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Elektronik in Dresden. Eine Chronik.
Als 1994 der Bau der Siemens-Chipfabrik in Dresden begann, wurde das von vielen als ein kleines Wunder betrachtet. Im Zeitalter der Globalisierung, wo so oft der Verlust von Industriearbeitsplätzen in Deutschland zu beklagen war, eine nagelneue High-Tech-Fabrik? Sicher spielten rein kaufmännische Aspekte eine wichtige Rolle bei der Standortwahl, schließlich wurden Fördergelder in Milliardenhöhe ausgereicht. Aber es gibt auch noch andere Kriterien, die einen Industriestandort ausmachen. Dazu gehört das Umfeld: qualifizierte Arbeitskräfte, Infrastruktur, andere Unternehmen, nicht zuletzt auch wissenschaftliches Potential an Hochschulen. Von allem hat Dresden eine Menge zu bieten. Bei der einen Chipfabrik ist es nicht geblieben, mittlerweile hat AMD seine Fab30 und sein Dresden Design Center gegründet. Die Siemens-Chipfabrik, die nun unter Infineon firmiert, baut zur Zeit (Juli 2000) eine zweite Fabrik in Dresden. Es scheint, als könne Dresden an seine Tradition als einer der wichtigsten Elektronik-Standorte anknüpfen, eine Tradition, die ich im folgenden nachzuzeichnen versuche. 1828 wird in Dresden die Königlich Technische Bildungsanstalt gegründet. 1890 wird sie zur Technischen Hochschule (TH). 1900 erhält Johannes Görges (1859-1946) den Lehrauftrag für allgemeine Elektrotechnik und die Ernennung zum Direktor des Elektrotechnischen Instituts. 1904 wird Wilhelm Kübler (1873-1919) ordentlicher Professor für Elektromaschinen und elektrische Anlagen. 1904 wird die Firma Koch und Sterzel gegründet. Sie beschäftigt sich vorwiegend mit dem Bau von Röntgengeräten und Großtransformatoren. Zu den wichtigsten Persönlichkeiten, die in Dresden auf dem Gebiet der Elektronik gewirkt haben, gehört Heinrich Barkhausen (1881-1956). Er war zunächst Ingenieur bei Siemens & Halske, wurde 1911 Professor an der Technischen Hochschule (TH) Dresden und gründete hier das Institut für Schwachstromtechnik. Zu Barkhausens Arbeitsgebieten zählten die Theorie der Elektronenröhren und die Schwingungstechnik. Mit seinem Namen sind die Barkhausen-Kurz-Schwingungen sowie der Barkhausen-Effekt verbunden In den 1920er Jahren bestehen an der TH Dresden auf dem Gebiet der Elektrotechnik folgende Ordinariate:
1946 Die Firma Koch und Sterzel wird zum VEB Transformatoren- und Röntgenwerk. 1953 wird unter der Leitung von Prof. N. J. Lehmann (*1921) an der TH Dresden der erste Rechner in der DDR mit Elektronenröhren gebaut. Seine Typenbezeichnung: D1 1955 ist ein wichtiges Jahr in der Geschichte der Elektronik in Dresden. In diesem Jahr kehren zahlreiche Wissenschaftler und Techniker nach Deutschland zurück, die in die Sowjetunion zwangsverpflichtet gewesen waren. Etliche von ihnen wählen Dresden als ihren zukünftigen Wirkungsort. Stellvertretend genannt seien Werner Hartmann und Manfred von Ardenne. Manfred von Ardenne wurde 1907 in Hamburg geboren. Schon mit 16 Jahren hatte er sein erstes Patent angemeldet. Er gründete 1928 in Berlin-Lichterfelde ein eigenes Institut für Elektronenphysik. Zu seinen wesentlichen Leistungen vor 1945 gehören Beiträge zum elektronischen Fernsehen und die Erfindung des Raster-Elektronenmikroskops. 