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Hinweis Nr. 50 - Bioterroristen und Systeme

von Michael Winkler
gesendet am 19. Oktober 2003

 

  

 

„Heute ist die Industrie [die Pharmaindustrie, Anm. M.W.] längst in einem Zustand ähnlich der Filmbranche. Das Geld wird mit den Blockbustern verdient, die nach reinen Marktgesetzen entwickelt und auf eine Zielgruppe hin beworben werden. Das bedeutet einerseits den baldigen finanziellen Ruin für die Gesundheitssysteme, auf der anderen Seite wird der Nutzen der Medizin damit ad absurdum geführt.“

Dieter Borges (Sozialmediziner, Bremen), aus „Das Medizinkartell“ (S. 334), Kurt Langbein/Bert Ehgartner, Piper Verlag 2003

 

Wirklich wunderbare Werbewelt

Dresden ist nicht nur eine Stadt der traditionellen Künste Malerei, Musik etc., nein es verirrt sich auch ab und an mal ein gutes Graffiti hierher. Und jenes aus der Dresdner Neustadt, welches rechts zu sehen ist, würde wohl ganz gut zu obigem Zitat aus dem bereits häufiger erwähntem Buch „Das Medizinkartell“ von Kurt Langbein und Bert Ehgartner passen. So sind wohl auch die „Reformen“ des deutschen Gesundheitssystems zu erklären. Pharmariesen wie Bayer & Co., die einen der größten Industriezweige weltweit ausmachen, müssen schon zu ausgefeilteren Methoden greifen, um ihre Profite zu garantieren. Als Boten schickt man Experten wie Prof. Kaufmann, auf den wir gleich noch einmal zurückkommen wollen.

Wer im übrigen an Initiativen rund um einen der größten Menschenrechtsverletzer der neueren Industriegeschichte – die Leverkusener Bayer-AG, interessiert ist, für den ist www.CBGnetwork.de eine gute Adresse. Vor 25 Jahren als Bürgerinitiative gegründet, wuchs „Coordination gegen Bayer-Gefahren“ zu einem weltweit kooperierenden Netzwerk. Ob Gen-Food, Kinderarbeit oder Menschenrechtsverletzungen sonstiger Art – der BAYER-Konzern ist für jeden „Spaß“ zu haben.

 

„KAUF UM DEIN LEBEN“

Dresden, Bautzener Straße, September 2003

 

Bioterroristen und Systemerklärer

Doch zurück zu Prof. Dr. Stefan H.E. Kaufmann, der Ende Mai 2003 im Dresdner Rathaussaal zum Thema „Die Wiederkehr der Seuchen“ referierte und dabei einem Publikum von knapp 150 Personen so markante Sprüche wie „Die Natur ist der größte Bioterrorist“ zum besten gab.

Erhaben wie das Max-Planck-Institut für Immunbiologie nun mal ist, gab es im Anschluss an den Vortrag keine öffentliche Fragerunde, sondern man konnte bei einem gediegenen Glas Sekt Herrn Kaufmann noch mal einige Fragen zur Problematik stellen. Das tat ich dann auch. Zunächst gratulierte ich Herrn Kaufmann zu seiner gelungenen „Propaganda-Show für die Pharmaindustrie“, was ihn weder zu verwundern noch zu empören schien. Ich fragte ihn alsdann, ob er für die Industrie oder zum Wohle der Menschheit forschen würde. Herr Kaufmann überlegte kurz und erwiderte dann, dass er „Mediziner am Max-Planck-Institut“ sei. Man forsche dort für die Medizin. „Natürlich haben wir Industrieaufträge.“ fügte er hinzu. „Also forschen Sie für die Industrie?“, fragte ich. „Das haben Sie gesagt.“, meinte darauf Kaufmann. „Also, forschen Sie zum Wohle der Menschheit?“, wollte ich wissen. Da wurde Prof. Kaufmann auf einmal etwas zögerlicher. „Nun ja, wissen Sie ... wir leben nun mal in einem System .. Entweder sie leben in diesem System oder sie wollen es verändern.“ „Genau.“, sagte ich und wir hatten genau den Punkt erreicht, wo jeder wusste, was der andere dachte. Prof. Kaufmann kam dann auf Bill Gates zu sprechen, der kürzlich erst einige Milliarden in die Impfforschung gesteckt hatte und meinte sinngemäß: „Schauen Sie mal Bill Gates an. Der macht’s richtig. Er investiert einen Dollar und bekommt zwei Dollar raus.“ Die scheinbare Logik Kaufmann war einleuchtend, dennoch wollte ich von ihm wissen: „Und wem nützt das dann letztlich – der Impfforschung oder Bill Gates?“ Ich weiß nicht, was Kaufmann mir geantwortet hätte, denn in diesem Augenblick klopfte mir eine ältere Dame auf die Schulter: „Wir hätten da auch noch ein paar Fragen?“ Ich entschuldigte mich, dass ich Prof. Kaufmann derart intensiv für mich beansprucht hatte und ließ die Dame vor, damit sie den „Gott in Weiß“ fragen konnte: „Wie war das eigentlich noch mal mit den Streptokokken?“

