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Hinweis Nr. 27 - Game over

von Michael Winkler
gesendet am 12. Februar 2003

 

Zur Erinnerung:

15.02.2003, ab 12:00, Berlin – Alexanderplatz & Breitscheidplatz – Europaweiter Aktionstag gegen den Irak-Krieg – European-wide demonstration day against the war against the Iraq. Infos/Information: www.attac-netzwerk.de und www.15februar.de. Es fahren auch Busse von Dresden nach Berlin/There are also busses going from Dresden to Berlin.

 

18.02.2003, 19:30 HSZ, TU Dresden, Raum 401, Aufführung des Films „IRAK – Die Zeit nach dem Krieg“ (1991).

 

22.02.2003, 10:00-18:00, 11. Dresdner Friedenssymposium, Infos/Information: Sächsische Friedensinitiative Dresden e.V., 0351/45 91 273.

 

Aktuelle Ergänzung:

Es hatte doch seinen Zweck gehabt, die e-Mail nicht schon gestern Abend abgeschickt zu haben, denn vor etwa 20 Minuten ging die Meldung eines neuen Osama-Bin-Laden-Tonbandes durch die Medien. Sehr schön, pünktlich zum Showdown im Irak meldet sich „Osama Been Forgotten“ wieder zurück. Arabische Experten halten das Tonband für eine Fälschung, amerikanische (natürlich) für authentisch. Osama ruft zum Kampf für das irakische Volk auf, hat aber nichts für Hussein übrig. Ooops, da waren sie wieder die Schurken – heute werden Sie so instrumentalisiert, morgen so. Im Grunde ist Osama ja nun eigentlich sogar für die US-amerikanische Regierung – er ist für das irakische Volk und gegen Hussein! Er sollte sich mal für einen Botschafterposten im Pentagon bewerben. Alle Freiwilligen vor, die da nicht gern einen Hollywood-Film drehen würden. Es ist Zeit für „Hot Shots 3“! Ich denke, die Ära „Bush II“ wird zur größten Farce, die die Welt jemals gesehen hat. Und ich erinnere mich an die Fragen, die meinem Mitbewohner und mir gerade durch die Köpfe ging „Wie lang macht die Weltbevölkerung dieses Kasperle-Theater noch mit? Wie lang kann man Milliarden Menschen für so dumm verkaufen, dass sie dieses Spiel nicht durchschauen?“ Wie dem auch sei, die Fragen bleiben wohl vorerst unbeantwortet ... Doch weiter im Text.

 

 

Ein Hallo an alle! Hello everybody!

 

Kurze Anmerkung vornweg:

Wer ab und an Ketten-e-Mails mit sogenannten UN-Petitionen gegen den Irak-Krieg unterschrieben und weiterversendet hat, dem sei gesagt, dass es sich leider nur um ein Hoax handelt (http://www.unicwash.org/unic%20was%20response%20to%20petition.htm  bzw. http://www.tu-berlin.de/www/software/hoax/unicwash.shtml). Wer sich an einer wirklichen Friedenspetition beteiligen will, kann dies unter www.vote4peace.de tun.

 

Wie schon des Öfteren muss ich das angefangene Thema (diesmal „Cross Border Leasing“) noch einmal verschieben ... Im Falle „Irak“ kann man den Krieg nun nahezu schon riechen. Sprüche wie „Das Spiel ist aus.“ (George W. Bush) bzw. „Die diplomatischen Bemühungen sind gescheitert.“ (Rumsfeld) sind anhand der mangelnden Beweislage gegen den Irak (wobei auch eine von den Briten als „Beweis“ vorgelegte uralte Abschlussarbeit des Politologen Ibrahim al-Marashi nichts half) wohl ein Zeichen dafür, dass den US-Falken das Gewarte jetzt langsam „zu langweilig“ wird. Und wenn wir das ganze Gerede über Demokratie, UN-Resolution und Menschenrechte mal beiseite lassen, dann sieht es so aus, dass die größte Militärmacht der Welt (siehe Tabelle) einer mehr oder minder in zwei Gruppen zersplitterten europäischen Staatengemeinschaft sowie Russland and China gegenüber steht. Mit Unterstützung des Teils des „neuen Europas“ werden sich die Herren aus „God’s Own Country“ wohl kaum die Blöße geben, noch länger zu warten. Im März wird es klimatisch sehr warm im Irak und „amerikanische Diplomatie“ war eigentlich von Anfang an nur Makulatur – ein Sache, die man eben eine gewisse Zeit mitspielen muss, um dann irgendwann sagen zu können:

