schritt zu einer Bildmanipulation dar. Für diese Arbeiten ist ein abdunkelbarer Raum erforderlich, da die lichtempfindlichen Reproduktionsmaterialien offen gehandhabt werden. In ähnlicher Weise arbeiten spezielle Kopiergeräte, die das Duplizieren von Dias auf Kleinbildfilm gestatten. Hierbei kann dann auch mit einem speziellen Dia-Duplizierfilm gearbeitet werden, der dann mit den gleichen Geräten wie ein Kleinbildfilm verarbeitet werden kann. Ebenfalls eine Dunkelkammer setzt der 'Dunkelkammer-Diakopierer' voraus. Hiermit wird ein Dia (oder ein Negativ) aus einem Vergrößerungsgerät über einen Winkelspiegel unter 45° direkt in das Gehäuse einer Spiegelreflexkamera, aus der vorher das Objektiv entfernt wurde, projiziert. Bei geöffnetem Verschluss wird dann der Film belichtet. Bei geeigneter Kamera lässt sich die Belichtung sogar automatisch steuern. Bild: Dia-Reproduktion mit dem 'Dunkelkammer-Diakopierer' Die Abbildungsqualität bei diesem Verfahren hängt einzig von der Stabilität (Verwackeln) des Vergrößerungsgerätes und der optischen Leistungsfähigkeit des Vergrößerungsobjektivs ab. Es lassen sich auch sehr starke Ausschnittsvergrößerungen anfertigen. Zur Herstellung von Duplikaten von Kleinbilddias sollte die Brennweite des Vergrößerungsobjektivs 75 - 90 mm betragen. Bei kleineren Brennweiten lassen sich Duplikate im Maßstab 1:1 nicht mehr herstellen, da der Abstand vom Vergrößerungsobjektiv zum Diaduplikator zu gering ist. Es lassen sich jedoch Ausschnittsvergrößerungen herstellen. Weitere Möglichkeiten zum Eingreifen und zur kreativen Gestaltung und Nutzung des Dupliziervorgangs bieten die optischen Verfahren. Hierzu ist eine Ausrüstung für den Makro- oder Mikrobereich erforderlich. Um die hohen Vergrößerungsmaßstäbe (1:1 oder größer) zu erreichen, wird ein für den Nahbereich korrigiertes Objektiv und eine entsprechend lange Auszugsverlängerung benötigt. Als Objektiv eignet sich jedes spezielle Makroobjektiv oder -objektivkopf. Aber auch Vergrößerungsobjektive, wie sie in Vergrößerungsgerten eingesetzt werden, sind für den Nahbereich korrigiert und liefern hervorragende Ergebnisse. Zur Auszugsverlängerung kommen Zwischenringe oder ein Balgengerät in Frage. Bild: Dia-Duplizieren im Durchlicht Im Makro- und Mikrobereich sind die Zonen der Schärfentiefe sehr klein. Durch eine Verkleinerung der Blende kann dies ausgeglichen werden. Dies ist besonders dann von Vorteil, wenn mehrlagige Sandwich-Vorlagen oder auch wellige, verbeulte Vorlagen zur Anwendung kommen, da auch dann noch scharfe Reproduktionen hergestellt werden können. Bei der Verwendung einer Kleinbildspiegelreflexkamera zur Reproduktion im Maßstab 1:1 müssen besondere Maßnahmen ergriffen werden, um eine ausschnittsgenaue Reproduktion der Vorlage zu erreichen. Der Ausschnitt des Sucherbildes auf der Mattscheibe stimmt im allgemeinen nicht völlig mit dem Bildausschnitt des Filmes überein. Das Sucherbild ist gegenüber dem Filmbildausschnitt üblicherweise um einen Randabschlag von etwa 5% reduziert. Zur genauen Einstellung des Bildausschnitts arbeitet man daher gewöhnlich mit einem Einstelldia. Bei der praktischen Ausführung der optischen Reproduktion von Diapositiven und anderer durchstrahlbarer Vorlagen kann man im einfachsten Fall die Vorlagen einfach an eine Fensterscheibe vor den gleichmäßig hellen Himmel oder vor jede andere gleichmäßig helle Lichtquelle montieren und abfotografieren. Bessere und gleichmäßigere Ergebnisse lassen sich jedoch erreichen, wenn man die Reproduktionsbedingungen weitgehend standardisiert und konstant hält. Das Licht des Himmels ändert nicht nur seine Intensität sondern auch seine Farbtemperatur ist abhängig von Wetter und Tageszeit. Zur Beleuchtung eignen sich beispielsweise ein Elektronenblitzgerät oder eine Kunstlichtquelle mit konstanter Farbtemperatur (ideal ist ein Leuchtkasten mit Tageslichtquelle). Die Kamera mit Makroeinrichtung muss auf einem Stativ festmontiert sein, um eine exakte Einstellung von Ausschnit und Bildschärfe zu erreichen. Ideal ist eine optische Bank mit einer senkrechten optischen Achse. Oben wird