Lernziel: Die Kursteilnehmer sollen die verschiedenen Methoden zur Belichtungsmessung kennen lernen. Sie sollen die Beurteilung des Motivkontrasts vornehmen können und ihn bewusst beeinflussen lernen. 4.1.Belichtungsmessung Moderne Filme erfordern eine genau bestimmte Lichtmenge, um ein richtig belichtetes Negativ zu ergeben. Fällt zuviel Licht auf den Film, wird er überbelichtet und das Negativ wird zu dicht (dunkel). Zu wenig Licht ergibt nicht den erforderlichen Belichtungseffekt, und der Film ist nach dem Entwickeln zu dünn (durchsichtig) oder sogar glasklar (bei völliger Unterbelichtung). Zur richtigen Belichtung ist daher ein Belichtungsmesser (vgl. 2.1.) unbedingt erforderlich. In die meisten Kleinbild-Spiegelreflexkameras ist bereits ein Belichtungsmesser (häufig mit einer Belichtungsautomatik kombiniert) eingebaut. Ist kein Belichtungsmesser in die Kamera eingebaut, verwendet man einen Handbelichtungsmesser. 4.1.1. Der Lichtwert Die Lichtintensität wird allgemein als Lichtwert angegeben (EV = Exposure Value). Eine typische Lichtwertskala reicht von EV-0 bis EV-20. Die Zunahme um einen Lichtwert entspricht dabei der Verdopplung der Lichtintensität. Der für einen Belichtungsmesser angegebene Lichtwertumfang beschreibt seinen Leistungsumfang. Der Lichtwert muss in Abhängigkeit von der Filmempfindlichkeit in die einzustellenden Werte für die Belichtungszeit und die Blende 'übersetzt' werden. Bei einem Film mit 100 ASA Empfindlichkeit entspricht ein Lichtwert EV-13 beispielsweise 1/125 sek. bei Blende 8. Bild: Lichtwerttabelle 4.1.2. Die Handhabung des Belichtungsmessers Am Belichtungsmesser muss vor der Messung die Empfindlichkeit des Films, der zu belichten ist, eingestellt werden. Sie wird in der amerikanischen Einheit ASA oder nach der deutschen DIN-Norm von der Filmpackung abgelesen und auf den Belichtungsmesser oder die Kamera übertragen. Der Messwert in Lichtwerteinheiten ist nur umständlich auf die Kamera zu übertragen, da er erst umgerechnet werden muss. Die Belichtungsmesser besitzen daher zwei gegeneinander verschiebbare Skalen für die Belichtungszeit und die Blende. Nach Ausführung der Belichtungsmessung (nach Bedienungsanleitung) werden direkt die Belichtungszeit-Blenden-Paarungen abgelesen. Eine geeignete Kombination wird auf die Kamera übertragen. Die vom Belichtungsmesser vorgeschlagenen Belichtungszeit-Blenden-Paarungen entsprechen immer derselben Lichtmenge, da eine Halbierung der Belichtungszeit durch eine doppeltgroße Blende wieder ausgeglichen werden kann. Z.B. für einen Film mit 100 ASA und EV-12: Bel.Zeit: 30601252505001000 Blende : 11 8 5,6 4 2,8 2 4.1.3. Die Objektmessung Jeder Körper auf den Licht fällt, reflektiert auch einen Teil dieses Lichtes. Helle Körper reflektieren mehr Licht (und erscheinen daher auch hell), dunkle Körper reflektieren weniger Licht oder nahezu gar kein Licht (schwarze Körper). Das von der Oberfläche eines Körpers ausgehende Licht fällt bei der Aufnahme durch das Objektiv auf den Film und führt zur Belichtung. Die Messung der Lichtmenge, die vom Motiv ausgehend in Richtung auf die Kamera fällt, wird als Objektmessung bezeichnet. Dabei wird der Belichtungsmesser von der Kamera aus auf das Motiv gerichtet. Im Normalfall setzt sich ein Motiv aus hellen, mittleren und dunklen Anteilen zusammen. Bei der Objektmessung, die den gesamten Motivbereich erfasst wird ein Mittelwert aller Helligkeitswerte gemessen. Geht von einem Motivdetail die Lichtmenge aus, die genau dem Messwert entspricht, wird dieses auf dem Film mit einem mittleren Grauwert abgebildet. Hellere Motiveinzelheiten werden auf dem Film mit einer dichteren Schwärzung, dunklere Motivanteile mit einer geringeren Schwärzung als dem mittleren Grauwert abgebildet. Dies ergibt