Meeresgeologie
Quelle: Angelo Mojetta: Ozeane der Welt
Die unaufhörliche Brandung erscheint uns mit ihrem Kommen und Gehen wie ein Symbol für die widerstreitenden Gefühle, die der Mensch dem Meer gegenüber empfindet. Er fühlt sich gleichzeitig angezogen und abgestoßen, neugierig und erschreckt und hat im Laufseiner Geschichte fast immer im Festland die eigene Sicherheit gesucht, während das Meer für ihn unvorhersehbare Risiken bot, selbst wenn er von ihm abhing. Seit dem ersten Auftreten des Menschen, dessen Blut eine ähnliche Salzusammensetzung aufweist wie die der früheren Meere, hat sich das Urteil über die Wasserflächen kaum geändert, die unseren Planeten bedecken.

Sie sind heute noch zum größten Teil unerforscht, was unter anderem die Tatsache beweist, daß bisher nur zwei Menschen den Marianengraben besucht haben, während sehr viel mehr Astronauten auf dem Mond gelandet sind. Das Meer trennt und eint. Die Grenzen, die Geographen und Politiker festgelegt haben, werden leicht von einer treibenden Flasche überwunden. Tatsächlich liegt hier das Geheimnis des Meeres begründet: seine Kontinuität. In unserem Bestreben zu unterteilen und zu katalogisieren, um auf diese Weise unsere Kenntnisse zu vermehren, haben wir den Ozeanen und Meeren, wie sie auf unseren Karten deutlich werden, Namen verliehen. Doch damit ist noch nichts ausgesagt über die Gemeinsamkeiten und die Unterschiede. Am deutlichsten werden diese, wenn wir die Oberfläche verlassen und in die Unterwasserwelt eintauchen. Diese Welt ist uns Landbewohnern zunächst fremd, und wir können sie erst nach und nach begreifen.

Nur auf diese Weise wird es möglich, die Einheitlichkeit des Meeres trotz der zahlreichen Unterschiede wahrzunehmen - ähnlich wie wir einen Regenbogen sehen oder die wechselnden Schimmerfarben eines Edelsteins, der von einem Lichtstrahl getroffen wird. Mit einer kleinen Luftreserve verbunden, entdecken wir die Wunden die unterhalb der Wellen verborgen liegen: Die großen bläulichen Fächer der Gorgonien in der Karibik, die grünen Tangwälder an der Küste Kaliforniens, die Meerechsen, die in den Galapagos unter Wasser Algen abweiden, die winzigen Inseln im Pazifik, die tafelförmigen Riffe der Tropen, die unendliche Vielfalt der Korallenfische vom Indischen zum Pazifischen Ozean, die smaragdähnlichen Atolle der Malediven, die bunten Farben des Roten Meeres, die Faszination der Lichtkathedralen im Mittelmeer.

Diese unterschiedlichen Aspekte haben sich in Jahrmillionen entwickelt. Sie lassen sich jedoch in der Erdgeschichte auf ein einziges Urmeer zurückführen, dieTethys.
Eine Welt in Bewegung

Auf einer Weltkarte gelingt es uns mit einem Blick, alle Kontinente und Meere zu erfassen und die gegenseitige Lage von Städten, Inseln und Gebirgen zu bestimmen. Alles erscheint stabil und organisiert, um den Menschen eine Planung seines weiteren Schicksals zu ermöglichen. Doch bei genauerem Hinsehen scheinen ein paar Einzelheiten wie die Stücke eines Puzzles zusammenzupassen. Die Ränder Nord- und Südamerikas einerseits sowie Europas und Afrikas anderseits entsprechen einander weitgehend, besonders wenn man den Vergleich mit Hilfe eines Computers in einem Bereich zwischen 1000 und 2000 m unter dem heutigen Meeresspiegel vornimmt. Die Feststellung, daß die Teile zusammenpassen, ist schon ziemlich alt, weil die entsprechende Hypothese auf Francis Bacon (1620) zurückgeht. Es handelt sich dabei nicht um einen Zufall, sondern hat seinen Grund in einem langsam ablaufenden Prozess, den man heute unter der Bezeichnung ,,Kontinentalverschiebung“ oder allgemein ,,Plattentektonik" recht gut kennt.

