Ronald Kyrmse                                  kyrmse@yahoo.com.br

Die
Familie Kirmse
im Gasthofe zu Gerstenberg
bei Altenburg (S.-A.).
Von
Dr. med. Kurt Kirmse
Oberarzt
der Heilstätte Albertsberg
(Vogtland).

Vorwort.
Durch ein altes Familienwappen, das sich in unserem Besitze befindet, wurde ich veranlaßt, mich mit Wappenkunde und späterhin mit Familiengeschichte zu befassen. Angeregt durch diese Beschäftigung beschloß ich, alles, was über unsere Familie in Erfahrung gebracht werden konnte, zu sammeln und wenn möglich einen Familienstammbaum aufzustellen. Nach langjährigem, mühsamen Forschen und Suchen gelang mir auch mein schwieriges Vorhaben, und zu meiner Freude konnte ich einen Stammbaum abfassen, der lückenlos bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts zurückreicht. Mein Unternehmen fand bei allen Familienmitgliedern freundliches Entgegenkommen und bereitwillige Unterstützung, und überall wurde mir gern Auskunft erteilt; den größten Teil der mühsamen Abeit aber mußte ich natürlich persönlich erledigen. Soweit es die örtlichen Verhältnisse und meine Zeit erlaubten, machte ich die Nachforschungen an Ort und Stelle selbst, im anderen Falle auf schriftlichem Wege. In liebenswürdigster Weise stellte mir Herr Pfarrer Kunze in Treben die dortigen Kirchen- und Nachrichtenbücher zur Verfügung. Die Auszüge aus den Gerstenberger Kirchenbüchern stammen von Herrn Kantor Köhler in Gerstenberg, der diese Arbeit freundlichst übernommen hatte, und die Auszüge aus den Akten des Regierungsarchives zu Altenburg hat Herr Archivsekretär Geisenheiner in entgegenkommender Weise angefertigt.
Zu unserm Stammbaume habe ich eine kleine Abhandlung über unseren Namen, unsere Vorfahren und ihre Beziehungen zum Gasthofe zu Gerstenberg verfaßt und derselben die wichtigsten amtlichen Mitteilungen über unsere Familie sowie die Auszüge aus den Schriften des Herrn Pfarrer Höckner zu Treben beigefügt. Des letzteren Schriften sind nur noch in ganz vereinzelten Exemplaren vorhanden und schwer zugänglich, und deshalb habe ich die Auszüge daraus hier niedergelegt.
Wegen der bestehenden Papiernot, vor allem aber wegen der hohen Druckkosten habe ich mich möglichst kurz gefaßt und nur das Wichtigste dem Drucke übergeben. Vielleicht bleibt eine ausführlichere Abhandlung einer späteren besseren Zeit einmal vorbehalten. Alle Belege zum Stammbaume und zur Abhandlung sind in meinem Besitze und werden gern zur Einsichtnahme zur Verfügung gestellt.
Ich hoffe, daß meine wenigen Zeilen und der Stammbaum dazu beitragen werden, den Familiensinn zu wecken und zu fördern und das Zusammengehörigkeits- und Stammesbewußtsein zu stärken und dauernd zu erhalten.
           Albertsberg, 12. August 1920.
Kurt Kirmse.

Neben der jetzt üblichen Schreibweise unseres Familiennamens Kirmse fanden sich in den Kirchenbüchern, Akten und sonstigen Aufzeichnungen noch die Schreibarten Kirmsse, Kirmße, Kiermße, Kermße, Körmse, Kürmße, Kirmiße, Kirmes, Kirmeß, Kirms, Kirmß, Kyrms.
Ueber das Wort Kirmse und seine Bedeutung ist im deutschen Wörterbuch von J. und W. Grimm, Bd. 5 kurz folgendes angegeben: „Kirmes, Kirmse, Kirms, weiblich, sind die Kürzungen von Kirchmesse, in Mitteldeutschland gebräuchlich. Schon in der mittelhochdeutschen Zeit (12. Jahrhundert bis Mitte des 15. Jahrhunderts) ist bis jetzt nur die Kürzung Kirmesse bezeugt, durch Ausstoßung des ch entstanden, im Mittelniederdeutschen Kermisse, im Niederrheinischen des 14. Jahrhunderts Kirmisse, des 16. Jahrhunderts Kijrmissen, Kijrmis, Kyrmis, im Mittelniederländischen Kermisse, im 16. Jahrhundert auch Kermesse, im Neuniederländischen Kermis.
Formen: Die vollere Form Kirmesse, Kermesse, war im 16. Jahrhundert und später noch gebräuchlich, und die in der Endung gekürzte Form Kirmes, Kirmeß kommt schon im Mitteldeutschen des 15. Jahrhunderts vor. Weitere Formen sind Kirmis, Kirmüß, mittelniederdeutsch Kermisse, Kirms, Kerms, Kirmse.
