
Die Katharer

Unabhängig und hochentwickelt
Das Gebiet, das wir heute Languedoc nennen, gehörte zu Beginn des 13 Jahrhunderts gar nicht zu Frankreich. Es war eine unabhängige Grafschaft, deren Sprache, Kultur und Politik mehr mit den spanischen Königreichen Aragon und Castilla gemein hatte als mit Nordfrankreich (wo im Gegensatz zur langue d'oc, die langue d'oil gesprochen wurde).
Diese Region wird heute als eine fortgeschrittene und besonders tolerante Gesellschaft beschrieben, was nicht nur von einer Minderheit von Separatisten oder Regionalisten betont wird, die aus den Katharern die Märtyrer Okzitaniens gemacht haben, sondern auch besonders von modernen Musikgruppen wie die Fabulous Troubadours aus Toulouse, oder Massilia Sound System aus Marseille und überhaupt die Hip-Hop, Reggae-dub und Rap Szene im gesamten französischen Süden unterstrichen wird. Das kommt wahrscheinlich daher, dass damals Dichtung und Minnegesang, Philosophie, Griechisch, Arabisch, sowie Hebräisch gepflegt und studiert wurden. Selbst der Adel war literarisch gebildet, während im Norden kaum ein Adeliger schreiben konnte.
Man sieht heute Gemeinsamkeiten zwischen dem Languedoc und Bysanz. Wie in Bysanz herrschte auch im Languedoc eine religiöse Toleranz. Die römisch-katholische Kirche wurde -wegen ihrer notorischen Korruptheit- wenig geschätzt. Viele Kirchen verkamen, weil niemand mehr zur Messe kam.
Vom katharischen Glauben angesprochen
Die Katharer (von "Katharoi" = Die Reinen, aus dem das Wort "Ketzer" abgeleitet wurde) hatten einen grossen Einfluss auf den Glauben dieser Region. Zahlreiche Adlige fühlten sich vom katharischen Glauben angesprochen. Ein Glauben, von dem es Spuren in Asien, Bosnien, Norditalien und im Rheinland gibt....
Einige bestach dessen Toleranzangebot, andere waren einfach nur anti-klerikal eingestellt. Die meisten wünschten sich vielleicht ein Ende des Zehntwesens herbei, das grosse Teile ihrer Einkünfte in den päpstlichen Schatzkammern verschwinden liess. Schätzungen zufolge rekrutierten sich dreissig Prozent der "parfaits" (Priester, die in Demut und EInfachheit lebten, vegeratarisch assen und nur Fisch assen) aus dem Adel des Languedoc.
1145 reiste Bernhard von Clairvaux durch das Land, um gegen die Häretiker zu predigen. Weniger die Katharer als vielmehr der desolate Zustand seiner eigenen Kirche entsetzte den Vatikan. Ebenso war der Aufmerksamkeit des Heiligen Stuhls nicht entgangen, dass der nordfranzösische Adel neidisch auf die Städte und das reiche Land im Süden blickte. Machte man sich den Neid zunutze, dann konnten diese die Sturmtruppen der Kirche bilden.
1208 wurde Pierre de Castelnau, einer der päpstlichen Legate im Languedoc, ermordet. Unverzüglich rief Papst Innozenz III zu einem Kreuzzug gegen die Katharer und ihre Adligen auf. Mit den militärischen Operationen betraute man Simon de Montfort, ein Name der heute noch jedes Kind im Languedoc erschreckt. Unter Montforts Führung machten sich die Armeen des Papstes daran, die am höchsten entwickelte Kultur des Mittelalters in Schutt und Asche zu legen.
Das erste Genozid in Europa
1209 fiel ein 30 000 Mann starkes Heer aus Nordfrankreich einem Sturm gleich im Languedoc ein. Die Vernichtung allen Lebens nahm ein so entsetzliches Ausmass an, dass man sie als ersten Genozid der modernen europäischen Geschichte bezeichnen kann. Allein in der Stadt Béziers wurden 15 000 Männer, Frauen und Kinder niergemetzelt. Auf die Frage wie die papstreuen Katholiken von den Katharern vor der Erstürmung von Béziers unterscheidet werden sollten, soll Simon de Montfort geantwortet haben : "Tötet sie alle, Gott wird die Seinen erkennen."
Narbonne, Carcassonne, Saissac, Durban : alle Städte und Festungen der Region fielen in die Hände Montforts.
1218 fiel Simon de Montfort bei der Belagerung von Toulouse. Der Comte de Toulouse gehörte zu den virulentsten Gegnern der Kirche und des französischen Königs. Doch es half alles nichts, der Norden und die Kirche siegten. 1244 (nach zehnmonatiger Belagerung durch das Kreuzfahrerheer) kapitulierte dann auch die letzte Festung von Montségur, nachdem alle Katharer, Männer und Frauen auf dem Scheiterhaufen starben, weil sie sich weigerten, sich dem Papst zu fügen.