Die Vorstellung fällt zunächst schwer, dass sich ein ganzer Kontinent fortbwegen kann Wenn wir das Meer von einem Vorgebirge oder von einen Strand aus betrachten, denkt keiner daran, daß auch der Boden unter sei nen Füßen in Bewegung ist. Der Unterschied zwischen den beiden Lebens
räumen, dem Festland und dem Meen ist nurzeitweiligen Charakters. Es mag als Paradox erscheinen, doch in der Erdgeschichte waren die Meere stabiler als die Kontinente.

Dieses Driften auf einer zäh flüssigen Schicht aus über 1500°C heißen, plastischen und teilweise geschmolzenen Gesteinen, der Asthenosphäre. Darüber liegt die Lithosphäre, die oberste feste Schicht der Erde bis in ungefähr 100 km Tiefe. Deren oberste Schicht, die Erdkruste, ist im Bereich der Kontinente dicker; unter den Ozeanen dünner Die Lithosphäre selbst hat keinen kontinuierlichen Aufbau. Sie ist vielmehr in ungefähr 20 große und kleinere Platten unterteilt. Diese können entweder nur Meeresgebiete oder nur Festlandsgebiete oder beide zusammen umfassen. Auf diese Weise ähnelt die Oberfläche unseres Planeten einem Mosaik aus beweglichen Schollen. An einigen Stellen gleiten die Ränder aneinander vorbei, an anderen Stellen überlappen sie sich oder bewegen sich auseinander.
Diese unterschiedlichen Plattengrenzen führen zu typischen geologischen Erscheinungen. Wo eine Plattengrenze unter die andere abtaucht, entsteht ein Tiefseegraben. Wo zwei Platten miteinander kollidieren, bilden sich Gebirgsketten. Und wo zwei Platten an den mittelozeanischen Rücken auseinander streben, entsteht neue Meereskruste.

Die Platten und Kontinente sind somit in dauernder Bewegung begriffen. Der Motor dafür ist die Wärme im Erdinneren und das Magma, das bei Vulkanen bisweilen an die Oberfläche tritt. Dies geschieht vor allem in den mittelozeanischen Rücken, an deren Kammlinie flüssige Gesteine dem Erdinneren entströmen und fest werden. Der neu entstandene Meeresboden bewegt sich vom mittelozanischen Rücken weg. Dabei ergibt sich für die Platten eine Bewegungsgeschwindigkeit von 1 bis 10 cm pro Jahr. Die gegenüberliegende Plattengrenze muß dann in die Tiefe eintauchen, um den Zuwachs an Erdkruste wieder auszugleichen. Dort entstehen nicht nur Tiefseegräben, sondern auch Vulkane, gebirgige Inseln und oft auch Erdbeben. Natürlich erfolgt die Bewegung der Platten und der Zuwachs an Meeresboden sehr langsam. Doch wenn wir in Jahrmillionen rechnen, fällt es uns sehr viel leichter; die Erde als fast flüssige MaSse aufzufassen, die ihr Aussehen erheblich verändern kann.

Beweise für die Plattentektonik gibt es genügend, und einige sind auch unseren Sinnen zugänglich. Der Boden aller Ozeane erscheint wie ein riesenhaftes Magnetband, auf dem jede Umpolung des Erdmagnetfeldes getreu festgehalten ist. Wenn Lava an den mittelozeanischen Rücken an die Oberfläche gelangt, werden die Mineralien, die das Gestein aufbauen, aufgrund des jeweils vorhandenen Magnetfeldes der Erde magnetisiert. Das neugebildete Gestein entfernt sich dann durch nachdrängende Lava vom mittelozeanischen Rücken, behält aber die ursprüngliche Magnetisierung bei. So kommt es, daß man auf dem Meeresboden zahlreiche antiparallel magnetisierte Bänderfeststellen kann. Ihr Abstand vom mittelozeanischen Rücken hängt von der Ausbreitungsgeschwindigkeit ab. In den letzten 76 Millionen Jahren wurden auf diese Weise immerhin 171 Umpolungen des Erdmagnetfeldes festgestellt.

