Der 1. Versuch
"Oh, Scheiße, kann ich denn hier nie meine Ruhe haben? Verschwinde!"
Miss Parker hatte keineswegs vor, sich von der Türklingel am Schlafen hindern
zu lassen. Das hier war ihr Haus. Niemand konnte sie hier stören, wenn sie es
nicht zuließ. Sie drehte sich auf die andere Seite. Das Klingeln hörte nicht
auf.
"Verdammt!" Wütend gab sie auf. Irgend jemand würde dafür bezahlen,
und zwar höchstwahrscheinlich der nächtliche Unruhestifter. Wenn er dumm genug
war, noch immer draußen zu stehen. Parker griff nach ihrem Morgenmantel und zog
ihn über, während sie zur Tür ging.
"Ist ja schon gut, ich komme ja schon! Wenn ich noch einen verdammten Ton höre..."
Sie riß die Tür auf, einen bissigen Fluch auf den Lippen, doch dann hielt sie
überrascht inne. Erstaunt blickte sie auf ihre Besucherin herab.
"Debbie? Was machst du denn hier? Es ist mitten in der Nacht. Wo ist Br...
dein Vater?"
"Entschuldigung, Miss Parker. Ich weiß, daß es spät ist, aber ich wußte
nicht, zu wem ich sonst gehen sollte."
Broots Tochter sah sie aus großen Augen an, eine Mischung aus Angst und Sorge
auf dem Gesicht. Parker sah sich in der Dunkelheit vor ihrem Haus um, dann zog
sie Debbie ins Haus.
"Komm erst mal rein und setz dich hin. Ich habe keine Lust, die ganze Nacht
hier draußen zu stehen."
Debbie gehorchte, ging zur Couch und setzte sich. Parker musterte das Mädchen.
"Weiß dein Vater, daß du hier bist?"
"Nein! Nein, er... er hat mir gesagt, daß ich zu Ihnen gehen soll,
wenn..." Sie kämpfte mit den Tränen.
"Wenn was?" fragte Parker sanft.
"Er ist nicht nach Hause gekommen. Ich habe ihn seit Tagen nicht mehr
gesehen. Dad ist oft für ein paar Tage fort, aber er sagt mir immer vorher
Bescheid, und
dann paßt Mrs. Davis auf mich auf. Aber dieses Mal... Er hat gesagt, wenn er
nicht da ist, dann soll ich zu... zu Ihnen gehen."
"Ich verstehe. Wann hast du ihn zuletzt gesehen?"
Insgeheim wunderte sich Parker darüber, daß Broots seine Tochter ausgerechnet
zu ihr geschickt hatte. Was sollte das?
"Vor zwei Tagen, beim Frühstück. Es war alles ganz normal, und dann ist
er zur Arbeit gegangen."
Debbie blinzelte. Unvergossene Tränen brannten in ihren Augen, und außerdem
war sie müde.
"Paß auf, du solltest dich erst mal hinlegen, und ich kümmere mich um
deinen Vater."
"Ja. Danke, Miss Parker."
"Schon gut. Schlaf jetzt ein bißchen."
Debbie stand auf und ging zum Schlafzimmer, das sie noch von ihrem letzten
Besuch hier kannte. Auf halbem Weg blieb sie stehen und drehte sich um.
"Miss Parker? Glauben Sie, daß es meinem Dad gutgeht?"
Parker fühlte sich versucht, mit Ja zu antworten, aber sie konnte Debbie nicht
belügen. Das hätte Debbie vielleicht beruhigt, aber Parker wollte keine unbegründete
Hoffnung schüren. Wenn das Centre im Spiel war, und das war sehr
wahrscheinlich, mochte es durchaus sein, daß es Broots nicht gut ging.
"Ich weiß es nicht. Aber ich werde alles tun, um ihn so schnell wie möglich
zu finden."
Debbie nickte und ging weiter. Parker überlegte. Sie mußte sich selbst darum kümmern.
Im Centre konnte sie niemandem trauen, ausgenommen Broots und Sydney vielleicht.
Es gefiel ihr nicht, Debbie hier allein zu lassen. Sie griff nach ihrem Handy
und wählte.
"Nun mach schon, geh endlich ran... Syd, ich bin's. Kommen Sie sofort zu
mir nach Hause, und keine Fragen, klar?"
...
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