die Abstufung der Tonwerte auf dem Film entsprechend der Helligkeitsverteilung im Motiv. Bild: Objektmessung Ein Fotomotiv mit gleichmäßiger Verteilung von hellen und dunklen Anteilen reflektiert ca. 18% des einfallenden Lichtes. Alternativ verwendet man daher auch eine 'Graukarte', die anstelle des Motivs angemessen wird. Die Graukarte reflektiert genau 18% des auf sie einfallenden Lichtes. Sie wird vor das Fotomotiv gehalten, damit auf sie dieselbe Lichtmenge fällt, wie auf das Fotomotiv auch. Der mittels Graukarte ermittelte Messwert wird auf die Kamera übertragen. Die Annahme, ein Motiv setze sich gleichmäßig aus hellen und dunklen Anteilen zusammen, stimmt nicht immer. Typische abweichende Beispiele sind vorherrschend helle Strandszenen, Winterlandschaften oder etwa eine schwarze Katze vor einer dunklen Wand. Der Belichtungsmesser interpretiert die von ihm erfasste Lichtmenge immer als von einer gleichmäßigen Helligkeitsverteilung (= mittlerer Grauwert) ausgehend. Der Messwert eines durchweg sehr hellen Motivs fällt also zu klein aus (Unterbelichtung), der eines sehr dunklen Motivs zu groß (Überbelichtung). Bei der Verwendung einer Graukarte wird der motivbedingte Einfluss der Lichtreflektion eliminiert und ein motivneutraler Messwert ermittelt. Bei der Arbeit mit einem Handbelichtungsmesser ist die korrekte Ausrichtung des Gerätes bei der Messung zum Motiv hin wichtig, um Fehlmessungen zu vermeiden. Zu diesem Zweck sind einige Belichtungsmesser mit einfachen Suchersystemen ausgestattet. Kleinbild-Spiegelreflexkameras mit eingebautem Belichtungsmesser messen das durch das Objektiv einfallende Licht. Da dies dem abgebildeten Motiv genau entspricht, ist die korrekte Ausrichtung immer gewährleistet. Generell haben wir bislang unterstellt, dass das gesamte Motiv mit allen seinen Anteilen gleichbeteiligt zur Belichtungsmessung herangezogen wird. Diese Methode der Objektmessung, gleichgültig ob mit einem Handbelichtungsmesser oder mit dem eingebauten Belichtungsmesser einer Kleinbild-Spiegelreflexkamera ausgeführt, wird als Integralmessung bezeichnet. In der Regel ist die Integralmessung hinreichend verlässlich. Werden bei der Belichtungsmessung nur bestimmte bildwichtige Teile des Motivs herangezogen, spricht man von selektiver oder Spot(Punkt)-Messung. Bei der selektiven Messung wird der Handbelichtungsmesser nahe an den bildwichtigen Motivanteil herangeführt, und seine Helligkeit wird ermittelt. Bei der Messung mit in die Kamera eingebautem Belichtungsmesser geht man nahe an den Bildausschnitt heran. Eine selektive Belichtungsmessung ist immer dann sinnvoll, wenn starke Motivkontraste vorliegen, oder die korrekte Belichtung eines Motivdetails wichtig ist. Dem angemessenen Motivdetails wird durch die selektive Messung wieder ein mittlerer Grauwert zugeordnet. Ist man sich dieser Tatsache nicht bewußt, kann die selektive Messung an ungeeigneten Motivteilen zu Belichtungsfehlern führen. Kleinbild-Spiegelreflexkameras mit Integralmessung bewerten häufig die im Sucherbild angezeigten Motivbereiche unterschiedlich. Da die in der Suchermitte angeordneten Motivteile meistens von besonderer Wichtigkeit sind, wird der Mittenbereich des Sucherbildes stärker bei der Belichtungsmessung gewichtet als die Randbereiche. Man spricht dann von mittenbetonter Integralmessung. Diese Meßmethode stellt einen Kompromiss zwischen der reinen Integralmessung und der selektiven Messung dar. 4.1.4. Die Zweipunktmessung Eine besondere Form der Belichtungsmessung stellt die Zweipunktmessung dar. Es wird dabei die dunkelste und die hellste Stelle des Aufnahmemotivs durch eine punktuelle Objektmessung (Spotmessung) ausgemessen. Als Belichtungswert wird der Mittelwert der beiden Messwerte an der Kamera