1.100 km und einige Pässe
von Genf durch die französischen Alpen
in Sisteron etwas Segelfliegen
durch die Provence
über den Luberon bis Montélimar
per Bahn zurück nach Genf
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Der Reiseverlauf im Überblick:

28/29.6.99   mit der Bahn bis Genf
29.6.99 73 km Lac d'Annecy
30.6.99 80 km La Chambre
1.7.99 50 km Allemont
2.7.99 70 km Mens
3.7.99 108 km Sisteron
4.-9.7.99 100 km Segelflug in Sisteron
10.7.99 78 km Selonnet
11.7.99 102 km Riez
12.7.99 42 km Esparron sur Verdon
13.7.99 82 km Bonnieux
14.7.99 90 km Ste. Cécil des Vignes
15.7.99 57 km Montélimar
16.7.99   in Montélimar
17.7.99 29 km per Bahn nach Genf
Weiterfahrt nach Yvoire
18.7.99 40 km Thonon les Bains
19.7.99 72 km Gorge du Pont du Diable
20.7.99 27 km Genf
Rückreise per Bahn

28. Juni
Reise mit dem Nachtzug nach Basel und anschließend weiter nach Genf

29. Juni - 73 km
Nach der Ankunft in Genf zunächst ein kurzer Spaziergang durch die Genfer Innenstadt bis zur Rhône-Brücke. Hier gibt's dann gleich die erste Verwunderung. In der ach so weltoffenen Stadt Genf, nur 10 Gehminuten entfernt vom Genfer SNCF-Bahnhof, kann man, nur mit französichen Franc ausgestattet, nicht mal so einfach in irgendeinem Lokal einen Kaffee trinken. Nein hier sollte man auch bei einem nur sehr kurzen Aufenthalt immer einige Fränkli bereithalten. Na ja, zum Glück habe ich noch einige schweizer Franken und kann daher vor dem Start der Radtour noch in Genf einen Kaffee trinken.

Dann geht's weiter in Richtung Annemasse durch Genf. Nach etwa 6 km erreiche ich den Grenzübergang. Dann fahre ich weiter über die recht wenig befahrene D 15 in Richtung Annecy. In Muraz mache ich in einem netten kleinen Lokal auf einer Terrasse mit schöner Aussicht auf die umliegenden Berge eine kleine Mittagspause.

Über Cruseilles fahre ich weiter nach Annecy. Durch diese recht schöne Stadt mache ich einen kurzen Rundgang durch die Fußgängerzone bis zum See. Hier treffe ich auf einen jungen Neuseeländer, der sich seit einigen Wochen auf einer Radtour durch Europa befindet. Und wie es wohl sein mußte, in Neuseeland hat er noch keine größeren Radtouren unternommen und einige der von mir bereisten Regionen Neuseelands hat er noch nicht besucht.

Über die recht stark befahrene N 201 verlasse ich Annecy aber schon nach wenigen Kilometern kann ich auf einem vorbildlich ausgebauten Radweg bis Chandon fahren. Besonders auffallend an diesem Radweg ist, daß an fast allen Kreuzungen die Radfahrer Vorfahrt haben! Gut, die kreuzenden Straßen sind nur Nebenrouten zur Erschließung des Sees, aber so etwas habe ich noch nicht gesehen. Ein sehr zur Nachahmung zu empfehlendes Beispiel!

Für die restliche Strecke zum südlichen Ende des Sees kann ich wenig befahrene Nebenstraßen nutzen. Am Südende des Sees, in But du Lac, mache ich an einem der dortigen Campingplätze für heute Station.

30. Juni - 80 km
Nach dem gestrigen sehr guten Wetter begrüßt mich der heutige Tag mit einer recht unbestimmten Witterung. Während des Zeltabbaus einige Regentropfen, ansonsten bedeckt, 19° C. Aber es scheint trocken zu bleiben. Die umliegenden Gipfel sind überwiegend wolkenfrei. Also eine leichte Entscheidung, den Weg in die Region Albertville nicht über die RN sondern über kleine Nebenstraßen und den Col du Tamié zu nehmen.

In Faverga mache ich eine kleine Pause und entscheide dann endgültig über den Col du Tamié zu fahren. Auch die wenigen anderen Reiseradler, die ausschließlich in Richtung der RN fahren, können mich nicht von diesem Entschluß abbringen - notfalls muß ich halt eine Teilstrecke schieben!

