Als der große Staatsmann zu machtgierig wurde, sannen die Kollegen Politiker auf Abhilfe. Sollten sie das Verfassungsgericht anrufen, ein Misstrauensvotum einbringen im Parlament? Unglücklicherweise waren diese Maßnahmen nicht vorgesehen in der römischen Verfassung, weshalb sich die Abgeordneten Brutus, Cassius et alii auf eine etwas andere Idee einigten und Cäsar auf den Stufen des Capitols erstechen mussten. Seither hat – weil ja doch viel Blut floss bei dieser Abwahl des Staatsmanns – die Verschwörung ein schlechtes Image. Ist aber möglicherweise unverdient.

Es kommt nämlich immer auf die Perspektive an. Was das Volk betrifft (oder seine besten Repräsentanten), so findet man dort manchmal den vielleicht verständlichen Wunsch, den übergroßen Vorsitzenden, den Endlos-Kanzler, den ewig milden Landesvater irgendwann auch wieder loszuwerden und sich zuvor auf eine Methode dafür zu verständigen. Die Betroffenen ihrerseits betrachten meist schon die Abhaltung von Bundestagswahlen als Verschwörung der Mittelmäßigen gegen die Großen. Ganz zu schweigen von sonstigen Machenschaften: von konspirativen Mittagessen, bei denen, ganz vorsichtig, über eine Zeit nach dem Mächtigen gesprochen wird; von Gelegenheiten gar, bei denen sich jemand, der eben noch als Freund galt, selbst als Nachfolger ins Gespräch bringt. Verschwörung, schreit dann Kurt Biedenkopf und lässt seinen Finanzminister Milbradt in Handschellen aus dem Saal führen, nicht ohne vorher sein Gewand nach einem Dolch abgesucht zu haben.

So ist sie, die Welt, es wird immer schlimmer. Nicht nur, dass sich wie seit je die Juden, die Freimaurer, das Opus Dei gegen alles und gegeneinander verschworen haben. Nein, wir finden das jetzt auf allen Ebenen: In Bayern hat gerade einer nicht Minister werden dürfen, weil seine Steuerakte von anonymen Neidern in der Fußgängerzone verteilt wurde; in der Redaktion von Bild sitzt ein Saboteur, der, nur um seinen jungen Chefredakteur ins Trudeln zu bringen, bei Fotos mit Trittin aufs Intriganteste Handschuhe mit Bolzenschneidern verwechselt. (Im Nebenberuf entwirft der Mann übrigens Plakate bei der CDU.) Und dann sind da noch die Frauen, die neuerdings in Geheimkonferenzen beratschlagen, wie sie mit geheuchelter Wollust sehr reichen, sehr wehrlosen jungen Männern ihr Wertvollstes rauben, aus Geldgier. Alle gegen alle, das ist das Motto der Zeit, gegen das auch wir kein Rezept wissen. Cäsars Idee war es, sich von wohlbeleibten Männern umgeben zu lassen, die nachts gut schlafen und also nicht beim Sich-Herumwälzen Ränke schmieden. Der Vorschlag ist vernünftig, auch wenn man, wie gesagt, nie die ausgeschlafenen schlanken Frauen vergessen darf. Aufgepasst also, Kurt Biedenkopf: Ihr neuer Finanzminister ist dünner als der alte.