Nun etwas verunsichert, wie groß der Anteil des Publikums wirklich war, der Prof. Kaufmann auch in dieser Art auf den Leim gegangen war, verließ ich das Dresdner Rathaus. Vor dem selbigen traf ich eine ebenfalls etwas ältere Dame um die 70. Ich fragte sie, was sie von dem Vortrag halten würde. Sie erwiderte, dass man ja nicht alles glauben müsste. „Letztlich“, fuhr sie fort, „kann die Natur ohne den Menschen leben, aber nicht umgekehrt.“ Ja, da hatte sie zweifelsohne recht und ich war etwas erleichtert, dass auch sogenannten Experten wie Prof. Kaufmann nicht alles geglaubt wird.

 

Es ist was faul im Staate Deutschland

Unter diesem Titel ist unter www.das-gibts-doch-nicht.de/seite1444.php ein sehr kurzweiliger Artikel zu finden, der viele von uns mit dem Kopf nicken lassen könnte, weil er dieses System, in dem wir leben, in einer seiner Grundschwächen beschreibt. Warum ist Prof. Dr. Kaufmann so ist wie er? Warum verhielt er sich in diesem System so, wie er es Ende Mai 2003 in Dresden tat? Der 39jährige Psychoanalytiker Kai Schulze analysierte jahrelang, wie die gesicherten Erkenntnisse der Wissenschaft über die Bedürfnisse des Menschen im politischen und sozialen System der Bundesrepublik umgesetzt werden. Drastisches Fazit: „Persönlichen Erfolg hat bei uns nur, wer unbewußt seinen Mitmenschen Schaden zufügt.“ Der Arzt, der nur gut lebt, wenn seine Patienten krank bleiben, der Arbeitsamtangestellte, der nur in der Hierarchie aufsteigt, wenn es mehr Arbeitslose gibt, der Polizist, der um seine Stelle fürchten muss, wenn in seinem Revier die Kriminalitätsrate sinkt ...

 

„Kein Platz“ in der Veröffentlichung

Als ich dann zu Hause angelangt war, las ich auf einem Flyer für die Veranstaltung erst einmal in Ruhe mit wem ich es da eigentlich „aufgenommen“ hatte. Prof. Dr. Stefan H.E. Kaufmann gehörte nicht nur zu den 100 meist zitierten Immunologen weltweit (1989-99), sondern war u.a. auch der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Immunbiologie (neben zahlreichen anderen hochrangigen Positionen). Ebenso hatte er ca. 500 Publikationen, „meist in hochrangigen Zeitschriften“ auf seinem Forscherkonto stehen. Ich überschlug in einer Milchmädchenrechnung einmal den Zeitraum seit Erhalt seines Doktortitels (1977) bis ins Jahr 2003. Demnach hätte Prof. Kaufmann alle 14 Tage eine Veröffentlichung herausbringen müssen – Weihnachten und Urlaubstage nicht einberechnet!