Das Wetter hat sich sehr positiv entwickelt, etwa 3/8 Cu mit einer Basis schätzungsweise 2000 - 2500 m. Einige der umliegenden Gipfel sind malerisch von Wolken umhüllt. Die Temperatur auf knapp 600 m Seehöhe ist immer noch bei nur 19° C, also los!

Auf meinem Weg zum Col und später hinab nach Frontenex sehe ich nur mehrere Rennradfahrer. Für Reiseradler ist mein Weg wohl nicht die bevorzugte Strecke.

Albertville lasse ich "links" liegen. Mir reicht ein Blick auf die Stadt von irgendwo zwischen dem Col und Frontenex. Dann geht es parallel zur Autoroute Genf-Chambery auf einer ruhigen Nebenstraße bis Aiton und dann weiter entlang des Flusses Arc in Richtung Maurienne. Zuerst einige km auf der sehr stark befahrenen RN bis Alguibelle dann wieder auf schönen Nebenstrecken bis St. Etienne de Cuine. Hier beende ich für heute. Nach etwas Suchverkehr finde ich ein ordentliches Hotel in La Chambre.

Die eigentlich für morgen vorgesehene Route über den Col du Télégraphe und den Col du Galibier werde ich wohl abhaken müssen und stattdessen den Weg über den Col du Glandon nehmen. Nach meinen Karten zu urteilen kann ich den Ausgangspunkt für die Fahrt über den Col du Télégraphe, nämlich St. Michel de Maurienne, nur erreichen, wenn ich eine Teilstrecke über die RN fahre. Ich habe zwar keine besondere Angst vor Kraftfahrzeugen, aber auf dieser RN ist der Verkehr doch extrem stark, trotz der parallel verlaufenden Autobahn nach Turin.
Einige Gäste, die ich an der Bar des Hotels befragte, wussten auch keinen brauchbaren Rat. Das muß zwar nicht unbedingt die absolute Wahrheit sein, denn diese Leute benutzen nach eigener Aussage immer das Auto und da ist die RN natürlich die beste Wahl!

1. Juli - 50 km
Der heutige Tag war wohl hart am Limit. Schon frühmorgens prächtiges Sommerwetter. Um 9 Uhr auf etwa 500 m NN bereits 23° C.

Na ja, dann mal erst gar keine Bedenken aufkommen lassen und von La Chambre zunächst ein kurzer Abstieg bis zur Brücke über den Arc und dann kontinuierlich aufwärts. Bis St. Etienne de Cuine geht's ja noch recht moderat aber gleich hinter der Ortsausfahrt wird's langsam ernst. die nächsten 12 km bis St. Colomban des Villard steigen mit durchschnittlich 6,5 %, aber leider einige giftige Abschnitte bis 12 %!

In St. Colomban treffe ich so gegen 12 Uhr ein, die richtige Zeit für eine längere Pause. Dann geht es weiter in Richtung Col du Glandon, weitere 12 km mit einem Anstieg von bis zu 14 %!. Zwischenzeitlich ist es hier selbst in Höhen von über 1200 m NN 30° C warm geworden - und kaum Schatten!

Etwa 7 km vor dem Col mache ich an einer kleinen schattigen Stelle mal wieder eine Pause und schaue dabei den Rennradlern zu, die in beiden Richtungen den Col befahren. Reiseradler mit Gepäck sind auf der heutigen Strecke absolute Fehlanzeige! Ich muß wohl auf dieser Strecke der einzige, möglicherweise ein etwas närrischer Radler sein!

Aber wie das Glück so spielt, die den Col hinauffahrenden Rennradler gehören zu einer holländischen Sportlergruppe die mit einem Veranstalter zu einem intensiven Bergtraining hier sind. Sie wollen sich auf eine Tour über 5 große Bergstrecken vorbereiten: Col du Glandon, Col du Télégraphe, Col du Galibier, l'Alpe d'Huez und Col du Lautaret. Zur Gruppe gehören zwei Begleitfahrzeuge und die außerordentlich nette Fahrerin eines der Fahrzeuge bietet mir an, mein doch recht schweres Gepäck bis zum Col mitzunehmen. Ich nehme heute das Angebot sehr gerne an und die nächsten 2 km geht es trotz ständiger Steigung mit dem jetzt wesentlich leichteren Rad auch recht zügig voran. Aber dann gibt's einen erneuten Einbruch. Die Hitze macht sich bemerkbar und die auf den ersten 18 km angesammelte Grundmüdigkeit kann ich nur mit Mühe unterdrücken. Aber was soll's, ob ich hier mit 6 km/h fahre oder mit 4 km/h laufe macht für den gesamten Zeitaufwand kaum einen Unterschied. Bis so 2 km unterhalb des Gipfels quäle ich mich so dahin, dann wird's noch einmal richtig giftig, mehr als 13 % Steigung. Gerne nehme ich jetzt das Angebot der Holländer an, mich bei der nächsten Vorbeifahrt des Begeleitfahrzeuges bis zum Gipfel mitsamt Fahrrad im Auto mitzunehmen.

