Notizen einer Reise
            mit dem Fahrrad durch die Haute Provence
einige Bilder die ganze Story Auswahl Radreisen


eine kurze Übersicht des Reiseverlaufs







  
13.08.92 20 km Fahrt nach Oberhausen
dann mit dem Fahrradbus nach Bollene
14.08.92 100 km zum Col Perthy
15.08.92 82 km Sisteron-Vaumeilh
16.08.92 42 km Turriers
17.08.92 70 km les Agneliers, auf dem Weg zum Col d'Allors
18.08.92 95 km Castellane
19.08.92 40 km mit dem Rad zum Point Sublime
Wanderung durch den Canyon du Verdon
20.08.92 47 km Am Verdon - über die Route des Cretes
21.08.92 67 km vorbei am Lac de St. Croix nach St. Laurent
22.08.92 117 km durch's Durance-Tal nach Manosque
23.08.92 120 km Carpentras
24.08.92 42 km an die Rhône nach Chateauneuf du Pape
25.08.92 50 km kleine Rundfahrt durch die Weinberge,
zum Canal du Rhône
26.08.92 75 km Rückfahrt nach Bollene
27.08.92 55 km kleine Ausflug in der Region Bollene
28.08.92 67 km in die Schluchten der Ardeche
abends Rückreise mit dem Fahrradbus
29.08.92 20 km mit dem Bus bis Oberhausen - Fahrt nach Dinslaken

einige Bilder

Verschoben ist nicht aufgehoben!

Zwischen zwei Dienstreisen nach Misurata/Libyen finde ich doch noch Zeit - sehr kurzfristig zwar, aber bei besten Wetterbedingungen - die schon lange geplante, mehrfach verschobene Tour entlang des Verdon zu machen. Etwas verändert, etwas verlängert, aber vielleicht um einiges schöner, als ursprünglich geplant.

Die gemeinsame Anreise mit einigen Fliegerkameraden nach Sisteron muß aus Termingründen entfallen. Eine Einzelanreise mit dem PKW nach Sisteron erscheint mir auch nicht so verlockend. Aber es gibt ja vernünftige Alternativen. Über einen Reiseveranstalter werden in Zusammenarbeit mit dem ADFC Busreisen mit Fahrradtransport u.a. nach Südfrankreich angeboten. Also wird hier eine Anreise mit Fahrradtransport nach Bollène im Rhônetal gebucht. Der Start- und Zielpunkt der Fahrradtour ist dadurch um gut 150 km nach Westen verschoben. Für die Verdon-Tour muß ich daher wohl mindestens 4 zusätzliche Tage ansetzen. Aus der ehemals als 8-Tage-Tour geplanten Rundreise wird so ein ausgewachsener 2-wöchiger Fahrradurlaub!

13. August
Vormittags noch eine kurze Besprechung im Büro - somit benötige ich heute weder Urlaub noch einen Gleittag. Das Stundendefizit wird einfach mit meinem Gleitzeitkonto verrechnet - und dann kann es losgehen. Der Bus startet in Oberhausen, Parkplatz BERO-Center. Die Wetterlage ist recht undurchsichtig. Bleibt es zumindest halbwegs trocken? Kann ich den Weg nach Oberhausen - immerhin 20 km - mit dem Fahrrad machen? Oder muß ich einen Nachbarn bitten, mich mit meinem PKW nach Oberhausen zu fahren?

Es soll doch ein Fahrradurlaub werden. Und warum nicht gleich an der Haustüre beginnen? Es ist reichlich bedeckt und nicht sonderlich warm - ich starte mit dem Fahrrad. Sollte ich von allzu starkem Regen überrascht werden, kann ich unterwegs einfach ein Taxi rufen. Aber Petrus hat ein Einsehen. Es bleibt trocken.

Der Reisebus mit dem Fahrradanhänger trifft pünktlich in Oberhausen ein. Alles wird ordentlich verstaut. Die Reise kann planmäßig weitergehen. Über Köln erreichen wir Mannheim. Hier muß die Reisegruppe nach Südfrankreich den Bus wechseln. Unser Bus fährt weiter nach Westfrankreich - bis ins Mündungsgebiet der Loire.

Auch der Umstieg läuft reibungslos und die Fahrt kann fortgesetzt werden. Nach Überquerung der französischen Grenze bei Mühlhausen werden die Bussitze für die Nachtfahrt in eine große Liegefläche umgebaut. Es ist somit deutlich bequemer als die starre Sitzposition, obgleich ein ordentlicher Schlaf zumindest mir nicht möglich ist. Aber was soll's, am frühen Morgen des

14. August
erreichen wir Bollène.
Schnell sind Fahrräder und Gepäck ausgeladen und zur Weiterfahrt vorbereitet. Nach einem französischen Frühstück im nächsten Bistro geht's los. Die hier in Bollene ausgestiegenen ca. 15 Radler fahren in verschiedene Richtungen. Meine Reiseroute - zunächst über den Col Perthy und später ins Gebirge südlich von Barcelonette - wird überwiegend mit Staunen und mitleidigem Lächeln zur Kenntnis genommen. Für eine derartige Tour durch die Berge solle man doch lieber ohne Gepäck radeln meinen einige, andere geben zu bedenken, daß die doch jetzt vorliegenden hohen Temperaturen eine Fahrt durch die Berge als wenig sinnvoll erscheinen lassen.

Nach der Ausrüstung der freundlichen Ratgeber zu urteilen, scheinen die Leute zu wissen, von welchen Dingen sie sprechen! War ich zu übermütig? Bin ich zu sehr auf den Verdon fixiert? Nein - es bleibt dabei. Meine Planung wird nicht geändert - zumindest jetzt noch nicht!

Ein kurzer Blick auf die Karte, Michelin Blatt 81 und es kann losgehen. Ich folge der D 12, später der D 52. Es ist gerade 8:30 Uhr und das Thermometer weist schon 25°C aus! Das kann ja heiter werden!

