Mörder sollen in die Psychiatrie
 
Seelen         sammeln für Satan
G         utachter halten das Satanisten-Ehepaar, Manuela und Daniel Ruda, für         vermindert schuldfähig und extrem gefährlich. Nach Ansicht von drei         Sachverständigen müssen die beiden Angeklagten in eine geschlossene         psychiatrische Anstalt eingewiesen werden. Es bestehe die Gefahr, dass         sie weitere Morde begingen, sagten die Gutachter am Donnerstag vor dem         Bochumer Schwurgericht.

         Bei dem Mord habe das Ehepaar seinen Menschenhass ausgelebt, erklärte         der Psychiater Norbert Schalast. Die Bluttat sei ?der Endpunkt einer         gemeinsamen pathologischen Entwicklung der beiden Täter gewesen?.         Nach Überzeugung der Gutachter haben die Angeklagten immer mehr die         Realität verloren und sich zunehmend in der Satanismus-Idee verstrickt.

         Insbesondere der 26-Jährige habe sich schon immer um eine ?Aura der         Gefährlichkeit bemüht?, sagte Schalast. Der Angeklagte habe bereits         als Kind davon geträumt, Menschenblut zu trinken. Mit 14 wolle Ruda         erstmals eine Vision gehabt haben. Ein großer dunkler Mann mit dem         Namen Samiel habe ihm gesagt, er solle den zweiten Teil seiner Seele         suchen. Im März habe er dann den Befehl vom Satan erhalten, einen         Menschen umzubringen.

         Die Tat war nach Überzeugung der Gutachter keineswegs eine Affekttat.         Das Satanisten-Paar habe vielmehr den Mord gezielt geplant. Bereits         Wochen zuvor sei das Opfer eingeladen worden. Die Beiden hätten den         ehemaligen Arbeitskollegen des Mannes ausgesucht, weil er ?einer der         letzten Bekannten aus der normalen Welt? war, sagte Schalast. Ruda         habe sich mit dem Mord symbolisch von dieser Welt trennen wollen. Er         wollte alles zerstören, was ihn noch mit der Menschengesellschaft         verband.

         Die Angeklagten hatten bereits am ersten Prozesstag gestanden, ihren         33-jährigen Bekannten durch 66 Messerstiche, Machetenhiebe und         Hammerschläge in ihrer Wittener Wohnung getötet zu haben. Den Auftrag         zur Bluttat wollen sie vom Teufel persönlich erhalten haben.

