1. Weitere Speichermöglichkeiten
    1. Allgemeines
    2. Um die Schwungradenergiespeicher mit anderen Techniken vergleichen zu können, soll an dieser Stelle ein Überblick über weitere Möglichkeiten zur Speicherung in der Energieversorgung gegeben werden.

      Eine Speicheranlage in der elektrischen Energieversorgung besteht grundsätzlich aus einem Speicher und einem Wandler. Die verschiedenen Speicher kann man nach ihren Verlusten während der Speicherphase in Speicher erster und zweiter Klasse einteilen [22]. Bei Speichern erster Klasse ändert sich die Menge des Speichergutes über die Speicherzeit praktisch nicht, sie speichern also ohne Verluste. Speicher zweiter Klasse speichern verlustbehaftet, die Menge des Speichergutes nimmt mit der Zeit ab. Der Wandler hat die Aufgabe, die elektrische Energie beim Ladevorgang in eine speicherfähige Energieform umzuwandeln und beim Entladen wieder zurückzuwandeln. Er arbeitet nach dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik immer verlustbehaftet.

    3. Hydraulische Speicher
    4. Bei diesen Speichern ist zwischen Speicherkraftwerken mit und ohne natürlichem Zufluß zu unterscheiden. Zur besseren Vergleichbarkeit der Speicher untereinander werden hier nur die hydraulischen Speicher ohne natürlichen Zufluß betrachtet.

      Bei Pumpspeicherkraftwerken wird die elektrische Energie in Form von potentieller Energie des Wassers gespeichert. Das Speichermedium Wasser wird dabei zwischen zwei Becken mit unterschiedlichem Höhenniveau bewegt. Das Laden des Speichers erfolgt dabei mit Hilfe von elektrisch angetriebenen Pumpen. Bei umgekehrter Fließrichtung des Wassers werden Turbinen angetrieben, die mit Generatoren gekoppelt sind, und die gespeicherte Energie wird in elektrische Energie zurückgewandelt. Die Pumpen und die Turbinen moderner Pumpspeicherkraftwerke sind zu Pumpturbinen zusammengefaßt, was Platz und Kosten spart.

      Das Verhältnis von nutzbarer Energie zu aufgewendeter Energie wird zum einen von den Wirkungsgraden der Pumpturbinen und den Rohrreibungsverlusten der Gefällestrecke und zum anderen von den nicht zu vermeidenden Ruheverlusten aufgrund von Verdunstung und Versickerung des Wassers beeinflußt. Die Umwandlungsverluste liegen für den Pumpbetrieb in der Größenordnung von 15 % und für den Turbinenbetrieb in der Größenordnung von 10 %. Die Ruheverluste sind dagegen mit 0-0,05 % pro Tag vernachlässigbar, und man kann das Speicherbecken als Speicher erster Klasse ansehen [6,10].

      Die speicherbare Energie wird durch die zur Verfügung stehende Fallhöhe und das Volumen der Becken bestimmt. Die Zusammenhänge zwischen den charakteristischen Größen Leistung, Wirkungsgrad, Fallhöhe und Wasserdurchfluß und dem Energieinhalt sind stark nichtlinear. Die in großer Zahl vorhandenen Anlagen zeigen, daß sich mit Pumpspeicherkraftwerken große Mengen elektrischer Energie speichern und Leistungen bereithalten lassen, so daß sich diese Technologie sehr gut für Langzeit- als auch für Kurzzeitspeicherung eignet. Als Beispiel sei das Pumpspeicherkraftwerk Vianden erwähnt. Es ist für eine elektrische Leistung von 1100 MW im Turbinen- und 836 MW im Pumpbetrieb ausgelegt.

      Ein wesentlicher Nachteil der Pumpspeicherkraftwerke ist die Abhängigkeit von geeigneten topographischen Verhältnissen. Die Pumpspeicherkraftwerke sind daher meist weit entfernt von den Zentren des Energieverbrauchs, und der Wirkungsgrad der hydraulischen Speicherung wird damit weiter verringert.

      Pumpspeicherkraftwerke sind die einzigen großtechnisch realisierten Speicher, die heute im größeren Umfang in der elektrischen Energieversorgung eingesetzt werden.

    5. Thermische Speicher
    6. Charakteristisch an der thermischen Speicherung ist die umwandlungsfreie Speicherung der thermische Energie, die im Zwischenzustand der Energieumwandlung in thermischen Kraftwerken entnommen wird.

      Der Dampf wird in einem Speicher, der aus einer oder mehreren Einheiten besteht, zwischengelagert. Man unterscheidet zwischen Gefälle- und Gleichdruckspeichern.