Zunächst bin ich selber heiter. Mit schnell wachsender Begeisterung radle ich durch herrliche Landschaften der Cote du Rhône, St. Cecil les Vignes, Cairanne, Rasteau, Roaix - eine ganze Kette von Weindörfern, alles was Rang und Namen hat als Cote du Rhône Villages, ist hier aufgereiht.

Und dann Vaison-la-Romaine. Ein kurzer Bummel durch die Altstadt und weiter in Richtung Maulence ein kurzes Stück über die stark befahrene D 938, dann weiter links ab in ein weites Weinbaugebiet. Übergang von der Cote du Rhône zur Cote du Ventoux.

Zwischenstop in Entrechoux dann weiter über die D 5 entlang der Ouveze durch Mollans-sur-Ouveze. In dieser Region liegt in der Luft der geballte Duft der Herbes de Provence, ja an manchen Stellen durchfährt man wahre Wolken von Lavendelduft. Überall wabert es förmlich von diesem Duft. Die Lavendelfelder stehen in voller Blüte! Große, dunkelblaue Teppiche! Einige sind schon abgeerntet, bei anderen ist die Ernte in vollem Gange. Dann, am Wegesrand eine der vielen kleinen Lavendel-Destillen in Aktion. Die angetrockneten Lavendelblüten werden gepresst und mit heißem Wasser aufbereitet.

Der Weg führt weiter in Richtung Buis-les Baronnies. Aus Presseberichten ist mir schon bekannt, daß hier das Zentrum des Handels mit Lindenblüten liegt. Hier wird nur Ware von natürlich auf den Hügeln des Umlandes wachsenden Linden gesammelt und verkauft, keine Plantagenware! Die jeweils Mitte Juli stattfindende Auktion hat Weltruf! Hier sollen dem Vernehmen nach die besten Qualitäten - weltweit - angeboten werden. Aber auch hier wächst natürlich Wein - eine kleine, bei uns nahezu unbekannte A.O.C.

Mit einer gesunden Leber könnten die bisher durchfahrenen Weinbauregionen schon reichlich Gelegenheit zu allerlei Kostproben bieten - aber ich bin ja nur auf der Anreise in das Departement Les Alpes de Haute-Provence!

Ich folge bis Buis der D 546. Bei St. Auban sur la Ouveze muß ich mich entscheiden: fahre ich Richtung Sederon und dann weiter durch's Tal der Meouge oder des Jabrons, beides Wege mit wenig Steigungen und daher der leichtere Weg zur "Zwangsetappe" Sisteron-Vaumeilh oder folge ich weiter der Ouveze, hinauf zum Col Perthy?

Dieser erste Tag soll ja auch Erkenntnis liefern, wie ich mit diesem Gepäck, bei der aktuellen hochsommerlichen Wetterlage, mit Mittagstemperaturen über 30°C mit den Bergen zurecht komme! Also los, weiter Richtung Col Perthy! Bis zum Füß des Berges geht es recht gut. Der jetzt folgende stärkere Anstieg macht doch einige Pausen erforderlich. Aber ich bin jetzt doch schon recht müde und abgepannt. Vielleicht eine Folge des doch nur mangelhaften Schlafes während der Busreise. Zulezt fällt mir selbst das weitere Laufen schwer. Nur wenige Höhenmeter vor der Passhöhe in 1300 m - ca. 1,5 km Weg zum Pass - gebe ich auf. Meine Müdigkeit weckt in mir Zweifel, ob ich noch eine Talfahrt über mindestens 10 km zum vielleicht nächsten Hotel heil überstehe.

Meine Abbruchentscheidung wird natürlich begünstigt durch den Umstand, daß ich ein Zelt im Gepäck mitführe! Und wenige Meter unterhalb meines jetzigen Standortes liegt eine schöne Wiese, eine Einladung zum Camping!

Nach dem Zeltaufbau schlafe ich sofort ein. Es war also die richtige Entscheidung!

15. August
Gegen 8:30 Uhr kann wieder gestartet werden. Nur noch wenige Höhenmeter - mir bereiten diese jetzt selbstverständlich keine Schwierigkeiten - und dann geht es bergab. In Laborel mache ich eine kurze Rast. Zwei Tassen cafe au lait auf einer sonnigen Hotelterrasse geben den nötigen Auftrieb für die weitere Fahrt. Es geht weiter nach Opierre. Hier wird etwas Proviant gekauft, Obst, Trinkyoughurt und Wasser. Dann weiter, den Chabre zur rechten Seite, nach Lagrand. Weiter auf einer kleinen Straße am Fuß des Chabre entlang nach Laragne. Ja, aus dieser Perspektive wirkt der Chabre doch viel wuchtiger als aus der gut bekannten Sicht aus der V4! Aus der V4 wirkt die scharfe Kante, der Grat des Chabre, recht leicht, und jetzt - aus der Perspektive des Radfahrers - ist der Chabre ein riesiger Klotz!

Ab Laragne ist es nur noch eine relativ kurze Strecke durch leichtes Gelände bis nach Vaumeilh. Aber es ist recht heiß geworden, es dürften rund 30-35°C sein. Einige Minuten Pause im Schatten sollten wohl sinnvoll sein! Gegen 15:00 Uhr erreiche ich Vaumeilh. Für heute ist Schluß! Erst mal ordentlich ausruhen, den Flugplatz inspizieren. Es sind relativ wenig Gäste da, etwa 15 Trailer auf dem Gelände. Auch der Campingplatz ist nur mäßig belegt. Auf der gut beschatteten Terrasse dürften noch immer Temperaturen zwiwchen 25 und 30°C herrschen.

Eigentlich wollte ich heute nur in Vaumeilh bleiben - immerhin verbinde ich mit diesem Flugplatz die schönsten Erinnerungen an meine Zeit als aktiver Segelflieger - aber wie das Leben so spielt, was verkündet Michel, unser Cantinenwirt, mit einem kleinen Zettel: "exceptionelle fermé". Also muß ich abends fasten oder mit dem Rad nach Sisteron fahren. Das ist natürliche keine qualvolle Alternative. Die Terrasse der "Chaumiere" und Hammel nach Sisteroner Art ist bestimmt eine gute Alternative!

