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Hinweis Nr. 22 - Irak, Öl und Finanzen

von Michael Winkler
gesendet am 15. Oktober 2002

     

Die heutige E-Mail sollte ursprünglich zwar nur die fehlende englische Übersetzung der letzten „Hinweis“-Mail enthalten. Doch „nichts kommt genauso, wie man es geplant hat“. Des weiteren lässt die Bush-Rede an die amerikanische Nation am 07.10.2002 (im übrigen der Jahrestag der Bombardierung Afghanistans) es wohl kaum zu, nichts dazu zu sagen bzw. zu schreiben. Der Irak-Krieg scheint auch öffentlich bereits beschlossene Sache und somit nur noch eine Frage der Zeit – die Zustimmung des US-Senats bestätigte dies (http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,217661,00.html). Stück für Stück nähert man sich dem Ziel – einen Krieg in einer Krisenregion zu entfachen, der nicht nur den Irak, sondern halb Asien mit in die Auseinandersetzungen hineinziehen könnte. Kaum einer spricht noch von Osama Bin Laden, noch weniger darüber, wie es den Menschen in Afghanistan geht. Länder, Personen und Angriffsziele sind austauschbar, wenn es um Geld geht. Große Bevölkerungsteile der USA, Englands, Italiens und anderer Länder begeben sich auf die Straße, um gegen Bushs offensichtliche Kriegstreiberei zu demonstrieren. In Deutschland blieb es dagegen bisher eher ruhig – mehr oder weniger. Aktionen wie die ATTAC-Demonstration (www.attac.org) in Köln am 14.09.2002 mit mehr als 40.000 Teilnehmern lassen allerdings hoffen, dass es auch in Deutschland möglich sein sollte, Leute für große gesellschaftliche Anliegen zu mobilisieren – selbst wenn es in Köln in erster Linie nicht um das Thema „Irak“ ging.
Geht es uns schlicht und ergreifend einfach zu gut? Ist der Irak zu weit weg? Oder hat das Umschwenken von Kanzler Schröder gleichzeitig eine „Wir sind ja eh dagegen!“-Rechtfertigung in unseren (Schafs-)Köpfen ausgelöst?  

(Im Laufe der Fertigstellung der e-Mail wurde der 26.10.2002 zum weltweiten Aktionstag gegen einen Angriff gegen den Irak erklärt – siehe http://www.jungewelt.de/2002/10-12/007.php).

Wie mir scheint, haben Mr. Bush und seine Hintermänner, Berater und Unterstützer genau das erreicht, was sie wollten. Die Weltöffentlichkeit solange zu bereden und langsam vor eine Situation zu stellen, die nur noch einen kleines Fake benötigt, um zum Großangriff zu blasen. Ich vermute – und ich würde mich freuen, wenn ich mich da täuschen sollte – dass nun nur noch ein irakisches Flugzeug irgendwo falsch fliegen muss und die US-amerikanische Regierung und ihre Verbündeten (wer auch immer diese sein mögen) können genau das tun, was sie schon seit Anfang diesen Jahres öffentlich diskutieren und noch viel länger geplant haben. Und im Grunde genommen hat der Irak-Krieg mit dem Beschuss irakischer Flugzeuge bereits begonnen (Link: http://www.heute.t-online.de/ZDFheute/artikel/0,1367,POL-0-11784,00.html) – nur bekommen es offensichtlich die wenigsten mit.

Die wohl bald vergessene „Bush-Hitler-Affäre“ mit Frau Däubler-Gmelin ließ den SPIEGEL am 19.09.2002  (http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,214597,00.html) folgendes schreiben:
„Das Hauptmotiv für Bushs harte Haltung gegen den Irak sei nicht wie oft angenommen die Erdölversorgung, habe Däubler-Gmelin weiter gesagt. Denn: "Die Amerikaner haben selber genug Öl." Der Grund für die Kriegsvorbereitungen sei vielmehr in der US-Innenpolitik zu suchen. Auf Grund der Wirtschaftskrise in den USA seien die Popularitätswerte des Präsidenten stark gesunken.“
Soso, die Amerikaner haben also selbst genug Öl. Interessant, dann können wir ja beruhigt sein. Und ich dachte schon ... Ja, warum nutzen sie es dann nicht? Das Wort „Erdöl“ und daraus mögliche Schlussfolgerungen dürften für den „Normalbürger“ wohl schon zuviel des Guten sein. Nein, soviel muss er nicht wissen. Das macht die Sache nur kompliziert.
Offensichtlich bemerkt auch der SPIEGEL langsam, dass nicht jeder den Denkbogen ums Öl machen will, denn am 12.10.2002 folgt in einem Artikel unter dem Titel „Der Triumphzug der Antiamerikaner“ eine erneute „Klarstellung“ für das „Was – warum – und warum nicht“:
“Man muss nicht so weit gehen wie die indische Schriftstellerin [Arundhati] Roy, die in der rhetorischen Aufrüstung nach dem 11. September ein bereits kalkuliertes Sprach-Spiel zur Ölkrieg-Aufrüstung gegen den Irak vermutete.
Doch mittlerweile - ist das nicht erstaunlich - glaubt die Mehrheit der amerikanischen Bevölkerung, dass der Irak-Krieg der Regierung zur Ablenkung von den wirtschaftlichen Problemen im eigenen Land dient.“ (Link: http://www.spiegel.de/politik/debatte/0,1518,217953,00.html)

