Auf dem Weg zu einer Revolutionären Kommunistischen Internationale
Internationale Zusammenschlüsse kommunistischer und revolutionärer
Parteien und Organisationen:
Proletarische Rundschau Nr. 13, Dezember 2003
Die Internationale Kommunistische Bewegung (IKB) hat zwar einen größeren
Einfluss in Klassenkämpfen und Volksbefreiungsbewegungen als es ihrer
organisatorischen und vor allem personellen Stärke entspricht, aber tatsächlich
sind es derzeit nur einzelne Regionen, wo die Kommunist/innen wirklich führenden
Einfluss in Massenkämpfen haben. Das liegt einerseits an der relativen
Schwäche der Arbeiter/innenklasse und ihrer Defensive im Kampf gegen die
internationale Front des Monopolkapitals - Kommunist/innen zeichneten sich
historisch vor allem als Vorkämpfer in offensiven Situationen aus. Andererseits
sind die landläufig als "kommunistische Bewegung" zusammengefassten
Kräfte seit Ende der 1940er Jahre weltweit immer mehr zersplittert und
in keiner einheitlichen Organisation mehr zusammengeschlossen.
Der Browderismus in den USA, der Titoismus in Jugoslawien und der frühe
Euro-Revisionismus waren in den 1940er Jahren die bekanntesten revisionistischen
Strömungen am Rand der IKB, bevor es in den 1960er Jahren zum unversöhnlichen
Bruch zwischen dem Chruschtschow-Breschnew-Revisionismus und der sich neu formierenden
Internationalen Marxistisch-Leninistischen Bewegung (IMLB) kam. In nahezu allen
Ländern der Welt wurden neue Parteien und Organisationen aufgebaut, die
sich auf die klassischen revolutionären Positionen von Marx, Engels, Lenin
und Stalin für den Klassenkampf in ihrem Land stützten und sich dabei
die aktuelle Kritik der KP China, PdA Albanien und anderer Parteien am Moskau-Revisionismus
nutzbar machten. Während es in den imperialistischen Ländern fast
nirgends gelang, den (mehr oder weniger großen) traditionellen Einfluss
der moskau-revisionistischen Parteien in Teilen der Arbeiter/innenklasse nachhaltig
zu brechen und zu überflügeln, traten in vielen ehemaligen Kolonien
und in Neokolonien Marxistisch-Leninistische Parteien und Organisationen an
die Spitze der Volkskämpfe gegen den Imperialismus. Doch keine der einflussreichen
marxistisch-leninistischen Parteien unternahm ernsthafte Anstrengungen zur
Vereinheitlichung der IMLB und zur Schaffung eines festen organisatorischen
Zusammenschlusses. Folge davon war, dass in einer großen Zahl von Ländern
mehrere marxistisch-leninistische Organisationen mit Parteianspruch nebeneinander
bestanden, die sich oft sture Konkurrenzkämpfe lieferten, statt gemeinsam
auf eine Klärung der revolutionären Linie und der Hauptaufgaben im
eigenen Land hinzuarbeiten.
Ende der 1970er Jahre wurde ein Rückgang der revolutionären Volksbewegung
weltweit deutlich, und zur selben Zeit trat ein Teil der IMLB nach der Konferenz
von Tirana (Albanien) 1978 aggressiv gegen die angeblich falschen Theorien
von Mao Zedong auf, die eine Restauration des Kapitalismus in Chinas herbeigeführt
hätten. Zur gleichen Zeit stifteten die Anhänger des chinesischen
Deng-Revisionismus (und der 3-Welten-Theorie) zusätzliche Verwirrung in
der Bewegung. Rasch zerfiel darauf hin die ohnehin nicht sehr einheitliche
IMLB in viele verschiedene Strömungen, die meisten Parteien und Organisationen
unterhielten bald nur noch bilaterale Kontakte. Ab den 1980er Jahren gab es
keine internationale Diskussion mehr in der gesamten IMLB, weil die "Hoxhaisten" die "Maoisten" und
diese wieder die Anhänger der "Mao-Zedong-Ideen" usw. verachteten
und umgekehrt. Im Zusammenhang mit der ideologischen Verwirrung nach der Auflösung
des sozialimperialistischen Blocks unter Führung der Sowjetunion, sind
eine Reihe von opportunistischen Kräften innerhalb der IMLB im revisionistischen
Sumpf verschwunden oder haben sich überhaupt aufgelöst, andere haben
sich neu gruppiert und trotz der international ungünstigen Lage einen
neuen Anlauf in der Festigung und Verankerung ihrer Parteien unter den Volksmassen
genommen.
