von Michael Winkler |
Zu Anfang ein paar „aktuelle Hinweise im Hinweis“:
Am
Samstag, dem 8. März, findet ab 14.30 Uhr auf dem Dresdner Schlossplatz eine
Demonstration gegen den Irak-Krieg statt.
TAG
X … Für den Tag, an dem der Krieg gegen den Irak beginnt (wir wollen
es nicht hoffen, aber leider ist dies nicht auszuschließen bzw. es ist
abzusehen) hat die Dresdner
Friedensaktion, eine Gemeinschaftsaktion von fast 70 Dresdner
Organisationen, Parteien und anderen Vereinigungen, eine Spontandemonstration
geplant. Treffpunkt: 17 Uhr Albertplatz. Weitere Veranstaltungspunkte (z.B.
Sprecher der Kundgebung: Oberbürgermeister Roßberg, verschiedene irakische und
Dresdner Bürger) sind dem Mitteilungsblatt der Friedensaktion im Anhang zu
entnehmen.
Einen
weiteren Aufruf zu einer Unterschriftensammlung, organisiert von der
amerikanischen Friedensinitiative MoveOn, findet ihr unter: http://www.moveon.org/emergency/.
Ein Hallo an alle! Hello everybody!
Es hat mich von Anfang an nicht wirklich interessiert, inwieweit die Hinweise-Mails wirklich gelesen werden. Entrüstete, ablehnende oder gar genervte Haltungen waren in der Anfangszeit keine Seltenheit, auch wenn die positiven Reaktionen (und das ist gut so!) überwogen. Es gibt viele Gründe, sich mit anderen Dingen zu beschäftigen. Jeder hat seine eigenen und das kann auch so bleiben. Ein ruhiges Leben ist sicherlich nicht zu verachten, schlimme Dinge wird es immer auf dieser Welt geben und „Was soll man da als Einzelner schon machen?“.
Ich denke, der Vorteil und gleichzeitig auch Nachteil an unserer sogenannten Demokratie ist, dass sie uns geradezu zwingt, selbst zu denken. Im Gegensatz zum Sozialismus „drängt“ uns keiner, sich für größere Dinge als die tägliche Brotarbeit zu engagieren. Jeder ist sich selbst überlassen und am besten scheint manchmal der zu leben, der sein Gehirn abschalten kann. Können wir das nicht, dann empfinden wir dieses Leben vielleicht früher oder später als belastend, unverständlich, ungerecht oder deprimierend. Verdrängung ist eine gute Waffe, sich seiner Probleme zu entledigen, aber jeder weiß auch, dass diese Probleme dadurch nicht weggehen (siehe Problembewältigung „Hinweis Nr. 1“), sondern nur darauf warten, bei der nächsten, meist unpassenden, Gelegenheit wieder hervor zu kriechen. Das Leben erscheint vielleicht manchmal wie ein Kreis – alles kommt in regelmäßigen Abständen wieder. Und meist kommen die negativen Dinge schneller wieder als die positiven. Irgendwann wird unser Bewusstsein so weit sein und sich nicht mehr mit der jeweiligen Situation zufrieden geben. Irgendwann wird der innere Drang, nach vorn zu wollen und nicht ständig wieder zurückzufallen, stärker werden. So gingen vor ein paar Wochen Millionen auf die Straße, weil sie nicht mehr zu Hause auf bessere Tage warten wollten. Was wird in ein paar Wochen oder Monaten passieren? Werden die 500.000 deutschen Demonstranten sich wieder beruhigen? Ist das Thema „Eigeninitiative“ dann abgehakt? Wir wissen es nicht – aber wir werden es sehen.
Noch ein,
für mich beschämendes Detail, von Colin Powell’s Rede vor dem
UN-Sicherheitsrat am 05.02.2003. Die weltweit zumeist belächelten Beweise
(Link: http://www.globalsecurity.org/wmd/library/news/iraq/2003/iraq-030205-powell-un-17300pf.htm)
waren natürlich die Hauptmeldung – je nach dem, in welchem Land man gerade
war, wurde gelächelt, gestaunt oder einfach nur mit dem Kopf geschüttelt.
Weniger in den Medien war das Detail um die Verhüllung des
Picasso-Antikriegswerks „Guernica“ (Englisch: http://www.commondreams.org/views03/0209-04.htm,
Deutsch: http://de.indymedia.org/2003/02/41216.shtml).