„So, Jungs jetzt reicht’s – wir haben keine Zeit mehr für Eure Kaffeerunden. Glaubt ihr, wir haben unseren Militärhaushalt um zweistellige Prozentzahlen erhöht, um die Plutonium-Bomben verrosten zu lassen? Glaubt ihr wirklich, dass wir 150.000 Mann in die Golfregion entsandt haben, um sie dann wie nach einem Wochenendausflug wieder nach Hause zu schicken? Glaubt ihr, es interessiert uns wirklich, was irgendeine mickrige Stimme zu unserer „demokratischen Befreiungsmaßnahme“ zu sagen hat? Glaubt ihr vielleicht, dass wir – das christliche Amerika, welches es nicht mal nötig hat, auf die Worte des Papstes auch nur einen Pfifferling zu geben – dass wir auf irgendjemand in der Welt hören müssen? Glaubt ihr tatsächlich, dass es irgendeine Rolle spielt, was irgendein Friedensnobelpreisträger – oder wie dieser seltsame Preis sich überhaupt schimpft – irgendwann mal gesagt hat? Wir haben selbst unseren Friedensnobelpreisträger (Henry Kissinger) und der hat mal die weisen Worte „Solange unsere Technologie am Öl hängt, können wir die Kontrolle nicht den Kameltreibern überlassen“ von sich gegeben (aus Bröckers, „Verschwörungen, Verschwörungstheorien und die Geheimnisse des 11. Septembers“, Verlag “2001”, 2002 bzw. http://www.heise.de/tp/deutsch/special/wtc/9563/1.html).

Also, was soll also dieses ganze Geschwätz von Frieden und Menschenrechten, UNO und Internationaler Gerichtshof ... Jetzt wird durchgeladen und abgedrückt! Jeder der sich dagegen stellt, wird beim nächsten Mal dran sein. Ihr wisst ja, die „Achse des Bösen“ kann sehr lang sein. Und wenn wir mit dem Irak fertig sind, findet sich sicher auch schnell ein anderer Schurke. Nordkorea hat schon angeklopft.“

Nun gut, „Gott sei Dank“, hat die US-Spitze ja doch einige diplomatische Kurse besucht und kann meinen frei erfundenen Monolog etwas „konsumentengerechter“ und „medienfreundlicher“ wiedergegeben.

Um das ungleiche Verhältnis der Militärpotenziale einzelner Länder bzw. Gemeinschaften in dieser Welt noch einmal wiederzugeben, soll nachfolgende Tabelle (aus Meyssan, „11. September – Der inszenierte Terrorismus“, Verlag editio de facto, 2002) helfen.

 

Jährliche Militärausgaben 2002 in Mill. $ - Military budgets 2002 in bio. $.

1.

USA

396

15.

Taiwan

8

2.

Russland/Russia*

60

16.

Kanada/Canada

7

3.

China

42

17.

Spanien/Spain

6

4.

Japan

40

18.

Australien/Australia

6

5.

England

34

19.

Niederlande/Netherlands

5

6.

Saudi-Arabien/Saudi-Arabia

27

20.

Türkei/Turkey

5

7.

Frankreich/France

25

21.

Singapur/Singapore

4

8.

Deutschland/Germany

21

22.

Schweden/Sweden

4

9.

Brasilien/Brasil

17

23.

Vereinigte Arabische Emirate/U.A.E.

3

10.

Indien/India

15

24.

Polen/Poland

3

11.

Italien/Italy

15

25.