      Die Speicherbehälter sind druckdichte Stahlkessel. In diese Kessel strömt bei der Gefällespeicherung der heiße Dampf ein, wobei er kondensiert und seine Verdampfungswärme an das umgebende Wasser abgibt. Dadurch steigt der Druck und die Temperatur des Wassers an. Im vollgeladenen Zustand ist der Dampfspeicher bis etwa 90 % mit Wasser gefüllt.

      Beim Ausspeichern wird von den verbleibenden 10 % Wasserdampf derselbe entnommen, wodurch der Druck im Speicherkessel abnimmt und eine Nachverdampfung des heißen Wassers stattfindet. Man kann solange Dampf entnehmen, bis die Temperatur im Speicher über die Sättigungstemperatur bei dem jeweiligen Druck ansteigt. Der entnommene Dampf kann dann wieder in die Dampfturbine eingekoppelt werden, allerdings auf niedrigerem Druckniveau als der ausgekoppelte Dampf.

      Der Gleichdruckspeicher ist prinzipiell Wärmetauscher und Speicher in einem. Während des Ladevorgangs wird mehr Kesselspeisewasser als notwendig durch überschüssigen Dampf erwärmt und gespeichert. Bei der Entladung wird das heiße Speisewasser entnommen und dem Kessel zugeführt. Da während der Entladung weniger kaltes Speisewasser vorgewärmt werden muß, braucht man hierfür weniger Dampf. So kann der Turbine mehr Dampf zugeführt und somit mehr Leistung erzeugt werden.

      Die Ein- und Ausspeicherung der Wärme geschieht bei Gefälle- und Gleichdruckspeichern mit Wirkungsgraden von 0,76-0,985 % in Abhängigkeit von der Schaltung der Speicher im Gesamtsystem [24].

      Während der Speicherphase geht trotz Isolierung der Behälter Wärme an die Umgebung verloren, daher sind thermische Speicher in die zweite Klasse einzuordnen.

      Das Prinzip der thermischen Speicher wird schon seit den zwanziger Jahren angewandt. Heute werden Dampfspeicher vorwiegend zur ausfallsicheren Versorgung von Prozeßdampf in der chemischen Industrie eingesetzt. Eine Ausnahme bildet das Heizkraftwerk Charlottenburg in Berlin. Hier wurde von 1929 bis zumindest 1987 eine Speicheranlage mit einem Nutzvolumen von 4480 m3 anfänglich zur Abdeckung von Strombedarfsspitzen und später als Sofortreserve eingesetzt [25].

    7. Druckluftspeicher
    8. Die Druckluftspeicherung ist direkt an den Ort der Stromerzeugung durch eine Gasturbinenanlage gebunden. Der Luftkompressionsprozeß des Verdichters kann durch die Druckluftspeicherung zeitlich vom Entspannungsprozeß in der Turbine und somit von der Stromerzeugung entkoppelt werden. Die Kompression findet dabei in Schwachlastzeiten statt. Dabei wird der Verdichter allein vom Generator angetrieben, die Turbine steht still.

      Die verdichtete Luft wird bei Drücken bis zu 70 bar in der Regel in großen unterirdischen Hohlräumen wie zum Beispiel Salzkavernen gespeichert. Während der Speicherphase kommt es durch Dichtprobleme und Löslichkeit im Wasser zu einem Druckverlust, der mit 7 % pro Tag angegeben wird. Somit ist auch der Druckluftspeicher ein Speicher zweiter Klasse.

      In Spitzenlastzeiten wird dann die verdichtete Luft der Brennkammer und schließlich der Turbine zugeführt. Die Turbinenleistung kann dann vollständig an den Generator abgegeben werden und muß nicht noch zusätzlich den Verdichter antreiben.

      Die weltweit erste Druckluftspeicher-Gasturbinenanlage ist seit 1977 in Huntdorf bei Bremen in Betrieb. Sie hat eine Generatorleistung von 290 MW, und die Speicherkapazität reicht für eine vierstündige Entladung bei Vollast aus. Die Anlage arbeitet mit einem Wirkungsgrad von 41,8 %, der aber nicht mit einem Speicherwirkungsgrad zu vergleichen ist, da in der Brennkammer zusätzlich chemische Energie zugeführt wird [26,27].