die Kamera mit Makroeinrichtung montiert. Darunter folgt die Bildebene, die aus einer Glasplatte mit Opalscheibe besteht, auf die die Vorlagen aufgelegt werden können. Sie sollte mit einem zweiseitigen (Winkel-) Anschlag versehen sein, um beispielsweise beim Reproduzieren einer größeren Anzahl von Kleinbilddias eine schnelle Ausschnittsjustage zu erreichen. Darunter folgt dann die Beleuchtungsquelle für die Belichtung. Wird mit einem Elektronenblitzgerät belichtet, muss zusätzlich noch ein Dauerlicht als Einstelllicht vorhanden sein. 1.2.Belichtungsmessung und -regelung Jeder Film benötigt eine von seiner Filmempfindlichkeit anhängige Menge Licht, um richtig belichtet zu werden. 1.2.1.Belichtungsmessung bei Reproduktion im Auflicht Die Reproduktion im Auflicht stellt keine besonderen Anforderungen an die Belichtungsmessung, sondern entspricht im Wesentlichen der der Normalfotografie. Es sind jedoch speziell bei der Reproduktion häufig Vorlagen abzulichten, die in ihrem Tonwertbereich entweder sehr hell (weißes bedrucktes Papier) oder auch sehr dunkel ausgerichtet sind. Die übliche Belichtungsmessung, die als Objektmessung ausgeführt wird, führt dann zu Fehlbelichtungen, da sie immer von einer mittleren Helligkeit mit einer Lichtreflektion von 18% eines typischen Durchschnittsobjekts ausgeht. Empfehlenswert ist die Verwendung einer Neutral-Graukarte, die anstelle der Vorlage angemessen wird. Die Graukarte liefert sozusagen einen Referenzgrauwert, auf den jeder Belichtungsmesser (auch der in die Kamera integrierte) einjustiert ist. Die Graukarte wird zur Messung auf die Vorlage gelegt und zeigt dabei von der Vorlage in Richtungg auf die Kamera. Sie wird mit der Aufnahmebeleuchtung angestrahlt. Der Belichtungsmesser oder die Kamera mit eingebauten Belichtungsmesser sollen die Graukarte formatfüllend erfassen, sodass keine Randbereiche um die Graukarte das Ergebnis verfälschen können. Dies ist bei einer DIN-A5-Graukarte bei etwa 15 - 20 cm Abstand der Fall. Gleichzeitig darf durch den Belichtungsmesser aber die Graukarte nicht verschattet werden. 1.2.2.Belichtungsmessung bei Reproduktion im Durchlicht Der der durchstrahlten transparenten Vorlage eines Diapositivs handelt es sich um ein selbstleuchtendes Objekt, das nur durch eine Objektmessung bewertet werden kann. Die Verwendung einer Graureferenz ist generell nicht möglich. Empfehlenswert ist die Verwendung einer Kamera mit eingebauter Innenmessung durch das Objektiv. Dies ist auch deshalb von Vorteil, da durch die oftmals sehr starke Ausschnittsvergrößerung im Makrobereich mit Verlängerungsfaktoren für die Belichtung gerechnet werden muss, die von der Innenmessung durch das Objektiv quasi automatisch mit berücksichtigt werden, da nur die durch das Objektiv fallende Lichtmenge zur Messung benutzt wird. 1.2.3.Einfluss der Farbtemperatur Licht kann hinsichtsichtlich seiner Ausbreitungsrichtung, seiner Stärke und seiner Farbe unterschiedlich sein. Tageslicht hat eine bestimmt spektrale Zusammensetzung. Es setzt sich aus den Farben des Lichtspektrums, so wie es die Sonne abgibt, zusammen. Seine mittlere Farbtemperatur (die Temperatur, die ein schwarzer Körper haben müsste, um Licht der gleichen Farbzusammensetzung abzugeben) liegt bei 5500 K. Glühlampenlicht enthält gegenüber Tageslicht einen sehr viel höheren Anteil an rotem Licht und weniger Blauanteile. Seine Farbtemperatur liegt gegenüber Tageslicht erheblich niedriger. Sie ist abhängig von der Art der Lichtquelle. Folge Werte können als Anhalt dienen: Kerzenlicht ca. 2000 K = 500 Mired Glühlampe 50 W ca. 2500 K = 400 Mired Glühlampe 100-200 W ca. 2700 K = 370 Mired Halogenlicht ca. 3400 K = 294 Mired Licht bei Sonnenauf- und Untergang ca. 3500 K bis 5000 K286 - 200 Mired Tageslicht (normal) ca. 5500 K = 182 Mired Elektronenblitzlicht ca. 5500 K = 182 Mired Licht bei blauem Himmel ca. 6000 K bis 10.000 K167 - 100 Mired Farbfilme für Tageslicht sind daher auch auf die Farbtemperatur von 5500 K abgestimmt und ergeben eine empfindungsgerechte Wiedergabe von Farbtönen in der Aufnahme, wenn sie mit Licht von