von Michael Winkler |
Ich möchte die für heute angekündigte e-Mail
„Deutschland und Amerika“ noch einmal verschieben. Gründe dafür gibt es
mehrere.
Der erste war die Ausstrahlung des Filmes „Wag the
Dog“ im ZDF letzten Samstag. Zufälligerweise hatte ich am Samstagnachmittag
ein Fernsehprogramm zu Gesicht bekommen – was ungefähr 5 mal im Jahr
vorkommt. „Wag the Dog“ (u.a. mit Robert de Niro & Dustin Hoffmann)
handelt – für die, die den Film nicht kennen – von einem durch eine
„kleine“ Sex-Affäre in Schwierigkeiten geratenen US-Präsidenten. Da sich
dieser Vorfall 14 Tage vor der nächsten Präsidentschaftswahl ereignet, wird
zur Ablenkung ein Krieg gegen Albanien „inszeniert“. Dies geschieht vorbei
bzw. mit Wissen des CIA und der Presse – die zwar ihren Anteil zur Aufklärung
beitragen, aber letzen Endes zählt der bessere Preis. Hätte ich den Film vor
dem 11. September 2001 gesehen, wäre es wohl für mich eine tolle Komödie
gewesen. Nach dem 11. September frage ich mich, wie es so ein Film überhaupt
geschafft hat, gedreht werden zu dürfen. Eigentlich frage ich mich das nicht
wirklich, denn ein Verbot hätte sicher Verdacht erweckt. Ein Klasse-Film
jedenfalls. Man sollte ihn sich wirklich einmal anschauen.
Grund Nr. 2 war die e-Mail eines Freundes, die mich heute früh erreichte.
Das ZDF behandelte/ behandelt in einigen Sendungen (z.B. „Frontal“ –
Link: http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/0,1872,2009487,00.html
)
das Thema „11. September“. Am Sonntag, dem 11.08.2002, 23.25-0.10 Uhr,
strahlt das ZDF eine Sendung mit dem Titel "Der Tag, der die Welt veränderte
- Die Ohnmacht der Mächtigen am 11. September" (Link:
http://www.zdf.de/ZDFde/einzelsendung/0,1970,2036883,00.html
) aus. Ich denke, dass könnte wohl interessant werden – schon unter dem
Aspekt eine Fernsehsendung aus zwei Blickwinkeln zu sehen. Die offizielle
Version oder mal darauf zu achten, wie man die Dinge noch sehen könnte ...
Spätestens an dieser Stelle möchte ich noch einmal bei
allen bedanken, die mir ihre „Hinweise“, Kommentare, Anmerkungen und Ideen
zusenden. Ich denke, ohne diese hätte ich wohl nach der 3. Mail den „11.
September“ in Frieden ruhen lassen ... Eigenartige Wortwahl – fällt mir
gerade auf J
Naja, dass die Sendung „verbraucherfreundlich“
am Sonntagabend 23.25 Uhr ausgestrahlt wird spricht Bände (siehe auch Mail 2
– Signalverarbeitung). Wer bitte schön ist am Sonntag nach 23 Uhr noch fähig,
sich eine politische Sendung anzusehen??? Aber na ja, das Thema scheint auch
nicht sonderlich wichtig J Ich fragte mich schon vor 10 Jahren ab und zu, wie die Fernsehsender es
schaffen, interessante Dokumentationen und Reportagen zu Tageszeiten zu
senden, zu denen „normale Menschen“ entweder schlafen, Sex haben oder sich
in einer Kneipe kräftig einen hinter die Binde kippen (manche tun leider auch
alles drei’s – in umgekehrter Reihenfolge allerdings J). Egal, ich weiß, es gibt Dinge, die ich nicht verstehen muss – ist ja
nicht das erste Mal ...
Grund Nr. 3 war eine e-Mail eines anderen Freundes (seines
Zeichens Architekt), aus der ich gern einen Teil einfügen würde.
„... Einer unserer Professoren spricht bei Architekturentwürfen immer von
einer Meta-Ebene, ... die hinter (oder über) allen Details liegt und dem
Ganzen einen übergeordneten Sinn gibt ...“
Meta-Ebene? Übergeordneter Sinn? Naja,
nicht immer ganz so einfach zu sehen – das ist wahr. Mir war beim Studium
auch nie klar, warum ich BWL, Öffentliches Recht und Fremdsprachen belegen
musste. Nach dem Studium war es mir deshalb umso klarer, dass dies keine
verlorene Zeit war, sondern im holistisch-ganzheitlichen Sinne „alles
irgendwie miteinander verknüpft“ ist.