Na ja, ich hätte mich zwar auch den Rest hinauf quälen können, aber das mußte ja nun nicht um jeden Preis sein, zumal das letzte Teilstück voll in der Sonne lag! Diese netten Holländer hätte ich früher treffen sollen, spätestens auf halber Strecke nach St. Colomban. Wäre ich schon hier mein Gepäck losgeworden - natürlich nur bis zum Col - hätte ich wohl den gesamten Anstieg zwar langsam aber über die ganze Distanz fahrend schaffen können. Aber was soll's, Uberlebt hae ich ja und ohne die Hilfe der Holländer wäre ich halt eine Stunde später in Allemont angekommen!

Die Abfahrt vom Col brachte noch so einige Überaschungen - vielleicht sollte ich doch vorher etwas genauer in die Karten schauen! Die Abfahrt war schon am nahen Stausee für's erste einmal beendet. Es folgte ein erneuter Anstieg am Lac du Grand Maison und später war noch ein tiefer Geländeeinschnitt mit einem recht anstrengenden Wiederaufstieg zu überwinden.

In Le Rivier de Allemont reicht's mir erst einmal, Café au Lait und fromage blanc mit viel Zucker muß jetzt sein. Abgesehen von 2 kleinen Bananen und etwas Yoghurt habe ich seit dem mageren Frühstück im Hotel heute sonst noch nichts gegessen. Und nur von Quellwasser lassen sich die bei den doch recht anstrengenden Aufstiegen verbrauchten Energien nicht ersetzten.

Na, dann mal los zum Abschluß der heutigen Etappe. Es geht jetzt tatsächlich fast nur noch bergab - so im Mittel mit 10 % und das ganze durch einen jetzt sehr schattigen, recht kühlen Wald. Aber dennoch, in Allemont reicht es mir für heute. Das ursprüngliche Tagesziel - le Bourg d'Oisans ist zwar nur noch 10 km entfernt, aber diese Distanz werde ich lieber morgen auf mein Tagessoll drauflegen. Das erste Hotel ist ausgebucht, aber im mächsten Haus, dem Hotel Giniéz finde ich noch Platz - eine recht ordentliche Wahl! Beim Abendessen habe ich einen schönen Blick auf das nahe Skigebiet des les Grandes Rousses.

2. Juli - 70 km
Auch für heute kündigt sich wieder ein heißer Tag an. Im Verlauf des Tages werden es auch in Lagen um 900 m NN so etwa 32° C.
Zunächst geht's in leichtem Gefälle zur N 91 hinunter. Dieser recht stark befahrenen Straße muß ich für knapp 4 km bis zur Ortschaft La Palante folgen. Hier kann ich auf die angenehm ruhige D 526 in Richtung Col d'Ornon abbiegen. auch heute sind auf der Strecke bis zum Col wieder viele Rennradler unterwegs. Neben Holländer und Schweizern auch viele Franzosen. Der größte Teil der Rennradler kehrt nach einer kurzen Pause am Col wieder zurück in Richtung N 91. Ich fahre natürlich über den Col hinaus weiter in Richtung La Mure an der N 85 (Route Napoleon).

