Kurze Gedichte
von Gabriel Mandy



Unregelmäßige Verben

sein, war, gewesen
schreiben, schrieb, gelesen
suchen, ergriff, verloren
bitten, anbot, verboten
fliegen, flog, gefallen
bauen, bebte, zerfallen
aufmachen, zumachte, abgemacht
verbringen, zubrachte, umgebracht
tragen, trug, getrogen
schlagen, schlug, gestorben
laden, lud, bin Laden
leiden, leiden, leiden



Die Zahlen
(ein Grundkurs)

Eins, zwei, drei...
Sind Sie frei?

Vier, fünf, sechs...
Machen wir Sex!

Sieben, acht...
Schöne Nacht.

Neun und zehn...
Auf Wiederseh'n!



Kurzliebe

zu
mit
auf
ein
aus
ein
aus
ein
aus
...
ab
weg
ohne





Julia

In Julia gibt es Hitze.
Ich arbeite hart - und schwitze.
Lieber wäre ich allein...
Nein!
Ich mache Witze.




Herbstpanik

Gelbe Blätter im Kot.
Melancholie im Herz.
Weg von hier -
rückwärts!



Ich, der Schneemann

Ich bin der Schneemann.
Der Schnee is mein Leben.
Ich werde bald schmelzen,
und endlich mein Brodem
wird sich zum Himmel erheben.

Man fühlt sich gut dort oben.




Begrenzt

Mein Leben ist begrenzt,
ich brauche Raum und Luft.
Meine Chance ist schlecht:
ich hab' zuviel Vernuft.
Unsicher ist das Jetzt,
es gibt keine Zukunft.

Ich existiere noch,
und schreibe ein Gedicht,
doch:
wirklich lebe ich nicht.




Gestern, Heute, Morgen

Gestern hatte ich schöne Träume,
aber auf heute
habe ich alles verloren.
Ich hoffe noch auf einen...
guten Morgen!




Stille Nacht

Morgens haben wir das Feuer angemacht.
Tags hatten wir eine grosse Schlacht.
Leute liegen auf dem Felde umgebracht.
Und endlich kommt die stille Nacht...




Die Endlösung

Wissenschaftler prognostizisieren:
in der 2000er Jahren
werden wir gekocht
durch das Ozonloch.
Dann Terroristen vernichten
uns mit Atombomben.
Dann ein Asteroid trifft die Erde,
damit kommt Menschheit zu Ende.
(Gott hat alles gut ausgedacht.)

Ein böser Geist aus Hölle lacht:
"Das ist was ich immer sage -
die Endlösung der Judenfrage!"




Wochenprogramm

Von Montag bis zum Freitag
arbeitete ich Schlag und Schlag.
Aber am Wochenende
bummelte ich ohne Ende.

Seitdem bin ich ein Arbeitslose,
habe ich gleichförmige Tage.

Ich sehe keine Leute
Tag für Tag.
Welchen Tag haben wir heute?
Ja. Heute is Welchertag.




Zurück

Damals war ich stark und jung,
ich tat alles mit Schwung.
Jetzt bin ich weise,
tue alles leise.
Der Wald ist mein Lieblingsort
Spazieren: mein Lieblingssport.
Wann ich sterbe,
begrabt mich in die Erde,
mit Büchern von Rousseau,
und diesem Motto:
Ende der Tour,
zurück zur Natur!




Autobiografie

Mein Vorname is Gabor
(ich hiess Gabi zuvor).
Mandy ist mein Nachname.
Doktorwürde hab' ich keine.

Ich bin in Ungarn geboren,
mit allen anderen Gaboren.
Ich war zu voll mit Lust
(das hatte ich nicht gewusst).
Mein mysteriöses Schicksal
leitete mich ins Lesesaal -
zu Bücher und Bibliothekarinnen,
Und ich bin hier geblieben.

Hier ist alles schön und rein,
aber das Gehalt ist klein.
Mein Arbeitsgeber ist, leider,
Erwin Schneider. 


* Ich arbeite an der Ervin-Szabó-Bibliothek,
und "szabó" bedeutet "Schneider".

    Source: geocities.com/mandygabor