Montségur im benachbarten Departement Ariège gehört zu den Kultstätten Okzitaniens, ist zur heimlichen "Hauptstadt" der Unabhängigkeitsaktivisten geworden und gilt für alle als Symbol des Märtyrertums der Katharer, als Symbol für den Widerstand der Südfranzösischen Kultur gegenüber den pariser Zentralismus.
Die Albigenserkriege, zu denen der Papst aufgerufen hatte, dauerten rund 20 jahre.
Wer waren die Katharer ?
Als Christen, die ein reines Leben führen wollten, knüpften sie an eine zum Teil vor- und ausserchristliche Tradition an : die der iranischen Lichtreligion der Zoroaster, der des Häretikers Markion aus dem 2 Jahrundert, der den Gott des Alten Testaments und damit das Judentum mit dem bösen identifizierte; und die des Iraners Mani, der im 3 Jahrhundert als Prophet der Reinheit in der Nachfolge Christi die Schöpfung gleichfalls als Akt des Bösen ansah und daher die Welt als etwas, von dem man sich, dem Seelenheil zuliebe, fernhalten sollte. Über Augustinus drang davon etwas ins Christentum ein, das aber eigentlich stets die von Gott geschaffene, durch die Inkarnation geheiligte Welt in Ehren hielt und schon deshalb die weltfeindlichen, manichäischen Katharer bekämpfen musste.
Das Katharer Studienzentrum in Carcassonne kann weitere Fragen beantworten.
Publikationen und Informationen erhältlich bei : Centre d'Etudes Cathares, 53, rue de Verdun, 11000 Carcassonne, tel : 00 33 4 68 47 24 66.
Mehr Informationen im < a href = "cathares.html">französischen Site von Labonde-Cuxac
.Die königliche Tuchfabrik von Cuxac-Cabardès ist ein idealer Ausgangspunkt zum erforschen der Region. Wir bieten "Studienaufenthalte" im Domaine de la Bonde an : Burgbesichtigungen, Spaziergänge auf den Katharer Pfaden, Konferenzen, Stadtbesichtigung von Carcassonne.
Hieronymus Bosch und die Katharer
Die Frage nach den Hintergründen der religiösen Symbolik in den Bildern Hieronymus Boschs hat in der Kunstwissenschaft heftige Kontroversen entfacht. Viele Interpreten verweisen auf häretische und alchimistische Einflüsse, doch allzu viele Fragen blieben dabei offen. Auch Lynda Harris betrachtet Boschs Werk als Ausdruck einer Spiritualität, die im Widerspruch zu dem von der etablierten Kirche vertretenen Weltbild steht. Nur für den oberflächlichen Betrachter schienen seine Darstellungen so weit mit der Tradition in Einklang zu stehen, daß eine zweite Bedeutungsebene hinter den phantasievollen und oft auch bizarren Darstellungen verborgen blieb. Worin liegt aber der Schlüssel für diese geheime Botschaft, und was sind ihre Inhalte? Nach bisheriger Auffassung war die Lehre der Katharer nach jahrhundertelangen Verfolgungen durch die päpstliche Inquisition zu Lebzeiten Boschs im Westen Europas bereits ausgerottet. Neuere Forschungen konnten dies jedoch widerlegen und haben Dokumente ans Licht gebracht, die vom verborgenen Wirken ihrer Anhänger berichten. Vieles spricht dafür, daß auch Hieronymus Bosch dieser häretischen Glaubensrichtung angehörte und in seinen rätselhaften Schöpfungen insgeheim deren geistiges Erbe bewahrt hat....
Die Katharerinnen
Nach der Verfolgung durch die Inquisition werden die letzten Prediger der Katharer von Bäuerinnen und Kleinstädterinnen verehrt, beherbergt, versteckt, angezweifelt und angezeigt. Nicht nur ein spannender und ungewöhnlicher Blick auf eine der größten häretischen Bewegungen des Mittelalters, sondern auch das lebendige, farbige Bild des Lebens von Frauen im Mittelalter, das keinen Lebensbereich ausspart. Aufgrund gezielter Recherchen und genauester Quellenforschung gibt Urte Bejick tiefe und spannende Einblicke in das konkrete Alltagsleben der Katharerinnen im mittelalterlichen Südfrankreich, die für ihr Seelenheil und ein kleines Stück Emanzipation oftmals das eigene Leben aufs Spiel setzen.
Die Katharische Woche, Studienaufenthalt.
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