1945 wurde Ardenne in die Sowjetunion zwangsverpflichtet. Er verlegte sein Berliner Institut nach Suchumi. Dort entwickelte er ein Isotopen-Trennverfahren, einen der Schlüssel zur sowjetischen Atombombe. 1955 konnte Manfred v. Ardenne nach Deutschland zurückkehren. Er entschied sich für Dresden als zukünftigen Wohnort (zeitweise war auch Weimar im Gespräch gewesen). Auf dem "Weißen Hirsch", der schönsten Wohngegend Dresdens, errichtete er sein "Forschungsinstitut Manfred von Ardenne". 1956 übernahm v. Ardenne den Lehrstuhl für elektronische Sonderprobleme der Kerntechnik an der TU Dresden. Das Ardenne-Institut leistete überwiegend Auftragsforschung für die DDR-Industrie. Zu seinen wichtigsten Entwicklungen gehören das Elektronenstrahl-Mehrkammerofen-Verfahren, Plasmabrenner zum Schmelzschneiden und ein verschluckbarer Intestinalsender zur Signalisierung von Druck- und pH-Werten aus dem Magen-Darm-Trakt. Ardenne selbst wandte sich immer mehr der medizinischen Forschung zu und entwickelte die "Sauerstoff-Mehrschritt-Therapie" sowie die "Systemische Krebs-Mehrschritt-Therapie". 1955 bestehen an der Fakultät für Elektrotechnik der TH Dresden folgende Institute:
1955 Der VEB Vakutronik wird gegründet (später VEB RFT Meßelektronik) 1959 Der erste, im Institut Manfred von Ardenne entwickelte, Elektronenstrahl-Mehrkammerofen nimmt seinen Betrieb auf. 1961 wird die TH Dresden zur Technischen Universität (TU) erhoben. 1961 wird der Flugzeugbau in Dresden eingestellt. Der Betrieb VEB Flugzeugwerk Dresden wird in mehrere kleinere Betriebe aufgeteilt. Einer davon ist der VEB Elektromat Dresden, der sich mit dem Bau von Ausrüstungen für die elektrotechnische und elektronische Industrie der DDR befaßt. Zu den Erzeugnissen, die Elektromat Dresden fertigt, gehören Fertigungsanlagen zur Herstellung von elektronischen Bauelementen, Justier- und Belichtungsanlagen, Bonder und Meßtechnik 1961: die Arbeitsstelle für Molekularelektronik (AMD) in Dresden-Klotzsche wird gebildet. Werner Hartmann (1912-1988) war der Gründer und erste Leiter. (Nicht zu verwechseln mit AMD Saxony, der heutigen Chipfabrik des amerikanischen Unternehmens AMD!) Aus dem damaligen AMD ging das Institut für Mikroelektronik Dresden (IMD) hervor. 1964 erfolgt die Produktionsübergabe des Rechners D 4a, der unter Leitung von Prof. N. J. Lehmann an der TU Dresden entwickelt wurde. Es war ein Digitalrechner, der mittels Lochband programmgesteuert wurde. 1968 wird die TU Dresden umstrukturiert: anstelle der Fakultäten werden kleinere Sektionen gebildet, die wiederum in Wissenschaftsbereiche gegliedert sind. In dem uns interessierenden Bereich sah die Struktur wie folgt aus: Sektion 08: Informationsverarbeitung mit den Wissenschaftsbereichen
Sektion 09: Informationstechnik mit den Wissenschaftsbereichen
Sektion 10: Elektroniktechnologie und Feingerätetechnik mit den Wissenschaftsbereichen
Sektion 11: Elektrotechnik mit den Wissenschaftsbereichen