16. August - bis heute abend werden 224 km zurückgelegt sein!
Nach der Fahrt nach Sisteron zeigt der Kilometerzähler 182 an. heute lasse ich es recht ruhig angehen!. Zunächst ein petit dejaneur auf der Terrasse, etwas Lektüre, sp&aauml;ter in Ruhe Zeltabbau, alles verpackenm um 12:00 Uhr ein leichtes Mittagessen und Abrechnung. Um 12:30 Uhr breche ich auf. Über La Motte du Caire geht es hinauf zum Col de Sarraut, hinauf auf 980 m. Alles recht geruhsam. Ohne Hast erreiche ich den Pass. Dann eine schöne Abfahrt bis kurz hinter Gigors. Hier entscheide ich mich nach Turriers zu fahren. Nur noch 5 km, nur eine leichte Steigung, aber die Mittagshitze, deutlich über 35°C macht sich recht bemerkbar. Hier hilft nur diszipliniertes Langsamfahren weiter. Es gibt ja auch keinen Grund zur Eile. Heute soll in Turriers Schluß sein. Gleich am Ortseingang ein ordentliches Hotel dem auch eine gute Küche, ein guter Weinkeller, nachgesagt wird.

Ein Zimmer ist frei. Zunächst das Rad entladen, eine Dusche, umziehen und ausruhen! es ist eigentlich nur im Schatten auszuhalten! Eine Weiterfahrt wäre wohl nicht besonders sinnvoll gewesen.

Ja, Jacques, vom kleinen Fluggelände La Motte, hatte recht! Die Küche ist gut! Was man dort mit Gemüse und Beilagen aus einer simplen Forelle machen kann! Und die Weine, keine Riesenauswahl, aber nur gute Adressen. Ich wähle einen - der Temperatur angepasst - Rose, Cote du Provence. Und was wurde geliefert? Erste Qualität!

17. August - 70 Tageskilometer
Heute kann es direkt nach dem Frühstück weiter gehen. Aber was für ein Frühstück! Nicht das übliche Gematsche aus cafe au lait mit Croissants oder Abschnitten von Baguettes, nein hier wurde ein ordentliches Buffet aufgebaut. Schinken, Käse, Konfitüren, Müsli, Obst, einige Brotsorten.

Um 8:15 Uhr kann ich starten! Es herrschen noch recht angenehme Temperaturen, knapp über 20°C. Inzwischen habe ich auch mein Tempo gefunden! Geruhsam geht es weiter. Pedalumdrehung um Pedalumdrehung, Meter um Meter. Mich treibt ja niemand. Die geplante Streckenführung bietet ohnehin 4 Reservetage!

So nähere ich mich von Turriers durch herrlich-herbe Landschaft fast unbemerklich dem Col des Gardinets (1185 m). Dann geht es weiter bergab - manchmal durch einige Mulden mit kurzen, auch steilen Aufstiegen - nach Selonnet. Kurze Rast, etwas Reiseproviant - Wasser und Trinkyoughurt, in der Post einige Briefmarken.

Im Dorf muß wohl am Wochenende ein Dorffest gewesen sein. Einige Verkaufsbuden werden noch abgebaut und - natürlich der Abfall vom letzten Abend zusammengefegt. Eine günstige Gelegenheit mein Leergut hier abzuladen. Dann geht es weiter über die relativ stark befahrene D 900 in Richtung Barcelonette. Auch hier ist die geruhsame Fahrweise bis hinauf zum Col St. Jean (1300 m) recht sinnvoll. Ohne extreme Anstrengung erreiche ich den Pass. Die folgende Abfahrt muß ich insbesondere im Hinblick auf mein doch recht umfangreiches Gepäck ständig ausbremsen. Nur in einigen Teilstücken gehe ich etwas über 30 km/h hinaus. Aber nicht nur das Gepäck - ich möchte ja auch die Landschaft aus dieser Perspektive aufnehmen. Alles ist doch deutlich anders als aus dem Segelflugzeug - vor allem die Entfernungen!

Ich komme recht gut voran - so gegen 12:30 Uhr bin ich im Raume Barcelonette. Eigentlich zu früh, schon hier Station zu machen. Ich fahre also in Richtung Col d'Allos weiter. Aber es wird unaufhaltsam wärmer und jetzt die stetige Steigung - doch alles recht anstrengend! Der Wasserbedarf steigt deutlich. Hier werde ich wohl noch zum Durchlauferhitzer: kaltes Wasser trinken und kurze Zeit später reichlich überhitzt alles ausschwitzen, und so ganz nebenbei werde ich noch zu einer Salzanreicherungsanlage! Das aufgenomme Wasser ist deutlich salzärmer als der Körperschweiß. Deutliche Salzablagerungen sind auf der Kleidung auszumachen. Jetzt muß bei den Mahlzeiten wohl auf recht mineralhaltige Nahrung achten.

Die Temperatur fordert ihren Tribut. Ich muß jetzt häufig kurze Pausen an schattigen Stellen einlegen. So auf halbem Weg zum Col, bei der Skistation les Agneliers auf 1723 m mache ich so gegen 15:30 Uhr für heute Schluß. Morgen ist auch noch ein Tag!

Hier an der Hütte rasten nur einige Ausflügler, Wanderer, durchfahrende Motorradtouristen und einige Mountain-Biker (ohne Gepäck!).

Auffallend viele Fahrräder habe ich heute gesehen, auch auf dem Weg zum Col. Alle wurden auf PKW's oder Wohnmobilen durch die schöne bergige Landschaft gefahren!

Vor Barcelonette habe ich bisher den einzigen Gepäckradler gesehen. Vielleicht hatten die Mitreisenden aus dem Fahrradbus doch nicht so unrecht? Zumindest entsprach deren Ratschlag, mit Gepäck nicht in die Berge zu fahren, einer offenkundig verbreiteten Einschätzung.

