Glaubensflüchtlinge in Emden

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Die spanische Herrschaft übte Druck auf die niederländischen Anhänger der Reformation aus. Dies hatte zur Folge, dass viele Religionsflüchtlinge Mitte des 16. Jahrhunderts in Emden eine Zuflucht suchten. Es kam ein Strom von Einwanderern bestehend aus Kaufleuten, Handwerkern, Tuchmachern, Schiffern und anderen Leuten aus Holland, Friesland und Brabant. Dadurch wurde Emden zum geistigen Mittelpunkt des Calvinismus.

Die Einwohnerzahl Emdens stieg von 3.000 Einwohnern zu Beginn des 16. Jahrhunderts auf 15.000 Einwohner (vgl. Abbildung 17 ). Damit war Emden die drittgrößte Stadt an der Nordseeküste. Ein Problem stellten zu dem Zeitpunkt die räumliche Enge und das Fehlen von Wohnhäusern dar. 1570 wurden im Zuge einer Stadterweiterung die Dörfer Groß- und Klein-Faldern durch einen Wall und einen Graben mit in das Stadtgebiet einbezogen. Im frühen Mittelalter waren die beiden Dörfer zwei unabhängige Siedlungen in einer strategisch wichtigen Lage für Emden. Der Stadtteil Klein-Faldern wurde durch zwei Bastionen (Zwinger) gesichert, die dem Wall vorgelagert waren: Der weiße Mühlenzwinger und der Borssumer Zwinger. Im Jahre 1621 wurde ein weiterer Zwinger, der Emszwinger, ausgebaut (vgl. Hummerich, 2000, S. 15).

Emden hatte zu dieser Zeit ein recht „holländisches Aussehen“: Das Verlagswesen, die Malerei, Bildhauerei, die Kunst und das Bauwesen entfalteten sich reichhaltig. Die neuen Bürger brachten neben ihren Kenntnissen und Fähigkeiten auch ihr Kapital mit in die Stadt. Dadurch wurde Emdens Wirtschaftskraft um ein Vielfaches gesteigert. Die Stadt drückte ihren neu gewonnenen Reichtum durch eine „rege Bautätigkeit“ (Eichhorn, 1972, S. 58) aus. Zwischen 1574 und 1576 wurde das Emder Rathaus von Laurenz van Steenwinkel nach dem Vorbild des Antwerpener Rathauses zur Zeit der Renaissance gebaut. Das Besondere an diesem Rathaus war, dass die Durchfahrt durch das Gebäude nicht in der Mitte lag. Sie diente als Verbindungsstraße zwischen der Altstadt und Groß- und Klein-Faldern.

Die beiden Hafendelfte, zahlreiche schiffbare Kanäle und viele Brücken im Inneren der Stadt mit dem Rathaus als Mittelpunkt gaben Emden ein venezianisches Ansehen. Emden wurde zu der Zeit auch als „Klein Amsterdam“ oder als „nordisches Venedig“ (Fürbringer, 1892, S. 17) bezeichnet. Des weiteren wurden am Hafen hohe spitzgieblige Stapel- und Packhäuser gebaut. In der Altstadt und in den Stadtteilen von Faldern entstanden zahlreiche Handels- und Bürgerhäuser mit Wasseranschluss nach Amsterdamer Vorbild mit „reichverzierten flämisch-niederländischen Renaissancegiebeln“ (Eichhorn, 1993, S. 17). Zudem bauten einflussreiche Familien ihre Stadtsitze in Emden. So entstanden der Valkhof (um 1535), das Gödenser Haus (1551) und die Klunderburg (1552) (vgl. Schöningh, 1974, S. 13).

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