Tageslichtqualität oder beispielsweise dem Licht eines Elektronenblitzgerätes belichtet werden. Wird ein Tageslichtfilm mit Licht einer niedrigeren Farbtemperatur belichtete ergeben sich Farbabweichungen (Farbstich) zu warmen, roten Tönen hin. Ist die mittlere Farbtemperatur höher als 5500 K, ergibt sich eine Farbabweichung zu kalten, blauen Werten hin. Entsprechend sind Kunstlichtfilme auf eine Farbtemperatur des Aufnahmelichts von 3400 K eingestellt. Bei Licht dieser Farbtemperatur ergeben sie eine empfindungsgerechte Farbwiedergabe. Bei höheren Farbtemperaturen reagieren sie mit einem Blaustich, bei niedrigeren Farbtemperaturen ebenfalls mit einem Rotstich. Die Farbtemperatur des vorherrschenden Lichtes lässt sich nur mit einem Farbtemperaturmesser einwandfrei feststellen. Schätzungen sind kaum möglich, da sich das Auge an die gegebene Lichtsituation anpasst und Farbverschiebungen bei der Wahrnehmung kompensiert werden. Besteht die Gefahr eines Farbstiches bei der Aufnahme auf Farbmaterial, da die vorhandene Farbtemperatur nicht der Nenn-Farbtemperatur des Aufnahmematerials entspricht, kann man durch die Verwendung von Farb-Korrekturfiltern bei der Aufnahme gegenfiltern. Der für eine Farbkorrektur erforderliche Filterwert lässt sich über die sogenannten Mitred-Werte der Farbtemperatur errechnen: Mired-Wert = 1.000.000 / Farbtemperatur (K) Die Mired-Werte für die Nenn-Farbtemperatur des Aufnahmefilms und des Aufnahmelichtes werden voneinander subtrahiert und ergeben den erforderlichen Mired-Wert des Aufnahmekorrektur-Filters. Mired-Wert(Filter) = Mired-Wert(Film) - Mired-Wert(Licht) Folgende Filterwerte (HAMA-Korrekturfilter) sind bei Aufnahmen auf Tageslichtfilm im allgemeinen zu verwenden: KR 2 (LA +20/81A): ein mittelgelbes Korrekturfilter. Es korrigiert eine zu hohe Farbtemperatur von 6100 K auf 5500 K (Mired-Wert +20). Es wirkt gegen Dunst und Blaustich bei Aufnahmen auf Tageslichtmaterial bei mittelstarker Bewölkung. KB 2 (LB -20/82A): ein bläuliches Korrekturfilter. Es korrigiert leichten Rotstich bei Morgen- und Abendlicht (5000 K auf 5500 K mit einem Mired-Wert von -20). Sein Faktor zur Belichtungsverlängerung beträgt 1,3. KB 3 (LB -30/82 B): ein bläuliches Korrekturfilter. Es korrigiert einen mittleren Rotstich bei Morgen- und Abendlicht. Außerdem zur Anhebung der Farbtemperatur bei der Fotografie auf Kunstlichtfilm (von 2900 K auf 3200 K mit einem Mired-Wert von -30). Sein Faktor zur Belichtungsverlängerung beträgt 1,2. KB 9 (LB -80/80C): ein blaues Korrekturfilter. Es hebt die Farbtemperatur von Kunstlicht von ca. 3900 K auf 5500 K an. Es wirkt gegen starken Rotstich bei Aufnahmen auf Tageslichtfilm mit Beleuchtung durch weiße Blitzlampen. Seine Verlängerung beträgt 1,9-fach. KB 12 (LB -100/80B): ein blaues Korrekturfilter. Es korrigiert die Farbtemperatur von 3400 K auf 5500 K mit einem Mired-Wert von -100. Anwendung beispielsweise bei Beleuchtung mit Halogenlicht oder bei Verwendung des Multiblitz-Dia-Duplikators und Aufnahme auf Tageslichtfarbfilm. Sein Verlängerungsfaktor beträgt 2-fach. 1.3.Grundlagen der Nah- und Makrofotografie Je kleiner die Motive (Vorlagen) sind, umso mehr muss man an sie rangehen, um zu einer formatfüllenden Aufnahme zu kommen. Wir stoßen dabei zwangsläufig in den Bereich der Nah- und Makrofotografie vor. Die Begriffe Nah- und Makrofotografie und in gleicher Weise auch Mikrofotografie sind in ihrer Anwendung nicht scharf gegeneinander abgegrenzt. Zum einen kann man die Abgrenzung nach der Art der verwendeten technischen Hilfsmittel (z.B. das Mikroskop) treffen. Gerade die Nah- und Makrofotografie lassen sich über diesen Weg nur unvollkommen abgrenzen. Die in den unterschiedlichen Verfahren erreichbaren Abbildungsmassstäbe können sich überschneiden. Eine eindeutige Abgrenzung ist über die Festlegung der Abbildungsmaßstäbe zu erreichen. Der Bereich der Nahaufnahme beginnt danach bei einem Abbildungsmaßstab von 1:10 und erstreckt sich bis zum Maßstab 1:1. Mit dem Begriff der Makrofotografie wird der Bereich von 1:1 bis 20:1 abgedeckt. Die Mikrofotografie beginnt bei 20:1 und