Am Anfang des 21. Jahrhunderts gibt es einige größere und viele
kleinere internationale Zusammenschlüsse innerhalb der IMLB. Die konkreten
Ansätze sind ebenso verschieden wie die theoretischen Auffassungen über
die derzeitigen Hauptaufgaben im internationalen Rahmen: Einige verstehen sich
vor allem als Diskussionsforen, andere als Koordinationsstellen für Volkskämpfe,
aber es gibt auch Zusammenschlüsse mit dem Anspruch, Ansatzpunkt und Kern
einer künftigen neuen Revolutionären Kommunistischen Internationale
zu sein.
Wer im Internet unter der Adresse www.broadleft.org die "antirevisionistischen
Parteien" anklickt, findet Links zu etwa 350 im Internet vertretenen Parteien
und Organisationen, die sich selber als "marxistisch-leninistisch" oder "marxistisch-leninistisch-maoistisch" verstehen,
sich positiv auf den Aufbau des Sozialismus in der Sowjetunion unter Stalins
Führung beziehen und mehr oder weniger ausdrücklich den Chruschtschow-Breschnew-Revisionismus
ablehnen. (Darüber hinaus gibt es natürlich vor allem außerhalb
EUropas und der USA noch eine ganze Reihe von Parteien und Organisationen,
die keine Internet-Homepage haben.)
Unter diesen Parteien und Organisationen sind uns derzeit fünf größere
internationale Zusammenschlüsse bekannt, die sich am einfachsten durch
ihre unterschiedliche Einschätzung der Beiträge der KP Chinas und
Mao Zedongs zum Marxismus-Leninismus unterscheiden lassen. (Die Zeitschriften
und Dokumente erscheinen in verschiedenen Sprachen, wir verwenden hier v.a.
die englischen Bezeichnungen.)
RIM "A World To Win"
Unter den an Mao Zedong orientierten Parteien gibt es drei größere
Zusammenschlüsse, von denen die Revolutionäre Internationalistische
Bewegung (RIM) die älteste und gefestigtste ist. Die RIM, die 1980 gegründet
wurde und die Zeitschrift "A World to Win" (AWTW) herausgibt, bezeichnet
sich seit 1993 als "marxistisch-leninistisch-maoistisch" und betont,
dass wir die 3. Stufe der Entwicklung des Kapitalismus und der Weltrevolution
erreicht haben, eine Situation, die sich wesentlich von der Epoche Lenins und
Stalins unterscheidet und in der der bewaffnete Volksbefreiungskampf der Völker
der Neokolonien (langandauernder Volkskrieg) das Hauptkettenglied im Kampf
für den Sturz des Imperialismus und die Errichtung des Sozialismus darstellt.
Die RIM ist der einzige internationale Zusammenschluss, der sich auf eine Grundsatzerklärung
stützt und regelmäßig grundlegende politische Erklärungen
auf klaren theoretischen Grundlagen veröffentlicht.
Bekannte Mitgliedsparteien der RIM sind z.B. die KP Nepal (Maoistisch), die
KP Peru und die Türkische KP(ML) bzw. Maoistische KP der Türkei.