Verbreitung: Kirms, Kerms gilt in Schlesien, Lausitz, Nordböhmen, Kirmse, Kermse, Kermst in Sachsen, Thüringen, Kermes, Kermeß in Henneberg, einer ehemaligen gefürsteten Grafschaft in Franken und südlichem Thüringen, Kirmes, Kermes am Nieder- und Mittelrhein. Die niederdeutschen Mundarten haben meist die vollere Form bewahrt, z. B. westfälisch Kermisse, doch kommen auch die Kürzungen vor, so Kirmse in Göttingen, Karms neben Karkmeß in Holstein. Die mitteldeutsche Form ist auch zu den benachbarten Slaven gedrungen, wendisch Kermusa, Kármuscha, polnisch kiermasz, böhmisch kermes, slovakisch karmes.
Bedeutung: Kirchmesse bedeutet die Messe, der Gottesdienst, der jährlich an einem bestimmten Tage zum Gedächtnis der Stiftung und Einweihung einer Ortskirche gefeiert wurde, die damit verbundenen Lustbarkeiten und Schmausereien im Orte und der hie und da zugleich abgehaltene Jahrmarkt, alles das als ein Ganzes, das wichtigste Jahresfest der Gemeinde, auch die Kirchweihe, der Kirchtag genannt. Der kirchliche Teil der Feier ist früh in den Hintergrund getreten, teilweise jetzt ganz verschwunden; im Vordergrunde stehen schon lange die weltlichen Festlichkeiten mit ihren Lustbarkeiten und Schmausereien.“
Wie sind nun unsere Vorfahren zu dem Namen Kirmse gekommen? Nach Rudolf Kleinpaul „Die deutschen Personennamen Ihre Entstehung und Bedeutung“ S. 20 gehört der Name Kirmse zu den Kleinkindernamen. Den kleinen Kindern wurde oft ein Name gegeben, der Bezug hatte auf besondere Begebenheiten bei der Geburt oder den Tag der Geburt. So erhielt eben ein Kind, das am Kirchweihfeste geboren wurde, von seinen Eltern den Namen Kirmse. Entsprechende Namen sind Jahrmarkt, Weihnacht, Ostertag u. a.
Noch eine andere Möglichkeit gibt es für unsere Namensbenennung. Ein Vorfahr von uns könnte den Namen Kirmse als Spitznamen bekommen haben, weil er sich auf der Kirmse in irgend einer Weise besonders hervortat. Als Schreiber dieses im Jahre 1903 Assistenzarzt bei einem Freunde in Lauscha (Thüringen) war, nahmen die dortigen Einwohner, die jedem einen Spitznamen beilegten, allgemein an, daß Kirmse der Spitzname wäre, und waren sehr erstaunt, als dies nicht der Fall war.
Die Familie Kirmse-Gerstenberg besitzt ein Familienwappen, das in der jetzigen Gestalt von mir entworfen und von einem der bedeutendsten Heraldiker der Gegenwart Herrn Geheimrat Seyler in Berlin als vom heraldischen Standpunkte aus in jeder Weise richtig anerkannt wurde. Von ihm ist es im Bürgerlichen Wappenbuche (Neuen Siebmacher) Bd. V. 11. Tafel 28 veröffentlicht worden. Mit Beziehung auf die Bedeutung unseres Namens Kirchweihfest stellt das Wappenbild eine mit Kirmesfahnen geschmückte Kirche dar. Zum Vorbilde diente die Kirche zu Gerstenberg, an deren Fuße unsere Vorfahren jahrhundertelang ansässig sind. Die Beschreibung des Wappens ist folgende: Die Farbe des Schildes ist golden; darin steht auf grünem Boden die weiße Kirche mit rotem Dache, schwarzen Tür- und Fensteröffnungen; zwei Fenster des Turmes sind mit je einem weißen Fähnchen besteckt. Auf dem Helme sind zwei Hörner, das rechte ist golden, das linke rot; in dem goldenen Horne stecken fünf rote, in dem roten fünf goldene Fähnchen. Die Helmdecken sind rot-gold.