18. August - 95 Tageskilometer
Frühstück auf der Terrasse der Berghütte. So gegen 8:00 Uhr breche ich auf. Den restlichen Aufstieg, noch ca. 550 Höhenmeter auf knapp 7 km Länge, will ich doch vor Erreichen der hohen Temperaturen machen. Es ist schon für einen Gelegenheitsradler anstrengend genug! Ich entschließe mich, auf halbem Wege an einer Stelle mit besonders schöner Aussicht zu einer kleinen Rast. Keine Eile, keine Überanstrengung! So kurz vor 10:00 Uhr erreiche ich dann die Gipfelhöhe - die richtige Zeit zu einem zweiten Frühstück oder - besser gesagt - einem cafe au lait. Am Nebentisch sitzt ein englisches Paar. es entwickelt sich eine längere Unterhaltung über die Schönheiten der Haut-Provence, über die vielfältigen Eindrücke, über den Sinn oder Unsinn bei solchen Temperaturen eine Fahrradtour mit Gepäck gerade durch diesen Teil Südfrankreichs zu unternehmen! Und in der Tat, heute sind zwar mehr Radler mit ihren Fahrrädern unterwegs - aber Gepäckradler sehe ich weit und breit keinen einzigen!

Meine letzte Übernachtungsstelle, das Refugee Agneliers war ja umgeben von "Aufstiegshilfen" für die Skifahrer. 2 3er-Sessel, 1 4er-Sessel, 2 Schlepper, sonst nichts! Und hier oben? In Richtung Norden nichts, nur herrlichen Ausblick auf die 3000er des Departement Les Hautes Alps! Und an der Passhöhe - nach Süden - ein weiteres riesiges Skigebiet mit gewaltigen Liften, das Skigebiet Foux d'Allos.

Das Gelände fällt steil ab, die Straße folgt nahezu der Idealllinie eines mittleren Skifahrers - aber schnell herunterfahren - das verbietet sich wohl! die Straße ist zu schlecht, ein Schlagloch neben dem anderen. Na ja, es ist ja nicht verwunderlich, in dieser exponierten Höhenlage, in einer Region in der der Winter mindestens 6 Monate dauert! Also "bremse" ich mich vorsichtig den Berg hinunter. Mit flotter Fahrt einen Reifendurchschlag, vielleicht Speichenbruch oder gar einen Felgenschaden muß ich ja nicht provozieren!

In Foux d'Allos wird etwas Proviant - d.h. Getränke - aufgenommen und dann kann es weitergehen. Mittlerweile habe ich auch schon annähernd 700 Höhenmeter abgebaut. Ja, und jetzt taucht neben mit endlich der Verdon auf. Der junge Verdon, kurz unterhalb der Quelle, ist nur ein kleiner, leise plätschernder Gebirgsbach. Soll hieraus der gewaltige Gebirgsfluß werden, der die großen Stauseen bei Castillon füllt, der mit Macht den Canyon du Verdon gegraben hat?

Ja, es ist dieser Verdon. Weitere in Trockenperioden kleine Rinnsale werden aufgenommen und mit dem Geländegefälle wird der Fluß lauter und mächtiger. An manchen Stromschnellen kann er jetzt auch nicht mehr durch den vorbeiflutenden PKW-Verkehr übertönt werden. Jetzt ist nur noch wenig Phantasie erforderlich, sich auszumalen, welche Wassermassen, welche Naturgewalten mit der Schneeschmelze oder auch nur nach einem größeren Gewitter zu Tale stürzen!

Ich lasse mich neben dem Verdon auf der Landstraße zu Tale treiben. Bis mich in der Gegend von Thareme die Straßenführung etwas irritiert und schon bin ich auf nahezu autofreier Nebenstraße. Der Weg führt ca. 8 km westwärts des Verdon und folgt dann der Issole bis St. Andre oberhalb von Castellane. hier verschluckt der Verdon die Issole und füllt den großen Stausee.

Direkt am Ortseingang von St. Andre grüßt ein freundlicher Windsack. Die genau richtige Stelle für eine Rast auf der schattigen Terrasse der Hängegleiter- und Gleitchirm-Schule St. Andre!

Dem See entlang, überdie Staumauer gelange ich am späten Nachmittag nach Castellane. Rückfragen in 2 Hotels verlaufen negativ! Alles ausgebucht! Ich suche nicht weiter - heute ist Camping angesagt, direkt am Ortsausgang, und abends zum Essen nochmals hinein nach Castellane.

19. August - 40 Tageskilometer
Geruhsamer Vormittag in Castellane. Frühstück, Zeitungslektüre, Bummel über den Markt, zurück zum Campingplatz, Lunch aus Tüten - Aprikosen, Weintrauben, Ziegenkäse, Brot und Apfelsaft - alles frisch vom Markt!

Nach dem Lunch Fahrradausflug zum Point Sublime. Herrliche Wanderung durch den Canyon du Verdon - nicht die ganze Strecke - aber durch den eindrucksvollsten Teil.

20. August - 47 Tageskilometer
Aufbruch in Castellane, Zelt trocknen lassen, Zeltabbau und alles verstauen, so dauert es schon so etwa eine Stunde. Um 9:00 Uhr geht's los. Kurzer Stop in Point Sublime, den schaurig-schönen Blick in die östliche Öffnung der Schlucht geniessen. Ja, es ist die Stelle, an der ich gestern meinen Spaziergang durch die Schlucht begonnen hatte.

Dann geht's weiter bis kurz vor La Palud. In der Auberge des Cretes mache ich eine ausgiebige Rast. Zunächst um etwas zu trinken, einige Karten zu schreiben, die Eindrücke der letzten Tage festzuhalten.

Bis zu dieser Stelle bin ich heute erst 25 km gefahren, aber die Strecke war recht hügelig. Längere Abfahrten und immer wieder entweder langegezogene Aufstiege oder einige kleinere aber um so steilere Spitzen. Das Tagesziel ist heute Moustiere St. Marie, nicht besonders weit - auch wenn ich den Umweg über die Route des Cretes nehme. Ich habe ausreichend Zeit, kann die kurze Rast daher ruhig zu einem guten Mittagessen ausdehnen.