Griechenland

3

12.

Südkorea/South Korea

11

26.

Argentinien

3

13.

Iran

9

 

Schurkenstaaten/Rogues**

16

*    Die Summe der Ausgaben der Länder auf den Plätzen 2 bis 26 beträgt übrigens 382 Mrd. $.

        Summing up the expanses of the countries no. 2 to 26 results into 382 bio. $.

**  Zu den Schurkenstaaten zählen zur Zeit Kuba, Iran, Irak, Libyen, Nordkorea, Sudan und Syrien. Man dürfte aber davon ausgehen dürfen, dass diese lose Zusammensetzung von Staaten von der US-Regierung jederzeit nach Bedarf und Ziel den Umständen entsprechend angepasst werden kann. Wer heute Freund ist, kann morgen schon wieder Schurke sein und andersherum.

        To date „rogues“ are Cuba, Iran, Iraq, Libya, North Korea, Sudan and Syria. But one can be sure of the fact that the names of this more or less lose aggregation of states can be modified by the US government according to the situation and the aim they want to go for. The friend of today can be the enemy of tomorrow and vice versa.

 

Man kann nur hoffen, dass Deutschland und Frankreich bei ihrer Haltung bleiben. Laut SPIEGEL (http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,druck-234447,00.html) sieht die Nichtbeteiligung am Irak-Krieg aber auch eventuell ganz anders aus. Wie dem auch sei – Europa und Deutschland ist zerrissen. Von Einigkeit keine Spur, aber das wird wohl immer so sein, so lange wirtschaftliche und nicht menschliche Interessen im Vordergrund stehen.

Auch in Deutschland gibt es eine „starke (Amerika-hörige) Allianz für das Gute“. Es sind insbesondere die Christdemokraten, die die Worte ihres eigentlichen Gurus (dem Papst) mal ebenso ignorieren. Wenn es um’s Geld (bzw. Macht und Öl) geht, dann hat der Glaube mal ein paar Monate Pause. Aber was sollte man auch erwarten in einem Land, in dem zwar alle in einem Boot sitzen, aber jeder den anderen dafür verantwortlich machen will, dass das Schiff seit Jahren am Sinken ist.
Der CDU-Außenpolitiker Wolfgang Schäuble zeigte im MDR Verständnis für Rumsfeld
[bzgl. seiner „Gleichstellung“ von Deutschland mit Staaten wie Kuba und Libyen, Anm. M. W.]. "Die amerikanische Rhetorik muss einem nicht immer gefallen", sagte er, fügte jedoch hinzu: "Tatsache ist ja leider, dass wir uns so verhalten." Die Bundesregierung müsse aufhören, sich anders zu verhalten als der Rest der Welt und sich rhetorisch zu isolieren. Sie schade Deutschland am meisten. (http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,233970,00.html)

Nun ja, zugegebenermaßen es folgt vielleicht eine etwas zynische, teils makabre Bemerkung meinerseits, aber als Staatsmann sollte man zumindest so viel Verantwortung für seine Landsleute haben, dass man mit gutem Gewissen den Befehlen auch selbst gehorchen würde. In diesem Sinne, Herr Schäuble, schlage ich vor, wir sehen uns an der Front! Aber „Eile mit Weile“! Wenn wir jetzt auch zu den Schurkenstaaten aufsteigen sollten, dann können Sie auch hier bleiben, denn dann kommen die GIs demnächst direkt vor unsere Haustüre.

Was im übrigen an sogenannten Christdemokraten noch alles so christlich und demokratisch ist, darauf soll in einer der nächsten Hinweis-e-Mails noch näher eingegangen werden.

 

So viel für heute. Noch ein Hinweis auf den Hinweis-Newsticker (www.oocities.org/michwink/newsticker.htm). Auch in London wird am 15.Februar demonstriert werden. Ein Freund aus England schickte mir einen umgedichteten Protestsong (www.oocities.org/michwink/song_iraq.htm).

 

In diesem Sinne, lasst es Euch gut gehen, Euer Micha.