Der Name Kirmse kommt als Familienname hauptsächlich in Thüringen, der Provinz Sachsen und dem angrenzenden Teile von Nordwestsachsen vor. In Süddeutschland und der Deutschen Schweiz ist er völlig unbekannt. Besonders verbreitet ist er im Ostkreise des ehemaligen Herzogtums Sachsen-Altenburg und hier wiederum vor allem in der Stadt Altenburg und den umliegenden Ortschaften. Fast in jedem Dorfe findet man eine oder mehrere Familien des Namens. Bereits im 16. Jahrhundert sind nachweislich etliche Familien Kirmse in Altenburg und den umliegenden Dörfern ansässig gewesen. In den noch vorhandenen Aufzeichnungen aus dem 16. Jahrhundert werden oft Kirmsens erwähnt. Die älteste Nachricht, die ich bis jetzt gefunden habe, stammt aus dem Jahre 1520, wo das Kapitel des St. Georgenstiftes in Altenburg am Freitag nach Oculi 1520 seinen Siedelhof in Gößnitz an Jakob Kirmse 1) um 550 Rhein. fl. verkaufte (Wagner, Collectaneen XII. S. 346). Im „Register über das Einkommen des Closters vffm Berge vor Aldenburgk. 1528“ sind als Zinspflichtige verzeichnet unter Rathenmewsel (Rodameuschel) Mathes Kirmße 2), unter Göhren Caspar Kyrms 3). Auch in Lossen war ein Bauer Urban Kirmes 4) ansässig, dessen Tochter mit einem Freunde Luthers, dem Pfarrer Johann Ruprecht, verheiratet war, der 1527 als Pfarrer nach Treben berufen wurde. 1542 wird der Pfarrer Johann Kirmeß 5) in Tegwitz von Utz von Ende als Pfarrer nach Zipsendorf berufen. In den Rechnungen über die Tranksteuer ist in den Jahren 1520—40 besonders oft Austen (Augustin) Kirmes, jedenfalls ein Altenburger Bürger, in Beziehungen zu den Dörfern Monstab und Nobditz (Nobitz?) erwähnt, ferner ein Anthonius Kirmes in Beziehung zu Kostitz und Jorge Kirmes in Beziehung zu Naschhausen, einem alten Orte bei Altenburg. Ob diese eben angeführten Personen mit unserer Familie Kirmse in Gerstenberg verwandt sind, war leider nicht nachzuweisen.
Die älteste sichere Nachricht über unsere Familie findet sich im Regierungsarchiv zu Altenburg verzeichnet und lautet: „Am Sonnabend nach Trium Regum (heil. drei Königen, 6. Januar) 1569 kauft „Oswald Kirmes, der Wirth zu Gerstenbergk“ von Jörge Rost zu Serbitz dessen in Serbitz gelegenes Gut für 1300 fl.“ Hiernach war also der Gasthof zu Gerstenberg 1569 schon im Besitze der Familie Kirmse. Wann er aber in ihren Besitz gekommen ist, hat sich bis jetzt noch nicht nachweisen lassen und wird wohl auch kaum festzustellen sein, da die Lehnsbücher des Rittergutes Oberzetzscha, dem die Erbgerichtsbarkeit über diesen Gasthof zustand, nur bis zum Jahre 1592 zurückreichen. Die Annahme, daß die Familie Kirmse den Gasthof schon Anfang des 16. Jahrhunderts besessen hat, ist irrig, da dafür keine stichhaltigen Belege zu erbringen sind. Im Gegenteil werden zu Anfang des 16. Jahrhunderts Wirte anderen Namens genannt. In den Aufzeichnungen des Nachrichtenbuches der Pfarrer zu Treben, die auch Pfarrer Höckner in seinen Schriften über die Parochie Treben verwendet, sind 1510 Glorius Gentsch, und 1515 Georg Lamp als Wirte in Gerstenberg verzeichnet. Der Gerstenberger Gasthof ist also in der Zeit zwischen 1515 und 1569 in den Besitz der Familie Kirmse gelangt. Sicher besessen haben ihn unsere Vorfahren schon 1552. Folgende Erwägungen berechtigen zu dieser Annahme. Elias Kirmse der Aeltere, der Sohn Oswalds, unseres ältesten bisher bekannten Vorfahren, starb am 1. April 1633 im Alter von 80 Jahren und ist demnach Anfang 1553 geboren. Von seinen Geschwistern waren die Geburtsjahre leider nicht zu ermitteln. Da Elias der Aeltere bei einer Lehnsauflassung vom Jahre 1593 von seinen Geschwistern, den Erben Oswalds, an erster Stelle genannt wird, so ist anzunehmen, daß er das älteste Kind war. Stimmt diese Annahme, so hat sein Vater Oswald mit Wahrscheinlichkeit spätestens im Jahre 1552 geheiratet. Berücksichtigt man weiter die Sitten und Gebräuche der Altenburger Bauern, so würde Oswald, wenn er den Gasthof nicht von seinem Vater übernommen hätte, in dem erwähnten Jahre in den Gasthof eingeheiratet oder ihn vor seiner Hochzeit gekauft haben. Nach alledem