von Michael Winkler |
Ein Hallo an alle! Hello everybody!
"Man
kann alle Leute einige Zeit und einige Leute alle Zeit, aber nicht alle Leute
alle Zeit zum Narren halten."
Kaum ist der Irak-Krieg von den heimischen Mattscheiben verschwunden, wird die US-Regierung nicht müde, ihre einmal stationierten Truppen weiter in Angriffslaune zu halten. Im Grunde ist die Situation überhaupt nicht lustig, aber außer Humor hilft wohl momentan nicht viel. Jegliche Erklärungen (von welchem Politiker auch immer), dass die UNO dies oder jenes machen sollte, dass dies oder jenes nötig sei oder man dies oder jenes wohl nicht für möglich gehalten hätte o.ä. – all diese Vermutungen und Bekundungen sind nicht mehr relevant bzw. reine Kosmetik eines „chirurgischen Eingriffs mit tödlichem Ausgang“. Die UNO – in ihrer ursprünglichen Rolle – ist de facto tot. Ob es sie geben würde oder nicht, spielt fast keine Rolle mehr. Der einzige Unterschied ist, dass man sagen kann, es müsste theoretisch so oder so sein. Doch Theorie und Praxis driften bekanntlich mitunter weit auseinander und wenn ein ganzes System am Wanken ist, dann besonders weit – oder wie war das damals in der DDR der 80er Jahre?
Arundhati Roy beschreibt in ihrem unkomplizierten, geradlinigen und somit dem Politiker- und Politikexpertendeutsch überlegenen, weil einfach wahrhaftigeren, Artikulationsstil die Situation bzw. Aussichten der UNO im englischen „Guardian“ wie folgt: „Und nun diese Vorschläge, die UNO wieder ins Boot zu holen. Aber diese alte UN-Jungfer - wie sich herausstellt, taugt sie einfach nicht mehr, wozu sie hochgejubelt wurde. Sie wurde degradiert (allerdings behält sie ihr hohes Gehalt). Jetzt ist sie der Welt Hausmeister. Sie ist die philippinische Reinigungsfrau, die indische Jamardani, die Katalogbraut aus Thailand, die mexikanische Haushaltshilfe, das jamaikanische Au Pair. Sie ist angestellt, um anderer Leute Scheiße aufzuwischen. Sie wird nach Gutdünken benutzt und missbraucht.“ (http://www.zmag.de/article/article.php?id=563) Um, wie gesagt, die Sache mit Humor nehmen zu können, fiel mir der rechts stehende Zeitungsausschnitt gerade rechtzeitig in die Hände, welchen ich Euch nicht vorenthalten möchte. Action-Haudrauf Michael Dudikoff spielt zusammen mit Alt-Rap-Star Tone Loc (erinnert sich noch jemand an „Wild Thing“ und „Funky Cold Medina“?) in einem Film namens „Freedom Strike – Achse des Bösen“ (1998) den Chef einer Anti-Terror-Einheit, die den syrischen Präsidenten vor einem Attentat schützen muss. Tja, Hollywood, wie dürfen wir das denn nun verstehen? Wechselnde Feinde, kurzweilige Bündnisbeziehungen, heute ich – morgen Du? In der Chemnitzer Freien Presse (16.04.2003, Seite 5) fand ich im übrigen auch einen Namen wieder, der schon bei den Mitglieder der Denkfabrik PNAC („Project for A New American Century“, Hinweise 33, 34) fiel. Original-Ton FP: „Der Sondergesandte aus Washington, Zalmay Khalilizad, beteuerte, die USA hätten absolut kein Interesse daran, Irak zu regieren. Dennoch boykotierten einige Gruppen das Treffen.“ Na, das ist ja komisch?! Und dabei kannten die Iraker sicher noch nicht mal Mr. Khalilizads glorreiche Vergangenheit. Tja, so einfach wie nach 1945 in Deutschland, als man die Bundesregierung aus Altnazis zusammensetzen konnte, wird es wohl im Irak nicht werden. Mitglieder der Baath-Partei werden es wohl kaum wieder schaffen. Aber warten wir es ab – nichts ist unmöglich. |
gefunden
in rtv – Fernsehprogrammbeilage der Freien
Presse (Chemnitzer Raum), |
Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um etwas in die Vergangenheit zu blicken und geschichtliche Parallelen heranzuziehen, die jegliche Argumentation, dass das hier alles Schwarzmalerei und Humbug sein könnte, durchaus den Wind aus den Segeln nehmen könnte. Ein kurzer Auszug aus Hermann Hesse’s weltberühmten Roman „Der Steppenwolf“ (S. 103):
