Mit dem Fahrrad durch Japan ......
...... ja, geht das denn?

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Durch dieses dicht bebaute, dieses dicht bevölkerte Land? Kommt man denn ohne fundierte Kenntnis der japanischen Sprache und der besonderen Schriftzeichen in diesem Lande zurecht?

Ja, es ist nicht ganz einfach, in diesem Land mit Fahrrad und Gepäck zu reisen. Aber es geht! Hilfreich sind Grundkenntnisse der japanischen Sprache und der Schriftzeichen. Und was dann noch fehlt, wird durch die stets anzutreffende Hilfsbereitschaft der Japaner ausgeglichen. Aber für mich stellt sich das Sprachproblem gar nicht. André, mein Reisegefährte, beschäftigt sich seit etwa zwei Jahren mit der japanischen Sprache und kennt sich inzwischen auch recht ordentlich mit den Schriftzeichen aus. Ich selbst bringe als Voraussetzung für diese Reise nur das stets vorhandenes Interesse mit, einfach durch mir fremde Landschaften zu radeln, in für mich neue, in für mich fremde Kulturen einzutauchen und mal zu sehen, was mich denn auf solchen Reisen erwartet. Dann also auf nach Japan!

In fünf Wochen fahren wir mit Rad und Gepäck knapp 1800 Kilometer durch Japan, vom Flughafen Tokyo-Narita zum Flughafen Osaka-Kansai. Wir fahren durch Tokyo, Kawasaki und Yokohama, durch die alten Kaiserstädte Kamakura, Kyoto und Nara. Wir fahren um den heiligen Berg der Japaner, den Fuji-san mit seinen fünf Seen, zu Tempeln und Shreinen, über die Pacific Coast Bicycle Road nach Toba, durch den Ise-Shima-Nationalpark und rund um den Biwa-See.

Vor der Reise haben wir uns über das Düsseldorfer Büro des japanischen Bicycle Promotion Institute Fahrradkarten des Gebietes zwischen Tokyo und dem Großraum Osaka-Kyoto besorgen lassen. Auf diesen Karten sind erfreulich viele Fahrradrouten eingezeichent. Wir haben daher schon vor der Abreise so in etwa unsere grobe Reiseroute festgelegt. Aber dann kam es doch etwas anders! Viele der ausgewiesenen Fahrradwege haben sich nach unseren Maßstäben als wenig geeignet herausgestellt. Schmale Seitenstreifen für Fußgänger und Radfahrer, für entgegenkommende Radfahrer, häufig mit schlechter Oberfläche und Hindernissen mitten auf dem Weg. So kommt man als Reiseradler, beladen mit ordentlich Gepäck, doch nicht zügig von der Stelle!

Wir entscheiden uns häufig, dann lieber direkt auf der Straße, mit den Autos zu fahren. Auf solchen Abschnitten müssen wir sehr konzentriert fahren, aber die meisten Autofahrer sind doch recht rücksichtsvoll. Auf jeden Fall kommen wir heil bis ins Zentrum von Tokyo, wir kommen heil durch das dicht besiedelte Gebiet Tokyo-Kawasaki-Yokohama und wir erreichen wohlbehalten die alte Kaiserstadt Kamakura an der Pacific-Küste.

In Kamakura beschränken wir uns auf nur eine kleine Auswahl der kulturellen Sehenswürdigkeiten dieser alten Kaiserstadt. Stellvertretend seien hier nur der große Buddha (Daibutsu) und der Zeniari Benten Shrine genannt. Kamakura bietet eine große Anzahl Tempel und Shrine, viele mit großen Gartenanlagen. Alle sind einen Besuch wert. Wir haben nur eine Übernachtung in Kamakura vorgesehen.

Am nächsten Tag fahren wir nachmittags weiter. Wir fahren entlang der Küste. Nach einer Übernachtung in der Jugendherberge in Chigasaki fahren wir weiter entlang der Küste bis nach Odawara mit seiner alten Burganlage. Dann geht es in Richtung Fuji-san ins Gebirge. Auf der Etappe bis zum Lake Ashi und weiter bis zur nächsten Jugendherberge in Sengokohara ist es kalt und regnerisch. Reichlich ausgekühlt und durchnäßt erreichen wir unsere Herberge.

Auch die nächste Etappe nach Fujiyoshida fahren wir bei anhaltendem Regen. Auf dieser Etappe geht es weiter durch bewaldete Mittelgebirgslandschaft, deren Schönheit uns heute jedoch wegen der schlechten Witterung größtenteils verschlossen bleibt.