gehen wir wohl nicht fehl, wenn wir das Jahr 1552 als den spätesten Zeitpunkt bezeichnen, wo der Gasthof in den Besitz der Familie Kirmse gekommen ist. In welchem Ort die Familie Kirmse vor Gerstenberg ansässig war, hat sich bei den spärlichen Nachrichten aus der damaligen Zeit nicht feststellen lassen können. Eine Aufzeichnung im Nachrichtenbuche der Pfarrer zu Treben (s. S. 13) schien auf Zschaschelwitz hinzuweisen, aber die Nachforschungen im Regierungsarchiv zu Altenburg und den Kirchenbüchern zu Windischleuba ergaben keinen Anhalt dafür, daß damals in Zschaschelwitz eine Familie Kirmse gewohnt hat. Nach einer Aufzeichnung im Regierungsarchiv (S. 10) haben die Eltern von Elias dem Aelteren zur Mühle in Wintersdorf in Beziehung gestanden. Aber weder in den Meuselwitzern Handelsbüchern, auf die Bezug genommen wurde, noch in den Kirchenbüchern zu Wintersdorf, die allerdings nur bis 1617 zurückreichen, konnte in der Mühle zu Wintersdorf die Familie Kirmse nachgewiesen werden. Zu Anfang des 17. Jahrhunderts fand sich ein Müller namens Merten Fleck verzeichnet; im Orte Wintersdorf selbst war eine Familie Hanß Kirmeß (Frau Anna) und im benachbarten Pflichtendorf eine Familie Hanß Kirmße (Frau Barbara) ansässig. Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, daß die Frau von Oswald Kirmse aus der Wintersdorfer Mühle stammte.
Unsere Vorfahren gehörten jedenfalls zu den deutschen Ansiedlern, die im Mittelalter das Gebiet der Sorben besiedelten. Woher sie gekommen sind, läßt sich natürlich nicht sagen. Vielleicht sind sie aus dem benachbarten Thüringen eingewandert, da ja auch dort in manchen Gegenden der Name Kirmse als Familienname sehr häufig ist.
Von Beruf waren unsere Altvordern Bauern, die ständig in Gerstenberg ansässige Linie außerdem noch Gastwirte. Erst in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts ergriffen sie vereinzelt bürgerliche und gelehrte Berufe. Im großen und ganzen blieben sie dem Berufe ihrer Väter treu. Sie führten gewöhnlich als Bauern noch die Bezeichnung Anspanner und ihre Güter hießen Anspanngüter. Darunter verstand man früher im Altenburgischen die großen Bauerngüter, die mit Pferdegespannen ihre Fronen leisteten, im Gegensatz zu den Handgütern, deren Inhaber als Handarbeiter Frondienste verrichten mußten.
Unsere Vorfahren waren brave, fleißige, tüchtige Leute, die das Erbe ihrer Väter treu und gewissenhaft verwalteten. Durch ihrer Hände Arbeit brachten sie es zu Wohlstand und Ansehen. Auch zeichneten sie sich durch eine kirchliche Gesinnung aus. Der Kirche zu Gerstenberg vermachten sie manche Zuwendung und der Name Kirmse wird unter den Stiftern am häufigsten genannt. Unser heutiges Geschlecht kann mit Stolz auf seine Altvordern zurückschauen und muß ihr jederzeit gern und dankbar gedenken. Möge der Gasthof zu Gerstenberg noch weiter jahrhundertelang der Familie Kirmse erhalten bleiben und mögen all‘ die schönen Tugenden unserer Väter von den kommenden Geschlechtern weiter geübt werden.
Unser Stammgut, der Gasthof zu Gerstenberg bei Altenburg (S.-A.) liegt etwa in der Mitte des Dorfes auf dem rechten Ufer des Gerstenbaches am Nordabhange des Kirchberges, auf dem die altehrwürdige St. Michaelskapelle, das älteste Wahrzeichen der ersten christlichen Zeit im Altenburger Lande, weithin sichtbar ist. Im Westen grenzt der Gasthof direkt an die alte Handelsstraße Lucka-Windischleuba und ist auf den andern beiden Seiten von grünen Wiesen umsäumt. Mit dem Gasthofe ist ein Anspanngut verbunden, das 29 Hektar groß ist.
Zum Schlusse lasse ich noch einige wichtige amtliche Mitteilungen über unsere Familie und die Auszüge aus den Schriften des Herrn Pfarrer Höckner in Treben folgen.

Mitteilungen des Regierungsarchivs zu Altenburg.

Altenburg, den 8. Okt. 1918.
Durch die angestellten Nachforschungen konnte folgendes festgestellt werden:
1. Der Gasthof zu Gerstenberg befindet sich seit Jahrhunderten im Besitz der Familie Kirmse. Die Erbgerichtsbarkeit über diesen Gasthof stand dem Rittergut Oberzetzscha zu, dessen Lehnsbücher bis zum Jahre 1592 zurückreichen.