Wo eine leichtere ozeanische Platte auf eine schwerere und dickere Festlandsplatte trifft, taucht die ozeanische Platte ins Erdinnere ab. Diese Erscheinung nennt man Subduktion. Dieses Gleiten geschieht mit zunehmender Temperatur und Tiefe immer schneller: In 600 bis 700 km Tiefe ist die Platte soweit aufgeschmolzen, daß sie im Erdmantel aufgeht, aus dem sie ursprünglich entstanden ist. An solchen Subduktionszonen entstehen, wie bereits angedeutet.Tiefseegräben.An der Oberflächesind oft Inselbögen (zum Beispiel Aleuten, Kurilen, Marianen, japanischer Archipel) oder mächtige Gebirgszüge ausgebildet, zum Beispiel die Anden und der Himalaya. Hierwird auch das instabile Gleichgewicht der Erde am deutlichsten. An Subduktionszonen stehen die meisten Vulkane und finden auch die meisten Erdbeben statt. Zu einem Erdbeben kommt es, wenn angesammelte Spannungsenergie im Erdin neren schlagartig frei wird. Eine Karte der Erdbeben ist gleichzeitig eine Karte der Plattengrenze
Ein großer Kontinent und ein großer Ozean

Die dauernde Erneuerung derMeeresböden führt dazu, daß diese im Verhältnis zu den Kontinenten ziemlich jung sind. Schätzungen zufolge begann die Bildung der heutigen Meeresbecken vor ungefähr 200 Millionen Jahren , während wir auf dem Kontinentnenten noch Gesteine mit einem Alter von rund 3,5 Milliarden Jahren finden. Anhand der Magnetstreifen auf den Meeresböden, der Form der Kontinente sowie derVerbreitung der Gesteine und Fossilien können wir die Erdgeschichte der letzten 250 Millionen Jahre rekonstruieren und sinnvolle Hypothesen über die Lage der Kontinente in noch früheren Perioden aufstellen.Vor über 500 Millionen Jahren hatte dieses Schachspiel der Kontinente und Meere schon begonnen; in den Meeren schritt die Evolution mit großer Geschwindigkeit voran. Nach der ersten experimentellen Phase im Archäozoikum, in der die Stromatolithen überwogen, merkwürdige blumenkohtartige Kalkgebilde von Blaualgen, wie wir sie heute noch in Westaustralien in Hamelin Pool vorfinden, entwickelten sich einzellige Eukaryonten von den Prokaryonten.Aufsie folgten Mehrzeller wie Schwämme, Quallen und primitive Würmer.

Im Kambrium, vor rund 570 Millionen Jahren, fand eine außergewöhnliche Explosion von Lebensformen statt. Die Tiere lebten im wesentlichen auf dem Meeresboden, und es dominierten Gruppen gepanzerterwirbelloser Trilobiten, Armfüßern Monoplacophoren, Hyolithen, Seelilien, Schwämme, Archäozyathiden (die die ersten Riffe bauten) sowie Weichtiere erreichten an der Grenze zwischen dem mittleren und dem oberen Kambrium den Höhepunkt der Artenvielfalt. Dann begann ein langsamer Artenschwund. Im darauffolgenden Ordovizium verdreifachte sich die Artenvielfalt innerhalb von 50 Millionen Jahren. Anhand dieser Fossilien sowie von Bruchstücken alter Kontinente und ozeanischer Kruste, die heute als Fremdkörper in andere Kontinente eingebaut liegen, kann man die Kartografie jener fernen Zeit rekonstruieren. Plattenverschiebungen und Kollisionen zwischen Kontinenten führten am Beginn des Ordoviziums zu einer neuen Verteilung der Kontinentalmassen. Sie waren damals von warmen Meeren umgeben. Die Küstengebiete wurden von Armfüßern, Weichtieren, Moostierchen, Seelilien und den ersten Korallen bewohnt, während in den tieferen Schichten planktische Graptolithen dominierten, deren fossile Reste uns einen Hinweis auf die geographische Ausdehnung des Festlandes geben.