erstreckt sich im Bereich der Lichtmikroskopie bis etwa 1500:1. Mit der sehr aufwendigen Technik der Elektronen-mikroskopie lassen sich sogar noch Abbildungsmassstäbe bis 500.00:1 erreichen. Der Abbildungsmaßstab (A) beschreibt die Verhältnisse zwischen der Bildgröße (B) und der Gegenstandsgröße (G). Abbildungsmaßstab: A = B / G Zur Abbildung ist ein optisches System mit mindestens einer Linse erforderlich. Im Falle der Abbildung mit einer Kamera ist dies das Objektiv. Es befindet sich zwischen dem Aufnahmegegenstand und seinem Abbild. Die vom Gegenstand ausgehenden Lichtstrahlen werden durch das optische System in der Bildebene wieder zu einem Bild zusammengeführt. Die erforderliche räumliche Anordnung von Gegenstand und Objektiv zur Entstehung einer Abbildung wird dabei insbesondere von der Brennweite (f) des Objektivs bestimmt. Für die Anordnung gilt eine einfache Beziehung der geometrischen Optik, die die Abhängigkeit der Brennweite (f), der Gegenstandsweite (g) und der Bildweite (b) beschreibt. Als Gegenstandsweite wird die Entfernung des Gegenstands zu optischen Mitte des Objektivs, als Bildweite die Entfernung der Bildebene hinter dem Objektiv bezeichnet. 1/f = 1/g + 1/b Auch der Abbildungsmaßstab (A) lässt sich mit diesen Größen beschreiben: Es gilt: A = B/G = b/g und 1/f = 1/b + 1/g A = b*(1/f - 1/b) = b/f - 1 Die Brennweite eines Objektiv ist im Normalfall (von Zoomobjektiven einmal abgesehen) eine konstante nicht veränderbare Größe. Bei der Veränderung des Abbildungsmaßstabes müssen daher die Gegenstandsweite und die Bildweite verändert werden. Durch Herangehen an das Motiv verkleinern wir die die Gegenstandsweite, durch die Betätigung des Scharfeinstellrings am Objektiv wird die Bildweite vergrößert. Der Scharfeinstellring betätigt einen Schneckentrieb im Objektiv, der das optische System weiter von der Bild(Film)-Ebene entfernt. Die Verschiebung des Objektiv wird als Auszug (a) bezeichnet. Zwischen der Bildweite und dem Auszug besteht die Beziehung: b = f + a Bereits mit einfachen Objektiven kann in den Bereich der Nahaufnahme vorgedrungen werden. Voraussetzung ist lediglich, dass das Objektiv über einen entsprechend langen Auszug verfügt. Für einen Abbildungsmaßstab von 1:10 sind folgende Bedingungen zu erfüllen: Objektiv f (mm) g (mm) b (mm) a (mm) Weitwinkel 35 385 38,5 3,5 Normal 50 550 55 5 Tele 135 1485 148,5 13,5 Häufig sind auch noch etwas größere Abbildungsmaßstäbe zu erreichen. Jedoch lässt dann die Abbildungsqualität der Objektive, die nicht für den Einsatz im Nahbereich gerechnet wurden, nach. Insbesondere kommt es zu Lichtverlusten (Vignetierungen) in den Ecken und Randbereichen der Abbildung. Fotografisch sind noch keine Probleme zu erwarten. Man kann aus freier Hand arbeiten, soweit genügend Licht für Belichtungszeiten von 1/125 sek. oder kürzer zur Verfügung steht, um Bewegungsunschärfen zu vermeiden. Auch die Schärfentiefe ist noch zu beherrschen. Es ist zweckmäßig die Bildschärfe durch langsames Vor- und Rückbewegen der Kamera zum Gegenstand zu optimieren, nachdem man den ungefähren Entfernungswert am Objektiv eingestellt hat. Die Bildschärfe wird dabei auf der Einstellscheibe der Spiegelreflexkamera beobachtet. Für größere Abbildungsmaßstäbe sind dann optische Hilfsmittel erforderlich. Diese verändern entweder die Brennweite des optischen Systems (Vorsatzlinsen), oder sie erlauben die Vergrößerung des Auszugs durch das Einfügen von Zwischenringen oder eines Balgengerätes zwischen das Objektiv und das Kameragehäuse. Während mit Zwischenringen jeweils eine feste Auszugsverlängerung eingestellt ist, erlaubt das Balgengerät eine variable Auszugsveränderung. 