So etwa 3 km vor der N 85 ist die Wegweisung etwas unklar. Beschilderung und Kartenbild stimmen nach meiner Einschäzung nicht überein. Leider nehme ich hier den Rat von 2 schweizer Motorradfahrern an, die mir ausdrücklich erklären, sie hätten sich gerade bei einem Einheimischen erkundigt. Na ja, so kann man auch fahren, aber ich handele mir mit der Befolgung dieses Ratschlages einen zwar kurzen aber dafür umso heftigeren weiteren Aufstieg ein um an die N 85 zu gelangen. Hier muß ich dann etwa 6 km zurückfahren um zur Kreuzung N 85 und D 526 zu gelangen. Zuerst 3 km mit starkem Gefälle und dann 3 km mit recht steilem Anstieg. Dieser Anstieg ist bei dem extrem starken Autoverkehr auf der N 85 sehr unangenehm. Nachdem ich zweimal auf den kaum befahrbaren Randstreifen abgedrängt wurde, entschließe ich mich, den Rest der Steigung lieber zu laufen und das Rad über den Randstreifen zu schieben. Dann geht es jedoch wieder weiter auf der D 526, einer kaum befahrenen Nebenstraße. Zunächst folgt ein kurzer Abstieg in die malerische Drac-Schlucht und dann stetig aufwärts auf den Col Accarias und eine letzte Abfahrt von etwa 4 km nach Mens.

Die beiden heutigen Pässe waren weder in der absoluten Höhe noch in ihren Gradienten mit dem Col du Glandon zu vergleichen. Heute war die Streckenführung trotz hoher Temperaturen durchaus für Reiseradler mit umfangreichem Gepäck geeignet. Gesehen habe ich jedoch nur 3 andere Radler mit Rennrädern und sehr leichtem Gepäck! Irgendetwas mache ich wohl anders als andere Reiseradler, vielleicht auch falsch. Na ja, ich denke die Streckenwahl passt schon zu mir. Auch wenn es gestern recht anstrengend war, bisher hat mein Weg durch eine herrliche Hochgebirgslandschaft geführt!

3. Juli - 108 km
Von Mens geht es zunächst durch eine große Senke und dann in Wellen hinauf zum Col de la Croix Haute. Die letzten 4 km Anstieg zum Col muß ich leider auf der stark befahrenen RN 75 machen - aber es geht so halbwegs.
Von Mens bis zum Col bin ich zeitweilig gemeinsam mit zwei Norwegerinnen gefahren. nach der Rast im Gasthaus am Col haben uns die Wege getrennt. Ich bin über die RN 75 bis Laragne-Montagne geradelt, während die Norwegerinnen kurz hinter der Passhöhe in Richtung Die im Val du Drôme abgebogen sind.

Kurz vor Serres zerböselt der Bowdenzug zur Schaltung der Kettenblätter endgültig. Jetzt kann ich nur noch mit dem kleinsten Kettenblatt fahren. So kann ich zwar alle Steigungen ohne Probleme befahren, aber auf den ebenen Streckenteilen oder gar im Gefälle kann ich jetzt keine besonderen Geschwindigkeiten mehr erzielen. Na ja, bis Sisteron wird es wohl gehen. Da muß dann mal sehen, daß ch irgendwo einen neuen Bowdenzug besorgen kann.

Nach einer längeren Pause in Laragne habe ich dann die Fahrt über die D 942 bis Monetier-Allemont und nach Überquerung der Durance auf der D 4 bis Sisteron-Vaumeilh fortgesetzt.
Es war mal wieder ein sehr heißer Tag, hier am Flugplatz war es noch abends gegen 9 Uhr gut 30° C.

4. Juli bis 9. Juli
Einige Tage Aufenthalt zum Segelflug mit dem Aeroclub Sisteron.

10. Juli - 78 km
Und wieder mal eine kleine Panne - die Luftpumpe funktioniert nicht mehr verlässlich. Daher wird zunächst ein kleiner Umweg über Sisteron erforderlich. Aber es ging auch sonst recht gemächlich los. Nach einer netten Plauderei beim Frühstück über "Altherren"-Varianten des Radtourismus - schöne schweizer Pässe im letzten Jahr - Planung für den Schwarzwald in diesem Jahr, und nochmals etwas Träumerei vom Segelfliegen in Neuseeland und in Bitterwasser, dann Abschied von der Sisteron-Mannschaft, komme ich endlich so kurz nach 10 Uhr vom Flugplatz weg. Die nötige Ersatzluftpumpe zwingt mich zu einer Fahrt nach Sisteron hinein - und da ist heute Markt, ein weiterer Grund zur Verzögerung der endgültigen Abreise. Aber so kurz vor 12 Uhr breche ich dann doch noch auf zum heutigen Ziel in der Region Selonnet. Innerlich bin ich darauf vorbereitet, bereits in Turriers abzubrechen, wenn es Höhe, Müdigkeit und oder Zeitablauf es angeraten erscheidne lassen.