 
24.01.02,                 16:49 Uhr
25.01.2002 Bild.deNews
Das Satans-Paar soll in die         Nervenklinik, fordern die GutachterVermindert schuldfähig?
Von       D. IMÖHL und C. THORMANN-LÖFFELER
Daniel R. (26) grinst                 teuflisch. Auch gestern genoss er seinen Auftritt vor Gericht
Die bizarre Show der Satans-Killer
Warum lässt der Richter diese Satans-Show zu?
Bochum ? Sie sind wie zwei tickende Zeitbomben,       jederzeit wieder fähig zu töten. Doch die Gutachter meinen: Die       Satans-Killer sind vermindert schuldfähig, sie sollten nicht ins       Gefängnis ? sondern in die psychiatrische Anstalt.
Satans-Braut Manuela (23) und ihr teuflischer       Mann Daniel R. (26) töteten einen Freund bestialisch mit 66 Macheten- und       Hammerhieben. Drei Experten untersuchten sie während der       Untersuchungshaft.
Ergebnis:
?Das Killer-Pärchen ist überdurchschnittlich       intelligent. Doch im Glauben an ihre Auserwähltheit als Boten Satans       betrachteten sie alle anderen Menschen nur noch als minderwertig.?
Manuela R. (23) liebt ihre schockierenden               Auftritte vor Gericht, lässt den schwarzen Pullover gern über               die Schultern gleiten.
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      Ohne Heilung, da sind sich die Psychologen sicher, würde sich das       Satanisten-Pärchen neue Opfer suchen.
Die Gutachter über die Satans-Braut: ?Manuela       R. suchte einen Mann, der eine Aura des Schreckens verbreitet. Kein       Weichei wie die anderen, die sich in ihrem Schatten bewegten. Ihre       Selbstverliebtheit brauchte eine ständige Steigerung. Erst war es ein       spielerischer Umgang mit dem Satanismus. Aber in der Gemeinschaft mit       Daniel wurde er blutiger Ernst. Am Tattag ging die lichtscheue Manuela in       die Stadt, kaufte einen neuen Lippenstift, um besonders hübsch in Satans       Reich einzutreten.?
Zum Satans-Killer: ?Daniel R. hat eine       narzisstische Persönlichkeitsstörung, d. h. er ist nur auf sich selbst       fixiert. Mit 14 Jahren hatte er schon davon geträumt, Menschenblut zu       trinken. Eine Vision sagte ihm, er solle den zweiten Teil seiner Seele       suchen. In Manuela fand er sie. Sie passten wie Schlüssel und Schloss       zueinander und verhakten sich in tragischer Weise. Der Wahn gipfelte in       der Idee, einen Menschen zu opfern, um in Satans Armee einzutreten. Sie       töteten ihren Freund, weil er der letzte Bekannte aus der normalen Welt       war. Der Angeklagte stellt langfristig eine Gefahr dar. Er könnte noch       einmal so eine Tat begehen.?
Manuela R. (23) versteckt                 ihre grell geschminkten Augen hinter dunklen Gläsern. Sie ist                 lichtscheu ? wie ein Vampir
Am kommenden Montag werden Verteidigung und       Staatsanwaltschaft ihre Plädoyers halten. Nach den Gutachten werden die       Killer vermutlich wegen Mordes bei verminderter Schuldfähigkeit       verurteilt, dann in die geschlossene Psychiatrie eingewiesen. Die       Therapie-Zeit wird auf die Haftstrafe angerechnet.
Und das bedeutet, dass die Satans-Killer       vielleicht nie ins Gefängnis müssen.
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Quelle:         STE | Ausgabe: 3 | Seite: 110
Autor/in:         *Werner Schmitz* *Detlef Schmalenberg*
Tod         im Namen des SATANS
Manu         und Dani beteten den Teufel an, zerschnitten sich die Haut, tranken ihr         Blut - und metzelten schließlich einen arglosen Kumpel nieder. Seit         dieser Woche steht das Paar wegen Mordes vor Gericht
Das war er nun, Manuelas Ab schiedsbrief an         ihre Eltern. "Ich passe nicht in diese Welt. Ich muss meine         unsterbliche Seele von dem sterblichen Fleische befreien."         Irgendwann musste es ja so kommen mit dem Mädchen. Exzentrisch war         Manuela schon lange. Schrill zurechtgemacht, dabei bodenlos traurig und         in letzter Zeit höllisch aggressiv dazu. Lag es an dem Kerl, den sie         vor einem Monat geheiratet hatte? Nein, meinte Manu. "Schiebt es         bitte nicht auf Dani", schrieb sie an die Eltern, "den         Gedanken auszubrechen trage ich länger, als ich ihn kenne."         Typisch Manuela.