1.3.1.Vorsatzlinsen Vorsatzlinsen erschließen den Bereich der Nahfotografie mit geringem Aufwand. Sie sind preiswert und sehr leicht zu handhaben. Sie erfordern keine komplizierten Aufnahmevorrichtungen sondern werden einfach in das Filtergewinde am Objektiv geschraubt. Sie sind überall mit hinzunehmen und sofort einsatzbereit. Die Einstellung des Bildausschnitts und der Bildschärfe erfolgt bei Spiegelreflexkameras über die Sucherscheibe. Bei Sucher-Kameras muss (fehleranfällig und langsam) mit einem Entfernungsmaß die Kamera vor dem Fotomotiv eingerichtet werden, wobei zusätzlich das Problem der Bildparallaxe (Abweichung zwischen Sucherbild und Objektivbild) auftritt. Bild: Handhabung einer Vorsatzlinse Vorsatzlinsen werden in verschiedenen Stärken angeboten, die unterschiedliche Bereiche für Nahaufnahmen erschliessen. Die Stärke der Vorsatzlinse wird nicht anhand ihrer Brennweite angegeben, sondern in sog. Dioptrien. Dioptrie = 1000 / f(mm) Der Vorteil der Angabe in Dioptrien besteht darin, dass für ein beliebiges Objektiv, vor das eine Vorsatzlinse gesetzt wird, sehr einfach auf die neue effektive Brennweite umgerechnet werden kann. Zuerst errechnet man sich den Dioptrienwert des Objektivs. Anschließend werden beide Werte der Dioptrien für das Objektiv und die Vorsatzlinse addiert. Anschließend teilt man 1000 durch den Dioptrienwert des Objektivs mit Vorsatzlinse und erhält die Brennweite des zusammengesetzten optischen Systems. Beispiel: 50 mm Normalobjektiv mit Vorsatzlinse (2 d) Objektiv : 1000 / 50 = 20 Dioptrien Vorsatzlinse : 2 Dioptrien Objektiv mit Vorsatzlinse: 20 + 2 = 22 Dioptrien Neue Brennweite : 1000 / 22 = 45,45 mm Die Vorsatzlinse verkürzt die Brennweite des optischen Systems im Vergleich zum Objektiv ohne Vorsatzlinse. Da bei dieser Methode die Bildweite des Objektivs gleich bleibt, vergrößert sich der Auszug, und der Abbildungsmaßstab nimmt zu. Folgende Tabelle veranschaulicht den Einsatzbereich von Vorsatzlinsen: Vorsatzlinsen: Dioptrien Entfernung (cm)Maßstab 1 100 - 33 0,05 - 0,17 2 50 - 25 0,10 - 0,22 3 33 - 20 0,15 - 0,28 3 + 1 25 - 16 0,20 - 0,33 3 + 2 20 - 14 0,25 - 0,39 Vorsatzlinsen erfordern keine Verlängerung der Belichtungszeit, die sich sonst aus den Lichtverlusten einer Auszugsverlängerung heraus ergibt. Die Vorsatzlinse verlängert indirekt über die Verkürzung der Brennweite den Auszug. Gleichzeitig erhöht sie aber auch die Lichtstärke des optischen Systems, indem sie die relative Öffnung (Blende) des Objektivs vergrößert. Die Blende errechnet sich aus der Objektivbrennweite (f) und dem wirksamen absoluten Öffnungsdurchmesser (d). Blende = f / d Wird mit einem 50mm-Objektiv bei Blende 2 gearbeitet, entspricht dies einer absoluten Öffnung von 25 mm. Bei Vorsetzen einer Linse mit 2 Dioptrien reduziert sich die Brennweite auf 45,45 mm. Der neue Blendenwert errechnet sich demzufolge zu: Blende = 45,45 / 25 = 1,82. Der Lichtgewinn der größeren effektiven Blende kompensiert die Lichtverluste durch die Auszugsverlängerung weit-gehend. 1.3.2.Zwischenringe und Balgengerät Die oben ausgeführten physikalischen Grundlagen weisen aus, dass durch die Vergrößerung des Auszugs der Abbildungsmaßstab erhöht wird. Bei Spiegelreflexkameras wird dies durch Zwischenringe oder Balgengeräte erreicht, die zwischen das Objektiv und das Kameragehäuse gesetzt werden. Zwischenringe stellen eine feste Auszugsverlängerung ein. Sie sind sehr robust und insbesondere auch für den Einsatz im Freien unter feuchten Bedingungen geeignet. Mehrere Zwischenringe lassen sich zu einem größeren Auszug kombinieren. Balgengeräte besitzen einen ziehharmonikaähnlichen, lichtundurchlässigen Körper zwischen einer Kamera- und einer Objektivstandarte. Die Standarten sind in ihrem Abstand zueinander veränderbar. Dadurch haben Balgengeräte einen variablen Auszug. Bild: Zwischenring - Balgengerät Es gibt in ihrer Funktion unterschiedliche Arten. Einfache Ausführungen erlauben keine Übertragung von Kamerafunktionen, insbesondere die automatische Blenden-Steuerung, zum Objektiv. In diesen Fällen muss mit der manuell zu schließenden Arbeitsblende gearbeitet werden, was den Nachteil eines häufig sehr dunklen Sucherbildes mit sich bringt. Geräte mit automatischer Blendenübertragung dagegen gestatten das Arbeiten bei Offenblende mit einem deutlich helleren Sucherbild. Zwischenringe und Balgengeräte gestatten bei Verwendung entsprechender Objektive sehr viel größere Abbildungs-Maßstäbe als Vorsatzlinsen. Insbesondere ist die Abbildungsleistung bei Verwendung hochwertiger