Ein Auszug aus der deutschen Übersetzung des Artikels: „"Ein
Diplomat sagte, es waere kein passender Hintergrund, wenn der Botschafter der
Vereinigten Staaten bei den U.N., John Negroponte, oder Powell, ueber Krieg
reden, umgeben von Frauen, Kindern und Tieren die vor Entsetzen schreien und das
Leiden der Bombardements zeigen." (Originallink:
http://www.artdaily.com
)
Nachdem
Powell seinen 85-minuetigen Vortrag vor dem Sicherheitsrat beendet hatte, gingen
er und die anderen Mitglieder hinaus in den Flur der zweiten Etage und an der
verdeckten Tapisserie von Picassos Meisterwerk Guernica von 1937 vorbei.
Dieser
Wandteppich war den Vereinten Nationen 1985 von Nelson Rockefeller uebergeben
worden als Tribut an das Mandat der internationalen Behoerde.“
Man hält es also für richtig, wenn der Weltsicherheitsrat bei bestimmten Details buchstäblich seine Augen verschließt. Unter den bisher noch neutralen Staaten werden von amerikanischer Seite Angebote (man könnte auch Drohungen sagen) unterbreitet, was man für ein „JA!“ bei einer erneuten Abstimmung zum Irak-Krieg bekommen würde. Bei einem „NEIN!“ tritt dann der von Noam Chomsky erwähnte „Jemen-Effekt“ ein (Link: http://thelink.concordia.ca/article.pl?sid=02/11/26/1820207). Der Jemen hatte 1990 gegen einen Angriff auf den Irak gestimmt und wurde sofort jeglicher Wirtschaftshilfe entbunden. Na dann, willkommen in Palermo! Willkommen in Istanbul! Die UNO gehörte zu den wichtigsten internationalen Errungenschaften nach dem Zweiten Weltkrieg, aber durch ständiges Unterminieren ihrer eigentlichen Aufgaben und Verdrängen der Inhalte der UN Charta wird sie zum mafiosen Orientbasar. Derjenige mit den meisten Säbeln regiert den Markt, der Rest spielt mit und passt auf, dass er abends wenigstens noch lebend nach Hause darf und seinen Verkaufsstand noch hat.
Nun, es war im Übrigen auch die UN, die 1990 das Wirtschaftsembargo über den Irak verhängte und welches bis zum heutigen Tag (!) besteht. Es ist den Verantwortlichen seit einigen Jahren bekannt, dass die Sanktionen ausschließlich das irakische Volk (mindestens 500.000 Hungertote seit 1990) schwächen und im Gegensatz dazu die Macht Saddam Husseins noch gestärkt haben. 12 Jahre sterben Menschen an Folgen eines UN-Embargos und die Weltorganisation merkt es nicht – na, wenn das mal kein Zufall ist. Im Anhang noch ein weiteres Attachment, welches mir ein guter Freund aus Kanada geschickt hat.
Dass ein erneuter, nunmehr dritter, Irak-Krieg einen immensen Rückschritt in wirklich grundlegenden humanitären Errungenschaften bedeutet, wird von vielen Mächtigen dieser Welt bestritten, von einigen bezweifelt, von den meisten der Bevölkerung wahrscheinlich nicht einmal wahrgenommen … aber wir alle werden es sehen. Ein Artikel in der Jungen Welt vom 24.02.03 (Link: http://www.jungewelt.de/2003/02-24/006.php) fasst mögliche Szenarien zusammen. Die neue Weltordnung (von Papa Bush bereits 1991 proklamiert) wird einiges Neues und viel Altes mit sich bringen - mit Sicherheit jedoch weniger Frieden weltweit. Doch was wird diese angestrebte Neue Weltordnung noch mit sich bringen? … Immer mehr Menschen, die diese Ordnung nicht akzeptieren wollen; auf diese oder eine andere Art & Weise. Spätestens, wenn es um ihre persönliche Reisefreiheit geht, werden auch die letzten überlegen, wohin sie noch reisen wollen/können.
Wir alle tragen tagtäglich einen kleinen Teil mit dazu bei, dass diese Welt so ist wie sie ist und wir können auch dazu beitragen, dass sie sich verändert. Niemand hindert uns mehr daran als wir selbst.
In diesem Sinne, bleibt wachsam! Einen schönen Tag wünscht Euch Euer Micha.