verliebt
Bestimmt hundertzwanzig
Menschen säumten die Südstraßeund sahen begeistert zu, wie
die Motoren des Golf GTI und des Opel Kadettaufheulten, und kreischten dann
enthusiastisch auf als die beiden aufgemotztenWagen mit quietschenden, qualmenden
Reifen losrasten und sich ein heißesRennen lieferten. Die überwiegend
jugendlichen Zuschauer waren größtenteilsselbst mit ihren umgebauten
Autos da, die sie sich gegenseitig präsentiertenund bestaunten. Die
Stimmung glich einem Volksfest und wurde dadurch, dassdie Rennen auf der
Südstraße illegal waren und die Polizei jedenMoment auftauchen
konnte, noch aufgeheizt. Neben den Rennen, bei denen atemberaubendeGeschwindigkeiten
erreicht wurden und man mit halsbrecherischen Überholmanöverndie
wenig befahrene Straße entlangraste, maß man sich darin,wielaut
man die Anlage aufdrehen konnte und wieviel man überhaupt anseinemAuto
verändert hatte.
Vanessa
interessiertedas alles äußerstwenig. Sie war nurhier,weil die
Jungs aus demBasketball-Team auch da warenund sie gefragthatten,ob sie nicht
mitkommenwollte. Da hatte sie natürlichnicht neinsagenkönnen, obwohl
sieeigentlich weder auf Autos noch aufillegaleRennenstand. Aber sie stand
aufFlo, undals
Dennis sieund Rina nach dem Traininggefragt
hatte, konnte sie sich dieChance, einenganzen Abend mit Flo undden Basketballern
zu verbringen, aufkeinen Fall entgehenlassen. Also standsie jetzt mit einer
Zigarette in derHand an Dennis FordFiesta gelehnt,der natürlich ebenfalls
total aufgemotztund dessen Anlagevoll aufgedrehtwar, beobachtete Flo undhoffte,
auch erwürde sie endlichbemerkenund ein paar Worte mit ihr wechseln.
AberdieJungs hatten bisher nurAugenfür die Autos. Ja, am Anfang alssielosgefahrenwaren,
da hatteFlonatürlich mit ihr geredet, war charmantwieimmergewesen, und
siehatteihm wieder einmal gesagt, wie toll er beimTraininggespielthatte.Dochjetztstand
er bei den anderen und hatte nurnoch Augenfürdie AutosunddieRennen.Und
selbst Rina hatte sich derzugestelltund bemühtesich,einpaarmöglichst
passende Kommentareabzulassen.Vanessa ärgertesichübersich selbst
und besondersdarüber,dass sie einfach zublödeoder zuschüchtern
war,sich ebenso wieihre Freundin insGesprächzu bringen.Klar, sie warerst
sechzehn, hattenoch keinenFührerscheinund absolutkeine Ahnungvon Autos.
Aber dieJungs warenauch alle gerade erstachtzehn,Ruben sogarnoch siebzehn,
undso weit wares mit ihrem Fachwissendeshalb wohlauch nichther. Außerdemwusstesie,
dass die Polizei Floseinen Führerscheinschonzwei Wochennachseinem achtzehnten
Geburtstagwieder abgenommen hatte,und hattebei ihmsowiesoden Eindruck, er
interessieresich längst nichtso wie dieanderenfürdas hier gebotene
Spektakel.Trotzdem wusste sienicht, wiesieein Gesprächanfangen sollte,
und zoges somit notgedrungenvor, ihrenSchwarmschlichtwegnur zu beobachten.
Dastollstean ihm warenseine strahlendblauen,wunderschönenAugen und seinMund,der
immerso lieb und süßlächelte,wenner sie sah. NatürlichlächelteFlo
auch beijedem anderen Mädchen,dasihn anhimmelte,und begrüßteauchjede
andere, die fürihn schwärmtemiteinem flüchtigenKußaufdie
Wange, aberVanessa ignoriertedas undredete sich ein, beiihr seies etwasBesonderes.Allerdings
war dasgar nichtso leicht, denn imMomentfuhr er sichmit derHand durch seineblonden
Haare,legte den anderenArmum Rinas Hüfteunddeutete dannauf einen BMW
auf deranderen Straßenseite,sagteetwasundbrachteRina damit zum Lachen.