„Er
[ein in den Augen des
„Steppenwolfes“ Harry spießiger Professor, M.W.] hat den Krieg [den
Ersten Weltkrieg, M.W.] nicht miterlebt, nicht die Erschütterung der
bisherigen Denkgrundlagen durch Einstein (das, denkt er, geht nur die
Mathematiker an), er sieht nichts davon, wie rings um ihn der nächste Krieg
vorbereitet wird, er hält Juden und Kommunisten für hassenswert, er ist ein
gutes, gedankenloses, vergnügtes, sich wichtig nehmendes Kind, er ist sehr zu
beneiden.“
Wichtig dabei ist vor allem das Erscheinungsjahr des „Steppenwolfes“: 1927! Es ist anzunehmen, dass in US-Amerika ein Großteil der Bevölkerung keinen anderen Bildungs- und Erfahrungsstand hat als der Professor damals. Zudem ist es erstens nicht ihr Land, in dem Kriege stattfinden, sondern „irgendein undemokratisches, rückschrittliches, und zudem höchstgefährliches dazu, irgendwo da draußen“ und zweitens gab es in der 230jährigen Geschichte der USA fast kein Jahr, in dem nicht irgendein Krieg geführt worden ist. Also, „same procedure as every year – business as usual“, sozusagen! Wer sich US-amerikanischen Actionfilme (auch die britischen Produktionen à la „James Bond“ gehören dazu) mal unter dem Gesichtspunkt anschaut, dass viele US-Bürger nicht zwischen Realität und Film unterscheiden können, dann kann einem schon ein kalter Schauer den Rücken runterlaufen. „Zufälligerweise“ war der Bösewicht im letzten „James-Bond“ ein Nordkoreaner. Ende der 90er Jahre waren es verstärkt arabische sprechende Terroristen mit starken Akzent. Vor kurzem sah ich einem Ausschnitt aus „True Lies“ (mit Arnold Schwarzenegger) und die Amerikaner können einem fast leid tun, wenn sie nur solche und ähnliche Filme vorgesetzt bekommen. Beim nächsten Mal wird es dann wieder der syrische Präsident oder ein iranischer Ayatollah sein. Wenn man um den Erdball drumherum ist, sind dann irgendwann wieder die Franzosen, Deutschen und Russen dran. Das macht man so lange, bis die Mehrheit der US-amerikanischen Bevölkerung (und nicht nur die amerikanische Bevölkerung, wohl bemerkt!) feststellt, dass ihr Leben eigentlich mehr aus Filmen, denn aus Realität besteht. Nun, wie lange wird das wohl dauern?? Wir dürfen gespannt sein.
Wenn man über eine neue Weltordnung sprechen will, kann man das Nahost-Problem zwischen Palästina und Israel nicht außen vor lassen. In Deutschland wird dieses Thema meist „sehr galant“ umgangen. Außer Waffenlieferungen an Israel, vereinzelte EU-Projekte in Palästina (die mit Hilfe der deutschen Waffen von Israel dann wieder zerstört werden dürfen) und häufige Bekundungen der Bundesregierung, sich für einen baldigen Friedensprozess einzusetzen, geht meist nicht viel. Warum auch? Fast 60 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges hat sich Deutschlands Verhältnis zum Thema „Judentum“ kaum verändert- die Bevölkerung wird im Zaume und im Dunkeln gehalten. Kurzum, alles ist „ziemlich schwierig eben“ und bevor man dieses Thema konstruktiv angehen würde, haut man lieber schnell mit der Antisemitismus-Keule um sich. Dass die Geschichtsschreibung und die Tagespresse hier gern ein paar Informationen unterdrücken, verfälschen und beschönigen, lässt sich wohl auch daran sehen, dass es kaum Demonstrationen gegen die ethnischen Säuberungsaktionen der Sharon-Regierung gibt. Familien werden aus ihren Häusern vertrieben und wahllos getötet, Grenzen werden beliebig zu Ungunsten der Palästinenser verschoben und neuerdings nimmt man auch keine Rücksicht mehr auf Mitarbeiter ausländischer Hilfsorganisationen. So wurde Mitte März die US-Amerikanerin Rachel Corie von der Hilfsorganisation ISM absichtlich (!) von einenm Bulldozer überfahren, ein paar Wochen später schoss man dem Briten Mike Hurndall in den Kopf (http://www.jungewelt.de/2003/04-14/005.php). Viva, es lebe die israelische Friedenspolitik!