Zu jener Zeit gab es vier bis fünf Paläokontinente: Gondwana (Südamerika, Südeuropa, Afrika, Mittlerer Osten, Indien, Australien, Neuseeland und Antarktika); Laurentia (Nordamerika und Grönland); Baltika (Mittel- und Nordeuropa sowie Rußland); Kasachstania (Zentralasien); China (China und Malaysia) und Sibirien. Im Verlauf der darauffolgenden 75 Millionen Jahre - bis zum Ende des Silurs - veränderte die Kontinentalverschiebung das Aussehen des Planeten. Die Festlandsmassen, die Europa, Afrika und Amerika umfaßten, näherten sich einander; was zur Bildung derAppalachen führte. Damit schloß sich der Protoatlantik, der sie getrennt hatte. Diese Entwicklungen hatten zur Folge, daß sich die Unterschiede verringerten, die zwischen den Populationen der meeresbewohnenden Wirbellosen (Trilobiten, Korallen, Armfüßen Conodonten) sowie der süßwasserbewohnen- den Fischformen herrschten. Fast zur selben Zeit, am Ende des Ordoviziums (Ashgill), vor 450 Millionen Jahren kam es zu einem Massenaussterben. Es wurde von einer Absenkung des Meeresspiegels ausgelöst, so daß die Festlandsockel. trockenfielen. Gleichzeitig sank die Temperatun was zu einem Rückgang tropischer Meeresökosysteme führte. Damals verschwanden fast 50 der 70 bekannten Korallengattungen, 29 von 38Trilobitenfamilien und ngefähr 20 von 30 Armfüßerfamilien. Die kleineren Gruppen sind dabei noch nicht mitgerechnet
Ein Mosaik entsteht

Doch weder die Zeit noch die Kräfte der Erde hielten deswegen inne. Zu Beginn des Karbons (vor 360 – 340 Millionen Jahren) hatte der Kontinent Gondwana den Südpol überquert und war dabei in die Südhalbkugel vorgedrungen. Baltika und Laurentia kollidierten miteinander und bildeten einen einzigen Kontinent, Laurussia, dem sich China, Sibirien und Kasachstania näherten. Während dieser ganzen Zeit näherten sich die Festlandsmassen einander wie wenn sie von einem Magneten angezogen würden. Im Lauf von 65 Millionen Jahren entstanden durch die Kontinentaldrift auf den Festlandsgebieten Tälen Ebenen und Faltungszonen; einige davon entwickelten sich später zu den Alpen, zum Ural und zu den südamerikanischen Kordilleren.

Die Meere hingegen zogen sich besonders in der zweiten Hälfte jenes Zeitabschnitts zurück, so daß ausgedehnte Ebenen mit Küstensümpfen entstanden. Das Klima erwärmte sich, was die Ausbreitung der Amphibien und der Insekten sowie höherer Pflanzen (Farne, Gymnospermen) begünstigte. Aus den Resten dieser Pflanzen entstanden viele Kohlelager, die heute abgebaut werden. Es erschienen die ersten Reptilien, die dank der Evolution des Amnioten-Eies, das sie unabhängig machte vom Wasser; definitiv das Festland erobern konnten. Im Perm nahm die Kontinentalverschiebung eine Neuwendung, und die Kontinentalplatten verkeilten sich ineinander: Nordamerika verband sich mit Südamerika und legte sich an Westafrika und Europa. China bildete eine Brücke zwischen Kasachstania und Indien, das sich mit Australien und Antarktika zusammentat. So entstand die Pangaea, ein einziger Urkontinent mit unregelmäßiger Form, der sich von einem Pol zum anderen erstreckte. Im Osten öffnete sich die Pangaea in einem großen ozeanischen Golf, derTethys. Der Geologe Eduard Suess, der 1901 diesen Begrifffür das große Meer des Mesozoikums prägte, hätte keinen besseren Namen wählen können. In der griechischen Mythologie istTethys die Tochter des Uranos und der Gaja und die Gemahlin des Okeanos, des äußeren Weltmeeres.

