Eines Tages ist ein Mann, er war von Beruf Außenstürmer, auf der rechten Seite eines Fußballfeldes entlanggelaufen, den Ball vor sich hertreibend. Gerade wollte er diesen nach innen schießen, als er von einem anderen Mann, von Beruf Verteidiger, mit voller Wucht und anscheinend vorsätzlich auf den rechten Knöchel seines Fußes geschlagen wurde, so dass der Außenstürmer sich laut schreiend auf dem Boden wälzte. Weil der Angriff zutiefst unsittlich war, wurde der Täter später zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. In der Begründung hieß es, derartig brutale Körperverletzer könnten kein moralisches Vorbild für die heranwachsende Jugend sein.
Das war jetzt natürlich alles großer Quatsch, liebe Fußballfreunde, wer weiß das besser als Sie? Anderen Leuten die Knöchel zu zertreten, ist normaler Wettkampf, das bemerkt kaum einer, weshalb auch gelegentlich eine rote Karte in die Höhe gestreckt werden muss, damit es das Publikum wenigstens mitkriegt, wenn Blut fließt. Mit Moral hat das Knochenzerbrechen nichts zu tun, Moral ist Sittlichkeit, und die Sittlichkeit steht im sechsten Gebot. Wenn also beispielsweise der Fußballtrainer Rehhagel seine Dienstgeschäfte mangelhaft ausführte, weil er vielleicht die Viererkette nicht richtig zu handhaben wüsste, würde das keinesfalls ausreichen für eine Auflösung seines Vertrags. Sollten seine Gegner ihn los werden wollen, müssten sie deshalb in anonymen Briefen behaupten, er habe eine Affäre mit einer nicht mit ihm verheirateten Frau: Eine solche Ungeheuerlichkeit, das ist klar, würde die hochsittliche Öffentlichkeit nicht ertragen können. Womit wir unvermittelt bei C. Daum wären. Der Mann kann, wie es scheint, auf gar keinen Fall Bundestrainer werden, wenn er nicht – vielleicht durch Abgabe eines Schamhaares zu Testzwecken? – nachweist, dass er in Gedanken, Worten und Werken niemals unkeusch war. Bei noch schlimmeren Delikten genügt der Verdacht.
Vor allem wir hier im Freistaat FC Bayern hassen die Unsittlichkeit, und am heftigsten hasst sie der gleichnamige Fußballclub. Beim FC Bayern ist jeder Spieler und Funktionär sein Leben lang der selben Frau treu, der FC Bayern bekämpft die Rauschmittel so drastisch, dass er seine Profis zwingt, auf dem Oktoberfest mit erhobenen Krügen gegen den Alkoholmissbrauch zu protestieren. Für diese Mannschaft werden auch nur hochsittliche Fußballspieler unter Vertrag genommen, die deshalb einen grundgesetzlich garantierten Anspruch auf feste Plätze in ihrer Nobel-Disco haben. Wer’s nicht glauben will, kriegt eine aufs Maul, wer’s doch glaubt, wird selig und darf bestimmen, nach welchen Kriterien der nächste Trainer der Nationalmannschaft ausgewählt wird. Unser Vorschlag: Einen neueren Beichtzettel müsste der Kandidat schon vorweisen können.