Am
23.04.2003 führte der Dresdner Ausländerrat e.V. (www.auslaenderrat.de)
eine Veranstaltung in der Dreikönigskirche durch, für die der Bonner
Journalisten und Lehrbeauftragten an der dortigen Universität Ludwig Watzal (www.watzal.com,
Buch: „Feinde des Friedens – Der endlose Konflikt zwischen Israel und den
Palästinensern“, Aufbau Taschenbuch Verlag 2001) eingeladen wurde.
Hintergrund war der seit mehreren Jahrzehnten währende Konflikt im Nahen Osten.
Israel betreibt, wie bereits erwähnt, seit Jahren und insbesondere seit dem
Jahre 2000 eine aggressive Vertreibungspolitik gegenüber den Palästinensern.
Ziel einiger erzkonservativer israelischer Politiker ist die Aussiedlung aller
Palästinenser aus Restpalästina. Im Fachjargon spricht man dann vom
„Transfer“. Folgende Bemerkungen Watzals sind wohl großer Bedeutung und
„zufälligerweise“ führt wieder kein Weg an den Attentaten vom 11.
September vorbei: Laut Watzal hatte die
Verschlechterung in der Entwicklung des Friedensprozesses im Nahen Osten drei
Hauptgründe 1. die Wahl George W. Bushs zum US-Präsidenten, 2. die Wahl Ariel
Sharons zum Präsidenten von Israel, 3. die Ereignisse des 11. Septembers 2001.
Watzal bezeichnete Bush und Sharon als ideologische Zwillinge, insbesondere wenn
man die Art & Weise der Durchsetzung ihrer Politik betrachtet. Ein pikantes
Detail dürfte auch sein, dass der Plan zum Sturz von Saddam Hussein von Richard
Perle ausgearbeitet worden sein soll und eigentlich für Israels früheren Präsidenten
Benjamin Netanjahu bestimmt war. Ja, wo hat den Mr. Richard Perle „zufälligerweise“
noch mitgewirkt? Richtig, im
PNAC, dem „Project for a New American Century“.
Und jetzt stehen wir plötzlich vor dem „Problem Syrien“. Die US-Truppen sind nun einmal in die Golfregion gefahren worden und es ist angesichts der drastischen Lage der US-Wirtschaft kostengünstiger, wenn man gleich unten bleibt. Bush und Militärchef Franks sprechen nicht ohne Grund von mindestens 2 Jahren im Irak. Die „neue Weltordnung“ nimmt Formen an. Schauen wir uns die Karte in Hinweis-Mail 32 (www.oocities.org/michwink/911_hints/Mail32_dt.htm) etwas genauer an, dann dürften auch die Erdöl-Pipelines in und um Israel bzw. Syrien auffallen. Watzal verwies des Weiteren noch einmal darauf, dass sich die Rhetorik von Bush und Kumpanen bald sehr schnell wieder auf drei Hauptargumente konzentrieren dürfte: das Land X hat 1. Massenvernichtungswaffen, 2. unterstützt Al-Kaida und 3. stellt eine Bedrohung für die USA dar.
Und welchen Weg gehen „wir“ – welchen Weg geht Deutschland innerhalb eines größer werdenden Europas und einer sich neu ordnenden Welt? Jürgen Elsässer gibt in der Jungen Welt vom 25.04.2003 (http://www.jungewelt.de/2003/04-25/004.php) drei wahrscheinliche Möglichkeiten an: 1. Erneuerung des Atlantismus, d.h. eine wieder verstärkte Zusammenarbeit mit den USA, 2. Die eurasische Achse Berlin-Paris-Moskau, was einem Ausbau des deutschen Imperialismus gleichkommen würde und 3. die Hellenisierung Europas, welches die einzig wirklich positive Option wäre. Ziel dieses dritten Weges wäre der Ausbau der Beziehungen von Paris-Berlin-Moskau als „Knoten eines eurasischen Friedensnetzes“ (und nicht als Militärachse), gefolgt von einem kulturellen und wirtschaftlichen Aufschwung wie in der Zeit unter den alten Griechen.
So
weit, so gut. Genug der Worte, schöne Woche und bis zum nächsten Mal, Euer
Micha.