Augenblicklich fiel mir wieder die Geschichte ein, die mir wissenschaftliche Mitarbeiter vor einigen Jahren in Indien erzählt hatten:

Schreibt ein Student einen Artikel, der veröffentlicht werden soll, dann gibt er diesen zunächst seinem Betreuer zur Korrektur. Dieser macht seine Anmerkungen und schreibt seinen Namen vor den des Studenten. Dann gibt er es weiter an den Abteilungsleiter des Instituts, der den selben Vorgang noch einmal wiederholt – Artikel durchsehen und Namen davor schreiben. Häufig wird das Paper nun noch vom Professor des Instituts durchgesehen. Dieser schreibt auch seinen Namen davor und es soll schon Professoren gegeben haben, die dann meinten, dass vier Namen einfach zu viel für einen Artikel seien. „Den letzten beißen die Hunde.“ sozusagen und so wurde der Namen des Studenten aus der Autorenliste gestrichen. Wahrheitsgehalt dieser Geschichte hin oder her – vorstellbar ist sie allemal.

 

So weit, so gut ... um am Schluss dieses Hinweises wieder auf ein Mitglied aus unserer Reihe „Präventivkampagne Bundestagswahl 2006“ zu kommen, erscheint heute ein, genau wie Prof. Kaufmann, weiterer gebürtiger Ludwigshafener ... Kurt Biedenkopf.

  

Deutschland braucht Männer wie Kurt Biedenkopf. Der ehemalige sächsische Ministerpräsident stolperte zwar in seiner 11jährigen Amtszeit über so manche Ungereimtheit, aber auch er hat die nötige Standfestigkeit, die man in der Cash Dealers Union antrainiert bekommt. Als er dann aber bei IKEA noch Sonderrabatte verlangte, war irgendwann bald das Ende der Fahnenstange erreicht. 

Aber sind wir doch mal ehrlich - Rabatte bei IKEA hätte jeder Sachse auch verlangen wollen. Und wenn unsereiner noch 65 % Bevölkerung von der letzten Landtagswahl im Rücken hätte, dann musste man die  Sachsen doch einfach für ihre Dummheit bestrafen.

Kurt Biedenkopf zeichnete sich aber nicht nur durch seine volkstümliche Art bei Geldgeschäften aus, sondern verfasste nebenbei noch ein paar literarische Perlen, die u.a. seinem Werk "1989-90. Ein deutsches Tagebuch", welches sicher nicht ohne Grund erst im Jahre 2000 veröffentlicht wurde. Darin heißt es auf S. 124 u.a.:

"Zunehmend habe ich den Eindruck, dass unsere Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung im Zenit ihrer Entwicklung angekommen ist. Im Grunde hat sie damit keine Zukunftsperspektive mehr. Die Art wie wir leben, ist nicht verallgemeinerungsfähig. Wir können unsere materiellen Ansprüche an die Erde und ihre Ressourcen nicht auf die große Mehrheit der Menschheit übertragen. China und Indien mit der gleichen PKW-Dichte und dem gleichen Verbrauch an Energie wie in einer hochentwickelten Zivilisation wären undenkbar."

Bis dahin kann jeder Mensch dem guten Kurt noch folgen. Bei den Schlussfolgerungen, die er dann zieht, wird's dann aber elitär: 
"Das heißt aber, dass die Fortführung unserer eigenen Lebensweise nur möglich ist, wenn sie auch in Zukunft einer privilegierten Minderheit, den hochentwickelten Industriestaaten, vorbehalten bleibt."

Wenn Sie auch so ein ungezügeltes Verlangen nach Monarchie in der Magengegend verspüren, dann wählen Sie doch einfach:

"König" Kurt Biedenkopf!

Der König ist tot! Es lebe der König!

 

In diesem Sinne, allen eine schöne Woche, Euer Micha.

 

PS: Diese e-Mail kann wie immer gern weitergeleitet werden.