Nach dem herrlichen Mittagessen, eine vorzüglich mit Mandeln zubereitete Forelle, ein guter Rose, eine gelungene Nachspeise, kann es weiter gehen. Natürlich entscheide ich mich für die Route des Cretes! Aber ich hatte wohl nicht mehr die rechte Erinnerung an die Topographie dieser Streckenführung! In langen, schier endlos scheinenden Steigungen geht es mit ca. 12 % Steigung aufwärts! Nur die vielen schönen Aussichtspunkte und die hier eingelegten Pausen zum Genuß der Landschaft kaschieren, daß ich bei der Mittagshitze doch reichlich gefordert werde. Und kurz vor dem Scheitelpunkt der Rote des Cretes habe ich dann auch noch einen Plattfuß zu beheben.

Es war zwar die höchste Stelle der Crete aber weit gefehlt, jetzt anzunehmen, der Rest sei nur noch eine gemütliche Abfahrt. Es werden Mulden durchfahren und immer wieder fallen recht steile Aufstiege an.

So gegen 17:00 Uhr erreiche ich reichlich müde das Ende der Route des Cretes kurz vor dem Ortseingang von La Palud. Hier lädt ein neues, harmonisch in die Landschaft eingefügtes Hotel ein. Eine solche Einladung will ich heute nicht ausschlagen! Bis Moustiers wären es nur noch ca. 25 km, davon jedoch etwa ein Drittel mit nochmaligen Aufstiegen. Aber das muß nun wirklich nicht sein! Moustiers kann bis morgen warten!

Das Hotel ist zwar für ein Haus der Gruppe "Logis de France" recht teuer, aber der herrliche Panoramablick über La Palud, die gediegene Atmosphäre und die vorzügliche Küche mit passendem Weinangebot sprechen für das Haus. Ansonsten war meine Entscheidung heute nicht ganz vernünftig, wenn man bedenkt, daß die Auberge des Cretes - hier hatte ich zu mittag gegessen - nur 3 km Straße, weniger als 1 km Luftlinie, von dem abends gewählten Hotel entfernt liegt! Hier hätte sich eine Befahrung der Route des Cretes ohne Gepäck angeboten! Aber was soll's, überlebt habe ich ja!

21. August - 67 Tageskilometer
Gestern hatten mich ja reichlich Rückenschmerzen geplagt und wie es heute scheint, werde ich wohl noch etwas damit zu laborieren haben. Mal sehen, wann und wo es mir reicht! Bis Moustiers sind es ja nur noch 25 km und hier hatte ich ja ohnehin eine Ü bernachtung eingeplant.

Aber zunächst auf der Hotelterrasse das schöne Panorama bei einem guten Frühstück genießen! Der in einigen Mulden liegende Morgennebel gibt dem Panorama heute seinen besonderen Reiz.

Alles verpacken, Abrechnung, Abreise. Zunächst in den Ort, Proviant, Getränke kaufen. Jetzt geht es los, in Richtung Moustiers. Zunächst ein leichter Anstieg - und die Kreuzschmerzen melden sich wieder, werden heftiger, nehmen mir nahezu den Spaß an der heutigen Etappe. Es geht daher nur recht mühsam voran. Selbst leichte Steigungen machen mir heute einige Schwierigkeiten. Ich stelle mich schon auf ein frühes Ende dieser Tagesetappe ein, vielleicht nur 25 km. Keine herausragende Leistung, aber wenn die Rückenschmerzen halt einen Preis fordern, werde ich mich wohl fügen müssen. Außerdem habe ich ja noch eine Zeitreserve in meiner Reiseplanung! Zunächst passe ich das Tempo meiner heutigen körperlichen Leistungsfähigkeit an. Es geht nur langsam voran, aber es geht voran! Alles ohne jeden Anflug von Sportlichkeit. Aber was soll's. Ich bin Gepäckradler und kein Rennfahrer - gehöre somit ohnehin zu den "seltenen Vögeln" in dieser generell dem Radsport gegenüber sehr positiv eingestellten Gegend. An mir unendlich und zumindest heute nahezu unüberwindlich erscheinenden Aufstiegen geben mir freundliche Worte, respektvolle Anerkennung durch radelnden Franzosen neuen Auftrieb und bald bemerke ich auch keine Rückenschmerzen mehr! Und so um die Mittagszeit erreiche ich Moustiers. Eine kurze Rast, ein kurzer Bummel durch den Ort, durch das Tourisengedränge. Nichts gegen Touristen, schließlich bin ich auch ein Tourist, aber bitte etwas mehr Beschaulichkeit, etwas mehr Ruhe darf ich doch zumindest heute erwarten. Oder nicht? Nahezu fluchtartig verlasse ich den Ort, fahre weiter - zunächst ohne genaue Zielbestimmung.

An der nächsten Straßengabelung kann ich mich ja entscheiden. Na, und wie ich mich entscheide! Eine Straße ist "grün" markiert. Das kann ich auch mit meiner Sonnenbrille auf der Karte erkennen. Also los! Es gibt doch keinen Grund, die Strecke genauer zu prüfen, gar meine normale - auch zum Lesen geeignete - Brille auszupacken. Die grüne Markierung, die Klassifizierung "C". läßt keinen Zweifel zu, es wird eine schöne Strecke mit wenig Autoverkehr sein!

Nach einem ersten kurzen und harten Aufstieg folgt die Offenbarung, diesmal als Warnung vor dem Anstieg: "mittel 16 %"! - und das mit meinem Gepäck! Und das in der Mittagshitze, mit mörderischen Temperaturen von fast 40°C, hoher Luftfeuchtigkeit - so bei etwa 85 %! Aber das reicht noch nicht. Über dem Valensole und in Richtung Vinon schwarze Wolken! Ob das mal gut geht? Oder werde ich nass bis auf die Knochen - nicht nur vom Schweiß - auch vom Regen? Abes jetzt gibt es kein zurück! Weiter! Bei diesen Bedingungen löst jede Bewegung Schweißausbrüche aus oder vielleicht auch mit etwas Pech den nächsten Kreislaufkollaps! Aber es muß weitergehen. Oder soll ich das Fahrrad mit dem heute doch recht bedrohlich wirkenden Gepääck in den nächsten Busch werfen und den Rest der Reise trampen?