Makroobjektive (Objektivköpfe) sehr viel besser. In vielen Fällen kann man die optischen Abbildungseigenschaften dadurch verbessern, dass man ein Objektiv nicht in seiner üblichen Stellung vor einen Zwischenring oder das Balgengerät setzt, sondern es in der sog. Retrostellung montiert. Dazu ist ein im Handel erhältlicher Umkehrring erforderlich, mit dem das Objektiv am Filtergewinde an die Auszugsverlängerung montiert wird. Bei der Retrostellung sind keine Blendenfunktionen übertragbar. Es muss also bei der Arbeits-Blende eingestellt werden. Durch die Objektivmontage in Retrostellung ist bei Normalobjektiven eine Verbesserung der Abbildungsleistung in einem Maßstabbereich von 1:1,5 bis 1:2 zu ereichen; bei Weitwinkelobjektiven in einem Bereich von 2:1 und größer. Anstelle der üblichen Objektive, die in Retrostellung montiert werden können, arbeitet man am Balgengerät mit speziellen Makroköpfen. Dabei handelt es sich um Objektive, die speziell für den Makroeinsatz gerechnet wurden und dort ihre optimalen Abbildungseigenschaften besitzen. Objektivköpfe verfügen zwar über eine Blendeneinstellung aber nicht über einen Schneckentrieb zur Scharfeinstellung. Die Bildschärfe wird über den variablen Auszug des Balgengerätes eingestellt. Gut geeignet für Makroaufnahmen am Balgengerät sind Vergrößerungs-objektive aus dem Fotolaborbereich, da sie speziell für den Nahbereich mit hohen Abbildungsmaßstäben entwickelt werden. Sehr praktisch in Verbindung mit einem Balgengerät ist ein Einstellschlitten. Der Einstellschlitten erlaubt die Verschiebung des Balgengerätes mit Kamera und Objektiv um einige Zentimeter zum Motiv hin oder zurück. Dies erleichtert die Einstellung der richtigen Bildschärfe über den Sucher, wenn man am Stativ arbeitet und den Abbildungsmaßstab vorgewählt hat. Die hohen Auszugsverlängerungen durch Zwischenringe und Balgengeräte bringen starke Lichtverluste mit sich. Die Helligkeit des Sucherbildes bei Spiegelreflexkameras nimmt dabei deutlich ab. Zunächst erschwert dies die Einstellung der richtigen Schärfe und Beurteilung der Schärfentiefe. Im Regelfall wird man mit einem Stativ arbeiten. Die Steuerung der Belichtungsverlängerung ist solange unkritisch, wie der TTL-Belichtungsmesser auf die vorhandene Lichtmenge anspricht. Viele Spiegelreflexkameras sind in ihrem Messbereich nach unten jedoch eingeschränkt. Hier hilft nur eine Messung mit einem Handbelichtungsmesser und die Umrechnung der Belichtungszeit von Hand unter Berücksichtigung der entsprech-enden Verlängerungsfaktoren. Die Schärfentiefe nimmt bei Nah- und Makroaufnahmen mit zunehmendem Abbildungsmaßstab stark ab, was hohe Anforderungen an eine korrekte Scharfeinstellung mit sich bringt. 1.3.3.Belichtungssteuerung im Nah-/Makrobereich So einfach sich zunächst durch die Wahl der geeigneten Objektive und Zwischenringe bzw. Balgengeräte hohe Abbildungsmaßstäbe erreichen lassen, so schwierig werden später die Aufnahmebedingungen bei der praktischen Arbeit. Der Grund ist zum einen die sehr schnell abnehmende Helligkeit und die damit verbundenen langen Belichtungszeiten bei der Aufnahme, die ein Arbeiten ohne Stativ in vielen Fällen nicht mehr erlauben. Zum anderen nimmt aber auch die Schärfentiefe trotz starker Abblendung (oft wegen des geringen Lichtes nicht möglich) stark ab. AbbildungsmaßstabSchärfentiefe (mm)Belichtungs- bei Blende 16verlängerung 2 : 10,89 4 : 10,3325 6 : 1 0,2149 8 : 10,1581 10 : 10,12121 Allgemein errechnet sich die Schärfentiefe nach folgender Formel: T = s * B * g² / 1000 * f Die Abnahme der Schärfentiefe ist durch keine Maßnahme zu kompensieren. Die Verlängerung der Belichtungszeit kann durch eine stärkere Beleuchtungsquelle zum Teil ausgeglichen werden. Reicht das vorhandene Tageslicht nicht mehr aus, muss man zu geeigneten Kunstlichtquellen greifen, also entweder zu einer Fotolampe oder zu einem Elektronenblitzgerät. Bei den Fotoexperimenten werden wir grundsätzlich mit einem oder mehreren Elektronenblitzgeräten arbeiten, da das vorhandene Raumlicht einerseits viel zu schwach ist und zum anderen mit seiner Farbtemperatur