Genau wie die Liebeserklärung an Eltern und         Oma: "Ihr seid viel zu schade für das dreckige Gewürm, das sich         Menschheit nennt. Ich hoffe, dass sich dieses Pack irgendwann         gegenseitig zerstört." Manuelas Mutter legte den Abschiedsbrief         weg und rief die Polizei. Von Manus Freundin besorgte sie einen         Schlüssel für die Wohnung ihrer Tochter. Fuhr mit den Beamten hin und         blieb vor dem Haus stehen. Die Polizisten ließ sie allein hineingehen.
Was die Beamten im Dachgeschoss des Wittener         Mietshauses vorfanden, war grauenerregend. An der Wohnungstür pappte         die Zettel-Botschaft "Kadaververwertungsanstalt Bunkertor 7".         Drinnen Finsternis. Die Rollläden waren heruntergelassen. Lampen         funktionierten nicht. Im Schlafzimmer blutrote Wände, der Teppich         schwarz. Überm Bett eine Teufelsfratze, unterm Schrank eine Peitsche;         Metallhalsband und Nietengurte am Schlüsselbrett. Im Badezimmer ein         Poster: erhängte Frauen in Schwarzweiß. Dazu Skalpelle mit Blutresten,         aufsteckbare Reißzähne, Kontaktlinsen in Rot und Gelb-Schwarz. Im         Wohnzimmer: Totenschädel, Grablicht, Bocksgehörn und Sense. An den         Wänden Hakenkreuze und der fünfzackige Satanistenstern, das         Pentagramm. Von der Decke baumelten Ketten, Handschellen an jedem Ende.         Darunter ein Sarg. Ein auf den Kopf gestelltes Kreuz zierte den Deckel.         Die Fensterbank lag voller Messer, Dolche, Klingen.
Und zwischen all dem Wahnsinn die Leiche, ein         in seinem Blute liegender Mann. Den Hosenbund geöffnet, das T-Shirt bis         zum Hals hochgeschoben. Der Oberkörper übersät mit Stichwunden, die         Arme zerschnitten, das Gesicht zerhackt. Ein Skalpell steckte im Bauch.         Daneben, ins Fleisch geschnitten, das Pentagramm.
Von Manuela und ihrem Typen Dani keine Spur.
*
Mit 13 will Manu nicht mehr die brave, kleine         Manuela sein. Das liebe Mädchen aus der Siedlung in Witten. Das         Einzelkind, das vor allem mit seinen Tieren spielt. Mäuse, Karnickel,         Meerschweinchen, was Mädchen so mögen. Ihre Eltern, einfache Leute aus         dem Ruhrgebiet, schockt Manuela mit einem bunten Irokesenschnitt.
Punk, darauf fährt die Pubertierende ab. Die         Schule schwänzen und stattdessen in der Fußgängerzone rumhängen, mit         zerrissenen Hosen an den Beinen und Sicherheitsnadeln im Gesicht.         Dosenbier kippen und The Damned durch die Wittener City dröhnen lassen.         Irgendwie muss dieses verschnarchte Kaff doch aufzumischen sein.
Ist es aber nicht, jedenfalls nicht mit Punk.         Also auf nach Hannover, zu den Chaos-Tagen! Eine lustige Zeit, findet         Manu, bis sie merkt: Bloß Bier und Bands sind auch nicht abendfüllend.         Da ist die Schule schon geschmissen. Nach der 10. Klasse verlässt sie         das Gymnasium, hängt eine Weile bei den Eltern herum und fährt dann         nach Schottland, jobbt in einem Hotel.
IN DEN HIGHLANDS gefällt es Manuela. Die         Einsamkeit, die Friedhöfe, wolkenverhangene Atmosphäre. Als ihr Hotel         zum Winter schließt, zieht sie zu Tom in dessen Grotte. Tom ist 62         Jahre alt und am ganzen Körper auf Leopard tätowiert. Doch der         schottische Winter ist streng und bei Minusgraden in einer Höhle hausen         nichts für zentralbeheizte Mädchen.
Weihnachten hat Witten Manuela wieder. Sie         entdeckt eine neue Art, sich von den Normalos abzugrenzen: Gothic.         Früher nannte man das Gruftie, aber das klingt lange nicht so hip. Manu         kleidet sich schwarz: Samt, Leder, Lack und Latex. Dazu zerrissene         Netzstrümpfe und ein leichenblass geschminktes Gesicht.
Der morbide Chic wird ihr bald mehr als         Maskerade. Manuela meidet das Tageslicht. Sie kann es nicht ertragen,         redet sie sich ein. Gefangen fühlt sie sich in ihrem Körper. Wie ein         Transsexueller kommt sie sich vor. Wo sie eigentlich hingehört? Auf         einem Mittelalter-Markt in Witten kommt ihr die Erleuchtung. Wie zu         Hause fühlt sie sich in dem Provinzspektakel mit strumpfbehosten Helden         und Weibern in wallenden Gewändern.