Ach,er war ja so toll!
"Du interessierst dich wohl
nicht für Autos?"
Vanessa zuckte zusammen. Es
war Dennis, und er war offensichtlich der einzige,der noch nicht vergessen
hatte, dass sie auch hier war.
"Äh... nein, nicht wirklich."
Dennis lächelte sie an
und erklärte dann: "Ich wollte mir geradeein Eis drüben aus dem
Supermarkt holen. Soll ich dir eins mitbringen?"
Vanessa nickte und ließ
ihn gehen. Na, wenigstens hatte man sie nichtganz vergessen.
Das Rennen zwischen dem Golf
und dem Opel war jetzt übrigens vorbei,der Golf hatte gewonnen und einige
der Jungs gingen rüber, um dem Fahrerzu gratulieren. Als Vanessa noch
überlegte, ob sie sich nicht auch einfachdazu stellen sollte, kamen
plötzlich Rina und Flo zu ihr herüber.Rina zwinkerte ihr zu und
Flo lächelte sein umwerfendes Lächeln.
"Hey, Vanessa, Rina sagte,
sie hat Durst, und jetzt wollen wir mal rüberzum Kiosk gehen. Kommst
du mit?"
Ja, klar, Flo wäre sie
wirklich überall hin gefolgt, aber sie konnteDennis mit dem Eis doch
nicht einfach stehenlassen, oder? Egal. Sie ließihre gute Erziehung
gute Erziehung sein und schloss sich den beiden an. Chancensind schließlich
da, um sie zu nutzen.
Sie konnte es kaum fassen,
aber Flo legte seinen Arm auch um ihre Hüfte,und als sie am Kiosk angekommen
waren gab er Rina und ihr sogar eine Colaaus.
"Danke. Aber das wäre
wirklich nicht nötig gewesen", führteVanessa das Gespräch
fort, um nur kein Schweigen aufkommen zu lassen," ich bin nämlich schon
gar nicht mehr daran gewöhnt, dass Männerauch Kavaliere sein können..."
"Na, bei Mädels wir euch
fällt es mir einfach schwer, meine guteErziehung zu vergessen", erklärte
Flo mit einem Lächeln, und VanessasHerz schmolz nur so dahin. Sie wollte
irgendetwas Geistreiches erwidern,aberihr fiel partout nichts ein. Warum
nur war sie in solchen Situationenimmerso schrecklich unbeholfen? Rina war
da doch wesentlich schlagfertiger.Siepikste Flo in die Rippen und meinte
dann: "Vergiß es, Flo, beiuns kommstdu mit Komplimenten nicht weiter.
Wir wissen nämlich, dassdu sowas zujedem weiblichen Wesen sagst und
fallen deshalb nicht mehr daraufherein."
"Hey, Rina, warum denn so giftig?
Wenn du mich so gut kennst, dann weißtdu auch, dass ich es bei euch
ehrlich meine."
"Na, da wäre ich mir nicht
so sicher, wenn ich eins bisher gelernt habe,dann, dass Jungs, die so gut
aussehen wie du, eigentlich immer nur lügen",stichelte Rina weiter,
zeigte ihm aber mit einem Lächeln, dass sie nurSpaß machte.
Inzwischen waren sie wieder
bei den anderen angekommen, und Vanessa liefvorScham rot an, als Dennis mit
einem halb zerlaufenen Eis und fragendemBlickvor ihr stand.
"Ach du Schande, das Eis, das
habe ich ja ganz vergessen!", stammelte sie," Sorry, tut mir echt leid, Dennis."
"Ach, das macht doch nichts...",
erwiderte er, aber die Enttäuschungstand ihm deutlich ins Gesicht geschrieben.