Die älteste Nachricht hierin ist eine Quittung, die Georg Müller zu Beschwitz (= Pöschwitz) im Jahre 1600 ausstellt, und zwar bekennt er Montags nach Judica 1600 in eheweiblicher Vormundschaft seines Eheweibes Magdalene, Oßwald Kirmse’s weiland in Gerstenbergk seligen hinterlassenen Tochter, daß er die seinem Eheweibe laut seines Schwagers Elias Kirmsens Kauf verordneten 378 fl. 19 gr. 3 Hlr. Vater- und Mutterteil ausgezahlt erhalten habe, nämlich: 114 fl. 11 gr. aus der Mühle in Wintersdorf besage des Meuselwitzer Handelsbuchs und 264 fl. 8 gr. 3 Hlr. von seinem Schwager Elias Kirmse wegen des Gasthofs zu Gerstenbergk und des Gutes zu Serbitz.
2. Am Sonnabend nach Trium Regum 1569 kauft „Oswald Kirmes, der Wirth zu Gerstenbergk“ von Jörge Rost zu Serbitz dessen in Serbitz gelegenes Gut für 1300 fl.
3. Am Sonnabend nach Jubilate 1593 erscheinen die Erben Oßwald Kirmse’s vor dem Deutschen Ordenshaus-Amte, welchem die Erbgerichte über das Serbitzer Gut zustanden, und bekennen, daß sie bereits 1577 dieses Gut an ihren Miterben, den Wirt Elias Kirmse in Gerstenberg überlassen hätten, die Lehnsauflassung bis jetzt aber unterblieben sei; sie erklären diese Auflassung.
Diese Erben Oßwald Kirmse’s waren seine Kinder: Wann Oßwald Kirmse den Gasthof zu Gerstenberg erworben hat und wer dessen Vorbesitzer war, kann von hier aus nicht festgestellt werden, da, wie am Eingange gesagt, die in Betracht kommenden Gerichtsbücher nur bis zum Jahre 1592 zurückreichen.
Altenburg, den 28. Oktober 1918.
Das Ergebnis der zufolge Ihres Gesuchs weiter angestellten Nachforschungen wird Ihnen in folgendem mitgeteilt:
1. Elias Kirmße verkaufte
a) am 4. Februar 1627 den Gasthof zu Gerstenberg mit den dazu gehörigen Feldern und Wiesen an seinen Sohn gleichen Namens für 3000 Gülden, erließ ihm aber am 6. September 1629 wegen der dem Käufer durch Einquartierung des fremden Kriegsvolks gewordenen Beschwerungen und wegen Baufälligkeit der Gebäude hiervon 500 Gülden,
b) am 20. November 1621 das Bauergut zu Serbitz an seinen Sohn Oßwald Kirmße für 2000 Gülden.
2. Nachdem Elias Kirmße, der ältere, den 1. April 1633, und seine Frau Walpa am 1. März 1633 verstorben waren, verteilten dessen Nachkommen am 13. Mai 1636 den elterlichen bezw. groß- und urgroßelterlichen Nachlaß; die Erben waren:
I. die nachgelassenen 6 Kinder der mit Hans Leupen in Thräna verheiratet gewesenen Tochter Eva: II. Magdalene, Matthes Pfefferkorn’s zu Langenleuba Eheweib,
III. „Ursula Peter Walters zu Penik gewesenes Eheweib sel. an dero statt ihre nachgelassene Acht Kinder, so sie mit zweyen Männern erzeuget:
Der ersten Ehe von Peter Waltern Viere: Der andern Ehe von Andreß Meußels auch Viere: IV. der Maria, Matthes Dostens zu Thräna gewesenen Eheweibs sel. nachgelassener Sohn Georg Dost,
V. Oßwald Kirmße zu Serbitz,
VI. Elias Kirmße, der Besitzer des Gasthofs zu Gerstenberg.
3. Am Michaelistage 1646 verkauften die Erben des verstorbenen Elias Kirmße (1 a oben) den Gasthof zu Gerstenberg an ihren Sohn bezw. Bruder Michael Kirmße; die Erben Elias Kirmße’s waren: Obgleich Elias der jüngste Sohn, demnach der Kürerbe war, übernahm doch der ältere Sohn Michael den Gasthof, und versprach, seinem Bruder Elias nach dessen Mündigkeit 50 fl. für die Kur zu zahlen.
4. Am 4. Juni 1669 verkauft der Erbrichter Oswald Kirmße in Serbitz (1 b oben) sein zu Serbitz gelegenes zweispänniges Pferdefrohngut an seinen Sohn Oswald Kirmße.
