Die Chaostheorie

Die Chaostheorie versucht eine mathematische Beschreibung chaotischer, scheinbar zufälliger Erscheinungen. Diese Methode wurde zwar erst vor kurzer Zeit entwickelt, erhielt ihre Grundlagen aber bereits um die Jahrhundertwende durch einen der bedeutensten Mathematiker der Neuzeit: Henri Poincaré.

Er hat die bildliche Darstellung wieder in die Mathematik eingeführt. Aber seine visuelle Mathematik entspricht nicht der "alten Geometrie" - der euklidischen Geometrie, wo zum Beispiel ein Kreis ein Kreis bleibt, sondern sie ist eine neuartige Geometrie, eine Mathematik der Muster und Beziehungen, die man Topologie nennt.

Die Topologie ist eine Geometrie, in der alle Längen, Winkel und Flächen beliebig verzerrt werden können. Ein Dreieck läßt sich zum Beispiel in ein Quadrat umwandeln. Aufgrund dieser stetigen Transformation wird die Topologie auch als "Gummigeometrie" bezeichnet, welche der Wegbereiter für die Chaostheorie und die fraktale Geometrie ist.

Im Laufe dieses Jahrhunderts hat sich der Wechsel vom mechanistischen zum ökologischen Paradigma auf den verschiedenen Wissenschaftsgebieten in unterschiedlichen Formen und mit unterschiedlichem Tempo vollzogen. Dieser Wechsel ist alles andere als eine stetige Veränderung. Die angemessenste zeitgemäße Metapher dafür wäre wohl ein chaotisches Pendel im Sinne der Chaostheorie: Schwingungen, die sich annähernd, aber nicht ganz genau wiederholen, scheinbar zufällig sind und doch ein komplexes, hochorganisiertes Muster bilden.

Chaotisches Verhalten ist im neuen wissenschaftlichen Sinn des Begriffs etwas ganz anderes als eine zufällige, unberechenbare Bewegung. Mit Hilfe seltsamer Attraktoren können wir zwischen bloßem Zufall oder "Rauschen" und Chaos unterscheiden. Chaotisches Verhalten ist deterministisch und verläuft in Mustern.

Erst durch die Entwicklung leistungsstarker Computer wurde diese Mathematik, für die ein ungeheurer Rechenaufwand notwendig ist, ermöglicht. Damit können die Ergebnisse auch in anschauliche Computergrafiken umgesetzt werden. Gerade diese Darstellungen haben die fraktale Geometrie sehr beliebt und populär gemacht.

Bild des Lorentz-Attraktors
Bild des Lorentz-Attrakors.

In der Chaostheorie hat der Begriff "Chaos" eine ganz neue fachliche Bedeutung bekommen. Das Verhalten chaotischer Systeme ist nicht bloß willkürlich, sondern enthüllt auf tieferer Ebene geordnete Muster.

Die Veröffentlichung des Lorenzmodelles im Jahre 1963 stellte den Beginn der Chaostheorie dar. Dieses besagt folgendes:

Geringfügige Veränderungen am Anfangszustand des Systems führen im Laufe der Zeit zu weitreichenden Konsequenzen (siehe Bäcker-Transformation: ein Prototyp der nichtlinearen, hochkomplexen und unvorhersagbaren Prozesse, die man fachsprachlich als "Chaos" bezeichnet). In der Chaostheorie nennt man dies den "Schmetterlingseffekt" - eine Anspielung auf die scherzhaft gemeinte Behauptung, daß ein Schmetterling, der heute einen unmerklichen Luftwirbel in Peking erzeugt, damit im nächsten Monat ein Unwetter über New York auslösen kann.

Der Schmetterlingseffekt wurde Anfang der 60er Jahre vom Meterologen Edward Lorenz entdeckt.

Er fand heraus, daß die Lösungen seiner gekoppelten nichtlinearen Gleichungen eine extreme Abhängigkeit von den Anfangsbedingungen aufwiesen. Vom praktisch gleichen Anfangspunkt aus entwickelten sich zwei Bahnen auf völlig verschiedene Weise.

Langfristige Wettervorhersagen erwiesen sich als unmöglich.

Exakte Vorhersagen in den Systemen der Natur sind unmöglich.

Dies heißt jedoch auf keinen Fall, daß die Chaostheorie überhaupt nichts voraussagen kann. Wir können mit ihrer Hilfe sogar sehr genaue Vorhersagen machen. Sie beziehen sich jedoch auf die qualitativen Merkmale des Systemverhaltens, statt auf die präzisen Werte ihrer Variablen zu einem bestimmten Zeitpunkt.

Motto: Von der Quantität zur Qualität


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