Bis La Motte komme ich recht zügig voran. Ich kann mir eine ausdauernde Rast auf der Terrasse eines kleinen Lokals leisten. Die dann folgende Auffahrt zum Col de Serraut verläuft einfacher und schneller als gedacht und ich erreiche auch Turriers recht früh. Das Hotel am Ortseingang wirkt heute auf mich wenig einladend. Auf der recht netten Terrasse sind alle Stühle umgeklappt - man möchte heute wohl keine Gäste bewirten. Zur Rast fahre ich daher in den einige Meter höher gelegenen Ort. Auf der Terrasse des Hotel zur Post überkommt mich zunächst etwas Müdigkeit. Aber nach einer großen Tasse Kaffee kommen die Lebensgeister wieder und ich entschließe mich zur Fortsetzung des Tagesetappe in Richtung Selonnet.

Nach einigen km bemerke ich eine recht dunkle Wolke über meinem Zielgebiet. Na ja, die Entscheidung zur Weiterfahrt wird nicht umgestoßen, schließlich habe ich ja ausreichende Regenbekleidung bisher über alle Pässe geschleppt, da kann ich diese Dinge heute ja auch notfalls benutzen!

Die Auffahrt zum Col des Garinets ist wieder einmal ein rechter Genuß! Die Abfahrt nach Selonnet führt über teilweise nasse Straßen. Hier muß kurz vorher Regen niedergegangen sein! Ja, und so 3 km vor Selonnet hat mich das Gewitter eingeholt. Deutlich bemerkbarer Regen setzt ein, der sich mit meiner Ankunft in Selonnet in ein kräftiges Gewitter mit sehr starkem Niederschlag verwandelt. Zum Glück finde ich sofort im ersten Hotel ein Nachtquartier. Ich kann daher das gut 2 Stunden andauernde Gewitter und den starken Regen mit großer Gelassenheit geschehen lassen.

11. Juli 102 km
Nach dem gestrigen Gewitter hat es etwas abgekühlt. Aber schon kurz nach dem Start in Selonnet kommt die Sonne stellenweise durch die Bewölkung und es wird schnell feucht-warm.

Im vorbeifahren werfe ich eine Blick auf den Segelflugplatz von Seyne. Hier wird mit der Winde gestartet. Der Platz macht einen ordentlichen Eindruck, dürfte somit insbesondere für Piloten wie mich eine wesentliche Erleichterung sein für den Sprung an den "Pacours". Vielleicht motiviert mich diese verbesserte Situation ja bei einem der zukünftigen Besuche in Sisteron!

Bis zum Col de Maure zieht sich die Straße in stetiger, aber mäßiger Steigung dahin bis auf 1385 m. Ab hier geht es bis Digne nur noch bergab. Ich wähle die Fahrt durch die Verdaches-Schlucht und die Clue de Barles. Es ist eine sehr schöne Abfahrt durch eine herrliche Landschaft.

Die Straße ist an vielen Stellen steinschlaggefährdet. Und kurz hinter der Ortschaft Barles ist die ganze Straße recht weiträumig mit scharfkantig gebrochenem Material übersät. Obgleich ich die Geschwindigkeit deutlich zurücknehme und den größten Brocken auszuweichen versuche, schiebt sich ein scharfkantiger Brocken wie ein Montagehebel zwischen Felge und Reifen. Dabei werden Reifen und Schlauch des Vorderrades erheblich beschädigt. Die Luft entweicht schlagartig mit lautem Geräusch. Der Schlauch läßt sich noch mit einem etwas größeren Flicken reparieren. Der Reifen ist ebenfalls stark beschädigt und muß bei nächster Gelegenheit ausgetauscht werden.

Hier im Tal gibt es viele Fossilienfunde. Beispielsweise ist direkt an der Straße ein großes Ammonitenfeld anschaulich aufbereitet. Auf andere Fundstellen wird durch verschiedene Hinweistafeln verwiesen. Der fragwürdige Zustand meiner Vorderradbereifung veranlasst mich in dieser etwas abgelegenen Region doch lieber auf weitere Exkursionen in unwegsames Gelände zu verzichten. Vielleicht kann ich ja bei nächster Gelegenheit diese Fundstellen besuchen.