"Vanguard"
Der Zusammenschluss marxistisch-leninistisch-maoistischer Parteien die den
Volkskrieg führen oder unterstützen steht in ideologischer Nähe
zur RIM. Es sind aber teilweise andere Parteien beteiligt und in den Dokumenten
wird die antiimperialistische Seite des Kampfes für die sozialistische
Weltrevolution noch stärker betont. Dieser Zusammenschluss gibt die Zeitschrift "Vanguard" heraus,
die vor allem Artikel in Zusammenhang mit dem Volkskrieg bringt. Er geht zurück
auf eine Konferenz im Dezember 1998 (anlässlich des 105. Geburtstags von
Mao Zedong), wo ein neuerlicher Versuch gemacht wurde, bewaffnet kämpfende
Parteien und sympathisierende enger zu verbinden, auch wenn sie aus unterschiedlichen
Gründen nicht an der RIM beteiligt sind. Die bekanntesten nicht an der
RIM, aber an "Vanguard" beteiligten Parteien sind die KP Philippinen
und die KP Indien/ML - People's War.
Für die regionale Koordination der Guerrilla-Einheiten und Volksarmeen
von Nepal, Indien, Bangla Desh, Sri Lanka, Philippinen usw. wurde im Jahr 2001
das Koordinationskomitee maoistischer Parteien und Organisationen Südasiens
(CCoMPOSA) gegründet.
IKMLPO - "IPK"
Der dritte und größte Zusammenschluss mit ausdrücklich "positivem
Bezug zu Mao" ist die "Internationale Konferenz Marxistisch-Leninistischer
Parteien und Organisationen" (IKMLPO), die als halb- interne Zeitschrift
die "Internationale Pressekorrespondenz" (IPK - englisch: International
Newsletter) mit Grundsatzartikeln der beteiligten Parteien herausgibt. Der
Untertitel der IPK lautet: "Verteidigt den Marxismus-Leninismus und die
Maotsetungideen". Daran wird auch die Einschätzung der beteiligten
Parteien zu den besonderen Beiträgen Maos zum Marxismus-Leninismus deutlich,
nämlich die Ablehnung der RIM-These vom "Maoismus" als 3. Stufe.
Die beteiligten Parteien (etwa 25) haben nicht den Anspruch, eine internationale
Organisation aufzubauen, sondern treffen sich etwa alle zwei Jahre auf Konferenzen,
wo verschiedene Fragen der wirtschaftlichen und politischen Entwicklung und
die Aufgaben der Kommunistischen Parteien diskutiert und die Gemeinsamkeiten
in Resolutionen zusammengefasst werden.
Die IKMLPO-IPK hat bis zu ihrer 7. Konferenz (Ende 2001) eine Entwicklung hin
zu klareren gemeinsamen Positionen durchgemacht; so sind heute z.B. keine Parteien
mehr vertreten, die das heutige China immer noch als sozialistisch einschätzen.
Bekannte Teilnehmerparteien sind die KP Philippinen, die MLP Deutschland, die
KP Südafrika (ML), die AKP Norwegen usw.
"Unity & Struggle" (Quito-Erklärung)
Es gibt eine zweite "Internationale Konferenz Marxistisch-Leninistischer
Parteien und Organisationen", die einmal jährlich die Zeitschrift "Unity
and Struggle" (U&S) etwa herausgibt. Die beteiligten Parteien beziehen
sich positiv auf die Konferenz von Tirana (Albanien) 1978, auf der festgestellt
wurde, dass "die Mao-Zedong-Ideen anti-marxistisch-leninistisch sind und
der Sache des Kommunismus schweren Schaden zugefügt haben".