Fujiyoshida ist eine gute Ausgangsposition für einen Besuch des Fuji-san und der 5-Seen-Region. Wir quartieren uns hier in einer kleinen, privat geführten Jugendherberge ein. Die Bergsteiger-Saison für den Fuji-san beginnt erst im Juli. Aber es besteht die Möglichkeit mit dem Bus bis zur auf 2300 Meter gelegenen sogenannten 5. Station hinaufzufahren. Zunächst planen wir, mitsamt Fahrräder mit dem Bus bis zur 5. Station zu fahren um dann über eine Forststraße mit unseren Rädern wieder hinunter zu fahren. Aber dann handelt sich André kurz vor der Busabfahrt noch einen Plattfuß an seinem Vorderrad ein. Na, lassen wir die Räder halt unten, machen mit dem Bus beide Wege!

Wir haben heute Glück. Es regnet nicht mehr. Noch ist der Fuji von Wolken bedeckt, aber die Auflockerungen werden größer und größer. Wir laufen ein Stück den Berg hinauf. Bald können wir von der 6. Station aus durch die jetzt schon recht großen Wolkenlöcher einige der fünf Seen erkennen. Und nachdem wir mit dem Bus wieder zurückgefahren sind, zeigt sich der Berg in seiner ganzen, in seiner wolkenlosen Schönheit. Noch schnell die Panne beheben und anschließend bleibt noch Gelegenheit zu einer Umrundung des Lake Kawaguchi. Hierbei haben wir ständig einen schönen Blick auf den Fuji.

Als nächstes machen wir am Lake Motosuko Camping. Trotz recht hoher Campinggebühren wird hier so gut wie keine Infrastruktur geboten - aber eine faszinierende Aussicht auf den Fuji. Diese Aussicht ist wohl die Rechtfertigung für die hohen Preise, hat doch auch die japanische Notenbank eine Fuji-Ansicht von dieser Stelle für die 5000-Yen-Banknote ausgewählt.

Vom Lake Motosuko fahren wir wieder hinab zur Pacific-Küste. Wir durchradeln ein weiträumiges Reisanbaugebiet, sehen die Reisbauern bei der Arbeit, durchfahren schöne, bewaldete Mittelgebirgslandschaft. Gegen Mittag erreichen wir Fujinomiya. Wir kommen zur rechten Zeit. Am Hauptshrine des Ortes wimmelt es nur so von Besuchern. überall hängen Plakate mit Hinweisen zum morgen beginnenden Shrinefest aus. Bei der nahen Polizeistation wollen wir einige detailiertere Informationen zu diesem Fest einholen. Nur, hier spricht niemand englisch. Aber das soll wohl kein Problem sein. Die feundlichen Polizisten telefonieren dann halt einen englisch sprechenden Kollegen herbei. So können wir unsere Fragen vortragen. Umd als wäre es eine pure Selbstverständlichkeit bekommen wir unsere Auskünfte und werden mit den besten Wünschen für unseren weiteren Aufenthalt verabschiedet. Wir entscheiden uns nun, vor unserer Weiterreise morgen zunächst nochmals zum Shrine zu fahren und die morgendliche Zeremonie zu beobachten.

Unserer weiterer Weg führt dann mit der Fähre vom den Hafenstadt Fuji nach Toie auf der Izu-Halbinsel. Von dort fahren wir später immer der Küste entlang zunächst zurück nach Fuji und dann weiter bis Shimizu. Diese Etappe können wir bei besten Wetterbedingungen fahren. Wir haben auf einem großen Teil der Strecke einen herrlichen Blick auf den Fuji. Dann entdeckt André in der Luft ein Segelflugzeug. Und dann mache ich auch gleich das Segelfluggelände ausfindig. Für mich als langjährigen Segelflieger gibt es keine andere Wahl:

Wir müssen unsere Tour für einen kurzen Besuch der Segelflieger unterbrechen. Leider konnte ich jedoch die dort aktiven Segelflieger nicht zu einem Flug mit dem doppelsitzigen Blanik in die Nähe des Fuji überreden.

Also, dann weiter! Von Shimizu aus fahren wir entlang der Küste bis zum Cape Irago. Stellenweise können wir neu gebaute, sehr gute Fahrradwege befahren. An anderen Stellen bleibt uns keine Alternative, wir mü;ssen auf den hier extrem stark befahrenen Autostraßen radeln. Nicht das größte Vergnügen, aber es geht. Von Cape Irago fahren wir mit der Fähre nach Toba auf der Kij-Halbinsel.