Manu taucht tief ein in die Gothic-Szene an der         Ruhr. Glänzt in den einschlägigen Bochumer Discos. Eine schwarze         Prinzessin der Nacht, das ist die Rolle, in die sie sich steigert. Mit         männlichen Latex-Zofen, die sie an der Kette über den Friedhof führt         wie Hunde. Reißzähne lässt sie sich anfertigen, beißt Männern in         den Hals.
Statt sich auf die Wirklichkeit einzulassen,         flüchtet Manu immer tiefer in Fantasien und Tagträume, lebt auf in         diesem Paralleluniversum. Aus der menschenscheuen Manuela, die Eltern,         Oma und Tiere liebt, wird dort Manu, das Monster. Auf unnahbar         geschminkt, überspielt sie ihre Unfähigkeit, Menschen wirklich nahe zu         kommen. Die Familienbande werden immer dünner. "Die Liebe in         Person" nennt sie ihre Eltern zwar. Aber über das, was sie         wirklich bewegt, redet Manu mit den Alten nicht. Und die nicht mit ihr.
Sie jobbt jetzt als Bedienung im Bäckerladen.         Am hellen Tag, wo sie doch kein Licht vertragen kann. Sie macht "shootings",         um ihren Lohn aufzubessern. Lässt sich in Lack und Leder ablichten, in         sehr wenig Lack und Leder. Manu gefällt es, wenn ihre Fotos im Internet         auftauchen oder in der Presse. Mitte der neunziger Jahre berichtet der         ¾ über Grufties im Kohlenpott: Manu mittenmang. Sie macht auf Sadomaso         und gesteht, dass ihre Mutti sie chauffiert. Damit ihrem Mädchen         unterwegs nichts passiert. Als ob die Gefahr nur draußen lauerte.         Manuela ist 16.
Sie dreht ab. Studiert die "Lehre der         kleinen Chaosmagie", beschwört Geistwesen, weiht Waffen für         obskure Rituale - und hört Stimmen. Eine verstorbene Seele flüstert         ihr zu: "Take care." Invokation nennt Manu das. "Tritt in         den fünften Stern ein, und warte auf Befehle", hört sie es von         unten raunen. Die größte Ehre überhaupt, ihr ist sie widerfahren. ER         hat zu ihr gesprochen, der Fürst der Finsternis. "Allegra"         nennt sich Manuela fortan, nach der Tochter Lord Byrons, die der         dichtende Vater dem Satan geopfert haben soll.
Allegra braucht Blut, Menschenblut. Manu         schneidet sich die Arme auf, lässt es in eine flammende Kerze tropfen,         verflucht, wen sie für ihren Feind hält. Das Blut ihrer Freunde trinkt         sie, schneidet sich auf für sie, lässt die Auserwählten von ihrem         Blut kosten. Die "Cuttings" hinterlassen Spuren im Gesicht, am         Hals, an Armen und Beinen. Am Ende ist Manu voller Narben. Die trägt         sie wie Schmuck.
Im Herbst 2000 lernt sie Dani kennen. Manu         stolpert über seine Kontaktanzeige im "Metal-Hammer".         "Pechschwarzer Vampir sucht Prinzessin der Finsternis, die Alles         und Jeden hasst." Sie ist einsam genug, um zu antworten: "Die         Schönheit der Nacht Verfallene Ruinen Vom Vollmond erleuchtete         Friedhöfe Ich hasse die Menschheit und verabscheue das Licht."         Unterschrift: Allegra.
DANIEL IST BEGEISTERT. Voll krass, die Frau. Er         schreibt zurück, besucht Allegra in ihrer Wohnung. Es trifft ihn wie         ein Blitzschlag. Diese Frau ist im Besitz des zweiten Teils seiner         Seele, nach dem er schon so lange sucht. Die innere Leere, unter der er         seit Kindertagen leidet, diese Frau wird sie füllen. Glaubt er.
Daniel Ruda ist ein Kind des Kohlenpotts wie         Manuela: Vater Chemiearbeiter, Mutter Hausfrau. Mit seiner zehn Jahre         älteren Schwester, mit der er sich lange ein Zimmer teilt, hat der         Junge nie viel am Hut. Mit anderen Kindern auch nicht wirklich. Von         klein auf will Dani im Mittelpunkt stehen, das Sagen haben. Nur wer ihm         unterlegen ist, darf in sein Gefolge.
Konkurrenz kann er nicht ertragen. In der         Grundschule noch einer der Besten, bricht er auf dem Gymnasium ein.         Schlechte Zensuren, Streit mit den Klassenkameraden, Zoff mit Lehrern,         Ärger mit den Eltern. Daniel flüchtet sich in Krankheiten und blutige         Träume. Darin attackiert er Menschen, beißt ihre Köpfe ab, beschmiert         sich mit Blut.