eingestellt. Die Zweipunktmessung findet immer dann Anwendung, wenn eine Messung auf ein mittleres Grau nicht möglich ist. 4.1.5.Die Lichtmessung Bei der Lichtmessung wird die Lichtmenge gemessen, die auf das Motiv auffällt. Das eigentlich zu fotografierende Motiv wird in die Messung nicht einbezogen. Stattdessen wird der Belichtungsmesser zur Kamera ausgerichtet unmittelbar vor das Motiv gehalten. Bei der Lichtmessung wird vor die Messzelle eine transparente Kugelkalotte geschoben. Sie reduziert die gemessene Lichtmenge auf genau 18%. Damit entspricht die gemessene Lichtmenge wieder einem mittleren Grauwert (vgl. 5.1.2.). Die Kugelkalotte spreizt den Messwinkel des Belichtungsmessers auf 180°. Auf diese Weise werden Hauptlicht und Nebenlichter aus allen Richtungen an der Messung beteiligt. Die Lichtmessung ist immer dann zu empfehlen, wenn die Helligkeitsverteilung in einem Motiv sehr unausgeglichen ist. Voraussetzung ist allerdings, dass das Motiv zugänglich ist, um dort eine Messung vorzunehmen. Alternativ kann auch an einem Ort mit den gleichen Lichtverhältnissen gemessen werden. Zu Fehlmessungen kann die Lichtmessung dann führen, wenn bei der Aufnahme beispielsweise mit einem Teleobjektiv ein Ausschnitt gewählt wird, der nicht dem gemessenen mittleren Grauwert entspricht. Bei Weitwinkelaufnahmen ist diese Gefahr meist nicht gegeben. Bild: Lichtmessung 4.2. Der Helligkeitsumfang (Kontrast) Der Helligkeitsumfang innerhalb eines Motivs, das heißt der Lichtwertunterschied zwischen den hellsten und den dunkelsten Motivbereichen kann sehr hohe Werte annehmen. Man spricht auch von Kontrastumfang und meint damit das Verhältnis vom größten zum kleinsten Lichtwert. Der Kontrastumfang kann leicht Werte bis 10.000:1 oder mehr annehmen. Der in Grautönen abbildbare Kontrastumfang eines Films ist demgegenüber aber sehr viel kleiner. Bei SW-Filmen liegt er bei etwa 1000:1, bei Farbmaterialien bei nur etwa 100:1. Sollen alle Helligkeitswerte eines Motivs richtig auf dem Film wiedergegeben werden, dürfen sie den vom Film verkraftbaren Helligkeitsumfang nicht überschreiten. Der Helligkeitsumfang hängt einerseits vom Aufnahmeobjekt selbst (Objektkontrast) und andererseits von der Beleuchtung (Beleuchtungskontrast) ab. 4.2.1. Der Objektkontrast Der Objektkontrast beruht auf dem unterschiedlichen Reflexionsvermögen der verschiedenen Motivanteile. Helle Flächen geben viel Licht ab, dunkle Flächen weniger Licht und schwarze Flächen (theoretisch) gar kein Licht. Der Helligkeitsumfang vom hellsten Lichtwert zum dunkelsten Lichtwert wird als Objektkontrast bezeichnet. Der Objektkontrast kann durch eine normale Objektmessung ermittelt werden, wenn die Beleuchtung absolut gleichmäßig und diffus ist. Zunächst wird mit einer Punktmessung der hellste Objektteil gemessen (z.B. EV-11 = 100 ASA / Bl.16 / 1/8sek.). Danach wird der dunkelste Objektteil gemessen (z.B. EV-8, = 100 ASA / Bl.16 / 1 sek. oder Bl. 5,6 / 1/8sek.). Der Objektkontrast lässt sich mit den gemessenen Werten unterschiedlich berechnen: Lichtwertmethode: Objektkontrast = 2n ; n = EV(hell) - EV(dunkel) Beispiel: n = 11 - 8 = 3 --> Obj.K. = 8:1 Bei der Berechnung des Objektkontrasts über die Belichtungszeiten, werden die Zeitwerte, die für dieselbe Blende (z.B. Bl. 16) am hellsten und dunkelsten Motivteil gemessen werden, ins Verhältnis gesetzt. Belichtungszeitenmethode: Objektkontrast = B-Zeit(hell) / B-Zeit(dunkel) Beispiel: Obj.K. = 8 / 1 = 8:1 Bei der Berechnung des Objektkontrasts über die gemessenen Blendenwerte, werden die Quadrate der Blendenwerte der hellsten und dunkelsten Motivanteile bei einer beliebigen gleichen Belichtungszeit ins Verhältnis gesetzt: Blendenmethode: Objektkontrast = Blende(hell)² / Blende(dunkel)² Beispiel: Obj.K. = 16² / 5,6² = 8:1 In dem angenommenen Beispiel ergibt sich also mit allen Berechnungsmethoden immer ein Objektkontrast von 8:1. Das heißt, der hellste Objektanteil ist 8-mal heller als der dunkelste Objektanteil (bei absolut gleicher Beleuchtungsintensität an allen Stellen des Objekts). 