Jeder kann nun selbst einen Tipp abgeben, worum es im Irak-Konflikt eigentlich geht. Öl? Waffen? Terrorismus? Demokratie? Die Hauptverlierer dieses Krieges (das irakische Volk) stehen bereits vor diesem Krieg fest. Aber im Sinne der Globalisierung wird sich die Zahl der Verlierer ebenso vermehren. Neben den immer leidenden „weniger entwickelten Ländern“, könnte es dieses Mal verstärkt auch die westliche Bevölkerung treffen. Vor ein paar Monaten fand ich auf einer der Print-Think-Web-Seiten (http://members.shaw.ca/rbham/print%20thinks/currentprint.htm) einen Ausspruch eines Amerikaners, der wohl genau das ausdrückt, was viele seiner Landsleute bereits ahnen. Der Leser meinte sinngemäß, dass Amerika vielleicht den 11. September überlebt hat, aber es wird nicht die Bush-Regierung überstehen.

Zum Thema Wirtschaftskrise ein nettes Foto aus einer Marktstraße in Cottbus,aufgenommen Ende September 2002. Der beste Aktienfond zeigt immerhin noch +0,2 % Gewinn. Das ist doch schon mal was! J 
Im übrigen war der DAX letzte Woche bei ungefähr 2600 Punkten angekommen – das sind knapp 30 % der Höchststände aus dem Jahr 2000. Nun, krankt der Aktienmarkt momentan? Oder schrumpft er einfach nur auf ein gesundes Maß?  

In der FAZ vom 28.09.2002 fand ich in einem Interview mit dem amerikanischen Schriftsteller Norman Mailer folgenden Abschnitt:

FRAGE: Sie haben nie Aktien besessen?  
ANTWORT: Eine Weile lang hatte ich einen Finanzmakler. Eines morgens rief der mich an und sagte, ich hätte gerade zehntausend Dollar verdient. Zehntausend Dollar! Früher habe ich so viel Geld für einen Roman bekommen, an dem ich zwei Jahre gearbeitet hatte. Wie sollte ich jemals wieder die Energie haben, mich um meine Arbeit zu kümmern, wenn das Motiv verschwunden war, damit Geld zu verdienen? Ich würde nie mehr schreiben können! Ein paar Tage später rief der Mann mich nochmal an und sagte, ich hätte gerade zehntausend Dollar verloren. Fein, sagte ich,
zur Hölle. Und seitdem habe ich mit dem Aktienmarkt nichts mehr zu tun.
(entnommen: http://www.faz.net/IN/INtemplates/faznet/default.asp?tpl=faz/content.
asp&doc={976E7463-96DB-43BC-ACCC-FFC92363B290}&rub={298C7D46-
1474-4116-8F97-9C114A4EFC63}#
- der Online-Artikel wurde leider mittlerweile entfernt. Lag das an Mr. Mailer „Bush-unfreundlichen“ Worten, die er über das gesamte Interview hinweg geäußert hatte?!?!)


Neben Mailers unkomplizierter Einstellung zum Thema „Geld“ fiel mir der Abschnitt vor allem noch wegen einer anderen Sache auf: Zufälligerweise hatte ich den Artikel zuerst in der Papierausgabe gelesen und bin dadurch erst darauf aufmerksam geworden. Die Zeitung gehörte einem meiner Kollegen und somit habe ich sie leider nicht mehr vorliegen, aber soweit ich mich erinnern kann, trat folgende Merkwürdigkeit auf: In der Zeitungsversion stand anstatt „... zur Hölle.“ ein Satz, der ungefähr lautete „dann kann ich endlich weiterschreiben.“

Was veranlasst einen Redakteur zu einem solchen Schritt bzw. zu so einem Feintuning? Würden vielleicht noch mehr Anleger vom Aktiengeschäft abspringen? Würden eventuell noch mehr Menschen darüber nachdenken, was sie mit ihrem Angesparten da eigentlich machen? Oder würden gar noch mehr Menschen über den eigentlichen Sinn oder Unsinn des Geldes nachdenken? Und was würden diese Menschen wohl machen, wenn sie wüssten, dass die FAZ schon bei solch scheinbar harmlosen Details „schummelt“?

Aber zugegebenermaßen sind solche Dinge wohl eher nebensächlich, wenn man bedenkt, wie viele (oder wenige ?) Leute die Ereignisse des „11. September“ hinterfragen. Solch feine Details fallen dann wohl eher in die Kategorie „Kavaliersdelikte“.

In diesem Sinne, bis zum nächsten Mal. Eines schönen, regenfreien Herbsttag noch, Euer Micha.

PS: Diese e-Mail kann auch gern weitergeleitet werden – ich habe überhaupt nichts dagegen.
PS2: Alle vorangegangenen Artikel sind vollständig ge-updated unter
www.oocities.org/michwink/911.html zu finden.
PS3: Aus aktuellem Anlass: Wer auch immer für die Anschläge von Bali (12.10.2002) verantwortlich war, man kann sich sicher sein, dass dies ein weiterer Schritt in Richtung „globaler Antiterrorkampf“ sein wird. Der Deutschlandfunk vermeldete heute früh ebenso, dass Bin Ladens rechte Hand (ein anderer „Bin ...“) auch auf die amerikanische Wirtschaft eingreifen will – sinngemäß „in einer Art und Weise, dass die amerikanische Bevölkerung die Zeiten unter Präsident Bush noch verfluchen werden.“ Ooops & Hoppla, wofür Sündenböcke so alles herhalten müssen. Ich vermute in den nächsten Monaten wird man wieder häufiger derartige Meldungen verlauten lassen – man sollte wachsam bleiben.