Reden kann er darüber zu Hause nicht. Seine         kreuzbraven Eltern möchten, dass der Junge funktioniert, dass er mal         etwas wird im Leben. Und für seine Mitschüler ist Dani ohnehin der         Doofe. Wie kann er denen von der Vision erzählen, die er mitten im         Unterricht gehabt haben will: Ein übergroßer Mann sei auf ihn         zugekommen, blass im Gesicht, mit langen schwarzen Haaren. Aus seinen         Fingern seien die Knochen herausgewachsen. Er sei Samiel, sagte der         schwarze Riese, und wenn Dani seine innere Leere füllen wolle, müsse         er den zweiten Teil seiner Seele suchen. So bezeichnet der Junge das,         was er Erscheinung nennt.
Daniel kommt im Gymnasium, obwohl tatsächlich         überdurchschnittlich intelligent, nicht weiter. Er fühlt sich vor den         anderen, gar nicht mal schlaueren Schülern schwer gedemütigt,         verlässt die Schule, schafft andernorts den Realschulabschluss, macht         eine Lehre als Automobilkaufmann. Bei der Bundeswehr fällt Daniel Ruda         plötzlich als Rechtsradikaler auf. Er hört einschlägige CDs. Im         Ruhrgebiet hängt er mit Skinheads herum, nimmt an Demos gegen die         Wehrmacht-Ausstellung teil, besucht Schulungen der Nationaldemokraten.
Auch die Rechten sind für ihn irgendwann ein         "Idiotenverein", genau wie die Bundeswehr vorher und davor die         Schulkameraden. Keiner kann Daniel Ruda, immerhin "zweiter         Filialleiteranwärter" bei Autoteile Unger in Datteln, das Wasser         reichen.
Dass er sich auserwählt fühlen darf, bekommt         der 20-Jährige 1995 sogar schriftlich. Dani fällt ein Buch über         obskure Religionen in die Finger. Darin findet er jenen Samiel wieder,         der ihm in der Schule erschienen sein soll. Samiel entpuppt sich als         Satan höchstpersönlich. Daniel wähnt sich hochgeehrt. Er beginnt, den         Teufel anzubeten, lang und inbrünstig, opfert dem Höllenfürsten sein         Blut. Nur mit der Sexualmagie, bei klassischen Satanisten hoch im Kurs,         hat es Dani nicht so.
Mit einem 13-jährigen Gothic-Girl trifft sich         Ruda oft, zieht mit ihm über die Friedhöfe. Wie er Satans Liebling         werden will, verrät er der Kleinen auch: per Amoklauf. Einen Arm voll         Pistolen und Gewehre ins Auto packen, durch die Gegend fahren und         möglichst viele Menschen killen. Oder das Einkaufszentrum in Oberhausen         in die Luft sprengen. Oder die Love Parade in Berlin. "Ein         richtiger Amoklauf fängt erst bei 100 Toten an." So berühmt         werden wie Charles Manson, der 1969 die Filmschauspielerin Sharon Tate         und vier weitere junge Leute in Beverly Hills ermordete, das ist Rudas         Traum. Verwirklichen will er ihn allerdings erst, wenn seine Eltern tot         sind. Die Schande, einen Massenmörder zum Sohn zu haben, will Dani         ihnen ersparen.
Klar, dass ihn keiner ernst nimmt. Für die         Gruftie-Szene ist Dani ein Wellenreiter, vorgestern Manta-Fan, gestern         Skinhead, heute Satanist, morgen weiß der Teufel was. Die         Black-Metal-Band, in der er ein paar Proben lang Selbsterdachtes blöken         darf ("Der Traum vom Blut und Schreie der Opfer"), schmeißt         ihn raus.
DANI VERACHTET ALLE, ob Spießer oder Freak.         Die Menschen sind ihm zu dick oder zu klein, tragen Brille oder die         falsche Frisur, schlagen die Augen nieder vor seinem bösen Blick oder,         schlimmer noch, halten ihm stand. Am Ende ist er einsam genug, um seine         Kontaktanzeige zu schalten. Eigentlich sucht er niemand anderen. Seine         narzistischen Gedanken kreisen nur um ihn selbst. Aber er sucht ja den         zweiten Teil seiner Seele, will seine Großartigkeit im Anderen         spiegeln.
Auf Rudas Anzeige melden sich ein paar Frauen.         Mit traumwandlerischer Sicherheit wählt Dani die aus, die ihm gerade         noch gefehlt hat: Allegra aus Witten. Sie passen zusammen wie Nitro und         Glyzerin. Die Seelenverwandten hocken nachts am Fenster und starren in         die Dunkelheit. Bei Vollmond geistern sie durch die Burgruinen an der         Ruhr. Stundenlang stehen sie sich in Manuelas Wohnung gegenüber,         starren sich an, saugen den anderen in sich auf. Sie trinken einer des         anderen Blut.