Heutzutage ist das Konzept derTethys nicht unumstritten. Es herrscht unter den Geologen eine angeregte Debatte über die Größe und Ausdehnung der Tethys. Fast alle anerkennen jedoch die Existenz eines oder mehrerer Paläo-Ozeane bis zur Schwelle der Trias. Zu Beginn des Juras verlor die Pangaea ihre Einheitlichkeit, die zunächst die Ausbreitung der Dinosaurier und der ersten Säugetiere begünstigt hatte. Eine ausgedehnte Transgression führte dazu, daß sich dieTethys ausdehnte und ausgedehnte Meeresgebiete über Europa, Ostafrika, Teilen Amerikas und Asiens bildete. Die Kontinente begannen sich in zwei Blöcke aufzuteilen: Laurasia im Norden und Gondwana im Süden. Nordamerika löste sich an der Stelle von Europa und Afrika ab, die das heutige Neuengland mit Marokko verband. In der Erdkruste taten sich tiefe Gräben auf, ähnlich dem ostafrikanischen Rifttal, und das Wasser eines neugeborenen  Ozeans strömte  hinein. Es war der Atlantik. Gleichzeitig begann  sich auf der Südhalbkugel ein neuer mittelozeanischer Rücken zu bilden. Er trennte Antarktika und Australien von einem Festlandsblock, der Südamerika und Afrika umfasste. Indien hingegen war eine isolierte Insel und begann mit einer nach Norden gerichteten Wanderung.
Gegen Ende des Juras (vor 140 bis vor 135 Millionen Jahren) wurde dieTethys zu einem schmalen äquatorialen Meer aus dem später die Karibik, der zentrale Atlantik, das Mittelmeer; der Indische Ozean und der Pazifik entstehen sollte. Die neueTethys war nun ein tropisches Meer; das von über 100 Steinkorallenarten und vielen Korallenfisch-Arten bewohnt wurde. Die meisten dieser Korallenformen gibt es heute noch. Eine lange Periode der Stabilität begünstigte die Ausbreitung der Korallen. Sie erreichten  die  höchste Artenvielfalt schließlich  im  Mittelmeergebiet. In  den  Ökosystemen  der Korallenriffe  kamen  auch  andere  riffbildende  Lebewesen  von unter ihnen Korallenalgen, Schwämme, Weichtiere und Foraminiferen. Letztere, Einzellen entwickelten sich immer unabhängigen weil der Atlantik sich dauernd verbreiterte und vertiefte und schließlich zu einer Barriere für die Wanderung der Rifforganismen wurde.

Die rasche Verbreiterung der Meeresböden hatte zur Folge, daß sich die Kontinentalmassen immer weiter voneinander entfernten. Südamerika trennte sich von Afrika, wobei  die  südliche  Hälfte  des  heutigen  Atlantiks  entstand.  Indien  wanderte zusammen mit Afrika noch weiter nach Norden, so daß Gondwana endgültig aufbrach und schließlich der Indische Ozean eröffnet wurde. Die epikontinentalen
Meere dehnten sich aus und führten zu einer weiteren Aufsplitterung des Festlandes. Dadurch nahm die Artenvielfalt der landbewohnenden Fauna noch zu. Im Meer hingegen herrschten ziemlich stabile tropische Bedingungen. In dieser Zeit beschleunigte der Motor der Plattentektonik seinen Lauf, so daß vor allem im Pazifik an der Grenze derTethys doppelt so viel Meereskruste entstand.

