Produktion - Reproduktion
Grundbegriffe des Marxismus-Leninismus
Proletarische Rundschau Nr. 14, März 2004
Produktion bedeutet Herstellung von Produkten (durch Einwirkung
auf die Natur/Umwelt). Was ist dazu nötig? Produktivkräfte, das sind:
Menschen, die produzieren und außerdem Rohstoffe oder Halbfertigprodukte
und Werkzeuge (oder Maschinen).
Reproduktion ist der Prozess
der nötig ist, damit
wieder (und immer wieder) produziert werden kann (z.B. am nächsten Tag)
- Wiederherstellung der Voraussetzungen zu neuer Produktion. (Im Kapitalismus
reden wir naturgemäß von kapitalistischer Produktion und Reproduktion.)
Produktion und Reproduktion folgen aufeinander.
Was ist nötig, damit wieder produziert werden kann? Neue Rohstoffe müssen
her, die Werkzeuge oder Maschinen müssen repariert werden usw. Im Kapitalismus
schaut der Kapitalist darauf, dass diese Produktivkräfte für den
nächsten Produktionszyklus wieder bereitstehen.
Die wichtigste Produktivkraft aber ist die menschliche Arbeitskraft und daher
muss auch sie reproduziert, wiederhergestellt werden, nachdem sie sich verausgabt,
also gearbeitet hat. Dafür erhält der arbeitende Mensch vom Kapitalisten
seinen Lohn, der Vertrag zwischen ihm und dem Kapitalisten gilt jeweils nur
solange, wie Arbeitskraft für den Kapitalisten verausgabt wird, also während
des Prozesses der kapitalistischen Produktion. Anschließend ist der arbeitende
Mensch selbst dafür verantwortlich, dass er am nächsten Tag wieder
seine Arbeitskraft verausgaben kann.
Was braucht der Mensch, um seine Arbeitskraft wiederherzustellen? Er braucht
zu essen, braucht einen Platz zum schlafen, braucht Kleidung, soll gesund bleiben,
braucht Ansprache, denn der Mensch ist ein soziales Wesen, braucht eine gewisse
Befriedigung kultureller und sexueller Bedürfnisse. Damit die arbeitende
Klasse insgesamt nicht ausstirbt, sondern weiterproduzieren kann (und daran
haben die Kapitalisten ein massives Interesse), muss sie sich auch in Form
von neuen Menschen, einer Nachkommenschaft, also Kindern reproduzieren.
Für
all das gibt es im Kapitalismus den Arbeitslohn, der zur Deckung der Reproduktionskosten
der Arbeiter/innenklasse nötig ist, das sind also
die Produktionskosten der Ware menschliche Arbeitskraft: die „...Summe
von Lebensmitteln – oder deren Geldpreis -, die durchschnittlich nötig
sind, ihn arbeitsfähig zu machen, arbeitsfähig zu erhalten und ihn
bei seinem Abgang durch Alter, Krankheit oder Tod durch einen neuen Arbeiter
zu ersetzen...“ (F. Engels: Einleitung zu Lohnarbeit und Kapital, MEW
6, S. 595)
Natürlich ist es so, dass die Reproduktionskosten der menschlichen Arbeitskraft
in unterschiedlichen Gesellschaften und auf unterschiedlichen Entwicklungsstufen
der Gesellschaft unterschiedlich sind.
Zu Beginn der kapitalistischen Industrialisierung setzte (wie auch F. Engels
und C. Zetkin feststellten), eine Tendenz in Richtung Auflösung der bürgerlichen
Familie ein. Das geschah, weil Frauen und Kinder als besonders geschickte und
besonders billige Arbeitskräfte in die Fabriken gezwungen wurden. Was
aber nicht dazu führte, dass der Bereich Hausarbeit nicht mehr von den
Frauen geleistet werden sollte – wie selbstverständlich verblieb
ihnen dieser Bereich, zusätzlich zur Fabrikarbeit. Berufstätigkeit
ist zwar Grundvoraussetzung für Gleichberechtigung, historisch führte
die Doppelbelastung aber dazu, dass es Frauen wesentlich erschwert war, sich
gewerkschaftlich oder politisch zu organisieren. Der gewerkschaftliche Organisationsgrad
um die Jahrhundertwende in Österreich war in jenen Berufen und Sparten
besonders niedrig, wo der Anteil der Frauen besonders hoch war – das
hat klarerweise Auswirkungen auf das Lohnniveau in diesen Branchen und auch
auf den Kampf gegen Kündigungen usw. Frauen waren billige Arbeitskräfte
und gehörten zu den ersten, die gekündigt wurden (und das ist bis
heute so geblieben). So ging die anfänglich hohe Beschäftigung von
Frauen in den Fabriken zurück, die Männer erhielten schließlich
höhere Löhne, die darauf berechnet wurden, dass männliche Arbeiter
ihre Arbeitskraft innerhalb der Familie in der bürgerlichen Gesellschaft
reproduzieren sollen. Das heißt, der männliche Arbeiter hatte mit
seinem Lohn auch die Lebensmittel für seine Frau und seine Kinder zu bezahlen,
ebenso die Miete usw. Gleichzeitig hat die Frau innerhalb der bürgerlichen
Familie die Funktion, einen großen Teil der Reproduktionsarbeit zu übernehmen.
Einerseits die Hausarbeit – putzen, waschen, kochen, auch die Erziehung
und Beschäftigung der Kinder, außerdem hat sie dem Mann sexuell
zur Verfügung zu stehen, auch wenn sie grade nicht will. Während
beider imperialistischer Weltkriege stieg der Lohn für weibliche Arbeitskraft,
sie wurde gebraucht, anschließend gab es wieder die Tendenz, die Frauen „zurück
an den Herd zu schicken“. In den letzten 50 Jahren stieg die Berufstätigkeit
von Frauen dennoch an. Doch ist der Lohn, den heute arbeitende Frauen kriegen,
immer noch „Dazuverdienst“ zu dem ihres Mannes, und die Reproduktionsarbeit
für ihre eigene Arbeitskraft und die ihres Mannes, sowie die Sorge für
ihre Kinder bleibt immer noch in erster Linie an ihr hängen. Der Verdienst
der Arbeiterin steigt auch dann nicht, wenn sie gar nicht mit einem Mann zusammenlebt
oder keine Kinder hat. Heute, 2004 erhalten Frauen immer noch weniger Lohn
als Männer (in Österreich durchschnittlich um 40%).