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Hinweis Nr. 11 - Geld & Wirtschaft - Teil 2

von Michael Winkler
gesendet am 09. August 2002

 

Beginnen möchte ich die heutige e-Mail mit einer aktuellen Meldung des französischen Nachrichtendienstes Réseau Voltaire (www.reseauvoltaire.net), die mich gestern früh erreichte. Das Original (ganz am Ende der e-Mail) ist in Französisch – ein Freund in Paris war so nett, mir den Inhalt zu übersetzen:

 MUSHARRAF GLAUBT NICHT MEHR AN DIE BEN-LADEN-THESE

In einem Interview, welches im New-Yorker erscheinen wird, erklärt der pakistanische Präsident, dass er nicht mehr glaubt, Oussama Ben Laden wäre der Drahtzieher der Attentate des 11. September gewesen. „Ich denke nicht, dass es möglich ist, dass Oussama das von den Bergen aus hat machen können. Er war vielleicht der Sponsor, der Geldgeber, die Treibende Macht. Aber diejenigen, die das Verbrechen begangen haben, waren weit moderner. Ich denke nicht, dass er [Ben Laden] das Gehirn oder der Planer war. Das war jemand anderes.“, hat Präsident Musharraf ausgeführt.
Am 4. Oktober 2001 hatte die pakistanische Regierung aufgrund von Dokumenten, die Ihr von den US Behörden übermittelt wurden waren, Ihre Überzeugung an der Schuld von Oussama Ben Laden erklärt. General Musharraf war neben George W. Bush und Tony Blair einer der drei Chefs der Koalition gewesen, die den Krieg in Afghanistan führte. Allerdings hatte sich Pakistan auf eine rein logistische Unterstützung der Militäroperationen beschränkt.

Nun ja, wichtig war für mich neben der Hauptaussage, dass der pakistanische Präsident nicht an Bin Laden als wichtigsten Hauptverdächtigen glaubt, vor allem der Abschnitt „..aufgrund von Dokumenten die Ihr von den US Behörden übermittelt wurden waren ..“. Jeder kann sich nun selbst seinen Teil denken. Ich bin zumindest gespannt, wer als nächster ein Statement abgibt. Um weitere Aufdeckungen zu vermeiden, kann der USA eigentlich nur noch ein Krieg à la „Wag the Dog“ helfen. Nur ist ein realer Krieg immer „besser“ – die Rüstungsindustrie verdient schließlich mehr als die Filmindustrie. Irak ist „in Arbeit“. Egal, ob die irakische Seite die Waffeninspekteure sogar einlädt – Washington ist sich sicher: „das Böse“ ist immer schneller.

Ich möchte nun die beim letzten Mal unterbrochene e-Mail „Geld und Wirtschaft“ heute fortsetzen und zwangsläufig die angekündigte e-Mail „Deutschland und Amerika“ noch einmal verschieben.

Ich war bei folgender Frage stehen geblieben:
Wo befinden wir uns denn dann, wenn wir nach einer langen Durststrecke gerade mal auf dem Niveau vor der letzten großen Weltwirtschaftskrise sind? 

Die bereits angesprochenen Wirtschaftsskandale (Enron, WorldCom, Xerox etc.) in den USA sind, aller Voraussicht nach, nur die Spitze des Eisberges. In Deutschland sieht das nicht viel anders aus, wenn auch die Methoden weniger kriminell und die Ausmaße weniger drastisch sind. Ein schöner Artikel dazu befindet sich im „Manager Magazin“ – Titel: „Mehr Schein als sein“ (Link: http://www.manager-magazin.de/geld/artikel/0,2828,193613,00.html )

