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Hinweis Nr. 10 - Geld & Wirtschaft - Teil 1

von Michael Winkler
gesendet am 07. August 2002

 

Ich möchte die für heute angekündigte e-Mail „Deutschland und Amerika“ noch einmal verschieben. Gründe dafür gibt es mehrere.

Der erste war die Ausstrahlung des Filmes „Wag the Dog“ im ZDF letzten Samstag. Zufälligerweise hatte ich am Samstagnachmittag ein Fernsehprogramm zu Gesicht bekommen – was ungefähr 5 mal im Jahr vorkommt. „Wag the Dog“ (u.a. mit Robert de Niro & Dustin Hoffmann) handelt – für die, die den Film nicht kennen – von einem durch eine „kleine“ Sex-Affäre in Schwierigkeiten geratenen US-Präsidenten. Da sich dieser Vorfall 14 Tage vor der nächsten Präsidentschaftswahl ereignet, wird zur Ablenkung ein Krieg gegen Albanien „inszeniert“. Dies geschieht vorbei bzw. mit Wissen des CIA und der Presse – die zwar ihren Anteil zur Aufklärung beitragen, aber letzen Endes zählt der bessere Preis. Hätte ich den Film vor dem 11. September 2001 gesehen, wäre es wohl für mich eine tolle Komödie gewesen. Nach dem 11. September frage ich mich, wie es so ein Film überhaupt geschafft hat, gedreht werden zu dürfen. Eigentlich frage ich mich das nicht wirklich, denn ein Verbot hätte sicher Verdacht erweckt. Ein Klasse-Film jedenfalls. Man sollte ihn sich wirklich einmal anschauen.

Grund Nr. 2 war die e-Mail eines Freundes, die mich heute früh erreichte. Das ZDF behandelte/ behandelt in einigen Sendungen (z.B. „Frontal“ – Link: http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/0,1872,2009487,00.html ) das Thema „11. September“. Am Sonntag, dem 11.08.2002, 23.25-0.10 Uhr, strahlt das ZDF eine Sendung mit dem Titel "Der Tag, der die Welt veränderte - Die Ohnmacht der Mächtigen am 11. September" (Link:  http://www.zdf.de/ZDFde/einzelsendung/0,1970,2036883,00.html ) aus. Ich denke, dass könnte wohl interessant werden – schon unter dem Aspekt eine Fernsehsendung aus zwei Blickwinkeln zu sehen. Die offizielle Version oder mal darauf zu achten, wie man die Dinge noch sehen könnte ...

Spätestens an dieser Stelle möchte ich noch einmal bei allen bedanken, die mir ihre „Hinweise“, Kommentare, Anmerkungen und Ideen zusenden. Ich denke, ohne diese hätte ich wohl nach der 3. Mail den „11. September“ in Frieden ruhen lassen ... Eigenartige Wortwahl – fällt mir gerade auf J

Naja, dass die Sendung „verbraucherfreundlich“ am Sonntagabend 23.25 Uhr ausgestrahlt wird spricht Bände (siehe auch Mail 2 – Signalverarbeitung). Wer bitte schön ist am Sonntag nach 23 Uhr noch fähig, sich eine politische Sendung anzusehen??? Aber na ja, das Thema scheint auch nicht sonderlich wichtig J Ich fragte mich schon vor 10 Jahren ab und zu, wie die Fernsehsender es schaffen, interessante Dokumentationen und Reportagen zu Tageszeiten zu senden, zu denen „normale Menschen“ entweder schlafen, Sex haben oder sich in einer Kneipe kräftig einen hinter die Binde kippen (manche tun leider auch alles drei’s – in umgekehrter Reihenfolge allerdings J). Egal, ich weiß, es gibt Dinge, die ich nicht verstehen muss – ist ja nicht das erste Mal ...

Grund Nr. 3 war eine e-Mail eines anderen Freundes (seines Zeichens Architekt), aus der ich gern einen Teil einfügen würde. 