Nicht verzweifeln! Tempo anpassen! Warum habe ich ein Fahrrad mit einer Übersetzung 1:1 gekauft? Langsam fahren, keine Hast! Meter um Meter vorwärts, Pedalumdrehung um Pedalumdrehung! Und zu meiner Verwunderung, es geht voran. Zwar langsam, aber es geht! Nach einer Zeit ist mein Hemd zwar ein nasser Lumpen, das Oberrohr des Rades, die vorderen Gepäcktaschen sind naß - alles nur von meinem Schweiß! Mein Kreuz spüre ich schon lange nicht mehr - ja jetzt und hier süre ich eigentlich gar nichts mehr!

Aber so ganz vernünftig erscheint mir eine weitere Fahrt bergauf nun auch wieder nicht! Nach jeder Kurve eine weitere unbarmherzige Steigung. Ja, hier wurde nicht ohne Grund vor der Steigung gewarnt - üblicherweise stehen derartige Warnungen nur vor starkem Gefälle! Nur im Unterbewußtsein -nahezu in Trance - fahre ich weiter. Vor mir macht eine voll beladene Ente schlapp. Die armen Fahrer suchen nach weiterem Kühlwasser. Auch mein Wasservorrat schwindet, hat sich nahezu in nichts aufgelöst! Aber dann - auch der übelste Berg, die übelste Steigung hat mal ein Ende - ich ich auf der Kuppe. Vor mir eine große, langgestreckte Hochebene. Alle Mühe hat gelohnt. Wieder ist eine schwierige Passage, vielleicht die schwierígste der ganzen Tour, geschafft!

Was jetzt kommt entschädigt für alle Mühen! Eine herrliche Fahrt mit ganz leichtem Gefälle, am Waldrand entlang, durch Kiefernwälder, vorbei an blühenden Lavendelfeldern, am Wegesrand herrliche Panoramablicke!

Es geht unaufhaltsam hinab zum Lc de St. Croix. In der weiten Landschaft schöne Gehöfte der offenkundig wohlhabenden Lavendelbauern dieser Region. Un dann - so einfach 3 Tische im Schatten - ein Obsthändler mit einer riesigen Auswahl. Ja, es war richtig, in Moustiers vor den vielen Touristen davonzufahren. Hier ist der richtige Ort für eine ausgiebige Rast.

Über den weiteren Ablauf des Tages bin ich noch recht unentschlossen. Ich bin auch recht müde! Also erst einmal jede Entscheidung aufschieben und einfach nach St. Croix hinunter rollen.

Fünf Tische unter einer Markise am Straßenrand und ein bezaubernder Blick auf den See zwingen mich nahezu zu einer weiteren Rast. Reichlich schläfrig sitze ich hier, zu keinem sinnvollen Entschluß fähig! Soll ich nur einige wenige Meter abwärts fahren, zum nächsten Campingplatz, soll ich nach Vinon oder Manosque radeln? Ich kann einfach keinen Entschluß fassen! Der Campingplatz direkt unter mir am See, das Hotel in meinem Rücken, beides erscheint mir gut. Aber ich bin nur müde! Mit 16 FF - ein Perrier und ein Cafe - kaschiere ich zunächst meine momentane Antriebsschwäche. Ich schaue so einfach ins schöne Nichts, so einfach über den See. Ja, und plötzlich wird alles sehr einfach. Ein radelndes Paar am Nebentisch hat wohl realisiert, daß das etwas schwer beladene Rad nur zu mir gehören kann. Folglich muß ich nach deren Meinung ein Fachmann sein, dem man sich möglichst für die weitere Streckenplanung anschließen sollte. Das Paar möchte am See entlag nach Moustiers fahren. Obwohl ich sehr empfehle, in Richtung Norden zu fahren, die Strecke mit 16 % Gefälle auszunutzen, entscheiden die Radler, meinem möglichen Kurs nach Südwesten zu folgen, mindestens bis zur Staumauer. Also los. Der Cafe hat seine Wirkung getan - oder auch nur die längere Pause. Frisch kann ich die weitere Fahrt antreten. Bis zur Staumauer ist es für mich nur schön. Ohne jede Anstrengung rolle ich daher, kann unbeschwert die Landschaft genießen. An vielen Engstellen des Sees wird nochmals deutlich, warum dieser Gebirgsfluß, der ja letztlich den riesigen See speist, Verdon heißt. Ja, er ist wirklich grün, manchmal auch dunkelgrün!

Kurz vor der Staumauer führt eine Brücke über den See und dann die Wegegabelung. Meine Begleiter fahren nach Moustiers, nach Osten. Immer den See entlang - nahezu ohne Steigungen. Ich fahre nach Westen - und was erwartet mich gleich hinter der nächsten größeren Straßenbiegung? - ja natürlich, mich erwarten wieder einmal recht ordentliche Steigungen, wieder einmal recht mühevolle Aufstiegsarbeit. Entgegemnkommende französische Radler wissen mal wieder mit Gesten und Worten einen bergauf fahrenden Gepäckradler aufzumuntern. und tatsächlich, ohne allzu große Strapazen erreiche ich Baudinard, den Gipfelpunkt dieser für heute letzten Etappe. Weiter geht es durch herrliche Kiefernwälder bergab - alles in Richtung Verdon. Durch Antignosc erreiche ich den Verdon. Vor einem kleinen See ein Abstecher zum nächsten Campinplatz. Gefällt mir nicht, noch ist ausreichend Zeit, ich fahre also weiter über den Verdon nach St. Laurent. Hier finde ich einen ordentlichen Campingplatz und wie sich später herausstellt ein Restaurant mit einer recht akzeptablen Küche. Ende der heutigen Tour. Nach 67 km Zeltaufbau!

