![]() ![]() Bookmark http://www.ZEIT.de/tag/aktuell/199920.hier_ziehts.html Nr. 20/1999 |
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Sind Sie eigentlich auch mit Marlon Brando befreundet?
Die Menschen sind durch Beziehungen so eng vernetzt, daß praktisch jeder jeden kennt: Über maximal sechs Zwischenstationen. Wer verbindet einen Berliner Falafelverkäufer mit seinem Helden Marlon Brando? Ein Experiment Wenn alles gutgeht, wird Marlon Brando in ungefähr sechs Wochen einen Anruf bekommen. Am anderen Ende der Leitung wird jemand sein, der ihn gut kennt - jedenfalls so gut, daß er seine Telefonnummer weiß. Dieser Freund wird Marlon Brando vielleicht erzählen, daß es in Deutschland diese Wochenzeitung gibt, »called DIE ZEIT«, und in Berlin einen Falafelverkäufer, der glaubt, daß Marlon so ungefähr der beste Schauspieler der Welt ist. Wahrscheinlich wird Brando dann fragen, was das alles soll. Dann wird dieser Freund ihm einiges erklären müssen. Diese Erklärung wird aus zwei Teilen bestehen. Der erste Teil hat etwas mit einer Theorie zu tun, die Mathematiker und Sozialwissenschaftler als »Small World«-Phänomen kennen: daß zwei beliebige Bewohner der Erde nicht mehr als sechs Freunde von einander entfernt seien. Man könnte behaupten, daß es eine Art von Internet schon gab, bevor jeder ein Modem hatte. Menschen sind nicht nur durch Glasfaserkabel miteinander verbunden, sondern auch durch Freundschaften und Bekanntschaften: Zwischen Ihnen und jedem beliebigen anderen Menschen auf der Welt - dem Papst, der Frau neben Ihnen im Flugzeug, einem chinesischen Bambusflötenschnitzer, Slobodan Milocevic oder eben Marlon Brando - stünde nach dieser Theorie maximal eine Kette von sechs Leuten, die sich jeweils kennen. Das »Leben« wird in den nächsten Wochen versuchen, eine solche Menschenkette zu bilden. Unsere Ausgangsperson heißt Salah ben Ghaly, von dem einige Mitglieder der »Leben«-Redaktion glauben, daß der die beste Falafel der Welt macht. Wir haben ihn beim Mittagessen kennengelernt: hinter dem Tresen von Dada-Falafel, einem kleinen, weißgekachelten Imbiß in Berlin Mitte, in dem es Ziegenkäseröllchen und Hühnchen in Granatapfelsoße gibt. Im Hintergrund läuft Jazz, und die Kunden haben diesen gläsernen Blick, als hätte man ihnen Süchtigmacher ins Essen gemischt. Salah fand an unserem Vorschlag nichts merkwürdig: »Kein Problem, kommt morgen wieder.« Bis dahin wollte er sich überlegen, wer am Ende der Kette stehen soll. Eigentlich ist Salah ben Ghaly Theaterregisseur: Er hat an der Kunstakademie in Bagdad studiert und arbeitet seit 1985 in Deutschland als Schauspieler und Regisseur. Als Zielperson hat er sich deshalb jemanden ausgesucht, den er für den besten Schauspieler überhaupt hält: Marlon Brando. Was ihn an Brando interessiert? »Seine Schüchternheit, seine Brutalität, sein Bewußtsein, sein Stolz.« Warum Brando sein Idol ist? »Er spielt sich selbst, und das ist wahnsinnig schwer. Er zeigt sich ganz nackt und schön in seinem Schauspiel - die meisten anderen zeigen sich mit Hemd und Hose.« Natürlich kennt Salah ben Ghaly den zurückgezogenen Superstar nicht, und er hat auch keine Kontakte zur amerikanischen Filmindustrie - jedenfalls keine direkten. Wenn die Theorie von der kleinen Welt stimmt, dann sollten zwischen ihm und seinem Idol nicht mehr als sechs Freunde stehen. Marlon Brando scheint uns übrigens ein guter Kandidat für unser Spiel zu sein. Den Oscar lehnte er unter anderem wegen der Diskriminierung der Indianer in der Filmindustrie ab, Rassismus in Amerika ist ein Thema, das er oft angeprangert hat: Brando hat sich immer geweigert, die Welt so zu betrachten, als hätte sie nichts mit ihm zu tun. Nächste Woche: Wir nähern uns Marlon Brando, indem wir nach Kalifornien weiterfliegen. Dort lebt ein Freund, den Salah ben Ghaly noch aus seiner Studentenzeit kennt. Er ist Architekt und hat Salah kennengelernt, als dieser in Bagdad Theater spielte. Heike Faller
M34: Noch ein Argument gegen Berlin: Hier zieht's überall. He-man: Hey, es gibt keine Zugluft. Einbildung. M34: Manche Männer haben so wenig Beziehung zu ihrem Körper, daß sie nicht einmal merken, wenn es zieht. He-man: Das ist eine Paranoia, die sich unglaublich schnell ausbreitet. Das kommt davon, daß wir immer vernetzter sind, und so verbreiten sich solche Ideen. Vielleicht sollte man mal einen Epidemiologen darauf ansetzen. M34: Jedes Phänomen, für das es ein Wort gibt und das in den Köpfen der Menschen ist, wird allein schon dadurch real. He-man: Konstruktivismusquatsch. Was ist denn Zugluft? M34: Zug ist eine Luftbewegung in geschlossenen Räumen, verursacht durch undichte Stellen. He-man: Luft ist immer in Bewegung. Laß Dir das von einem ehemaligen Physikstudenten erklären. M34: Nicht mal Physiker glauben noch an die Realität ihrer Beobachtungen. Outer limits: Am schlimmsten ist es im Flugzeug. Die kalte Luft fällt aus den Düsen runter auf die Füße und durchdringt die Schuhe. He-man: Aha. Outer limits: Natürlich. Warum, glaubst du, werden bei jedem Flug Wolldecken verteilt? He-man: Die Wolldecken gibt es nur bei interkontinentalen Nachtflügen, wenn die Leute schlafen. Und nicht, weil es zieht. M34: Doch. Ich lasse mir bei jedem Flug zwei Wolldecken bringen. He-man: Wie gesagt: Wahnsinn. TIME, 8. 6. 98, über die größten Künstler unseres Jahrhunderts: »Brandos Darstellung des Stanley Kowalski in "Endstation Sehnsucht" wurde zum Symbol unserer Zeit. Seither gibt es einen neuen Maßstab, wieviel Ehrlichkeit wir von einem Schauspieler erwarten dürfen.« Salahs Falafel-Rezept ist leider streng geheim - schließlich hat die Entwicklung ein Vierteljahr gedauert. Unsere Falafel sind aber fast genauso lecker und gehen so: 250 g getrocknete Kichererbsen über Nacht in reichlich Wasser quellen lassen. Eine Zwiebel und zwei Knoblauchzehen schälen und in grobe Stücke schneiden. Einige Stengel glatte Petersilie waschen und fein hacken. Die Kichererbsen in einem Sieb abtropfen lassen. Verrühren, pürieren Mit Koriander, etwas Kreuzkümmel, frischgemahlenem Pfeffer und Salz würzen. Einen Teelöffel Backpulver und einen Eßlöffel Mehl unterrühren. Aus dem Teig kleine Bällchen formen und in Paniermehl wenden. In Pflanzenöl portionsweise sieben bis acht Minuten fritieren. Mit Auberginenpüree oder mit Salat im Fladenbrot servieren.
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