Aus diesem Kaufe geht hervor, daß der Verkäufer Oswald Kirmße zwei mal verheiratet und Vater folgender Kinder war:
aus erster Ehe: Elias Kirmse zu Serbitz und Anna, Georg Saupens zu Lehma sel. nachgelassese Witwe,
aus zweiter Ehe: Georg, Hanß, Oswald und Tobias und Eva, Salomon Pieglers in Teuzen Eheweib.
Daß Oswald Kirmse das Gut an seinen Sohn Oswald verkaufte, begründet er damit, „weil er zu demselben ein sonderbares gutes Vertrauen tragen thäte und der Hoffnung lebete, er werde ihm besser als der jüngste Sohn und Chürerbe Tobias Kirmse vorstehen und mit der Zeit gute Zahlung leisten.“
Ein Anhalt dafür, daß Vorfahren der Familie Kirmse in Zschaschelwitz ansässig gewesen sind, ist nicht gefunden worden.
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Mitteilung des Sachsen-Ernestinischen Gesamtarchivs zu Weimar.
Weimar, 30. Oktober 1918.
Das Gesamtarchiv besitzt aus dem 16. Jahrhundert an Akten, die im vorliegenden Falle hauptsächlich in Betracht kämen: Allgemeine Rechnungen des Amtes Altenburg (Abt. Bb.), Rechnungen über die Tranksteuer (Abt. Qq.) und Rechnungen über die Türkensteuer und ähnliche Abgaben (Abt. Pp.). Die beim Durchsuchen der Akten gemachte Ausbeute war gering. Die Abteilung Pp. enthielt für die Umgegend von Altenburg keine eigentlichen Register. In der Abteilung Qq. (Tranksteuer) bin ich dem Namen Kirmes in der Stadt Altenburg und in den Dörfern der Umgebung oft begegnet, nur gerade nicht in Beziehung zu Gerstenberg oder im Orte Gerstenberg. Bei der Beurteilung der Erwähnung von Namen in den Tranksteuerakten ist zu beachten, daß damals eine ganze Anzahl der Altenburger Bürger brauten oder schenkten, ohne Wirte zu sein, und daß auch auf dem Lande viel gebraut und geschenkt wurde. Bei der Kürze der Notizen kann man nicht immer genau sagen, ob es sich um Wirte handelt oder nicht. Kretzschams werden an verschiedenen Orten erwähnt (etwa von 1518 ab), auch einer in Gerstenberg. Für die anderen Orte sind auch häufig die Namen der Gastwirte angegeben, nur nicht für Gerstenberg. Der dortige Kretzscham wird in den Rechnungen nicht gesondert aufgeführt, anscheinend weil er nur Altenburgisches Bier schenkte und nicht selbst braute. Es heißt hierzu in Qq B 63 (anno 1522/23): „Gerstenbergk. Diße Cretschman schenckt Aldenburgisch bier und hat sieder (= seit) nechster rechnung auß der stadt gefurt 33 viertel“.
Besonders oft erwähnt wird zwischen 1520 und 1540 (so in Qq B 62, 66a, 71, 72b) Austen oder Augstenn (Augustin) Kirmes, jedenfalls ein Altenburger Bürger. Auch ein Anthonius Kirmes kommt in Beziehung zu Kositz oder Kostitz bei Altenburg vor. Ferner begegnet ein Jorge Kirmes in Beziehung zu Naschhausen (alter Ort bei Altenburg). Anthonius K. findet sich in Qq B 62, Jorg K. Qq B 61. Augustin Kirmes findet man in Beziehungen mit den Dörfern Monstab und Nobditz.
In der Rechnung Bb. 357 (Zoll und Geleit betr.) findet sich oft der „Wirt zu Gerstenberg“ mit Abgaben aufgeführt, und es wäre nicht unmöglich, daß man, wenn man alles durchläse, auch auf den Namen stieße. Ich halte das aber nicht für zweckmäßig.
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Auszug aus dem Nachrichtenbuche der Pfarrer zu Treben,
mitgeteilt von Herrn Pfarrer Kunze-Treben, in der Höckner’schen Schrift erwähnt Seite 71 und 38.
„Zum andern hat er (ob der Diakonus oder Kapellan) zu Gerstenbergk einzukommen:
1. Lehn- und Erbzins.
2. Drei Hufen Feldes und zwen Acker Wiesewachs. Vom Felde hat der Pfarrer zu Treben den zehnten an allem, was drauf erwächst, wie es mag nahmen haben, laut der alten Anno 1515, item 1527, ausdrücklich registratur. Von der Wiesen hat der Pfarrer jährlich zehn gl. Diese drei Hufen Landes sind anno 1578 uff Befehl und Anordnung der Kirchen Räthe richtig verlagt worden. Zehn steine stehen am Wege und an der Straße herunter von Altenburgk auf Treben. (Folgt Angabe der Steine.)