Zum Glück machten sich
gerade jetzt zwei weitere Fahrer für denStart eines neuen Rennens bereit,
und lenkten somit die ungeteilte Aufmerksamkeitauf sich. Auch Flo und Dennis
mischten sich wieder unter die Zuschauer. NurRina blieb bei Vanessa, wartete,
bis die Jungs außer Hörweitewarenund fragte dann: " Vergessen...?"
Wieder errötete Vanessa
leicht und gab dann zu, dass der Grund, Dennisso vor den Kopf zu stoßen,
ein anderer gewesen war. Zum GlückhatteRina Verständnis dafür,
weil sie eine zeitlang selbst fürFlogeschwärmt hatte, aber unfair
blieb die Aktion natürlich trotzdem.Rina meinte, Dennis habe das eigentlich
nicht verdient, denn im Grunde, wennman erstmal hinter die coole Schale geschaut
hatte, war er genauso ein lieberKerl wie auch Flo. Na ja, letzteres hatte
Vanessa noch nicht festgestellt,denn auf sie wirkte Dennis immer ziemlich
arrogant und unnahbar. Richtig,auch Flo wirkte auf den ersten Blick ziemlich
obercool, aber sobald man mitihm ins Gespräch kam, stellte man fest,
dass er echt nett, sehr zuvorkommend,wirklich lustig und noch dazu auch intelligent
war. Aber bei Dennis war siesich da nicht so sicher. Der ließ überhaupt
niemanden richtigansich heran und gab ihr damit immer das Gefühl, ziemlich
von sichüberzeugtzu sein und sich für 'was Besseres zu halten.
Bevor Vanessa aber noch weiter
über die beiden nachgrübeln konnte,kam plötzlich Bewegung
in die Zuschauer. Alle holten plötzlichihrHandy raus und hetzten dann
wie aufgescheuchte Hühner zu ihren Autos.Auch Flo, Dennis und die anderen
rannten los, Dennis zog Vanessa am Oberarmmit und befahl ihr, sofort ins
Auto zu steigen, während Flo und Rinabei Tobias einstiegen.
"Schnell! Abhauen! Polizei!!!",
riefen alle durcheinander und rasten dannso schnell wie möglich davon.
Sobald Vanessa die Tür
hinter sich zuknallte, fuhr auch Dennis mit quietschendenReifen los und bog
hastig in die nächstbeste Seitenstraße ein.Er trat das Gaspedal
voll durch, um möglichst schnell möglichstweit weg zu kommen.
"Die Bullen sind aus dem Weg
hierher; und du weißt ja, den letztenbeißendie Hunde...", kommentierte
er die übereilte Flucht.
"Könntest du trotzdem
so fahren, dass wir den Tag lebend überstehen?",bat Vanessa, da sie
es bei Dennis Fahrstil wirklich mit der Angst zu tunbekam,und krallte sich
am Türgriff fest. Wahrscheinlich wollte er ihrdurchsein Rasen imponieren,
doch der Schuss ging gründlich nach hintenlos.Auf ihr Bitten hin ging
er jedoch tatsächlich etwas vom Gas, dannholteer sein Handy raus, tippte
eine Nummer ein und sprach offensichtlichmit Ruben.
Nach einer Weile beendete er
das Gespräch und erklärte Vanessadann:"Anscheinend sind alle gut
weggekommen. Aber die Party ist fürheuteerstmalzuende", und nach einer
Weile fügte er hinzu: "Wir treffenunsnachhernoch im
Keller, aber wenn du willst, fahre ich dich auch nachHause."
Nein, nach Hause wollte sie
noch nicht, schon gar nicht, wenn die Chancebestand,Flo nachher noch einmal
zu sehen. Letzteres gab sie Dennis natürlichnicht als Begründung
an, stattdessen erklärte sie, sie habe einfachnoch Lust, mit ihm ein
wenig durch die Gegend zu fahren, und im Keller seisie auch schon lange nicht
mehr gewesen.
"Gut", meinte Dennis und strahlte
sie aus seinen blauen Augen an, " dannladeich dich jetzt noch auf das Eis
ein, das du vorhin nicht bekommen hast."