„... Einer unserer Professoren spricht bei Architekturentwürfen immer von einer Meta-Ebene, ... die hinter (oder über) allen Details liegt und dem Ganzen einen übergeordneten Sinn gibt ...“  

Meta-Ebene? Übergeordneter Sinn? Naja, nicht immer ganz so einfach zu sehen – das ist wahr. Mir war beim Studium auch nie klar, warum ich BWL, Öffentliches Recht und Fremdsprachen belegen musste. Nach dem Studium war es mir deshalb umso klarer, dass dies keine verlorene Zeit war, sondern im holistisch-ganzheitlichen Sinne „alles irgendwie miteinander verknüpft“ ist.
Auf den Entwicklung des Kapitalismus gesehen, kann diese Meta-Ebene viele Gesichter haben. Aber das größte und bekannteste ist sicherlich das freudig-glänzend und dreckig-lachende Gesicht des „Geldes“.
Ich habe keine Ahnung von Wirtschaft, Börse und gewissen Marktregeln. Aber ich fragte mich häufiger – ganz naiv – wie es möglich ist, dass die Aktien eines Unternehmens um 400 % steigen, ohne dass sich die Produktivität im gleichen Zeitraum vervierfacht hätte. „Naja, die werden schon wissen, was sie da machen an der Börse.“ Da schaltete sich dann immer mein Gehirn ab
J

In der Online-Version der Samstag-Ausgabe der „Junge Welt“ fand ich nun folgenden Artikel mit dem Titel „Auf dem Weg nach unten“. Ein kurzer Ausschnitt daraus: 

„Der entscheidende Grund für den Niedergang an den Börsen liegt zweifellos darin, daß die Aktienwerte im Rahmen einer langanhaltenden Spekulationsperiode sich immer mehr von den realen Umsätzen und Gewinnen entfernten. Letzten Endes spiegeln Aktienkurse Erwartungen auf spätere Profite wider. Ein Indikator, der dieses »Abheben« wiedergibt, ist das Verhältnis, in dem sich die Gewinne zu den Aktienkursen derselben Unternehmen bewegen (Kurs-Gewinn-Verhältnis - KGV). Hierfür liegt eine detaillierte Langzeitrechnung des US-Ökonomen Robert J. Shiller vor, der die Gewinne der wichtigsten 500 Unternehmen des Landes in ein Verhältnis setzte zum Börsenindex Standard & Poor’s (S&P), der seinerseits die Aktienkurse der wichtigsten 500 Firmen der USA zusammenfaßt. Danach wurde kurz vor dem Börsenkrach 1929 ein KGV von rund 33 erreicht; das Aktienkursniveau lag um das Dreiundreißigfache über den Gewinnen der 500 wichtigsten US-Firmen. Danach sackte das KGV auf einen Wert von fünf herunter. Bis 1980 bewegte es sich in der Regel in einer Spannweite zwischen zehn und 20. Seit 1998 schnellt dieses Kurs-Gewinn-Verhältnis steil nach oben und erreichte auf dem Höhepunkt den historischen Höchstwert von knapp 45. Inzwischen ist es wieder auf 30 gefallen, was jedoch immer noch fast dem Rekordniveau von 1929 entspricht. Die Folgerung von Robert Shiller ist auch aus marxistischer Sicht überzeugend: »Ich sehe keinen Grund, weshalb der Absturz zu Ende sein sollte. Wir sind immer noch auf dem Weg nach unten.«“
 (Link: http://www.jungewelt.de/2002/08-02/006.php )

Man mag der “Jungen Welt” als ehemaliges SED-nahes-Presseorgan wenig Wirtschaftsverständnis zutrauen, besonders wenn man sich an einige Aspekte der DDR-Wirtschaft zurückerinnert. Aber erstens sind seitdem Mauerfall 13 Jahre vergangen und zweitens werden hier wenigstens Hintergründe und Erklärungen deutlich. Die „offiziellen Medien“ flachen die drastischen Entwicklungen immer noch etwas ab – naja, kann man auch verstehen: Keiner wird gern an Zeiten einer Weltwirtschaftskrise erinnert. Zudem wissen wahrscheinlich 90 % der Anleger nicht mal, was das ist. Egal, der DAX hat in den letzten zwei Jahren mehr als 50 % verloren und der 11. September war gar nicht so schwarz, wie er vielleicht aussehen mag, wenn man den Prognosen des obigen Artikels Glauben schenken darf.

Kurze Frage: Wo befinden wir uns denn dann, wenn wir nach einer langen Durststrecke gerade mal auf dem Niveau vor der letzten großen Weltwirtschaftskrise sind? Aber wie gesagt – kann auch alles Panikmache sein – man weiß ja nie?! J

Ich bemerke gerade, dass diese e-Mail bei weitem zu lang wird .. in diesem Sinne schließe ich hier das nächste Mal an.

In diesem Sinne: Einen schönen, sonnigen Tag noch wünscht Euch Euer Micha.

PS: Diese e-mail kann auch gern weitergeleitet werden – ich habe überhaupt nichts dagegen.