3. hat der Diakonus eine Scheune zu Gerstenberg gegen dem gleitshauß über zwischen Hanß Teilen und unten für des gleitsmanns fronhäußlin, hinten ists zwischen Elias Kirmßen haus dieß 1603. Jahr mit 3 steinen im Beisein des Pfarrers und ganzer Gemein mit beder parth willen verlaget. Darumb stehets einem Cappellan frey die Aecker und Wiesen selbst zu brauchen, weil eine Scheune dazu vorhanden. Aber es ist bishero Elias Kirmsen dem Wirth zu Gerstenbergk in einem gewissen Schiede das Feld und Wiese eingeräumet worden, wie er denn auch Macht hat, die Scheune zu gebrauchen. Was er einem Cappellane darum gibt, besaget ein uffs pappier gebrachter Contract, Nemlich
Zwanzigk nawe schock am gelde als alle quartal an solchen 20 Nßo fünf Nßo,
Fünf scheffel gut korn, halb uff Pfingsten die andere helfte nach der Ernde,
Zwe halbe hosen butter, Eine vff Pfingsten, die andere vff Michaelis,
Eine halbe Tonne kese, oder dafür 3 gülden,
Vier krüge voll milch, als Weyhnachten, Ostern, Pfingsten vndt auf die kirmeß Jdesmahl einen krug voll,
Zwene Butterwecken, Einen vff Pfingsten den andern vff die Trebener kirmeß,
Ein schock Rockstroh,
Muß Ihm auch aus der Bahna vier klaftern scheit, vnndt vier schock Reißholtz führen,
Ein virtel Acker Wisewachs Inn Serwitzer Aue neben Simon Fritzschens Wiese gebrauchen zu lassen, Undt 1 beth vff der widem Ackern, Egen, vndt anrichten wie sichs gebührt, darauf der Capellan lein oder ettwas anders seen oder kraut stecken mag, vnndt was druffe wechst, mus er Ihm gen Treben führen.“
„Ao 77 (1577) balde nach pfingsten ist Oswald Kirmß, Elias Kirmßen Vater zu Gerstenberg gestorben und mit Vergünstigung des Superintendenten gen der Leuben (Windischleuba) begraben worden, weil er ein Gut zu Zaselwitz gehabt. Ueber dem lauten ist die kleine glock heruntergefallen und zerbrochen, die hernach über 2 Jahr wider umbgegossen worden.“
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Auszüge aus der Schrift: Ferdinand Höckner,
die Parochie Treben im Altenburgischen Kreisamtsbezirke des Herzogtums Sachsen-Altenburg. In Commission der Schnuphase’schen Buchhandlung zu Altenburg. 1844.
S. 169. Serbitz. „Den 3 Sontag des Advents 1581 (so berichtet der ehemalige Pfarrer Matth. Müller, 1602—1623 in Treben Pfarrer) ist vnder der predigt feur auskommen Inn Thomas Bernsteins hause zu Serbitz, vnndt sind 5 höfe weggebrandt. Als Elias Kirmsen des Wirts zu Gerstenberg haus, hof, Ställe, scheine vnd aller vorrath an getreyde, hew vndt grummet, Thomas Bernstein alle sein gebeude, Merten Naumann alle sein gebeude, Paul Lömen alle stelle vndt die scheune biß vffs wohnhauß, hans Zetzschen wohnhauß vndt ettliche stelle.“
S. 169. 170. Serbitz. Den 8. Oktober 1637 am Kirmssonntage früh 3 Uhr wurden 3 Bauerngüter und ein „Gärtnershof“ mit allem Getreide ein Raub der Flammen. Die Feuersbrunst brach in Urban Müllers Gute aus, und entstand dadurch, daß Müllers Magd die glühenden Kohlen, nachdem gebacken worden war, in die Küche auf den Herd an die Bohlenstube geschüttet hatte. Es brannten ab . . . . Caspar Kirmse, . . . . Oswald Kirmse, dem das Wohnhaus gerettet wurde.
S. 172. Serbitz. Am 20. Trinitatissonntage, den 19. October 1645 gegen Abend stürzte Oswald Kirmse’s Sohn, Michael, 15 Jahr alt, von einem Pferde herab und verschied sogleich. Er hatte Vormittags das heilige Abendmahl zum erstenmale mitgenossen, und Mittags hatte beim Essen sein Vater zu ihm gesagt: „Michael, Du magst nun sterben wenn Du willst, so wird Dir auch mit allen Glocken zusammengeschlagen.“
S. 182. Trebanz. Am 11. August 1818 legte eine Feuersbrunst Zetzsche’s und Kirmse’s Anspanngüter, mit Ausnahme des Wohnhauses von letzterem, Pehners Handgut und Schuhmanns Haus in Asche. In Kirmse’s Gute verbrannten 2 Pferde, 13 Kühe und alles Mobiliar, da die Flammen sehr schnell um sich griffen; außerdem aber auch noch vielerlei Dinge, welche Kirmse’s Schwiegersohne, Michael Kipping in Lehma, gehörten, dessen Gut kurz vorher auch abgebrannt war, und welcher seine geretteten Sachen und alles, was er von guten Freunden geschenkt bekommen, nach Trebanz zu seinem Schwiegervater gebracht hatte.
