Moin!

Zugegeben, selbst den hartnäckigsten Nörglern ist ein gewisser Nutzen
von mobilen Telefonen nicht verborgen geblieben. Zeitweilig erscheint
selbst einem kritischen Zeitgenossen der Kauf eines solchen Geräts
sinnvoll. Doch daß jetzt der bösartige Mißbrauch der possierlichen
Winzlinge um sich greift, ist doch mit ausgeprägtem Argwohn zu
betrachten. Verschiedene auf verschiedene Weise gleich nervig klingende
Klingeltöne und ebenso alberne Logos aus dem Internet sowie Handyschalen
für 50 oder 60 DM, in der Herstellung vermutlich den gleichen Betrag in
Pfennigen kostend, finden scheinbar reißenden Absatz. Was ist hier los?
Läßt sich der moderne Großstädter denn jeden Kokolores andrehen? Und
haben diese möglicherweise sogar mal lebensrettenden
Kommunikationsgeräte es tatsächlich verdient, zu beturtelten Tamagotchis
zu verkommen?
Wesentlich schlimmer jedoch, da sie von lebendigen Menschen ertragen
werden muß, ist die Inbrunst, mit der die Besitzer Fachgespräche über
ihre Lieblinge führen, über Empfangsstärke oder neue Umkleidungen. Diese
Unterhaltungen rangieren für mich auf der Skala der unnötigsten und
unsinnigsten Gesprächsthemen mittlerweile noch weit hinter einem
Meinungsaustausch über die Stoßzeiten auf bestimmten Autobahnrouten oder
über den Geisteszustand diverser Containerbewohner.
Was aber treibt die Bundesbürger dazu, ihre Mobiltelefone so aufwendig
wie unnütz auszustaffieren wie vordem nur ihre Autos? Und können die
bisher so umsorgten Automobile jetzt erleichtert aufatmen, wenn statt
frei sichtbarer unförmiger Plastikspoiler, die ihrer
Schönheitsentfaltung vermutlich ein wenig im Wege standen, eher eine
dezente Freisprechanlage für das geliebte kleine Plastikgerät im Innern
des Wagens installiert wird, die das Gefährt weit weniger offensichtlich
der Lächerlichkeit preisgibt? Oder sollte man das ganze eher als
Werteverschiebung von der totalen Mobilität hin zur totalen
Kommunikation werten? Armes Auto, einst liebstes Kind der Deutschen!
Ich hoffe zumindest inbrünstig, daß sich diese verqueren Sitten
weiterhin auf eine talkshowkonsumierende Minderheit beschränken, die
neben der rudimentären Pseudo-Kommunikation ("Ja, hallo, ja, ich sitz
hier grad' im Bus...") jetzt auch ein Pseudo-Hobby hat. Nur leider muß
ich nicht nur den bitteren Anblick von fehlgeleiteten, nämlich hektisch
am Handy fummelnden, aber sonst völlig wahrnehmungslosen Jugendlichen
verkraften, sondern auch noch die unerhörte Penetranz, mit der die sich
Zubehör nennende Quengelware der Neuzeit feilgeboten wird. Denn bei dem
verschwenderisch übertriebenen Werbeaufwand für Handy-Accessoires im
Netz, im Briefkasten oder in Zeitschriften läßt einen der Gedanke an die
Zeit der Fuchsschwänze und dickrohrigen Auspuffaufsätze, auf die in
Katalogen zwischen auffällig unzureichend bekleideten Damen nur
unauffällig hingewiesen wurde, direkt belustigt lächeln.

Ein auf das Ende des Mißbrauchs hoffender ;-)
Martin