Zu meiner Überraschung hält der Reifen und der geflickte Schlauch bis kurz hinter la Begude-Blanche. Etwa im halben Aufstieg zum Plateau de Valensole gibt der Schlauch erneut seinen Geist auf. An der schadhaften Stelle des Reifens haben sich neue kleine Löcher gebildet. Für den Rest der Etappe wechsle ich den Schlauch und fahre zunächst über Puimoisson nach Riez. Hier beginnt leichter Regen. In Richtung St. Croix de Verdon steht ein großes Gewitter. Ich breche daher heute hier in Riez ab. Nach Bezug des Hotels und Umkleidung hat es wieder aufgeklart - auch in Richtung St. Croix. Ich hätte also duchaus schon heute dorthin fahren können. Aber meine Ankunft in St. Croix hatte ich ohnehin erst für morgen geplant. Außerdem sollte ich vor der Weiterreise einen neuen Reifen besorgen. In Riez müßte ja ein Fahrradladen zu finden sein.

12. Juli - 42 km
Gleich nach dem Frühstück muß ich mir zunächst einen neuen Reifen für das Vorderrad beschaffen. Zum Glück erhalte ich bereits bei meiner ersten Rückfrage eine positive Information: an der Route St. Croix, gleich gegenüber der Siloanlage, ist ein Radladen! Na gut, bis dahin, knapp 1 km, werde ich mit dem zwischenzeitlich doch recht groß gewordenen Riß in der Bereifung wohl noch kommen.

Schnell habe ich den Reifen gewechselt. Dann geht es zu dem kleinen privaten Airstrip bei St. Croix de Verdon. Michael und mehrere andere von seinem Aeroclub sind seit gestern dort zu einem Fliegerurlaub. Christiane ist zuerst etwas irritiert. Wer sagt denn da "Bon jour"? Sieht aus wie Horst, aber der kann es doch eigentlich gar nicht sein, sagt sie zu Michael. Und zur Überraschung stehe ich zwei Minuten später vor den Zelten der Fliegerkameraden.

Etwas freundliches Geplauder, Gang zum Fluggelände, zu den Anhängern, zu den Flugzeugen. Plauderei mit den Organisatoren des Geländes, mit anderen Gästen. Dann so gegen Mittag der erste Probeschlepp mit der neu erworbenen Piper der Gladbecker und ehe man sich versieht, ist es auch schon deutlich nach 14 Uhr. für mich langsam Zeit zum Aufbruch. Nach einem kleinen Imbiß im Camp starte ich kurz nach 15 Uhr.

Zunächst geht es hinunter nach Qinson. Hier eine kleine Pause und dann der recht langgezogene, in der Anfangsphase recht anstrengende Aufstieg auf das Niveau des Plateu de Valensole, bis zur Kreuzung D11 / C3. Ab hier geht es wieder in leichter, in angenhmer Fahrt hinunter ins Verdontal. In Esparron-de-Verdon mache ich für heute Station. Insgesamt ein recht geruhsamer Tag!

13. Juli - 82 km
Nach dem Frühstück auf der Terrasse mit dem schönen Blick auf den See und die Umgebung Esparrons geht es zunächst wieder aufwärts, wieder auf das Niveau des Plateau de Valensole. Nach gut 10 km folgt ein konstanter Abstieg durch Gréoux les Bains bis in die Ebene der Durance bei Vinon. Auf einer ruhigen Nebenstrecke geht es parallel zur Autobahn und einem EDF-Canal bis Pont Mirabeau. Hier biege ich kurz in Richtung Norden ab, überquere die Durance und folge ab der Ortschaft Mirabeu auf kleinen Nebenstraßen durch die südlichen Ausläufer des Luberon der "Route des Chateaux de Luberon Sud". Es ist eine anmutige Landschaft mit völlig anderem Charakter als das kurz zuvor durchfahrene Valensole. Hier dominiert Weinbau und recht umfangreicher Obstanbau. Die Gegend ist durchzogen von Kiefernwäldern. So hat sich auch der Duft der Landschaft verändert: vom Lavendel des Valensole zum Duft des Kiefernharzes im Luberon! Eine besonders schöne Passage ist die Combre de Lourmarin zwischen Lourmarin und Bonnieux. In dieser schönen Schlucht sind 300 Höhenmeter zu überwinden.