    9. Batterie
    10. In Batteriespeichern wird elektrische Energie in Form von chemisch gebundener Energie gespeichert. Zur Zeit der Gleichstromversorgungsnetze wurden Batteriespeicher in erheblichem Umfang zur Spitzenlastdeckung und zur Sofortreserveleistung eingesetzt. Allein in Berlin waren 1930 Batterien mit einer gesamten Leistung von 186 MW bei 20-minütiger Entladung installiert [28].

      Die Blei-Säure-Batterie ist die am weitesten entwickelte Technologie. Sie wird heute in elektrischen Inselnetzen zur Frequenzregelung eingesetzt. Das Berliner Energieversorgungsunternehmen BEWAG betrieb von 1987 bis 1994 beispielsweise eine Batteriespeicheranlage mit einem Nennenergieinhalt von 14,4 MWh. Diese Anlage wurde geplant, als West-Berlin noch ein Inselnetz war. Mit dem Anschluß an das westeuropäische Verbundnetz wurde die Anlage nicht mehr zur Frequenzregelung benötigt und außer Betrieb genommen. Sie konnte eine Sofortreserveleistung von 17 MW zur Verfügung stellen. Weitere Typen mit wäßrigem Elektrolyt sind die Nickel-Cadmium-Batterie und die Nickel-Eisen-Batterie. Neuere Entwicklungen basieren im Gegensatz dazu auf Hochtemperaturverfahren mit festen Elektrolyten. Hier ist die Natrium-Schwefel-Batterie (NaS) als bekanntester Batterietyp zu nennen. Die kommerzielle Nutzung der NaS-Batterie ist jedoch aufgrund ihrer sehr hohen Kosten fraglich. Eine weitere Entwicklung ist die Zink-Brom-Batterie. Diese Batterietypen befinden sich derzeit jedoch noch in der Prototypphase.

      Batterien erreichen Wirkungsgrade von etwa 65-75 %. Hinzuzurechnen sind noch die Ruheverluste durch Selbstentladung sowie der Hilfsenergieverbrauch. Die Ruheverluste liegen bei herkömmlichen Blei-Säure-Batterien bei etwa 0,1-0,5 % pro Tag, NaS-Batterien erreichen günstigere Werte. Batterien können daher je nach Bauart und Typ als Speicher erster oder zweiter Klasse eingestuft werden. Der große Nachteil von Batterien ist ihre geringe Lebensdauer, die auf wenige tausend Vollzyklen begrenzt ist.

      Das Besondere an Batterien ist, daß die Batterie gleichzeitig Speicher und Wandler ist. Batterien arbeiten nur mit Gleichspannung, und es muß beim Einsatz in der elektrischen Energieversorgung zusätzlich eine Gleichrichterschaltung vorhanden sein. Ein generelles Problem der Batterien ist die Gefährdung der Umwelt durch die zum Teil giftigen Inhaltsstoffe.

    11. Wasserstofftechnologie
    12. Der energietechnischen Nutzung der Wasserstofftechnologie wird für die Zukunft eine große Bedeutung beigemessen. Für den Wasserstoff bestehen wegen seiner physikalischen und chemischen Eigenschaften vielfältige Einsatzmöglichkeiten der indirekten Speicherung elektrischer Energie.

      In der Elektrolyse wird Wasser mit Hilfe der elektrischen Energie in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff zerlegt. Die Elektrolyse ist nach heutigem Stand das wirkungsvollste Verfahren zur Herstellung von Wasserstoff. Hier ist die alkalische Elektrolyse die am weitesten entwickelte Technologie. Die Hochtemperatur-Elektrolyse verspricht aber bessere Entwicklungsmöglichkeiten mit günstigeren Wirkungsgraden. Der Wirkungsgrad wird in der Größenordnung bis zu 65 % bei alkalischer und bis zu 95 % bei der Hochtemperatur-Elektrolyse liegen.

      Die Speicherung von Wasserstoffgas benötigt ähnliche Komponenten wie die Erdgasspeicherung. Neben den konventionellen Speichermethoden wie Untertagespeicherung, Übertage-Druckgasspeicherung und Flüssigwasserstoffspeicherung gibt es andere Konzepte wie Metallhydrid- und Kryoadsorberspeicherung, die wesentlich höhere Energiedichten erreichen. Die Untertage- oder Übertage-Druckgasspeicherung für den Kurzzeitbereich und die Untertage- oder Flüssigwasserstoffspeicherung für den Langzeitbereich sind aus heutiger Sicht die wirtschaftlich günstigsten Optionen.

      Aufgrund der geringen Ruheverluste von weniger als 0,01 % pro Tag sowie der erreichbaren hohen Speichervolumina sind sowohl Langzeit- als auch Kurzzeitspeicherung möglich. Wasserstoffspeicher zählen daher zu den Speichern erster Klasse.