Diese Struktur bleibt im wesentlichen bis zum Ende der DDR 1989/1990 bestehen. 1969 wird das Kombinat Robotron gegründet, bestehend aus 5 Produktionsbetrieben (u. a. in Dresden und Radeberg) und einem Zentrum für Forschung und Technik (ZFT). 1980 wird durch Zusammenlegung von Elektromat Dresden und dem Institut für Mikroelektronik Dresden das Zentrum für Forschung und Technologie Mikroelektronik (ZFTM) gebildet. 1987 kommt das Zentrum für Forschung und Technologie Mikroelektronik Dresden zum Kombinat Carl Zeiss Jena. Dabei werden die beiden Betriebe Elektromat Dresden und Institut für Mikroelektronik Dresden wieder getrennt. Letzteres firmiert seitdem als Zentrum Mikroelektronik Dresden (ZMD). Besuchen Sie die offizelle Website des ZMD. Dort erfahren Sie auch mehr zur Geschichte dieser Firma und der Elektronik in Dresden. Das Kombinat Robotron wird nach der Wirtschafts- und Währungsunion in mehrere Firmen aufgeteilt. Eine davon ist Computerelektronik Dresden, zunächst als COMPED abgekürzt, ab 1992 als CED. Hauptgeschäftsfeld ist die Montage von PC's. 1994, Januar: Die Siemens AG gibt bekannt, daß sie in Dresden eine Chipfabrik bauen will. 1995, Dezember: Der US-amerikanische Konzern AMD (Advanced Micro Devices) verkündet seinen Entschluß, in Dresden eine Chipfabrik zu errichten. Dazu wird eine Tochtergesellschaft, die AMD Saxony Manufacturing GmbH in Dresden gegründet. Im Mai 1997 ist Grundsteinlegung, im September 1997 Richtfest. Im Oktober 1999 wird das neue Werk, "Fab 30" genannt, eröffnet. In dem Werk wird der AMD Athlon™ Mikroprozessor auf Basis einer innovativen Kupfertechnologie produziert. Es ist geplant, daß erste Prozessoren "made in Dresden" im 2. Quartal 2000 auf den Markt kommen. Die Fab 30 erwartet, bereits in der zweiten Jahreshälfte 2000 einen Prozessor mit einer Geschwindigkeit von einem Gigahertz herzustellen. Ebenfalls in Dresden errichtet AMD das "Dresden Design Center", in dem bis zu 200 Mitarbeiter beschäftigt werden sollen. Es ist ein Zentrum für den Entwurf von elektronischen Schaltkreisen. Es wird vor allem dazu beitragen, AMDs führende Marktposition bei Kommunikationsprodukten weiter zu verstärken. AMD ist u.a. anerkannter Marktführer im Bereich von IC-Lösungen für Central Office (CO) Telephone Line Cards (über 150 Mio weltweit installiert). 2000: Infineon bzw. ihre sächsische Tochter Infineon Technologies Dresden GmbH & Co. OHG feiert am 21.09.2000 Richtfest für die neue Chipfabrik in Dresden. Ende 2002 soll dort die Produktion von neuartigen Silizium-Chips anlaufen. Nach Angaben der Siemens-Tochter werden mehr als 1000 Arbeitsplätze entstehen. Die Investitionsumme für das neue Werk liegt bei rund zwei Milliarden Mark. An der Investition ist der Freistaat Sachsen über die Leipziger Messe mit beteiligt. Die Messe übernimmt neun Prozent der Anteile, das sind rund 230 Millionen Mark. Am Bau der neuen Anlage ist ausserdem der Jenoptik-Konzern mit etwa vier Prozent beteiligt, was einem Investitionsvolumen im etwa dreistelligen Millionenbereich entspricht. Die neue Technologie, bei der Chips auf Grundlage von 300 Millimeter großen Siliziumscheiben gebaut werden, hat die Halbleitertochter von Siemens und vom US-amerikanischen Schaltkreishersteller AMD im Rahmen eines Joint Venture gemeinsam mit Motorola entwickelt. Sie sind nach eigenen Angaben die ersten, die Halbleiter vollständig auf Siliziumscheiben dieser Größe bauen. Gegenüber den bisher genutzten 200-Millimeter-Wafern wird dadurch eine 30- bis 40-prozentige Senkung der Produktionskosten erhofft. |
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