Zu Beginn des Känozoikums (Paleozän) verbreiterte sich der Atlantik weiterhin, obwohl noch starkeverbindungen zwischen Nordamerika und Europa bestanden. Südamerika und Australien waren noch mit Antarktika verbunden. Dadurch erklärt sich das Vorhandensein von Beuteltieren in beiden Erdteilen. Vor 65 Millionen Jahren erreichten die Kontinente eine Anordnung, die der heutigen sehr ähnlich ist. Eine Reihe ungeheurer Basaltergüsse im indischen Dekkan markierte eine der Endphasen der Annäherung Indiens an Asien. Indien hatte sich von den Seychellen gelöst, das Arabische Meer eröffnet und auf seinem Weg Vulkane zurückgelassen, aus denen schließlich die Malediven entstanden. Am Ende der langen Wanderung, vor 55 Millionen Jahren, kollidierte Indien mit der asiatischen Platte. So entstanden die Kette des Himalayas und der Gürtel von Ophiolithen, der sich 5000 km weit von Pakistan bis nach Burma erstreckt. Er markiert die Stelle, wo die letzten Reste derTethys verschwanden. Ungefähr zur gleichen Zeit führte eine heftige langanhaltende Eruption von Lava aus einem Hot Spot beim heutigen Island zu einer weiteren Verbreiterung des Nordatlantiks. Dabei trennten sich Amerika, Grönland, Irland, Schottland und Norwegen voneinander Im zentralen Bereich der mediterranen Tethys kollidierten Afrika und kleinere Platten mit Europa, wobei die Alpenkette von den Pyrenäen bis in den Balkan entstand. Sie verlängerte sich über Iran und Pakistan und fand den Anschluß an den Himalaya. Gegen Ende des Tertiärs wurde die Tethys weiter aufgeteilt, weil die Verbindung zwischen dem Mittelmeen dem letzten Rückzugsgebiet derTethys, und dem Indischen Ozean geschlossen wurde. Dann hob sich die Scholle von Gibraltar und hielt den Atlantik fern, so daß das Mittelmeer zu einem Binnenmeer wurde.

Das Wasser verdunstete innerhalb kurzer Zeit, so daß eine Reihe von Salzbecken, Canyons und sonnigen Ebenen entstand - vielleicht ähnlich wie im heutigen Death Valley oder im Danakilland. Das Leben kehrte vor ungefähr 5 Millionen Jahren wieder zurück. DieScholle von Gibraltarzerbrach, und derAtlantik füllte das Mittelmeer erneut. Die neuen Lebensformen paßten sich dabei den einzigartiger Bedingungen dieses Meeres an. In der Zeitspanne, die vor 25 Millionen Jahren begann und vor 5 Millionen Jahren zu Ende ging, erlebte das Rote Meer ein ähnliches Schicksal. Es wurde zu einem stark salzhaltigen Becken, das keine Verbindung mehr zum Indischen Ozean besaß und das schließlich durch die Drehung der Arabischen Halbinsel und die Eröffnung der Meerenge von Bab ei Mandeb wieder Anschluß an dieses Weltmeer fand.
Wie sieht die Zukunft aus?

Bisher ging es um Erdgeschichte und die Frage, wie die Plattentektonik funktioniert. Es wurde dabei klar daß das Meer ebenso einzigartig ist wie das Festland. Jedes Meeresbecken hat in seiner Geschichte und in seiner jetzigen Besiedlung Elemente mit anderen Ozeanen gemeinsam. Da es sich um geologische Zeiträume handelt, ist die Frage nach der künftigen Entwicklung für uns von geringer praktischer Bedeutung. Die wahrscheinlichsten Hypothesen sehen von daß sich das Mittelmeer verkleinert, während der Atlantik immergrößer wird. Dies gilt auch für das Rote Meer, das sich möglicherweise in einen großen Ozean verwandelt und an die Stelle des Pazifiks tritt. Fest steht allerdings, daß es der Mensch heute in der Hand hat, die Meere trotz ihrer ungeheuren Weite zu verändern. Es ist zu hoffen, daß der Mensch nicht in kurzer Zeit all jene Schönheiten zerstört, die im Laufe vieler Jahrmillionen entstanden sind.