Hier besuchen wir die für die Japaner besonders wichtigen Ise-Shrine und Meteo Iwa, die verehrten "verheirateten Felsen". Bevor wir dann in Richtung Biwa See und Kyoto fahren, machen wir noch einen Abstecher über die Pearl Coast Road bis nach Taso. Hier in dieser Region wird intensiv Muschel- und Perlenzucht betrieben. In allen Buchten kann man die Austernzuchtbänbe sehen. In Taso werden wir durch starken und andauernden Regen zu einer Zwangspause in unserem Camp veranlasst.

Aber dann geht es mal wieder für einen Tag bei bester Witterung zurück in Richtung Biwa-See. Die nächste Etappe müssen wir zu einem großen Teil wieder bei anhaltendem Regen fahren und kommen reichlich durchnässt bei unserer Jugendherberge in Jasu unweit des Biwa-See an. Auch hier veranlaßt uns der anhaltende Regen wieder zu einer Zwangspause. Am nächsten Tag wollen wir es wissen. Egal wie sich das Wetter entwickelt, wir fahren heute nach Kyoto!

Das Wetter hält sich auch zumnächst. Es bleibt zumindest trocken. Zeitweilig wird es gar richtig sonnig. Ja, und dann mitten in Kyoto werden wir auf unserem Weg zur nächsten Jugendherberge mal wieder von wolkenbruchartigen Regenfällen überrascht. Aber zu unserem Glück können wir uns gleich nach Ankunft in der Herberge mit einem heißen japanischen Bad wieder ordentlich aufwärmen.

Jetzt sind wir aufnahmebereit für die vielen kulturellen Höhepunkte dieser alten Kaiserstadt. Wir bleiben drei Tage in Kyoto, nehmen uns Zeit zur Besichtigung mehrerer Tempel und Shrine, zur Besichtigung des kaiserlichen Palastes und vieler Gärten. Und auch hier haben wir mal wieder Glück! Ein großes Shrinefest wurde zwar vor einigen Tagen wegen der schlechten Witterung abgesagt, aber während unseres Aufenthaltes feiert der Kamigoryo Shrine sein Fest!

Hier werden drei von der kaiserlichen Familie gestiftete transportable Shrine in einer Prozession durch die umliegenden Wohnbezirke getragen. Wir erreichen rechtzeitig den Shrine und können den Start der Prozession beobachten. Unter lauten rhytmischen Kommandos und Anfeuerungsrufen werden die prunkvollen Shrine auf schweren Traggestellen aus dem Shrinegebäude hinausgetragen, kräftig gerüttelt und geschüttelt und dann startet die Prozession. Wir folgen der Prozession für eine gewisse Strecke, bis zur ersten größeren Pause. Die schweren Shrine, die schweren Traggerüste, das ständige rütteln und schütteln, fordern auch von der größten, auch von der stärksten Trägergruppe ihren Tribut. Auch wenn sich die Träger häufig abwechseln, es ist einfach zu schwer! Die Prozession kann nicht ohne mehrere Verschnaufpausen für die Träger durchgeführt werden. Wir sehen uns dann noch in einigen anderen großen Tempelanlagen um bis wir abends zum Kamigoryo Shrine zurückkehren. Hier beobachten wir die Rückkehr der Shrine, hier erleben wir den Ausklang des Shrine-Festes.

Von Kyoto aus führt uns der Weg rund um den Biwa-See. Leider haben wir nur auf der ersten Teilstrecke gute Wetterbedingungen. Die zweite Etappe geht völlig im Regen unter. Nach einer Zwischenübernachtung im neu errichteten Bicycle Terminal Otsu durchradeln wir ein herrliches Durchbruchtal sudöstlich des Biwa-Sees und erreichen die alte Kaiserstadt Nara.

Nara wartet wieder mit vielen kulturellen Sehenswürdigkeiten auf. Wir beschränken uns hier auf die Pagoden, Tempel und Shrine im Nara-Park.

Unser Rückreisetag kommt näher. In der verbleibenden Zeit radeln wir in aller Ruhe in Richtung Küste, bis zur Brücke zum neuen, auf einer künstlichen Insel errichten Flughafen Osaka-Kansai. Wir würden ja gerne mit unseren Rädern über die Brücke direkt bis ins Abflugterminal fahren. Aber, aber! Die Brücke ist für Fußgänger, Radfahrer und Leichtmotorräder gesperrt. Wir werden wohl mit der Eisenbahn fahren müssen. Aber auch hier tauchen Schwierigkeiten auf. Üblicherweise werden von den japanischen Eisenbahnen Fahrräder nur demontiert und ordentlich verpackt befördert. Wie sollen wir das bewerkstelligen? Wo sollen wir unsere Gepäcktaschen lassen? Wo sollen wir so kurz vor unserer Rückreise Verpackungsmaterial für unsere Räder auftreiben?