In Richtung Apt steht ein recht großes Gewitter. Ich mache für heute in Bonnieux Station und wähle angesichts des recht mächtigen Gewitters mal wieder eine Hotelübernachtung. Von der Terrasse meines Hotezimmers habe ich einen bezaubernden Blick auf die südwestlichen Hänge des Luberon und zur anderen Seite auf den Ventoux. Das Gewitter hat sich mächtig entwickelt und bedeckt zwischenzeitlich nahezu die Hälfte des Plateau de Vaucluse. Nur Bonnieux und der westliche Teil des Luberon sowie des Lure und der Ventoux sind noch unbeührt - ob das für heute so bleibt?

14. Juli - 90 km
Die Gewitter des gestrigen Abends sind an Bonnieux vorbeigezogen. Es hat etwas abgekühlt, der Wind auf nördliche Richtung gedreht.

Ich starte zunächst in Richtung Lacoste. Dort unterbreche mit einem kurzen Spaziergang durch die Ruinen des Chateau, des Sitzes des Marquis de Sade. Dann geht es weiter über Menerbes und Petit Coustellet nach Coustellet. Hier mache ich auf einem Bauernmarkt Pause und versorge mich auch mit etwas Obst für ein späteres Picknick in Fountaine de Vaucluse.

Nach einem Kaffe geht es weiter. Auf mich warten jetzt noch rund 70 km gegen den durchaus spürbaren Mistral! Ich habe für heute zwar keine Berge mehr zu erwarten - aber der Mistral ist auch nicht ohne! Stellenweise muß ich schon recht ordentlich in die Pedale treten um auch nur eine Geschwindigkeit von 12-13 km/h halten zu können. Aber es gibt auch einige deutlich bessere Abschnitte. Der Mistral bläst halt nicht immer in der gleichen Stärke!

Zu einer längeren Mittagspause mache ich den kleinen Umweg über Fontaine de Vaucluse. Ein imposantes Naturschauspiel - aber leider stark von Touristen - Ausländern und Franzosen - besucht. Die Ursprünglichkeit der Schlucht hat dadurch viel eingebüßt.

Der weitere Weg führt über Isle sur la sourge nach Capentras. Von dort folge ich der D 7 und später der D 8 durch das landschaftlich reizvolle Weinbaugebiet der Cote du Rhône Villages. Hier reiht sich einWeingut an das andere. Überall weiträumiger Weinbau. In meinem ursprünglichen Tagesziel Cairanne - hier findet heute ein Weinfest aus Anlaß des Nationalfeiertages statt - finde ich keine Unterkunft. Ich fahre daher weiter nach Ste. Cécil des Vignes. Und dort wird natürlich auch der 14. Juli gefeiert. Aber ich finde noch recht schnell eine Unterkunft.

15. Juli - 57 km
der Mistral ist noch um einiges stärker geworden. Und heute geht es nur nach Norden, nur gegen den Mistral, noch nicht einmal einige etwas weniger anstrenge Seitenwindpassagen! Das radeln ist fast wie in einem Windkanal, man strampelt sich ab aber kommt kaum von der Stelle. Na ja, irgendwie geht's schon voran. Aber gemessen am Kraftaufwand ist die Geschwindigkeit doch eher mickrig! In Montélimar soll daher für heute und für diese Rundreise zunächst Schluß sein. Montélimar liegt günstig an der Bahnstrecke und es gibt eine gute Verbindung über Lyon nach Genf, die auch Fahrräder befördert.

16. Juli
Ein recht geruhsamer Tag in Montélimar. morgens in einem netten Straßencafé ausgiebige Zeitungslekture. Dann ein langer Spaziergang bis zum Rhône-Canal, dort einige km entlang und in großem Bogen zurück in die Innenstadt.

Abends gehe ich noch einmal in eines der netten Straßenlokale an den "Alles de la Provence". Und jetzt fällt mir so richtig auf, daß diese schöne Allee genau in Nord-Süd-Richtung verläuft. Bei dem hier doch recht häufigen Mistral eigentlich eine reichlich unzweckmäßige Ausrichtung für eine umfangreiche Straßengastronomie.

Heute bläst der Mistral auch noch am Abend recht kräftig, die Markisen flattern, gelegentlich werden Servietten von den Tischen, Salatblätter von den Tellern und Kreditkarten durch die Gegend geweht. Aber das scheint hier niemanden besonders zu stören!