Sexuell läuft nichts zwischen den beiden. Das         wäre doch nur Selbstbefriedigung, meinen sie. Weil sie ja eigentlich         eins sind. Und so steigt Manu morgens, wenn ihr Dani Richtung Herten         verschwindet, um Autoteile zu verkaufen, allein in ihren Sarg, macht den         Deckel zu und schläft.
Dani schleppt Ketten an, Handschellen,         Gaspistolen. Mitsamt dem Zeug fotografieren sich die beiden. Zeigen die         Bilder herum. Freuen sich am Entsetzen der anderen. Verhöhnen sie, bis         niemand mehr mit ihnen zu tun haben will. Vor allem nicht mit Dani, der         seine Manuela bewacht wie ein Pitbull, jeden wegbeißt, der ihr nahe         steht.
Die innere Leere, die er schon als Kind         empfand, ohne Manu wäre sie sofort wieder da. Dabei ist das meiste an         ihrer Beziehung Show. Zu einer normalen Liebe nicht in der Lage,         schminken sie sich ihre kaputte Beziehung auf außergewöhnlich,         grandios, einmalig. Auserwählte des Satans brauchen keinen Sex,         brauchen keine Freunde. Im Gegenteil: Die vorgebliche Feindschaft der         Umwelt kittet die brüchige Bindung der beiden Egomanen.
Vielleicht hätte trotzdem alles noch anders         kommen können. Manuela, anfangs womöglich noch gestörter als Daniel,         lässt sich Anfang 2001 Antidepressiva verschreiben, beginnt eine         Psychotherapie. Damit sie vorm geplanten Selbstmord nicht austickt und         alles verdirbt, wie sie es selbst darstellt? Oder ist es eher ein         später Schrei nach Schutz vor sich selbst? So oder so, die Medikamente         schlagen nicht an. Der Therapeutin gelingt es nicht, den Panzer der         Patientin zu knacken.
Dani hält von Psychologie ohnehin nichts. Aber         er lässt Manu gewähren. Verlieren darf er sie auf keinen Fall. Er will         nicht zurück in das schwarze Loch, das weder Mantas noch Nazis füllen         konnten. Der Weg, den er mit ihr eingeschlagen hat, ist eine Sackgasse.         Er will und kann nicht zurück. Ruda marschiert weiter.
Im Frühling 2001 erhält er         "Befehle". Wie eine Ladung Daten, direkt aus der Unterwelt in         den Kopf gepresst, sagt er. 666, die Zahl des Satans aus der Offenbarung         des Johannes. Und die Sieben. Am 6. 6. soll er Manuela heiraten, damit         sie gemeinsam beerdigt werden können. Am 6. 7. werde der Satan in         Daniel Ruda fahren und sich eine Seele beschaffen. Manuela ist         einverstanden. Sie ist reisefertig. Will endlich weg aus diesem Leben.         Per Selbstmord zum Teufel. Und als Gastgeschenk einen umbringen. Ohne         Leiche können sie sich in der Hölle nicht sehen lassen, glaubt sie.
Am 6. Juni heiraten die beiden. Ganz in Schwarz         im Standesamt. Mit frischen Schnittwunden im Gesicht und einem         tätowierten Stacheldrahtring am Finger. Die Hochzeitsreise werde nach         Transsylvanien gehen, lügen sie dem herbeigeeilten Lokalreporter vor.         So ein Brautpaar hat Herten noch nicht gesehen.
VON TRANSSYLVANIEN erzählt Dani auch bei         Autoteile Unger, als er kündigt. Von einem neuen Job als         Dracula-Touristenführer. Nur mit Hacki bleibt er in Kontakt. Der         Arbeitskollege ist ein Seelchen, lieb, freundlich, Rudas genaues         Gegenteil. Hacki ist Beatles-Fan, schreibt heimlich an einem Krimi. Ein         witziger Typ.
Warum nicht dem Satan einen Hofnarren         mitbringen? Dani lädt Hacki für den 6. Juli als Ehrengast zur         Abschiedsparty ein. Erinnert ihn ein paarmal an den Termin. Holt den         Kollegen nachmittags aus Herten ab. Bringt ihn in Manus Wohnung und         wartet dann auf Befehle. Man plaudert, hört Musik.
Um halb acht geht Ruda ins Schlafzimmer. Holt         einen Zimmermannshammer. Wie auf Watte kommt er ins Wohnzimmer zurück.         Das Piepen in seinem Ohr wird lauter. Von hinten tritt er an Hacki         heran. Schlägt ihm den Hammer auf den Schädel. Wie auf einem         Plattencover von Cannibal Corpse: "Hammer Smashed Face".