Wieder drückte er das
Gaspedal durch, brachte den Wagen vor einem Supermarktzum Stehen, ging rein,
kam mit zwei Eis am Stil wieder heraus und drücktdie eines davon in
die Hand. Danach fuhr er mit ihr weiter in den Stadtpark,zog sie hinter sich
her bis zu einem Platz am großen See und erklärtedann, dies sei
der beste Platz, um ein Eis und einen wunderschönen Tagso richtig genießen
zu können. Vanessa schluckte. Ihr ging dasalles etwas zu schnell, und
sie hatte das Gefühl, irgendwie im falschenFilm zu sein. Erstens, wie
hatte Dennis das jetzt gemeint, und zweitens,wiesohatte er es so eilig gehabt,
mit dem Eis von dem Supermarkt wegzukommen?Dasie glaubte, die Antwort auf
die erste Frage gar nicht hören zu wollen,stellte sie ihm die zweite.
"Na ja... weißt du",
stammelte Dennis,"... äh... so ein Eis schmilzteben sehr schnell..."
Als er das sagte, wich er ihrem
Blick aus, und Vanessa glaubte, nun auchdieAntwort auf diese Frage zu kennen.
"Dennis, du hast das Eis doch
nicht etwa geklaut...?!"
Er blickte zu Boden, so als
ob er dort plötzlich etwas sehr Interessantesentdeckt habe.
Vanessa war irgendwie fassungslos.
Sie drehte seinen Kopf in ihre Richtungund fragte dann mit einem scharfen
Unterton in der Stimme: " Warum?"
Dennis druckste lange mit der
Antwort herum. Dann endlich machte er den Mundauf: "Ich weiß nicht.
Du wolltest es doch haben, oder nicht?"
"Ja, aber von mir aus hättest
du es auch gerne bezahlen dürfen.Oder dachtest du allen Ernstes, du
könntest mich durch sowas beeindrucken?"
Dennis sagte gar nichts. Er
schwieg und starrte immer noch wie gebannt aufdie Grashalme. Aber auch Vanessa
schwieg, beobachtete ihn und wartete seineAntwort ab. Irgendwie tat Dennis
ihr sogar leid. Sie wußte nicht wieso,aber er wirkte plötzlich
überhaupt nicht mehr arrogant und stattdessensehr hilflos und verletzlich.
Seine schwarz gefärbten Haare hingen ihmjetzt wild in die Stirn, seine
Schultern hingen kraftlos herab und auch seinBlick war absolut nicht mehr
so selbstbewusst wie sonst. Nach langen Minuten,die ihr wie eine Ewigkeit
vorkamen, setzte er endlich zu einer Erklärungan: "Nein, ich dachte
nicht, dass ich dich beeindrucken könnte. Aberdu kannst dir sicherlich
auch nicht vorstellen, dass ich vorhin beim Rennenmein letztes Geld für
dein Eis ausgegeben habe."
Nein, das konnte Vanessa sich
nicht vorstellen. Also sah sie ihm direkt indie Augen und bat ihn dadurch,
doch etwas weiter auszuholen.
Statt einer weiteren Erklärung
zog Dennis sie hinter sich her zum Auto,und fuhr dann los, ohne sein Ziel
bekanntzugeben. Schließlich hielter vor einem heruntergekommenen Mehrfamilienhaus
und stieg aus. Vanessa folgteihm, folgte ihm geduldig die Treppe hinauf bis
in den dritten Stock, wo ereine Wohnungstür aufschloss und sie in einen
schäbig aussehendenFlur führte. So langsam begann Vanessa zu begreifen.
OffensichtlichwollteDennis ihr gerade weißmachen, dass er nicht der
war, fürden siein hielt. Immer noch ohne etwas zu sagen, führte
er sie in einenziemlichkleinen, düsteren Raum, wahrscheinlich sein Zimmer,
in demaußereiner Matratze, einem Regal und einem ziemlich alten KleiderschrankkeineMöbel
vorhanden waren. Er bot ihr einen Platz auf der Matratzean undwirkte jetzt
noch geknickter als vorher. Vanessa schluckte und wartetdarauf,dass er das
Wort ergriff.