      Die Rückwandlung des Wasserstoffs in elektrische Energie kann mit Hilfe der konventionellen thermodynamischen Prozesse erfolgen. Der Einsatz von Brennstoffzellen erlaubt eine direkte Umwandlung der chemisch gespeicherten Energie in elektrische Energie. Die Rückwandlung geschieht bei Wirkungsgraden, die auch im Teillastbetrieb größer als 55 % sind. Als Reaktionsprodukt entsteht nur Wasser. Die Kompaktheit der Brennstoffzellen macht auch einen mobilen Einsatz möglich.

      Da die Elektrolyse nur mit Gleichspannung betrieben werden kann, und die Brennstoffzelle auch nur Gleichspannung liefert, muß beim Einsatz in der elektrischen Energieversorgung noch ein Umrichter vorhanden sein.

    13. Supraleitender magnetischer Energiespeicher
    14. Im magnetischen Feld supraleitender Spulen lassen sich auf sehr engem Raum große Energiemengen speichern, da die Supraleitung hohe Stromdichten bis 300 A/mm2 und damit hohe Induktionen ermöglicht. Supraleitende magnetische Energiespeicher haben neben Kondensatoren, die jedoch als Energiespeicher kaum eine Rolle spielen, als einzige Speicher die Eigenschaft, daß sie die elektrische Energie direkt speichern und nicht in eine andere Energieform umwandeln müssen.

      Zur Herstellung der Supraleiter wird heute in der Regel NbTi oder Nb3Sn verwendet. Das Problem der Supraleitung ist die Bereitstellung der sehr tiefen Temperaturen und die damit verbundenen Energieaufwendungen in den Kühlanlagen. Die in der Literatur angeführten Angaben zur volumenbezogenen Energiedichte beziehen sich üblicherweise auf das Volumen des von der Spule umschlossenen Magnetfeldes. Bei einer Induktion von 10 Tesla beträgt die Energiedichte ca. 11 kWh/m3.

      Der Gesamtwirkungsgrad dieses Speichertyps ist wie beim Schwungradspeicher sehr stark von den Speicherzeiten abhängig. Bei Ruheverlusten von etwa 12 % pro Tag kann eine Langzeitspeicherung von vornherein ausgeschlossen werden, der supraleitende magnetische Energiespeicher ist somit als Speicher zweiter Klasse einzustufen. Den einzigen Einsatzbereich stellt auch hier die Kurzzeitspeicherung dar, wobei diese Speicher recht gute Wirkungsgrade erreichen können. Auch bei den supraleitenden magnetischen Speichern muß beim Einsatz in der elektrischen Energieversorgung zusätzlich ein Stromgleichrichter vorhanden sein.

      Supraleitende Speicher befinden sich heute noch in der Entwicklungsphase. Ausgeführte Anlagen werden überwiegend eingesetzt, um kurzzeitig Leistung bereitzustellen. Größere Anlagen mit Leistungen im GW-Bereich sind geplant, aber noch nicht realisiert [29].

    15. Vergleich der verschiedenen Speichermöglichkeiten

Speicher

Dampf-speicher

Druckluft-speicher

Pump-speicher

Wasserstoff-speicher

Batterie

Schwung-rad

SMES

Gesamt-wirkungsgrad

65-95 %

42 %

65-80 %

30-60 %

65-75 %

70-90 %

40-99 %

Ruheverluste/Tag

-

5-10 %

0-0,05 ‰

0-0,08 %

0,1-0,5 %

 

12 %

leistungsabh. Kosten [DM/kW]

200-500

420

2000-4000

500-3000

400

850

1500-3000

volumenabh. Kosten [DM/kWh]

110-130

-

1-3

0,1-125

200-2000

8500

60

Entwicklungsstand

ausgereift

ausgereift

ausgereift

Prototyp

Prototyp/
ausgereift

Entwick-lung/aus-gereift

Entwick-lung

typ. Einsatzgebiet

Primär- und
Sekundärregelung

Spitzen-last

Spitzenlast und Sofort-reserve

Langzeit

Kurzzeit,
Sofortreserve

Kurzzeit

Kurzzeit

Tabelle 2: Vergleich der Speichertechniken [19,27,29,30]

Die in Tabelle 2 angegeben Werte sind aus verschiedenen Quellen entnommen. Die große Bandbreite der Werte kommt zustande, weil sich die Werte in den einzelnen Quellen zum Teil erheblich voneinander unterscheiden.

 

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