Es muß doch auch anders gehen! Bisher sind wir nur auf freundliche und hilfsbereite Japaner gestoßen. Warum soll es auf der letzten Etappe anders werden? Also führen wir zwei Tage vor unserer Abreise unsere Räder mitsamt Gepäck dem Bahnpersonal vor. Zunächst Verweis auf die allgemeinen Regeln. Dann werden irgendwelche Chefs gerufen. Lange Gespräche. Und dann löst sich alles in Wohlgefallen auf. "O.K., wir machen eine Ausnahme, wir nehmen die Räder am Montag mit. Viel Spaß für den restlichen Aufenthalt in Japan und gute Heimreise!"

Allgemeine Informationen

Anreise:
Preisgünstige Direktflüge nach Toykyo-Narita oder Osaka-Kansai z.B. ab Amsterdam. Im April 95 für DM 1750,00 bzw. 1310,00 (Studententarif). Fahrradmitnahme möglich. Offiziell max. 20 kg Freigepäck einschl. Fahrrad, Fahrrad soll ordentlich verpackt sein. Bei unserer Reise mit KLM wurden die Räder unverpackt angenommen, es wurden trotz erheblicher Gewichtsüberschreitung keine Übergepäckkosten berechnet, muß jedoch nicht immer gelingen!

Unterkunft:
Überwiegend Jugenherbergen, an einigen Tagen Camping, Cycling Terminals bzw. private Pensionen (Minshukus). Campingplätze sind teilweise nur im Juli/August geöffnet. Übernachtung in Jugendherbergen zwischen 2000 und 4000 Yen Person/Nacht, Minshukus ab ca. 5000 Yen, Cycling Terminals 4000 - 5000 Yen. Campinggebühren zwischen 1000 und 5000 Yen je Zelt zuzüglich 500 bis 1000 Yen je Person.

Verpflegung:
In den meisten Unterkünften angeboten: Frühstück und Abendessen zusammen zwischen 1500 und 2000 Yen. Unterwegs in kleinen Restaurants einfache Mahlzeiten ab 600 Yen.

Verständigung:
Es wird nicht überall englisch gesprochen. Straßenbeschilderung vielfach nur in japanischer Beschriftung. Etwas Vertrautheit zumindest mit den Schriftzeichen dürfte zur Orientierung sehr hilfreich sein. Ansonsten gleicht die stets anzutreffende Hilfsbereitschaft der Japaner viel aus. Außerdem steht ein kostenloser telefonischer Hilfsservice in englischer Sprache zur Verfügung.

Ausrüstung:
Reise- oder Trekkingrad mit Bereifung bis max. 32 mm Breite, bergtaugliche Schaltung, Regenschutz

Karten:
Die vom Bicycle Promotion Institue bzw. Bicycle Culture Center herausgegebenen Bridgestone-Karten enthalten viele empfohlene Radfahrrouten und Hinweise auf Jugendherbergen, Zeltplätze, Cycling Terminals. Die Unterkunfsthinweise sollten jedoch stets durch telef. Rückfragen auf Aktualität überprüft werden. Bei unserer Tour waren mehrere Informationen nicht mehr aktuell. Zur detaillierten Navigation sind regionale Karten im Maßstab 1:80000 empfehlenswert. Leider sind derartige Karten nur mit japanischen Beschriftungen verfügbar.

Literatur:
Lonely Planet: Travel survial kit Japan ca. DM 45,00, viele praktische Hinweise, umfassende Kurzbeschreibungen
rororo Anders Reisen: Japan ca. DM 25,00

Kosten:
Japan hat den Ruf, besonders teuer zu sein. Für unsere 5-wöchige Reise haben wir im Land für Unterkunft, Verpflegung, Eintrittsgelder, Fähren und U-Bahnfahrten in Tokio je Person etwa 220.000 Yen, im Tagesdurchschnitt weniger als 7000 Yen ausgegeben. Ende April 1995 wurden 100 Yen für DM 1,67 gehandelt.

Reisezeit:
Wir waren vom 24.4. bis zum 29.5. in Japan unterwegs und haben für Radreisen gute Klimabedingungen angetroffen. Wer die Kirschblüte erleben will, sollte mindestens 2 Wochen früher anreisen oder die Reise in OSAKA-Kansai beginnen und dann in Richtung Norden bis nach Tokio-Narita radeln. Der Juni ist erfahrungsgemäß regnerisch, im Juli/August kann es sehr heiß und schwül werden. Im September muß mit heftigem Sturm (Taifune) gerechnet werden. Der Oktober dürfte für Radtouren durch herbstlich gefärbte Laubwälder wieder besonders reizvoll sein.

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