"Darf ich vorstellen: mein
Zuhause. Keine Villa und auch kein schickes Hausmit Garten so wie das deiner
Eltern. Ich schätze mal, du hattest dirdas etwas anders vorgestellt."
Sie nickte und gab dann zu:
"Ja, das hatte ich wohl. Aber bei den Klamotten,die du immer trägt,
ist das ja auch kein Wunder, oder?"
"Nee, aber wenn du hier leben
würdest, würdest du das sicherlichauch nicht jedem auf die Nase
binden."
Vanessa nickte abermals und
schluckte die Frage, wie er sich denn die schicken,teuren Markenklamotten
leisten konnte, im letzten Moment herunter, da siedie Antwort gar nicht hören
wollte.
"Und?", fragte Dennis jetzt,
"Geschockt?"
"Ja, muss ich wohl zugeben.
Irgendwie gibst nach außen hin ein völliganderes Bild ab."
" Würdest du das etwa
nicht tun?"
"Wahrscheinlich schon. Aber...
aber warum erzählst mir das alles?"
Diesmal zögerte Dennis
einen Moment, bevor er antwortete: "Weil ichschonmal einem Mädchen,
das ich mochte, nicht die Wahrheit gesagt undsiedadurchverloren habe."
Jetzt war es Vanessa, die seinem
Blick auswich. Scheiße, dachte sie,obwohl sie die ganze Zeit mit sowas
in der Art gerechnet hatte. Eigentlichhätte sie kein Problem damit gehabt,
ihm einen Korb zu geben, aber jetzt,da sich das Bild, das sie von ihm hatte,
als falsch herausstellte, und sienicht wusste, ob er vielleicht doch verletzlicher
war als sie bisher gedachthatte, war das gar nicht mehr so einfach. Aber
sie konnte ihm doch nichtnurdeshalb eine Chance geben, oder? Ach, scheiße,
wie sollte sie jetztbloß reagieren? Und Dennis sah sie auch noch aus
treuen blauen Augenan und versuchte vermutlich, sich zu überwinden und
sie jetzt einfachzu küssen.
"Äh... wann genau wollten
wir uns mit den anderen treffen?", retteteVanessa sich schließlich
aus der Situation, denn es schien ihr dasKlügste,jetzt nicht auf seine
unausgesproche Frage zu antworten.
Zum Glück ging Dennis
darauf ein, schaute auf seine Uhr und stimmteihrdann zu, dass sie sich langsam
auf den Weg in den Keller machen mussten.Heilfrohfolgte Vanessa ihm nach
unten und fühlte sich dann ungleichsichereralssie sich in der Kneipe
zu den anderen an einen Tisch setzten.Vanessasetztesich neben Rina und hoffte,
sie würde eine Gelegenheitfinden,ihrer Freundinvon den Geschehnissen
des Nachmittags zu berichten.Bisherjedoch war Rinaganzin ein Gespräch
mit Ruben vertieft, undda außerden beiden,Tobias
und Mark noch niemand von den anderen dawar, bestellteVanessa sicherstmal
etwas zu trinken, denn mit Tobias undMark hatte siesich nichts zusagen und
mit Dennis hätte sie nicht gewusstüberwelches Thema siereden sollten.
Allerdings setzte Dennis sichnatürlichneben sie und überlegteoffensichtlich,
welches unverfänglicheThemaer anschneiden könnte.Wahrscheinlich
war die Situation fürbeidenicht gerade erfreulich, dennschließlich
wussten sie beide,dass daetwas zwischen ihnen stand, wasnoch nicht ausgesprochen
war.
Wenige Minuten später
betrat Flo die Kneipe, und Vanessas Herz schlugaugenblicklich schneller.