22. August - 117 Tageskilometer
Irgendwie habe ich wohl Nachholbedarf an Schlaf. Erst als die Temperaturen im Zelt weniger angenehm werden, so gegen 9:00 Uhr, wache ich auf. Die Kreuzschmerzen melden sch wieder. So wird das Zelt zusammenpacken und verladen doch recht mühsam. Gegen 11:00 Uhr kann ich dann starten. Heute fällt mir mal wieder alles schwer. Steigungen machen mir mehr Mühe als an allen anderen Tagen - oder empfinde ich es nur so? Die schon gestern bemerkten metallischen Nebngeräusche scheinen vom Schaltwerk zu kommen. Die Indexierung arbeitet nicht mehr sauber. Dann, bei einem langgezogenen steilen Aufstieg, beim Wechsel auf das kleinste Kettenblatt, nur ein Durchrutscher, kein Vortrieb, die Kette verfängt sich zwischen Ritzelpaket und Nabe. Na gut, dann erst einmal eine kleine Bastelpause. Zum Glück kann ich den Mangel soweit beheben, daß eine Weiterfahrt möglich ist. Es stehen zwar nicht mehr alle Gänge zur Verfügung, aber irgendwie geht es. Und dann? Natürlich auch noch eine Reifenpanne! Es hilft alles nichts, das Gepäck runter, den Schlauch wechseln!

Zwischenzeitlich haben wir wieder Temperaturen so um die 35°C und vor mir weitere langezogene Steigungen mit 5-10 % Neigung - aber an jeder Kurve mit berauschenden Ausblicken auf den Verdon, auf die unteren Verdon-Schluchten, auf den Stausee von Esparron! Irgendwie geht es trotz großer Belastung weiter. Kurze Rast in Esparron und dann weiter nach Greoux les Bains, einem traditionsreichen Badeort. Hier mache ich auf einer schattigen Terrasse eine längere Pause, Aufwand für zwei Cafe 14 FF. Nach dieser Pause bin ich gut gerüstet für die ca. 8 km lange, zum Teil recht steile Aufstiegsstrecke in Richtung Manosque. Nochmals kräftig duchgeschwitzt erreiche ich die Kuppe. Vor mir öffnet sich dasTal der Durance. Nach einer kurzen Rast zum Abkühlen geht es hinunter an die Durance und weiter nach Manosque.

Manosque ist zwar nur eine kleine Stadt, aber mit eifrigem kulturellen und sportlichem Leben. Wie bereits bei meinem spontanen Besuch vor einem Jahr, muß ich auch heute schon etwas länger nach einem freien Hotelzimmer suchen. Dafür wird es hier wieder einmal ein besonders schöner Abend! Überall Straßengastronomie. Am Place d'Hotel de Ville ist eine Bühne aufgebaut und den ganzen Abend, bis spät in die Nacht werden die Gäste mit Jazz zahlreicher guter Gruppen unterhalten.

23. August - 120 Tageskilometer
Heute ist Sonntag. Um 9:00 Uhr geht es wieder los. Bei der ersten Steigung am Ortsrand von Manosque macht sich die mangelhafte Indexierung der Schaltung wieder deutlich bemerkbar. ich kann nicht mehr alle Gänge mit leichtem Fingerdruck schalten. Einige Gänge müssen gar frühzeitig "hingefummelt" werden. Keine besondere Aufmunterung für die bevorstehende ca. 8 km Steigungsstrecke!

Aber auch jetzt geht es mal wieder irgendwie trotz aller Widrigkeiten. Trotz des frühen Vormittags und der noch recht angenehmen Temperaturen bin ich am Scheitelpunkt dieser Bergstrecke wieder mal völlig durchschwitzt! Vor der Abfahrt ist es wohl ratsam, ein neues trockenes Hemd anzuziehen. Für den weiteren Verlauf entcheide ich mich, auf der Talsohle entlang des Luberon zu fahren. Hier sind nur unbedeutende Steigungen, die sich auch ohne eine ordentlich funktionierende Schaltung gut beherrschen lassen. Hier in dieser Region sehe nun doch öfter Gepäckradler. Vielleicht ist es Zufall, vielleicht liegt es auch an der Strecke!

Im wesentlichen folge ich der Trasse der N 100, mal auf einer abseits geführten Fahrradroute, mal auf wenig befahrenen Nebenstraßen. Die Landschaft ist von Obst- und Weinbau geprägt - Cote du Luberon im Süden, Cote du Ventoux nach Norden!

Am späten Nachmittag erreiche ich Cavaillon. Bei der Durchfahrt macht die Stadt auf mich diesmal keinen einladenden Eindruck. Ich lasse mich einfach ohne besonderen Plan für die weitere Strecke durch die Stadt hindurchtreiben und lande auf einer mäßig befahrenen Ausfallstraße in Richtung Mount Ventoux, Carpentras. Also ist das die Richtung für den Rest des Tages. Es geht durch Obstanbaugebiet. Weit und breit kein Hinweis auf einen Campingplatz, keine Hotels. Dieses Teilstück scheint wohl nicht in der besonderen Gunst der Touristen zu stehen! Schließlich erreich ich Carpentras. In der Stadtmitte übernachte ich in einem schönen alten Gemäuer, nicht sehr billig - aber sehr nett und mit freundlichem Service.

24. August - 42 Tageskilometer
Carpentras ist auch nicht besonders einladend, also fahre ich gleich weiter. Im Prinzip sind alle vier Himmelsrichtungen lohnenswert. Ich habe Zeit in Hülle und Fülle. Die eingeplanten 4 Reservetage habe ich noch nicht benötigt, Bollène kann in einer Tagesetappe bequem erreicht werden. Ich lasse mich also wieder so einfach hnaustreiben, radle durch einige Wohnbezirke Carpentras und finde mich schließlig auf der D 950 - Richtung Orange - wieder. die Richtung ist ja ganz ordentlich - aber der starke Verkehr auf der D 950, die zugleich Autobahnzubringer ist, ist doch reichlich störend für eine gemütliche Urlaubsradtour. Also zunächst einmal die Karte genauer studieren.

