von Michael Winkler |
Aus aktuellem Anlass möchte ich die bereits angekündigte
„Amerikanische Außenpolitik“-Mail bis zum nächsten Mal verschieben. Die
amerikanische Politik wird sich so schnell nicht ändern, also kann sie noch
etwas warten J
Anfang der Woche sendete mir eine Freundin ein Zitat aus
„Die Zeit“ (von letzter Woche, 18.07.2002, Ausgabe 30/2002 nehme ich an) zu.
Für mich war das nicht unbedingt was Überraschendes und in dem ganzen e-Mail-Geschreibe
ging mir die Wichtigkeit dieses Zitates wohl doch etwas ab – dies soll nun
nachgeholt werden:
Das Zitat entstammt Seite 2 - Rubrik „Worte der
Woche“:
"Er hat die Aktionen
nicht operativ vorbereitet, hat vermutlich nicht einmal alle Einzelheiten der
Vorbereitung gekannt."
August
Hanning (Chef des Bundesnachrichtendienstes über die Rolle Osama bin Ladens bei
den Anschlägen vom 11. September.)
Sie
(die Freundin) fährt fort: “... es ist
wirklich wenig. Allerdings ist es eben um so erstaunlicher, dass einem Mann, der
beschuldigt wird, den aufsehenserregenden Terrorakt der vergangenen Jahre
geplant zu haben, als Wiedergutmachung der fälschlichen Anschuldigung gerade
mal 2 Zeilen gewidment werden.”
Da lässt sich wirklich nicht viel hinzufügen und ich bin
immer dankbar für solche Hinweise. Und was sagt uns das nun? Wenn es Bin Laden
nicht war, WER WAR ES DENN DANN, bitte schön?
Nun ja, die Filtermethoden haben gut gewirkt – da stehen
2 Zeilen in einer Zeitung für’s Dementi und ca. 100000 Zeilen in 10 Zeitungen
für die Anklage. Na, wenigstens kann man niemand behaupten, dass die Bevölkerung
nicht ausreichend informiert wurde.
Wenn es nun also Bin Laden nicht war, war es dann
vielleicht sein Zwillingsbruder? Hat man ihn „in all der Aufregung“
vielleicht nur verwechselt? Wir sind alle nur Menschen – kann doch mal
passieren, oder? Oder eben nicht?
Wer sich an den äußerst bemerkenswerten Artikel der
indischen Schriftstellerin Arundhati Roy (u.a. durch ihr Buch „Gott der
kleinen Dinge“ bekannt geworden) vom 28.09.2001 (The Guardian, FAZ) erinnert,
wird feststellen, dass die Bezeichnung „Zwillingsbruder“ eine völlig neue
Dimension bekommt, wenn man den Artikel mal ganz durchliest (Link am Ende des
Zitats):
„Wer ist Usama Bin
Ladin aber wirklich? Ich möchte es anders formulieren: Was ist Usama Bin Ladin?
Er ist das amerikanische Familiengeheimnis. Er ist der dunkle Doppelgänger des
amerikanischen Präsidenten. Der brutale Zwilling alles angeblich Schönen und
Zivilisierten. Er ist aus der Rippe einer Welt gemacht, die durch die
amerikanische Außenpolitik verwüstet wurde …“
Da mir die ganze Sache schon seit einiger Zeit doch immer
wieder einen gewissen Spaß bereitet, denn sonst würde ich Euch nicht mit einer
solchen „Penetranz zumailen“ J,
möchte ich in diesem Kontext gleich mal weitermachen. Wie sagte Hermann Hesse
schon mal bezeichnend „Die Welt ist außerhalb der Irrenhäuser nicht weniger
drollig als drinnen.“ (sinngemäß, hab’s nicht mehr genau im Gedächtnis)
Gestern sprang mir dann noch folgende Nachricht von der
SPIEGEL-Online-Titelseite ins Auge:
Scharping fehlte bei Strucks
Vereidigung
Peter Struck ist im Bundestag als neuer
Verteidigungsminister vereidigt worden. Der SPD-Politiker machte deutlich, dass
Deutschland weiterhin zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr bereit sei.
Der Artikel (Link: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,206701,00.html)
erscheint mir als Normalbürger und des Lesens dennoch Mächtiger recht konfus
geschrieben:
… Zu den Kritikern von Auslandseinsätzen in den eigenen Reihen sagte er
[Struck]: "Der Versuch einer allein militärischen Lösung politischer
Konflikte führt in aller Regel nicht zu nachhaltiger Stabilität, sondern trägt
nur den Keim weiterer Auseinandersetzungen in sich." Schwerpunkt der
deutschen Politik sei die Prävention von Konflikten.
Ja, was will uns unser neuer Verteidigungsminister oder
der SPIEGEL denn nun damit sagen? Mahnt er die Kritiker nun oder stimmt er ihnen
zu? Was will er nun eigentlich überhaupt? Was wollen die Kritiker? Naja, ich
musste wieder mal feststellen, dass mir das Politker- und Zeitungsdeutsch dann
einfach doch zu kompliziert ist, um mir wirklich was daraus entnehmen zu können.
J Aber das ist nichts Neues, ich weiß.
Nun fiel mir da noch was ein und einigen von Euch
vielleicht auch. Struck ? Struck ?!? Struck!!! Achja, Peter Struck - das war
doch der „Amerikaner“. Siehe auch „Hinweis-Mail Nr. 2“ - „Heute
sind wir alle Amerikaner!“ (Link:
http://www.das-parlament.de/2001/39/bundestag/p_a_44.html).
Nun ja, der „11. September“ setzt nun wirklich alle
Naturgesetze außer Kraft. Zum ersten Mal in meinem Leben hoffe ich, dass ein
Politiker wirklich vergessen hat, was er früher gesagt hat. Denn wenn er sich
noch daran erinnert, dann fällt mir nur eines ein: „Gute Nacht,
Deutschland!“
In diesem Sinne: Ein wunderschönes Wochenende wünscht
Euch Euer Micha.
Diese e-mail kann gern weitergeleitet werden – ich habe
überhaupt nichts dagegen.
PS: Beim nächsten Mal dann wirklich etwas zur
„Amerikanische Außenpolitik“ – es sei denn, Bundeskanzler Gerhard Schröder
verkündet vor dem Bundestag, dass man sich letztes Jahr dann doch etwas geirrt
hat in Anbetracht der schockierenden Wirkung der Terroranschläge, aber das bis
zu den Bundestagswahlen wieder „ausbügeln“ wird.
Und ich hoffe bis dahin, dass mir die Freundin mit dem zugeschickten Zitat vom
BND-Chef Hanning keinen Streich spielen wollte J