Er schlenderte zu ihrem Tisch herüber, begrüßtedie Jungs
mit Handschlag und die Mädchen mit einem flüchtigen Kussauf die
Wange, was Vanessa einer Ohnmacht nahebrachte. Nein, diese Wirkungenblieben
bei Dennis garantiert aus, und deshalb würden sie auch niemalsein Paar
werden. Klar, Dennis sah nicht schlecht aus, auch er war groß,schlank,
hatte einen ziemlich schönen Mund und sehr intensive blaueAugenund war
ja offensichtlich doch nicht so arrogant wie sie gedacht hatte,abermit Flo,
da kam er einfach nicht mit. Nur wie sie ihm das erklärensollte,und
sie wusste, dass sie das irgendwann müssen würde, daswar ihrnoch
völlig schleierhaft.
"Hey, so ganz tief in Gedanken
versunken kenne ich dich ja gar nicht...",brachte Flo sie plötzlich
in die Realität zurück und schenkteihr eines seiner strahlendsten
Lächeln.
Vanessa spürte, wie sie
rot anlief, und schmolz außerdem dahin,weil Flo ihr tief in die Augen
blickte.
"Ach, es ist nichts", log sie,
" es ist nur so, dass mich GesprächeüberAutos nicht sonderlich
interessieren."
Flo grinste und flüsterte
dann: " Mich auch nicht, wenn ich ehrlichbin,aber ich fürchte, andere
Themen werden heute Abend kaum aufkommen."
Wollen wir beide uns dann nicht
von hier absetzen, hätte Vanessa fragenwollen, aber das traute sie sich
natürlich mal wieder nicht. Stattdessennippte sie verlegen an ihrer
Cola und hoffte, Flo würde ihr Herz nichtgenauso laut schlagen hören
wie sie selbst. Und sie hoffte auch, Flowürde nicht merken, wie nervös
sie eigentlich war. Tausend andereMädels hätten sie jetzt vermutlich
beneidet und wären supereifersüchtig wenn sie erführen, wie
nah sie dem Superschwarm derStadt im Moment war. Und sie saß hier,
fürchtete, Flo könneihr Herzklopfen hören, und ihr fiel einfach
nichts ein, was sie hättesagen können. Das war doch echt oberpeinlich!
Wie konnte man nur soblödsein?!
Plötzlich schreckte sie
hoch als Rina sie an die Schulter tippte.
"Hey, Vanessa, ich muss mal
aufs Klo", raunte ihre Freundin ihr zu, "kommstdu mit?"
Vanessa nickte, stand auf und
folgte ihr. Endlich die ersehnte Gelegenheit,Rina von ihren Problemen, ihrem
Gefühlschaos zu erzählen. Sie berichtetihr alles, redete sich alles
von der Seele, und als sie geendet hatte, erntetesie nur einen mitleidigen
Blick. Dann schluckte Rina und erklärte: "Dasmit Dennis, das wusste
ich schon. Er hat mir schon vor ein paar Wochen anvertraut,was er für
dich empfindet, und ich musste ihm versprechen, es dir nichtweiterzusagen.
Sorry."
Was Rina damit sagen wollte
war, dass Dennis Schwärmerei doch ernsterwar als Vanessa gedacht hatte.
Verdammt, aber für Dennis empfand sienun einmal nicht dasselbe wie für
Flo. So gerne sie es wollte, alleinschon um Dennis für seine Offenheit
zu belohnen, Gefühle ließensich nun einmal nicht erzwingen. Mehr
gab es dazu leider nicht zu sagen.Daserklärte sie auch Rina und traf
bei ihrer Freundin auf vollstesVerständnis.Rina tat zwar Dennis leid,
da sie ihn offensichtlich mehrmochte als Vanessabisher geahnt hatte, aber
Vanessas Gründe waren ebendoch überzeugend.Blieb also noch das
zweite Problem.
"Und was mache ich mit Flo?"
Rina zuckte mit den Schultern
und sprach dann aus, was Vanessa eigentlichselbst schon wusste: "Wenn du
ihm nicht sagt, was in dir vorgeht, wird eres niemals erfahren, und aus euch
wird niemals etwas werden. So einfach istdas."
Ja, so einfach und doch so
schwer.
Christian Dolle, 01/2001