Hacki ist nicht tot. Er steht auf. Ruda         schlägt noch mal zu. "Setz einen Herzstich", befiehlt er         Manu. Das Mädchen sieht ein Messer auf der Fensterbank grün leuchten,         greift es und sticht zu. Immer wieder. Bis Hacki endlich am Boden liegt.         Schlägt ihm da noch mit der Machete ins Gesicht. Schneidet ihm das         Pentagramm in den Bauch. Steckt das Skalpell daneben.
Manuela schneidet noch mit dem Teppichmesser an         den Pulsadern des Toten herum. Will sehen, wie das mit dem Selbstmord         funktioniert. Aber Suizid ist genauso mühsam wie Mord. Mit einem Schlag         ist es nicht getan und mit einem Schnitt auch nicht. Den traurigen Mut,         selbst zum Teufel zu gehen, bringen die beiden Satanisten nicht auf.
Stattdessen drohen sie mit neuen Verbrechen. 15         Namen schreibt Allegra an die Wand, Arbeitskollegen, Ex-Freundinnen,         Bekannte der Rudas. "Freut euch - ihr seid die Nächsten".         Darunter ein Pentagramm. Daniel setzt den Namen eines Kumpels aus         Skinhead-Tagen dazu.
DANN FLÜCHTEN DIE BEIDEN. Aber wohin? Zur         Heidenfront nach Skandinavien, wo sich Black-Metal- und Nazi-Fans zu         blutigem Treiben zusammengetan haben? Oder doch lieber nach         Sondershausen in Thüringen, wo drei "Kinder des Satans" 1993         einen 15-Jährigen nach einer schwarzen Messe erdrosselten? Das Ehepaar         Ruda fährt Richtung Osten, übernachtet in Hannover, lässt bei         Autoteile-Unger die Bremsen nachsehen und neue Reifen aufziehen. Auch         wenn man sich mit Selbstmordabsichten trägt, auf neue Befehle des         Satans wartet - einem Autoteileverkäufer geht doch nichts über ein         sicheres Fahrzeug.
Abends in Magdeburg, im nächsten Hotel, kommt         es zum einzigen Geschlechtsverkehr zwischen den Eheleuten. In rituellem         Rahmen natürlich, nur um die Kraft zu vereinen. Die hätte sonst nicht         mehr gereicht bis Sondershausen, wo die beiden über den Friedhof         geistern, auf der Suche nach dem Satanistenopfergrab. Sie finden es         nicht. Versuchen, eine Kirche abzubrennen, und schaffen auch das nicht.
Es ist der 9. Mai 2001: Bei Obi ersteht Dani         für 539 Mark eine Kettensäge der Marke "Dolmar". Er will         nicht mit leeren Händen dastehen, wenn der Satan neue Befehle erteilt.         Er fantasiert davon, wie ferngesteuert durch die Gegend zu laufen und         Leute zu halbieren, und vom anschließenden Wirbel in der Weltpresse.
Die Wirklichkeit ist weniger monströs. Manu         raubt mit vorgehaltener Gaspistole eine Packung Schlaftabletten aus der         Apotheke. Dani schnippelt an seinen Armen herum. Zum Selbstmord langen         Medikamente und Schnitte nicht. Sechs Tage nach dem Mord an Hacki         erkennt ein Thüringer das Satanistenpaar an einer Tankstelle in Jena.         Kurz darauf werden Manuela und Daniel Ruda festgenommen und ins         Ruhrgebiet zurückgeschafft. Dem bei der Bochumer Polizei wartenden         Pressepulk ruft Dani zu: "Warum denn so viel Aufwand? Es war doch         nur ein Mensch!"
MITARBEIT: DETLEF SCHMALENBERG
Bildunterschrift: In den Neunzigern treibt         Manuela in der Bochumer Gothic-Szene ihr Unwesen. Als schwarze         Prinzessin lässt sie sich mit männlichen "Latex-Zofen" an         der Kette auf Friedhöfen ablichten / Manuela - Jahre vor ihrer         mörderischen Verwandlung / Daniel Ruda - ein Junge aus einer         Arbeiterfamilie / Der arglose HACKI hatte keine Chance - Am 12. Juli         vergangenen Jahres ist das teuflische Spiel aus: In Jena werden Manuela         und Daniel Ruda unweit einer Tankstelle festgenommen - sechs Tage         nachdem sie Frank Hacki H. auf bestialische Art und Weise umgebracht         haben / "Es war doch nur ein MENSCH" -Diente das Plattencover         der Cannibal Corpse als Anleitung? Frank H. wird der Schädel mit dem         Hammer eingeschlagen. Danach sticht Manuela (l.) mit dem Fantasie-Messer         zu /
Fotonachweis: MARKUS MATZEL, DAS FOTOARCHIV.,         BODO SCHACKOW, BILDZEITUNG, BILDZEITUNG, JO SCHWARTZ
Todesliste an der Wand
 
