von Michael Winkler |
„Heute
ist die Industrie [die Pharmaindustrie, Anm. M.W.] längst in
einem Zustand ähnlich der Filmbranche. Das Geld wird mit den Blockbustern
verdient, die nach reinen Marktgesetzen entwickelt und auf eine Zielgruppe hin
beworben werden. Das bedeutet einerseits den baldigen finanziellen Ruin für die
Gesundheitssysteme, auf der anderen Seite wird der Nutzen der Medizin damit ad
absurdum geführt.“
Dieter
Borges (Sozialmediziner, Bremen), aus „Das Medizinkartell“ (S. 334), Kurt
Langbein/Bert Ehgartner, Piper Verlag 2003
Wirklich
wunderbare Werbewelt
Dresden
ist nicht nur eine Stadt der traditionellen Künste Malerei, Musik etc.,
nein es verirrt sich auch ab und an mal ein gutes Graffiti hierher. Und
jenes aus der Dresdner Neustadt, welches rechts zu sehen ist, würde
wohl ganz gut zu obigem Zitat aus dem bereits häufiger erwähntem Buch
„Das Medizinkartell“ von Kurt Langbein und Bert Ehgartner passen. So
sind wohl auch die „Reformen“ des deutschen Gesundheitssystems zu
erklären. Pharmariesen wie Bayer & Co., die einen der größten
Industriezweige weltweit ausmachen, müssen schon zu ausgefeilteren
Methoden greifen, um ihre Profite zu garantieren. Als Boten schickt man
Experten wie Prof. Kaufmann, auf den wir gleich noch einmal zurückkommen
wollen. Wer
im übrigen an Initiativen rund um einen der größten
Menschenrechtsverletzer der neueren Industriegeschichte – die
Leverkusener Bayer-AG, interessiert ist, für den ist www.CBGnetwork.de
eine gute Adresse. Vor 25 Jahren als Bürgerinitiative gegründet, wuchs
„Coordination gegen Bayer-Gefahren“
zu einem weltweit kooperierenden Netzwerk. Ob Gen-Food, Kinderarbeit
oder Menschenrechtsverletzungen sonstiger Art – der BAYER-Konzern ist
für jeden „Spaß“ zu haben. |
„KAUF
UM DEIN LEBEN“ Dresden,
Bautzener Straße, September 2003 |
Doch
zurück zu Prof. Dr. Stefan H.E. Kaufmann, der Ende Mai 2003 im Dresdner
Rathaussaal zum Thema „Die Wiederkehr der Seuchen“ referierte und dabei
einem Publikum von knapp 150 Personen so markante Sprüche wie „Die Natur ist
der größte Bioterrorist“ zum besten gab.
Erhaben
wie das Max-Planck-Institut für Immunbiologie nun mal ist, gab es im Anschluss
an den Vortrag keine öffentliche Fragerunde, sondern man konnte bei einem
gediegenen Glas Sekt Herrn Kaufmann noch mal einige Fragen zur Problematik
stellen. Das tat ich dann auch. Zunächst gratulierte ich Herrn Kaufmann zu
seiner gelungenen „Propaganda-Show für die Pharmaindustrie“, was ihn weder
zu verwundern noch zu empören schien. Ich fragte ihn alsdann, ob er für die
Industrie oder zum Wohle der Menschheit forschen würde. Herr Kaufmann überlegte
kurz und erwiderte dann, dass er „Mediziner am Max-Planck-Institut“ sei. Man
forsche dort für die Medizin. „Natürlich haben wir Industrieaufträge.“ fügte
er hinzu. „Also forschen Sie für die Industrie?“, fragte ich. „Das haben
Sie gesagt.“, meinte darauf Kaufmann. „Also, forschen Sie zum Wohle der
Menschheit?“, wollte ich wissen. Da wurde Prof. Kaufmann auf einmal etwas zögerlicher.
„Nun ja, wissen Sie ... wir leben nun mal in einem System .. Entweder sie
leben in diesem System oder sie wollen es verändern.“ „Genau.“, sagte ich
und wir hatten genau den Punkt erreicht, wo jeder wusste, was der andere dachte.
Prof. Kaufmann kam dann auf Bill Gates zu sprechen, der kürzlich erst einige
Milliarden in die Impfforschung gesteckt hatte und meinte sinngemäß:
„Schauen Sie mal Bill Gates an. Der macht’s richtig. Er investiert einen
Dollar und bekommt zwei Dollar raus.“ Die scheinbare Logik Kaufmann war
einleuchtend, dennoch wollte ich von ihm wissen: „Und wem nützt das dann
letztlich – der Impfforschung oder Bill Gates?“ Ich weiß nicht, was
Kaufmann mir geantwortet hätte, denn in diesem Augenblick klopfte mir eine ältere
Dame auf die Schulter: „Wir hätten da auch noch ein paar Fragen?“ Ich
entschuldigte mich, dass ich Prof. Kaufmann derart intensiv für mich
beansprucht hatte und ließ die Dame vor, damit sie den „Gott in Weiß“
fragen konnte: „Wie war das eigentlich noch mal mit den Streptokokken?“
Nun
etwas verunsichert, wie groß der Anteil des Publikums wirklich war, der Prof.
Kaufmann auch in dieser Art auf den Leim gegangen war, verließ ich das Dresdner
Rathaus. Vor dem selbigen traf ich eine ebenfalls etwas ältere Dame um die 70.
Ich fragte sie, was sie von dem Vortrag halten würde. Sie erwiderte, dass man
ja nicht alles glauben müsste. „Letztlich“, fuhr sie fort, „kann die
Natur ohne den Menschen leben, aber nicht umgekehrt.“ Ja, da hatte sie
zweifelsohne recht und ich war etwas erleichtert, dass auch sogenannten Experten
wie Prof. Kaufmann nicht alles geglaubt wird.