4.2.2.Der Beleuchtungskontrast Wird ein Objekt mit gleichmäßig heller Oberfläche (z.B. ein großer Styroporwürfel mit weißer Oberfläche) einseitig von einer Lichtquelle beleuchtet, erscheint die direkt beleuchtete Seite des Würfels hell. Die im Schatten liegenden Anteile erscheinen dunkler. Der auftretende Kontrast wird als Beleuchtungskontrast bezeichnet. Er kann in genau derselben Weise ermittelt werden wie der Objektkontrast. Wird beispielsweise auf der lichtbeschienen Seite des Würfels ein Lichtwert von EV-12 gemessen und auf der beschatteten Seite ein Lichtwert EV-7, ergibt sich für den Beleuchtungskontrast ein Verhältnis von 32:1. 4.2.3. Der Motivkontrast Der gesamte Kontrast eines Motivs hängt einerseits vom Objektkontrast und andererseits vom Beleuchtungskontrast ab. Durch Multiplikation der beiden Kontrastwerte erhält man den Motivkontrast. Motivkontrast = Objektkontrast * Beleuchtungskontrast Der Motivkontrast beschreibt den Helligkeitsumfang des Motivs, so wie es zur Abbildung kommen soll. Der Motivkontrast darf den maximal zulässigen Helligkeitsumfang, den der Film noch abbilden kann, nicht überschreiten, wenn der gesamte Helligkeitsumfang des Motivs richtig abgestuft abgebildet werden soll. Im vorliegenden Beispiel würde sich der Motivkontrast errechnen zu: 8:1 * 32:1 = 256:1. Ein solcher Motivkontrast würde von einem SW-Film noch verkraftet werden. Für einen Farbfilm wäre er jedoch bereits zu hoch. 4.2.4.Die Kontrastverminderung Wird ein zu hoher Motivkontrast ermittelt, kann durch Aufhellung der Schattenbereiche eines Motivs der Beleuchtungskontrast und damit auch der Motivkontrast vermindert werden. Im einfachsten Fall erreicht man die Schattenaufhellung durch Aufhellschirme. Als Aufhellschirm kann jede helle Fläche (Styroporplatte, weiße Pappe, mit Alufolie beklebte Holzplatte, o.ä.) verwendet werden. Der Aufhellschirm wird so angeordnet, daß das von ihm reflektierte Licht auf die beschatteten Motivanteile fällt. Häufig finden sich auch natürliche Aufheller, wie eine weiße Mauer, Sand am Strand oder Schnee, die eine Kontrastreduzierung bewirken. Bei SW-Filmen ist die Farbtönung des Aufhellers unkritisch. Bei Verwendung von Farbfilmen kann es jedoch zu Farbstichen (unnatürlichen Farbveränderungen) kommen. Weitere Möglichkeiten zur Aufhellung von Schatten ergeben sich durch den Einsatz von Kunstlicht, beispielsweise eines Elektronenblitzgerätes im Freien. Bild: Aufhellung von Schatten Übung: 1. Verschieden helle Flächen sind mittels einer Fotoserie zu untersuchen (Graukarte, weiße Pappe, schwarze Pappe, Kombinationen aus allen drei, eine Zeitungsseite, usw.). Dabei sollen jeweils die Belichtungswerte, die gemessen und eingestellt, auf Haftetiketten aufgeschrieben und in den jeweiligen Motivraum mit eingezogen werden (Protokoll). 2. In einer weiteren Serie sollen die Lichtverhältnisse an einem im Raum stehenden Styroporwürfel untersucht werden. Der Würfel wird einseitig mit einem Halogenstrahler beleuchtet. Der Motivkontrast ist festzustellen und durch Aufhellmaßnahmen zu verändern. Wie stark ist der Einfluss durch die Lichtreflexion durch Wände und Decken im Aufnahmeraum? Auch hier sind die Messwerte und Einstellwerte an der Kamera durch in den Motivraum gehaltene Schildchen mitzuprotokollieren. Die Kamera soll bei beiden Übungen auf einem Stativ aufgebaut sein. Die Filme sind in Rodinal zu entwickeln und anhand von Kontaktkopien zu auszuwerten. Technische Hinweise: Film Agfapan APX 100 |