I         m Prozess gegen das ?Satanisten-Paar? Manuela und Daniel Ruda haben         ehemalige Freunde ausgepackt. Die Zeugen bezeichneten das Wittener Paar         als aggressiv und größenwahnsinnig. ?Sie fühlten sich als         Todesboten Satans, die möglichst viele Seelen einzufangen hatten?,         erinnerte sich am Mittwoch ein 22-jähriger Bekannter im Zeugenstand des         Bochumer Schwurgerichts. Das martialische Auftreten bezeichnete er als         reines Imponiergehabe. Daniel Ruda sei nur noch sein Image wichtig         gewesen. ?Dafür ist er wohl auch über Leichen gegangen?, so der         Zeuge.

Arbeitgeber stand auf der Todesliste


         Der ehemalige Arbeitgeber Daniel Rudas bezeichnete seinen früheren         Mitarbeiter im Zeugenstand als pflichtbewussten und korrekten Menschen.         ?Er hatte bei uns eine absolute Vertrauensstellung?, sagte der         Leiter eines Geschäfts für Autoteile den Richtern. Erst Anfang 2001         habe sich sein bis dahin bester Angestellter verändert.

         Neben 15 anderen Menschen fand auch der 44-Jährige seinen Namen auf         einer ?Todesliste? wieder, die das Ehepaar vor ihrer Flucht nach         Thüringen an die Wand ihrer Wohnung geschrieben hatten.
?Freut         euch, ihr seid die nächsten?, stand unter der Namensliste.

In der Rolle des Satanisten gefangen


         Bereits fünf Monate vor der grausamen Bluttat vom 6. Juli 2001 hatte         der 26-jährige Ruda jeglichen Kontakt zu seinen früheren Kameraden         abgebrochen. Er sei unfreundlich geworden und habe plötzlich alles und         jeden gehasst. ?Er hat eine Rolle gespielt und konnte nicht mehr         zurück?, sagte ein früherer Freund aus. Manchmal habe sich Daniel         Ruda sogar als
gottgleich bezeichnet.

Vom Teufel persönlich beauftragt


         Die Eheleute hatten bereits zum Prozessauftakt gestanden, einen         33-jährigen Bekannten in ihrer Wohnung getötet zu haben. Den Auftrag         zu der bestialischen Bluttat wollen sie vom Teufel persönlich erhalten         haben. Bei der Untersuchung der Leiche zählte der Gerichtsmediziner         mindestens neun Herzstiche. Der Schädel des Opfers wies fast 30         Schädelverletzungen auf. ?Sie wurden mit der spitzen und der stumpfen         Seite eines Zimmermann-Hammers verursacht?, sagte der Sachverständige         vor Gericht. Die diabolische Zahl von insgesamt
66 Schlag-, Hieb- und         Stichverletzungen sei dagegen eher zufällig gewesen. Vermutlich         seien es ohnehin mehr.

         Das Urteil in dem Mordprozess soll am 31. Januar gesprochen werden.

 
24.01.02,                 18:55 Uhr (Quelle:                  dpa)