S. 184. Gerstenberg. Als Hauswirthe werden genannt:
1628: Elias Kirmse (der Gastwirth), Barthel Kirmse, Caspar Kirmes, Jakob Kirmes.
1656: Michael Kirmse (der Gastwirth), Hans Kirmse.
S. 187. Gerstenberg. Am 3. Juli 1610 schlug der Blitz in des Gastwirths*) Barthel Kirmse’s hohen Schornstein, ohne jedoch größeren Schaden zu verursachen. Im Mai 1631 fiel Urban Petermann, als des Gastwirths Elias Kirmse’s Stallgebäude gehoben wurde, von dem untersten Balken desselben herab und blieb todt auf der Stelle; und den 1. Mai 1633 Elias Kirmse’s Söhnchen, Georg, 2 Jahr 8 Monate alt, in ein Gefäß siedendes Wasser und mußte jämmerlich sterben. Am 15. Juni 1662 wurde des Gastwirths Kindermädchen, Anna Fürst, von der Wäscherolle erdrückt. Am 11. Februar 1670 gebar des Gastwirths Mich. Kirmse’s Eheweib, Eva, Drillinge.
S. 193. Eine Orgel war früher nicht in der Kirche zu Gerstenberg; erst 1743 schenkte in dieselbe der Gastwirth Mich. Kirmse daselbst „Gott zur Ehre und zur Erweckung mehrer Andacht“ ein Positiv, wozu 1739 der Eigenthumsmüller Schulze in Pöschwitz 4 Nßo. legiert hatte. Der Kirche verehrte 1633 Elias Kirmse zu Gerstenberg 4 Nßo. oder 11 fl. 9 gr. Die Kirche erhielt einen schönen Kelch von Christoph Kirmse zu Gerstenberg 1757 (? Christoph 1744—1818). Elias Kirmse zu Gerstenberg ließ den kupfernen Kelch vergolden. In den frühesten Zeiten ließen Jakob Kirmse zu Gerstenberg den Knopf auf den Thurm fertigen, Elias Kirmse der ältere und Georg Räßler, Beide von Gerstenberg, das Innere der Kirche weißen.

Zu dieser Schrift „Die Parochie Treben“ hat Pfarrer Höckner im Jahre 1877 noch einen Nachtrag erscheinen lassen. Für unsere Familie bringt er nicht viel Erwähnenswertes und enthält in dem Teile, wo für die einzelnen Bauerngüter die verschiedenen Besitzer angegeben werden, manche Ungenauigkeiten, wie ich bei meinen Nachforschungen feststellen konnte. Nur folgendes sei daraus mitgeteilt:

S. 89. Gerstenberg. Julius Kirmse besitzt seit 1859 den Gasthof, der seit mehreren hundert Jahren im Besitz der Familie Kirmse war. 1510 besaß ihn Glorius Gentsch, 1515 Georg Lamp.
S. 90. Samuel Hansmann kaufte 1717 das dem Schulhause gegenüber gelegene Haus von den Erben des Wirths Elias Kirmse, dieser letzte hatte es 1700 gebaut, um seinen Auszug darin zu verzehren.
S. 94. Zur Anschaffung der neuen Glocken und zur Erbauung des neuen Kirchthurmes im Jahre 1818 wurden die Kosten (1127 Thaler) theils durch Anlagen aus den Gemeinden Gerstenberg und Unterzetzscha, theils aber auch durch freiwillige Beiträge gedeckt. Es gaben

1) Mitteilungen der Geschichts- und Altertumsforschenden Gesellschaft des Osterlandes. Altenburg. 7. Bd. S. 225.
2) Ebenda, 5. Bd. S. 431.
3) Ebenda, 8. Bd. S. 355.
4) Höckner, Die Parochie Treben, Nachtrag, Altenburg 1877, S. 25.
5) Löbe, J. u. E., Geschichte der Kirchen und Schulen des Herzogtums Sachsen-Altenburg.

*) 1610 war Elias der Aeltere Gastwirt zu Gerstenberg, Barthel Kirmse besaß das Thurm'sche Gut.
 

Druck des Originals: Adolf Gröger, Auerbach i. V.


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