Offizielle Grundlage des Zusammenschlusses ist die (wenig aussagekräftige)
Erklärung der Konferenz von Quito (Ecuador) 1994, die damals von 17 Parteien
unterzeichnet wurde, darunter die KP Albanien, KPD (Roter Morgen), KAP Frankreich,
MLKP Ecuador, KP Mexiko (ML) usw. Viele der früheren an der PdA Albanien
und Enver Hoxha orientierten Parteien haben sich in recht unterschiedliche
Richtungen entwickelt (KP von Brasilien, RKP Britannien) oder sich aufgelöst
(KP Spanien / ML) und sind nicht an U&S beteiligt. Heute handelt es sich
beim U&S-Zusammenschluss um eine nach außen weitgehend abgeschlossene
Vereinigung, die in ihrer Zeitschrift Schwerpunktartikel ihrer Mitgliedsparteien
veröffentlicht.
Brüsseler Konferenzen
Das jährlich in Brüssel stattfindende "Internationale Kommunistische
Seminar" (ICS) wird von der Partei der Arbeit Belgiens (PTB) organisiert
und stellt den größten, zugleich aber politisch-ideologisch und
organisatorisch unverbindlichsten Zusammenschluss von Parteien und Organisationen
dar, die sich als marxistisch-leninistisch verstehen. Im Jahr 2003 waren insgesamt
140 Parteien direkt oder indirekt beteiligt, 71 davon waren anwesend und weitere
69 schickten schriftliche Beiträge oder Solidaritätserklärungen.
Jedes Jahr stehen ein oder zwei Themen im Mittelpunkt, 2003 waren das Stalin
und die aktuelle Kriegsgefahr.
Das Spektrum der Teilnehmer/innen reicht von "maoistischen" Organisationen
wie der KP Philippinen und der "hoxhaistischen" PCML Ecuador über "antiimperialistische" bewaffnete
Organisationen wie die PFLP Palästinas oder die DHKP/C Türkei bis
hin zu Organisationen, die wir als "revisionistisch" oder "neorevisionistisch" einschätzen,
wie die KP Kubas, KP Vietnams und neu formierten ex-KPdSU-Organisationen wie
die KP Moldawiens, Litauens, Lettlands usw.
Über diese Parteien-Zusammenschlüsse hinaus gibt es eine Reihe anderer
Initiativen, die Anstrengungen unternehmen, um die internationale Zusammenarbeit
und Koordination der Internationalen Marxistisch-Leninistischen Bewegung im
Kampf zu entwickeln, auf die wir hier nicht näher eingehen können.
Dazu gehören z.B. die ILPS ("Internationaler Volkskampfbund")
und die WPRM (dt. VWBW, "Volkswiderstandsbewegung der Welt"), in
der keine Parteien, sondern deren Massenorganisationen zusammengeschlossen
sind.
Die KomAk-ml hat sich bisher bewusst keinem dieser internationalen Zusammenschlüsse
weiter angenähert. Das liegt einerseits an unserer Einschätzung,
dass wir vorher deutliche Fortschritte im Parteiaufbau im eigenen Land, vor
allem bei der Verankerung in den Kämpfen der Arbeiter/innenklasse, machen
müssen, bevor wir in der internationalen Arena auftreten und uns einbringen
können. Außerdem haben wir zu allen uns bekannten größeren
Zusammenschlüssen auch (unterschiedlich schwerwiegende) theoretische und
ideologisch-politische Differenzen.
Aus diesem Grund haben wir uns bisher darauf beschränkt, gemeinsame internationale
Erklärungen mit solchen Organisationen herauszugeben, mit denen wir im
Klassenkampf in Österreich auf kommunistischer Grundlage real zusammengearbeitet
haben (Marxistisch-Leninistische Partei Österreichs; Bolschewistische
Partei Nordkurdistan/Türkei; Neue Kommunistische Bewegung des Iran, Österreich)
und Orga- nisationen die aufgrund eines Naheverhältnisses zu diesen Organisationen
die Erklärungen ebenfalls unterschreiben (Bolschewistische Initiative
Deutschland; Kämpfen Lernen, Deutschland; KP Indien/ML- Red Flag).