17. Juli - 29 km
Zugfahrt über Lyon nach Genf. Die Fahrt verlief recht unproblematisch, nur der Schaffner im Anschlußzug von Lyon nach Genf war etwas muffig, trotz seiner Hilfsbereitschaft beim Verstauen des Fahrrades. Zu meinen Packtaschen hatte er halt seine unumstößlichen besonderen Vorstellungen! Wahrscheinlich hätte er eher eine verspätete Abfahrt des Zuges in Kauf genommen als meinen Vorschlag akzeptiert, die Taschen zunächst im Fahrradabteil zu lagern und später in den Fahrgastraum zu schaffen. Auch mein Hinweis auf die ablaufende Zeit und die durch Koffer anderer Reisender verstellten Türen konnten ihn nicht umstimmen. Na ja, er hat mir ja genug Zeit gelassen alle ´Taschen ohne Hektik einzuladen!

In Genf treffe ich auch noch herrliches Wetter an, also die restliche Zeit bis zur vorgebuchten Rückfahrt irgendwo am See verbringen. Ich radle am See entlang, aus Genf hinaus und bin dann bald wieder an der Grenze zu Frankreich. Hier in Hermance mit Zuständen wie gemäß Schengener Abkommen, alles ohne jede Grenzkontrolle! Da sah es am französischen Teil des Genfer Bahnhofs doch noch ganz anders aus! Hier wurde richtig kontrolliert, erst Einreisedokumente und dann noch die Zollprozedur.

Im ersten französichen Ort - Chens sur Leman - suche ich ein kleines Speiselokal auf. Eigentlich war die Küche schon geschlossen. Nicht verwunderlich, wir hatten ja auch schon fast 15 Uhr. Aber einen Salat, etwas Brot und eine gute Auswahl Savoyer Käse wollte mir die Wirtin schon anbieten. Und dann noch 2 Panaché und 1 café noir und die Rechnung war auch nicht von schlechten Eltern: 121 FF. Aber was soll's, der Käse war wirklich gut und hat das alles wohl preislich stark in die Höhe getrieben.
Dann fahre ich weiter bis Yvoire, eine kleine alte Stadt. Heute ist Yvoire fein herausgeputzt, eine reine Tourismusangelegenheit. Zwar nicht so groß, aber irgendwie hat mich das alles an unser Rothemburg an der Tauber erinnert. Auf einem am Ortsrand liegenden Campingplatz richte ich mich für die restlichen 3 Tage bis zur endgültigen Rückreise ein.

18. Juli - 40 km
Eine kleine und geruhsame Ausfahrt nach Thonon-les-Bains.

19. Juli - 72 km
Auf Nebenstraßen - ausgeschilderte Radroute - nach Thonon-les-Bains und dann weiter über die D 972 durch den Gorge de la Dranse. Das ist hier ein richtiger Tummelplatz für Wildwassertouristen. Mit konventionellen Kajaks, großen Rafts und kleinen Auftriebskörpern - hier wird wohl jede Möglichkeit einer Fortbewegung im reißenden Wasser der Dranse genutzt. Und am Straßenrand stehen die netten Hinweisschilder mit den Warnungen der EDF vor plötzlich auftretenden starken Anstiegen des Wasserpegels. Na ja, vielleicht stimmen sich ja die Guides der Wildwasseraktivisten mit dem nächsten Wasserkraftwerk ab!

Die Straße steigt gleichmäßig und recht moderat bis zum Gorge du Pont du Diable an. In einer der Straßengaststätten mache ich eine kleine Pause bevor ich mich einer Führung durch den recht sehenswerten Gorge anschieße.

Zurück fahre ich über Vernaz. Erst ein weiterer, ein steiler Anstieg um gut 200 m. Dann geht es in steilen Serpentinen zurück zur D 972 nahe der Abzweigung nach Abundance. Hier folge ich wieder der D 972 und später der ausgeschilderen Radroute nach Yvoire.

Abschließend kann ich nur feststellen, daß die Entscheidung, die restlichen Tages dieser Reise am Lac Leman ausklingen zu lassen, recht vernünftig war. Es war ein wirklich schöner Abschluß dieser insgesamt sehr schönen Reise durch Frankeichs Südosten!

20. Juli - 27 km
Rückfahrt nach Genf. Zugreise bis Basel. Einige Stunden Aufenthalt mit nettem Bummel am Rhein. Mit dem Nachtzug zurück nach Duisburg.



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