Leistungskurs
Deutsch 2 12/I
Die Ablehnung der Französischen Revolution durch Goethe und Schiller
In seiner
Ablehnung der Französischen Revolution traf er (Schiller) sich mit Goethe, der
nach eigenem Zeugnis ebenfalls "kein Freund der Französischen
Revolution" sein konnte, weil er deren "Greuel" ablehnte. Zwar
erkannte Goethe in der Rückschau die historische "Notwendigkeit" der
Französischen Revolution und verschloß sich auch nicht deren "wohltätigen
Folgen", in den 90er Jahren jedoch bekämpfte er sie aufs entschiedenste in
den damals verfaßten Dramen Der Groß‑Cophta, Der Bürgergeneral und Die
Aufgeregten. Wie Schiller wandte sich auch Goethe nicht nur gegen die
Revolution im Nachbarland, sondern vor allem auch dagegen, "daß man in
Deutschland künstlicherweise ähnliche Szenen herbeizuführen trachtete". [
... ]
Die
gemeinsame Ablehnung der Französischen Revolution und die übereinstimmende
Einschätzung der politischen Situation in Deutschland waren die Basis, auf der
die Annäherung Goethes und Schillers erfolgen und die sogenannte Weimarer
Klassik sich entfalten konnte. Das Bündnis, das sie auf dieser Grundlage
schlossen, ging einher mit der Distanzierung von ihrer eigenen Sturm und Drang‑Vergangenheit
und mit der Flucht aus der politischen in die kulturell‑künstlerische
Sphäre, die Engels auf Schiller bezogen nicht zu Unrecht als "Vertauschung
der platten mit der überschwenglichen Misöre" bezeichnet hat.
Angesichts der
wenig hoffnungsvollen deutschen Verhältnisse sahen Goethe und Schiller für den
Dichter keine andere Lösung "als daß er sich aus dem Gebiet der wirklichen
Welt zurückzieht [ ... ] und auf die strengste Separation sein Bestreben
richtet". Das heißt jedoch nicht, daß Goethe und Schiller die Umgestaltung
der deutschen Verhältnisse nicht mehr interessiert hätte. "Politische und
bürgerliche Freiheit bleibt immer und ewig das heiligste aller Güter, das
würdigste Ziel aller Anstrengungen, und das große Centrum aller Kultur",
aber diese Freiheit sollte nicht auf revolutionärem Wege erkämpft werden,
sondern über die sittliche Verbesserung des einzelnen erfolgen:" [ ... ] man wird diesen herrlichen Bau
nur auf dem festen Grund eines veredelten Charakters aufführen, man wird damit
anfangen müssen, für die Verfassung Bürger zu erschaffen, ehe man den Bürgern
eine Verfassung geben kann."
Die
Problematik dieser Vorstellung wurde von Schiller dabei durchaus gesehen:
"Alle Verbesserung im Politischen soll von Veredlung des Charakters
ausgehen", aber ,,wie kannsich unter den Einflüssen einer barbarischen
Staatsverfassung der Charakter veredeln?" Dieses von Schiller als Zirkel
dargestellte Problem wurde von den deutschen Jakobinern dialektisch gelöst. Sie
vertraten die Auffassung, daß die politische der sittlichen Emanzipation
notwendig vorangehen müsse.
"Damit
ein Volk moralisch besser, also zu einer besseren Verfassung fähiger
werde" schrieb Rebmann, "muß es notwendig erst die Hindernisse aus
dem Weg räumen, welche sich seiner moralischen Besserung widersetzen und unter
diese Hindernisse gehören ‑ unverträgliche Despotie und Hierarchie [. .
.] Ihr, die ihr immer wieder schreit: Ein Volk sei nicht reif zur Freiheit, zu
einer besseren Verfassung, bedenkt doch, daß ihr eigentlich Worte ohne Sinn
sagt. Ein Volk kann nie reif sein zu besseren Formen, denn diese Formen sind
weiter nichts, a!s die Mittel, es reifer zu machen."