auf die benutzten Tageslichtfilme abgestimmt ist. Elektronenblitzgeräte haben eine Farbtemperatur von ca. 5500 K bis 5800 K und sind daher auf Tageslichtfilm abgestimmt. Die Arbeit mit einem Blitzgerät kann sehr einfach sein, sie kann aber auch recht kompliziert sein. Im ersteren Fall nämlich, wenn man mit einer vollelektronisch gesteuerten Blitzanlage arbeitet, und im zweiten Fall, wenn man mit einem manuellen Blitzgerät ohne jede Computerunterstützung arbeiten muss. Im ersteren Fall gibt es fast keine Probleme bei der Belichtungssteuerung, während man im zweiten Fall mit Versuchsreihe die optimalen Belichtungswerte ermitteln muss. Dies erfordert mehr Einsatz an Filmmaterial, führt aber mit einiger Erfahrung ebenfalls zu guten Ergebnissen. Zunächst soll die Verfahrensweise mit vollständig manuellen Blitzgeräten beschrieben werden. Diese Blitzgeräte weisen keine elektronische Unterstützung bei der Belichtungsregelung auf. Sie stellen während ihrer Leuchtzeit immer dieselbe Lichtmenge (Helligkeit) für einen sehr kurzen Augenblick (meist 1/1000 Sek. oder kürzer) zur Verfügung. Die Lichtintensität eines solchen Blitzgerätes wird über die sog. Leitzahl angegeben. Über die Leitzahl wird die Blende, die am Objektiv eingestellt werden muss, errechnet. Üblicherweise rechnet man: Blende = Leitzahl / Aufnahmeentfernung Der rechnerische Ansatz zur Blendenbestimmung über die Leitzahlrechnung gilt aber nur für einen mittelgroßen Raum mit hellen Decken und Wänden und einem Abstand zwischen Blitz und Motiv von mehr als 1,5 m (Aufnahmeentfernung). Die Leitzahl ist zudem abhängig von der Empfindlichkeit des verwendeten Filmes. Normalerweise wird sie für eine Lichtempfindlichkeit von 21/100 DIN/ASA angegeben. Bei einer Verdoppelung der Filmempfindlichkeit muss sie mit dem Faktor 1,414 multipliziert werden. Bei der Halbierung muss sie durch 1,414 dividiert werden. Bei einem Elektronenblitzgerät mit der Leitzahl 32 bei 21/100 DIN/ASA verhalten sich die Leitzahlen wiefolgt: Filmempfindlichkeit Leitzahl Multiplikationsfaktor ----------------------------------------------------- 15/25 DIN/ASA 16 0,5 18/50 DIN/ASA 23 0,707 21/100 DIN/ASA 32 1,0 24/200 DIN/ASA 45 1,414 27/400 DIN/ASA 64 2,0 ------------------------------------------------------ Im Nah- und Makrobereich fehlt die empirisch in der Leitzahl berücksichtigte Lichtreflektion von Wand und Decke in einem geschlossenen Raum. Bis zu einer Entfernung von 1,5 m gilt die oben genannte Leitzahlformel für die Blendenberechnung. Bei kleineren Entfernungen muss der errechnete Blendenwert korrigiert werden, um Unterbelichtungen zu vermeiden. Abstand Blende ------------------------------------------------------ größer 1,5 m Leitzahlformel 0,6 - 1,5 m LZ-Formel + 1/2 bis 1 Blende 0,3 - 0,6 m LZ-Formel + 1,5 Blende ------------------------------------------------------ Bei den so ermittelten Blendenwerten handelt es sich um Schätzungen, die ungefähr richtig liegen, aber durch eine Belichtungsreihe optimiert werden sollten. Es sollten daher immer in einer Belichtungsreihe mit +/- 1/2 bis 1 Blende weitere Aufnahmen hergestellt werden, um so zu einer exakt belichteten Aufnahme zu gelangen. Schon erheblich besser werden die Ergebnisse, wenn man die Intensität des Elektronenblitzgerätes mit einem Blitzbelichtungsmesser bestimmt. Dazu führt man eine Lichtmessung durch. Dabei wird das Blitzgerät mit vorgesetzter Kugelkalotte unmittelbar vor das Motiv mit der Messrichtung zur Kamera gehalten und der Blitz ohne Kameraverschluss einmal ausgelöst. Der so ermittelte Blendenwert berücksichtigt alle örtlichen Gegebenheiten (insbesondere die fehlende Reflektion von Wand und Decke). Mit dieser Methode ist die Bestimmung der Blende auch bei Verwendung von mehreren Blitzgeräten kein Problem, da man ohne Rechnerei mit Leitzahl und Blitzentfernungen nur die am Motiv ankommende Lichtmenge misst und die Blende bestimmt. Vergleichsmessungen mit verschiedenen Abständen aus unterschiedlichen Richtungen ergeben dann beispielsweise: Blitzgerät : Neckermann Presenta 926 servo Belichtungsmesser: Lunasix F, Einstellung