Heute soll es auf Nebenwegen nach Chateauneuf du Pape gehen, über Monteux und Bedarides. Chateauneuf du Pape - eine herrliche Gegend. Leichte Hügel, im Westen begrenzt durch die Rhône. Weinbau so weit das Auge reicht. Hier also wächst der berühmte Chateauneuf du Pape!

Etwas außerhalb des Ortes, am Rande der Weinfelder, im kommunalen Wald, liegt ein herrlicher, schattiger Campingplatz. Nach bisher nur 30 Tageskilometer entschließe ich mich, hier Station zu machen. Zu schön ist die Landschaft, zu einladend der Campingplatz.

Den Rest des Tages genieße ich die herrliche Landschaft. Von den Ruinen des Chateau hat man einen phantastischen 360°-Panoramablick. Ja, die Gegenpäpste aus Avignon wußten zu leben. Nicht ohne Grund wurde hier das Chateau neuf, das neue Chateau, die Sommerresidenz für die Päpste aus Avignon errichtet!

Nach einigen weiteren Bummelkilometern erreiche ich abends einen Stand von 42 Tageskilometern.

25. August - 50 Tageskilometer
Die Gegend ist zu schön, da rast man nicht einfach durch! Ich bleibe noch einen Tag. Mit einer kleinen Ausfahrt durch die Weinberge, zum Canal du Rhône, nehme ich die Landschaft intensiv in mich auf.

26. August - 75 Tageskilometer
Abreise nach Bollène. Zunächst in Richtung Courthezon durch herrliche Weingärten. Dann in der Nähe des Militärflugplatzes Orange durch dichtes Verkehrsgewühl, untermalt mit dem Lärm der Militärmaschinen. Aber schon nach wenigen Kilometern geht es wieder entlang der "Route de Vin" durch Gigondas, Sablet, Roaix, Rasteau, Cairanne. Alles stolze Weindörfer der Kategorie "Cote du Rhône Villages".

Am Nachmittag treffe ich nach 75 km in Bollène ein. Der vom Reisebusunternehmen als An- bzw. Abfahrtsstation gewählte Campingplatz "Le Lez" liegt fast in der Stadtmitte an der Lez. Gut ausgerüstet und somit eine ordentliche Wahl für diesen Zweck. Ansonsten scheint Bollène als größere Provinzstadt nichts besonderes zu bieten. Die Innenstadt war in 10 Minuten zweimal durchfahren, ohne einen Punkt von bnesonderem Intersse zu finden. Na ja, vielleicht habe ich ja auch alles übersehen!

27. August - 55 Tageskilometer
heute radle ich um Bollène herum. Zunächst einmal kräftig verfahren. Vielleicht sollte ich mal vorher in die Karte schauen, die Ortsnamen genau lesen! viele Orte haben ähnliche Bezeichnungen, die Anhängsel der Namen sollte man nicht übersehen. Aber was soll's. Fahre ich also aus völlig ungeplanter, völlig unbekannter Position weiter. Zum großen Kernkraftwerk , weiter nach Trois Chateau. Auf Nebenwegen, mehr zufällig als geplant, nach Restitut - und zurück über eine besonders schöne Nebenstraße.

28. August - 67 Tageskilometer
Der letzte Tag diesesUrlaubs. Heute soll es in Richtung Ardeche gehen. Auf Nebenwegen umfahre ích die Hauptverkehrsstraße nach Pont St. Esprit. Nach kurzer Rast, nach kurzer Umschau in Pont St. Esprit weiter in die Ardeche-Schlucht. Hier ist wieder diesser rege Tourismus. viele "Sehleute", viele Wassersportler und reichlich Radler. Radler mit Gepäck, Radler ohne Gepäck. In der Region Ardeche finden wir viele Höhlen. Einige sind für den Tourismus erschlossen. Ich entschließe mich zur Besichtigung der großen Höhle bei St. Marcel. Es handelt sich hier um eine riesige Höhle. Nur ein kleiner, aber sehr beeindruckender Teil ist für den Tourismus erschlossen und wird durch gute Höhlenführer ordentlich präsentiert.

Nach Verlassen der Höhle macht das Wetter einen doch recht bedrohlichen Eindruck. Im Osten haben sich einige Gewitterwolken entwickelt. Der Wind hat stark aufgefrischt. Ob ich denn zum Schluß des Radurlaubs noch einmal so richtig naß werde? Keine Experimente. Ich fahre nicht weiter in die Schlucht hinein sondern entschließe mich zur Umkehr. die Gewitterwolken entwickeln sich kräftig weiter. Ob ich noch rechtzeitig nach Bollène komme? Nicht viel zweifeln, besser etwas ins Zeug gelegt und mit erhöhtem Tempo zurück! Mit flottem Tempo verlasse ich die Ardeche-Schlucht, nähere mich Bollène und bemerke gar nicht, wie sich die Gewitterwolken wieder in Wohlgefallen aufgelöst haben.

Ich hätte mir ruhig Zeit lassen können! Aber so war es ein kleiner Endspurt zum Ende der Radtour - die gesamte Tagesetappe von 67 km mit einer Durchscnittsgeschwinigkeitkeit von weit mehr als 20 km/h. Wie es scheint, waren wohl all' die kleinen Beschwernisse während der Tour nur temporäre Ereignisse. Weder mein Rad bedarf einer Grundüberholung, noch bin ich selbst nach der Tour reif für's Sanatorium.

Bei Ankunft am Campingplatz in Bollène ist der Wind nahezu eingeschlafen. Bei angenehmer Temperatur und Windstille kann ich in Ruhe das Zelt abbauen und alles verstauen und verladen. Nach einem kleinen Essen im Bistro am Markt kommt der Bus. Der Urlaub, eine Radtour über 1070 km durch herrliche Landschaften in Südfrankreich, geht zu Ende. Bis Oberhausen sollen nun die Busfahrer für den Transport sorgen.



     

        
   

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