Wirtschaftlicher Niedergang

zurück zur Homepage | zurück zur Inhaltsübersicht | zur Literaturliste

 

Gegen Ende des 16. Jahrhunderts setzte eine stark rückläufige Tendenz im Emder Wirtschaftsleben ein, die durch folgende Ereignisse begründet war:

In den 80er und 90er Jahren des 16. Jahrhunderts fand eine Rückwanderung der niederländischen Flüchtlinge in ihre Heimat statt, da die Spanier sich aus den wichtigsten Zentren im Norden der Niederlande zurückgezogen hatten (Schöningh, 1974, S. 14). Dies hatte für die Stadt Emden zur Folge, dass die niederländischen Häfen wieder verstärkt ihre Handelsfunktionen aufnahmen. „Emden blieb nicht mehr der konjunkturbegünstigte Ausweichhafen“ (Eichhorn, 1974, S. 6).

Um die Wende des 16. Jahrhunderts veränderten sich die Emder Hafenverhältnisse. Eine starke Sturmflut, die einen erneuten Dollarteinbruch zur Folge hatte, führte dazu, dass die Ems ihr Flussbett in Richtung Süden verlagerte. Durch die Erweiterung des Dollarts „verließ der Strom nach und nach seine unter den Mauern der Stadt entlang führende Schleife“ (Eichhorn, 1991, S. 9). Die ehemalige Emsschleife, die sich in die Emder Bucht verwandelte, drohte zu versanden. Die Zufahrt zum Emder Hafen wurde immer schwieriger. Dadurch waren die Erhebung der Emszölle und die Weiterführung des Stapelrechts gefährdet (vgl. Claudi, 1982, S. 151). Die Stadt suchte nach einer Lösung, um die Ems wieder in ihr altes Flussbett zu „zwingen“. Eine 4,5 km lange Eichenspundwand, das „Nesserländer Höft“, wurde gebaut, um den neu entstandenen Flussverlauf abzuriegeln und den Fluss in seinen alten Verlauf zu bringen. Dieses Projekt erwies sich aber als zu kostspielig. Rund 50 Jahre später musste das teure Bauwerk aufgegeben werden, „weil die Unterhaltsarbeiten die in dieser Zeit zurückgehende wirtschaftliche Kraft Emdens überschritten“ (Kramer, 1967, S. 26). Die Ems floss nun ca. 3 km vom alten Innenstadthafen entfernt in einem neuen Flussbett.

Der Rückgang des Seehandels und die damit verbundene rückläufige Wirtschaft zum Ausklang des 16. Jahrhunderts führten in zunehmenden Maße zu Spannungen gegenüber dem Grafenhaus und den Bürgern. Diese Spannungen wurden einerseits durch die Politik des zu der Zeit regierenden Grafen Edzard II. verstärkt: Im Laufe dieses Jahrhunderts hatte er die Rechte der Bürger stark eingeschränkt. Beispielsweise wurde den Bürgern das Recht, den Rat und einen Bürgermeister zu wählen, von ihm aberkannt. Eine politische Bürgerrechtsbewegung forderte deshalb von dem Grafen mehr städtische Selbstverwaltung.

Andererseits wurden die Spannungen durch konfessionelle Gegensätze zwischen Edzard II. und dem Bürgertum hervorgerufen. Der Graf hatte sich nach seiner Hochzeit mit einer lutherischen schwedischen Königstochter im streng reformierten Emden zum Luthertum bekannt.

Am 18. März 1595 kam es zu einem Aufstand der Bürger, der „Emder Revolution“. Das Bürgertum stürmte das Grafenhaus. Mit niederländischer Unterstützung setzte sich die Stadt gegen die Landesherrschaft durch und errang somit eine weitgehende Unabhängigkeit, die bis zum Einsetzen der preußischen Regierung 1744 anhielt. Emden wurde ein Staat im Staate (vgl. Beirich, 1950, S. 28 ff).