Was bedeutet das alles nun für den Kapitalismus? Was ist mit seiner Meta-Ebene „Geld“, die über und hinter allem steht, passiert? Hat man ihr, der Meta-Ebene „Geld“, zuviel Wert zugewiesen? Dass dem offenbar so ist und dass sich der Großteil der Menschheit davon beeinflussen lassen hat, merken wir immer öfter. Wir beschweren oder wundern uns, wenn einige Produkte (z.B. Kaffee, Benzin, Fleisch etc. etc.) ständig mal teurer oder billiger werden und vergessen, dass die selben Produkte vor 40 Jahren noch fast das 3- bis 5-fache gekostet haben. Geld wurde ursprünglich erfunden, um den Tauschhandel abzuschaffen und um Dinge einen vergleichbaren Wert zuzuordnen. Dass die heutigen Relationen keine Relationen mehr sind, stellen wir immer häufiger fest (Sport, Kunst, Börse etc. etc.). Für die „Großen“ in dieser Welt ist es ein Spaß, sich Dinge zu leisten, die so viel Geld kosten, wie das Brutto-Inlandsprodukt (2000: rund 6,3 Milliarden US$) von Äthiopien und seiner reichlich 60 Millionen Einwohner. Man fragt sich eventuell, wie die Leute dort leben und wovon sie leben, ... wenn sie noch leben.

Und vielleicht stellt man dann irgendwann fest, dass Lebensstandard nur bedingt etwas mit Lebensqualität zu tun hat. Man sollte sich wirklich ab und zu vor Augen halten, dass Geld keine Zahl auf dem Konto, sondern ein Mittel ist, um sich die Dinge zu leisten, die wichtig sind. Doch da sind wir schon beim nächsten Thema: „Was ist wichtig im Leben?“ und noch viel entscheidender die Frage „Was ist wirklich wichtig im Leben?“

Naja, wie dem auch sei, ich war heute jedenfalls nach zwei Monaten wieder mal in der Filiale meiner Bank. Die großen A0-Aufsteller mit „77 % Rendite“ waren weg. Dafür klebte ein bescheidenes A4-Blatt auf dem Schaltertisch „Konservativ anlegen“: „Kurzfristig – 2 Wochen Urlaub, Mittelfristig – Ihr Traumauto, Langfristig – Ihre eigenen vier Wände“. Es ist so einfach, „konservativ“ zu sein J

Ein schönes, sonniges Wochenende wünscht Euch Euer Micha.

Diese e-mail kann gern weitergeleitet werden – ich habe überhaupt nichts dagegen.

PS: Um noch einmal auf das Thema „Relation & Dimension“ sprechen zu kommen: „Der Verteidigungshaushalt der USA für 2003 soll beispielsweise um 11 Prozent auf insgesamt 379 Milliarden Dollar [das reichlich 60fache des BIP von Äthiopien!] steigen. Viel Geld fließt dabei nicht direkt in Bereiche, die mit der Terrorbe­kämpfung zu tun haben, sondern in große Rüstungsprojekte, die vor der Bush-Regierung in Gefahr standen, gekippt zu werden.“ (Link: http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/12299/1.html)

 

Original e-Mail from Réseau Voltaire

MUSHARRAF NE CROIT PLUS À LA THÈSE BEN LADEN

(Réseau Voltaire - 07/08/02) Dans une interview a paraître dans le New-Yorker, le président du Pakistan déclare ne plus croire qu¹Oussama Ben Laden ait été le commanditaire des attentats du 11 septembre.
" Je ne pense pas qu¹il soit possible qu¹Oussama ait pu faire ça depuis les montagnes (Š) Il était peut-être le sponsor, le financier, la force de motivation. Mais ceux qui ont perpétré cela était bien plus modernes (Š) Je ne pense pas qu¹il ait été le cerveau ou le planificateur. C¹était quelqu¹un d¹autre " a indiqué le président Musharraf.

Le 4 octobre 2001, le gouvernement pakistanais s¹était déclaré convaincu par les documents transmis par les autorités US de la culpabilité d¹Oussama Ben Laden. Le général Musharraf avait été, aux côtés de George W. Bush et de Tony Blair, l¹un des trois chefs de la Coalition globale qui conduisit la guerre en Afghanistan, mais le Pakistan s¹était contenté de fournir une aide logistique aux opérations militaires.  

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