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Viele werden jetzt denken, es geht um eine Wette, die man zwischen zwei und mehreren Personen abschließt. Darüber könnte ich auch schreiben. Aber da gibt es nicht viel zu schreiben, denn da ich die Wetten, die ich mit Paul (*) abschließe, immer gewinne. Und Paul ärgert sich jedesmal total darüber, aber freut sich dann gleich wieder, weil wir ohne Einsatz wetten. Zu seinem Glück. Aber zurück zu Wette. Wette ist eine Person, die, wie wir einstimmig beschlossen haben, es wert ist, erwähnt zu werden. Als wir ihn (Wette ist männlich, so scheint mir jedenfalls), zum ersten Mal bemerkt haben, schwänzelte er gemütlich im Gebiet der Zentralhaltestelle umher. Es ist doch immer wieder einen Spaziergang wert. Er war uns gleich sympathisch, da er doch etwas torkelte, eine Bierflasche in der einen Hand verkrampft festhielt (waren ja noch zwei Tropfen des köstlichen Hopfengetränks drin), und in der anderen Hand einen Lupsbeutel (ich will ja keine Werbung machen). Zudem lehnte er sich so schön schief über einen dieser neuartigen Metallpapierkörbe, bei denen man den Müll so mehr seitlich einwerfen muss. Er schien irgend etwas zu suchen, vielleicht hatte er seine Brille verloren oder seinen Geldbeutel. Mit zunehmendem Beobachten dieses Mannes, der alte und bestimmt auch schon ewig nicht gewaschene Klamotten aus der vorletzten Sperrmüllsammlung trug, wurde uns bald klar, dass er auf der Suche nach kostbaren Bierflaschen war. Denn schließlich gibt es auf Flaschen einen tollen Pfand und wenn noch eine Pfütze Bier drin war, so war es doppelt gut. Uns wurde klar, dass Wette ein sehr umweltbewusster Mensch ist und er nirgendwo Pfandflaschen rumliegen lassen würde. Deshalb beschlossen wir, diesem Mann zu helfen, denn sein Lupsbeutel war noch nicht randvoll, aber doch schön schwer, denn Wette schien schon sehr kraftlos zu sein. So wollten wir ihm eine (volle) Flasche Bier schenken. Wir gingen also zu ihm hin und wollten ihn gleich kennenlernen, doch nur der widerstandsfähigste Kern der Gruppe kam bis zu ihm, denn mit zunehmender Nähe bekamen einige nicht mehr genug Sauerstoff ab, denn die Ausdünste Wettes sind wirklich nur für harte Kerle. So lernten wir ihn also mehr oder weniger gut kennen. Wir erfuhren, dass er eine Frau hatte und sie abgöttisch liebe. Ob er Kinder hat mag ich bestreiten, denn in seinem Zustand (der bestimmt immer sehr langanhaltend ist) weiß er bestimmt nicht, wo seine einzelnen Körperteile liegen und wie und wofür man sie zu gebrauchen hat. Wer jetzt denkt, Wette ist ein Penner, der hat falsch gedacht, denn Wette ist ein außerordentlich moderner Mensch. Er hat nämlich ein Handy, sogar mit Handytasche, ich dachte wir sind im Westen! Irgendwer hat dann sogar seine Nummer bekommen. Also Wette ist wirklich ein netter Mann. Die zweite Begegnung mit ihm sah folgendermaßen aus: Wir hatten uns gerade alle an unsere Stamm- Zenti- Holzmetallbank vor dem F- Punkt (Schleichwerbung verboten ;-)) getroffen und berieten, was wir außer betörende Getränke zu uns nehmen noch so machen an diesem Abend. Da lief Wette, nein er stolperte, an uns vorbei ohne uns zu erkennen. Na gut, dachten wir uns, rufen wir ihn halt auf seinem Handy an. Das war aber sinnlos, weil er scheinbar den Knopf mit dem grünen Telefonhörer nicht gefunden haben. Wir konnten uns das nicht erklären und liefen ihm halt hinterher. Ihn einzuholen war kein größeres Problem, denn Wette ist zwar nicht sehr dick, aber auch nicht gerade sehr sportlich. Ich weiß jetzt nicht genau, ob er uns wiedererkannte oder ob er uns neu kennenlernte, jedenfalls plauderten wir wieder gemütlich mit ihm über seine Frau und wie schwer doch das Leben ist. Eine weitere gute Eigenschaft Wettes ist, dass er sehr ehrlich ist. Auch sehr unvoreingenommen und offen für alles und jeden scheint er mir zu sein. Ich weiß aber nicht ob er neue Vorschläge wirklich erfasst oder nur aufgrund seiner spärlich ausgeprägten Intelligenz einfach nur nickt, ohne weiter nachgedacht zu haben. Wobei ich eher auf das zweite tippe. So standen wir nun da und dann klingelte ein Telefon. Nach einiger Zeit stellte Wette erstaunt fest, dass es sein Mobiltelefon war, das ununterbrochen eine doofe Melodie piepste. Er zog es aus seiner Tasche, einer speziellen Handyinnentasche wohlgemerkt, und diesmal fand er den Knopf mit dem grünen Telefonhörer fast sofort. Er erzählte uns aufgeregt, dass seine Frau in der Leitung ist und dass er doch jetzt nach Hause kommen solle. Vielleicht wurde das Essen kalt (oder es war schon verdorben). Weil Wette ein echter Freund ist, ließ er einen von uns an sein Handy und noch mit seiner äußerst netten Frau kommunizieren. Dann sagte er uns noch, dass er noch keine Lust hatte, nach Hause zu gehen und wir seiner Liebsten klarmachen sollen, dass er erst später kommt. Ich dachte mir, er ist ein äußerst sensibles Wesen, denn er würde es bestimmt nicht aushalten, es seiner Frau selber zu sagen. Wir schafften es trotz seines großen Vertrauens nicht. Da machte er kurzen Prozess, überwand sich, riss uns das Mobiltelefon aus der Hand und brüllte deutlich (deutliche Sprache ist bei Wette eine Seltenheit, er neigt zu starkem Nuscheln) in die Gegend, also eigentlich mehr ins Telefon, aber er tat das so laut, dass es bestimmt jeder im Umkreis von zweihundert Metern es gehört hat: „FAHR DOCH DAMPFLOK, DU FOTZE!!!“ Dann drückte er den Knopf mit dem roten Telefonhörer. Kurz danach klingelte seine Frau wieder an, sie hatte vielleicht gedacht, er mache Scherze oder sie habe sich verhört, aber Wette hatte es ernst gemeint und ging auch nicht wieder ans Telefon. Geschockt von diesen Geschehnissen machten wir uns wieder auf den Weg. Wir waren noch lange bestürzt von dieser Aktion.
(*) Name wurde von der Autorin geändert