Auf den Entwicklung des Kapitalismus gesehen, kann diese
Meta-Ebene viele Gesichter haben. Aber das größte und bekannteste ist
sicherlich das freudig-glänzend und dreckig-lachende Gesicht des
„Geldes“.
Ich habe keine Ahnung von Wirtschaft, Börse und gewissen Marktregeln. Aber
ich fragte mich häufiger – ganz naiv – wie es möglich ist, dass die
Aktien eines Unternehmens um 400 % steigen, ohne dass sich die Produktivität
im gleichen Zeitraum vervierfacht hätte. „Naja, die werden schon wissen,
was sie da machen an der Börse.“ Da schaltete sich dann immer mein
Gehirn ab J
In der Online-Version der Samstag-Ausgabe der „Junge
Welt“ fand ich nun folgenden Artikel mit dem Titel „Auf dem Weg nach
unten“. Ein kurzer Ausschnitt daraus:
„Der entscheidende Grund für
den Niedergang an den Börsen liegt zweifellos darin, daß die Aktienwerte im
Rahmen einer langanhaltenden Spekulationsperiode sich immer mehr von den
realen Umsätzen und Gewinnen entfernten. Letzten Endes spiegeln Aktienkurse
Erwartungen auf spätere Profite wider. Ein Indikator, der dieses »Abheben«
wiedergibt, ist das Verhältnis, in dem sich die Gewinne zu den Aktienkursen
derselben Unternehmen bewegen (Kurs-Gewinn-Verhältnis - KGV). Hierfür liegt
eine detaillierte Langzeitrechnung des US-Ökonomen Robert J. Shiller vor, der
die Gewinne der wichtigsten 500 Unternehmen des Landes in ein Verhältnis
setzte zum Börsenindex Standard & Poor’s (S&P), der seinerseits die
Aktienkurse der wichtigsten 500 Firmen der USA zusammenfaßt. Danach wurde
kurz vor dem Börsenkrach 1929 ein KGV von rund 33 erreicht; das
Aktienkursniveau lag um das Dreiundreißigfache über den Gewinnen der 500
wichtigsten US-Firmen. Danach sackte das KGV auf einen Wert von fünf
herunter. Bis 1980 bewegte es sich in der Regel in einer Spannweite zwischen
zehn und 20. Seit 1998 schnellt dieses Kurs-Gewinn-Verhältnis steil nach oben
und erreichte auf dem Höhepunkt den historischen Höchstwert von knapp 45.
Inzwischen ist es wieder auf 30 gefallen, was jedoch immer noch fast dem
Rekordniveau von 1929 entspricht. Die Folgerung von Robert Shiller ist auch
aus marxistischer Sicht überzeugend: »Ich sehe keinen Grund, weshalb der
Absturz zu Ende sein sollte. Wir sind immer noch auf dem Weg nach unten.«“
(Link:
http://www.jungewelt.de/2002/08-02/006.php
)
Man mag der “Jungen Welt” als ehemaliges
SED-nahes-Presseorgan wenig Wirtschaftsverständnis zutrauen, besonders wenn
man sich an einige Aspekte der DDR-Wirtschaft zurückerinnert. Aber erstens
sind seitdem Mauerfall 13 Jahre vergangen und zweitens werden hier wenigstens
Hintergründe und Erklärungen deutlich. Die „offiziellen Medien“ flachen
die drastischen Entwicklungen immer noch etwas ab – naja, kann man auch
verstehen: Keiner wird gern an Zeiten einer Weltwirtschaftskrise erinnert.
Zudem wissen wahrscheinlich 90 % der Anleger nicht mal, was das ist. Egal, der
DAX hat in den letzten zwei Jahren mehr als 50 % verloren und der 11.
September war gar nicht so schwarz, wie er vielleicht aussehen mag, wenn man
den Prognosen des obigen Artikels Glauben schenken darf.
Kurze Frage: Wo befinden wir uns denn dann, wenn wir nach
einer langen Durststrecke gerade mal auf dem Niveau vor der letzten großen
Weltwirtschaftskrise sind? Aber wie gesagt – kann auch alles Panikmache sein
– man weiß ja nie?! J
Ich bemerke gerade, dass diese e-Mail bei weitem zu lang
wird .. in diesem Sinne schließe ich hier das nächste Mal an.
In diesem Sinne: Einen schönen, sonnigen Tag noch wünscht
Euch Euer Micha.
PS: Diese e-mail kann auch gern weitergeleitet werden –
ich habe überhaupt nichts dagegen.