auf 21 DIN Entfernung (m)unter 0° unter 45° Leitzahl Blende LW Blende LW ------------------------------------------------------- 0,2545 10,5 11,25 0,522,6 9,022,6 9,011,3 1,016 7,5 16 7,5 16,0 1,511 6,5 16,5 2,08-11 6,08-11 6,019 3,05,6-8 520,4 4,04-5,6 419,2 ------------------------------------------------------- Die Leitzahl nimmt danach in einem Abstandsbereich von weniger als 1,5 m zusätzlich ab. Beträgt die Leitzahl für ein Blitzgerät im normalen Abstandsbereich 20, so reduziert sich die Leitzahl bei einer Entfernung von 0,5 m auf einen Wert von 11. Anhand einer solchen mit einem Blitzbelichtungsmesser aufgenommenen Messreihe kann man die Abnahme der Leitzahl messtechnisch erfassen und als Richtwerttabelle benutzen. Makroaufnahmen sind infolge der optischen Gesetzmäßigkeiten mit einer erheblichen Auszugsverlängerung verbunden, um die erwünschten hohen Abbildungsmaßstäbe zu erreichen. Ein Blick durch den Sucher einer Spiegelreflexkamera verrät sofort, dass die Helligkeit des Sucherbildes, also auch die auf den Film gelangende Lichtmenge , mit zunehmender Auszugsverlängerung erheblich abnimmt. Diese Lichtverluste müssen natürlich bei der Blendeneinstellung berücksichtigt werden. Die Blende muss entsprechend den Lichtverlsuten geöffnet werden, um Unterbelichtungen zu vermeiden. Verwenden wir nur Vorsatzlinsen vor dem Objektiv, sind keine Blendenkorrekturen vorzunehmen, da keine Lichtverluste auftreten. Bei der Verwendung von Balgengeräten oder Zwischenringen muss die Auszugsverlängerung jedoch berücksichtigt werden. Der bei der Belichtung zu berücksichtigende Verlängerungsfaktor für die Belichtung lässt sich einfach errechnen: Verlängerungsfaktor = (Maßstab + 1)² Der Abbildungsmaßstab errechnet sich über das Verhältnis von Bildgröße zu Gegenstandsgröße: Maßstab = B / G = b / g = b / f - 1 = a / f a: Auszug, b: Bildweite, f: Brennweite, g: Gegenstandsweite, B: Bildgröße, G: Gegenstandsgröße Wird mit einem Elektronenblitzgerät belichtet, ist die Belichtungszeit nicht zu beeinflussen. Die den Film belichtende Lichtmenge lässt sich nur über das Öffnen der Blende regulieren. Verlängerungsfaktor: 1,422,845,681116 -------------------------------------------------------------- Blende öffnen um : 0,511,522,533,54 Weiter sind bei der Festlegung der richtigen Blendenöffnung noch eventuell vor dem Objektiv vorhandene Vorsätze zu berücksichtigen. Dies sind Farbfilter, Softfilter oder Effektvorsätze, soweit sie einen lichtmindernden Effekt ausüben. Die für sie vom Hersteller angegebenen Verlängerungsfaktoren sind mit dem Verlängerungsfaktor der Auszugsverlängerung zu multiplizieren und nach vorstehender Tabelle bei der Blendenbestimmung zu berücksichtigen. Sehr viel einfacher ist die Belichtung, wenn das Blitzgerät durch eine TTL-Innenmessung der Kamera gesteuert wird. Das Messsystem der Kamera schaltet den Blitz genau in dem Moment aus, wenn genügend Licht zur Belichtung den Film erreicht hat. Eine solch vollautomatische TT-Belichtungssteuerung ist beispielsweise in der Olympus OM4 realisiert. Der Belichtungsvorgang läuft dann unter Verwendung des systemzugehörigen Blitzgerätes T32 in folgenden Schritten ab: Mit dem Betätigen des Auslösers an der Kamera öffnet der Verschluss der Kamera, und der Blitz löst aus. Das vom Blitz ausgehende Licht beleuchtet das Motiv (Auflicht oder Durchlicht). Licht fällt durch das Objektiv auf den Film und wird von der Filmoberfläche teilweise reflektiert und fällt dabei auf den Sensor des TTL-Messsystems der Kamera. Wenn genügend Licht zur Filmbelichtung vom Sensor erkannt wird, schaltet die Kamera das Blitzgerät ab, und der Verschluss wird geschlossen. Der Belichtungsvorgang ist abgeschlossen. Bei dieser Vorgehensweise wird immer unabhängig von den verwendeten Objektivvorsätzen, Auszugsverlängerungen und eingestellten Blenden am Objektiv sowie der Blitzentfernung die Lichtmenge gemessen, die tatsächlich den Film erreicht. Die einzige Vorraussetzung ist, dass die Lichtmenge, die das Elektronenblitzgerät abgibt hinreichend groß ist. Sonst kommt es zur nicht vermeidbaren Unterbelichtung. |