Unter
diesem Titel ist unter www.das-gibts-doch-nicht.de/seite1444.php
ein sehr kurzweiliger Artikel zu finden, der viele von uns mit dem Kopf nicken
lassen könnte, weil er dieses System, in dem wir leben, in einer seiner
Grundschwächen beschreibt. Warum ist Prof. Dr. Kaufmann so ist wie er? Warum
verhielt er sich in diesem System so, wie er es Ende Mai 2003 in Dresden tat? Der
39jährige Psychoanalytiker Kai Schulze analysierte jahrelang, wie die
gesicherten Erkenntnisse der Wissenschaft über die Bedürfnisse des Menschen im
politischen und sozialen System der Bundesrepublik umgesetzt werden. Drastisches
Fazit: „Persönlichen
Erfolg hat bei uns nur, wer unbewußt seinen Mitmenschen Schaden zufügt.“
Der Arzt, der nur gut lebt, wenn seine Patienten krank bleiben, der
Arbeitsamtangestellte, der nur in der Hierarchie aufsteigt, wenn es mehr
Arbeitslose gibt, der Polizist, der um seine Stelle fürchten muss, wenn in
seinem Revier die Kriminalitätsrate sinkt ...
Als
ich dann zu Hause angelangt war, las ich auf einem Flyer für die Veranstaltung
erst einmal in Ruhe mit wem ich es da eigentlich „aufgenommen“ hatte. Prof.
Dr. Stefan H.E. Kaufmann gehörte nicht nur zu den 100 meist zitierten
Immunologen weltweit (1989-99), sondern war u.a. auch der Präsident der
Deutschen Gesellschaft für Immunbiologie (neben zahlreichen anderen
hochrangigen Positionen). Ebenso hatte er ca. 500 Publikationen, „meist in
hochrangigen Zeitschriften“ auf seinem Forscherkonto stehen. Ich überschlug
in einer Milchmädchenrechnung einmal den Zeitraum seit Erhalt seines
Doktortitels (1977) bis ins Jahr 2003. Demnach hätte Prof. Kaufmann alle 14
Tage eine Veröffentlichung herausbringen müssen – Weihnachten und
Urlaubstage nicht einberechnet!
Augenblicklich
fiel mir wieder die Geschichte ein, die mir wissenschaftliche Mitarbeiter vor
einigen Jahren in Indien erzählt hatten:
Schreibt
ein Student einen Artikel, der veröffentlicht werden soll, dann gibt er diesen
zunächst seinem Betreuer zur Korrektur. Dieser macht seine Anmerkungen und
schreibt seinen Namen vor den des Studenten. Dann gibt er es weiter an den
Abteilungsleiter des Instituts, der den selben Vorgang noch einmal wiederholt
– Artikel durchsehen und Namen davor schreiben. Häufig wird das Paper nun
noch vom Professor des Instituts durchgesehen. Dieser schreibt auch seinen Namen
davor und es soll schon Professoren gegeben haben, die dann meinten, dass vier
Namen einfach zu viel für einen Artikel seien. „Den letzten beißen die
Hunde.“ sozusagen und so wurde der Namen des Studenten aus der Autorenliste
gestrichen. Wahrheitsgehalt dieser Geschichte hin oder her – vorstellbar ist
sie allemal.
So
weit, so gut ... um am Schluss dieses Hinweises wieder auf ein Mitglied aus
unserer Reihe „Präventivkampagne
Bundestagswahl 2006“ zu kommen, erscheint heute ein, genau wie Prof.
Kaufmann, weiterer gebürtiger Ludwigshafener ... Kurt Biedenkopf.
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Deutschland braucht Männer wie Kurt Biedenkopf. Der ehemalige sächsische Ministerpräsident stolperte zwar in seiner 11jährigen Amtszeit über so manche Ungereimtheit, aber auch er hat die nötige Standfestigkeit, die man in der Cash Dealers Union antrainiert bekommt. Als er dann aber bei IKEA noch Sonderrabatte verlangte, war irgendwann bald das Ende der Fahnenstange erreicht. |
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Aber sind wir doch mal ehrlich - Rabatte bei IKEA hätte jeder Sachse auch verlangen wollen. Und wenn unsereiner noch 65 % Bevölkerung von der letzten Landtagswahl im Rücken hätte, dann musste man die Sachsen doch einfach für ihre Dummheit bestrafen. Kurt Biedenkopf zeichnete sich aber nicht nur durch seine volkstümliche Art bei Geldgeschäften aus, sondern verfasste nebenbei noch ein paar literarische Perlen, die u.a. seinem Werk "1989-90. Ein deutsches Tagebuch", welches sicher nicht ohne Grund erst im Jahre 2000 veröffentlicht wurde. Darin heißt es auf S. 124 u.a.: "Zunehmend habe ich den Eindruck, dass unsere Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung im Zenit ihrer Entwicklung angekommen ist. Im Grunde hat sie damit keine Zukunftsperspektive mehr. Die Art wie wir leben, ist nicht verallgemeinerungsfähig. Wir können unsere materiellen Ansprüche an die Erde und ihre Ressourcen nicht auf die große Mehrheit der Menschheit übertragen. China und Indien mit der gleichen PKW-Dichte und dem gleichen Verbrauch an Energie wie in einer hochentwickelten Zivilisation wären undenkbar." Bis dahin kann jeder
Mensch dem guten Kurt noch folgen. Bei den Schlussfolgerungen, die er dann
zieht, wird's dann aber elitär: |
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Wenn Sie auch so ein ungezügeltes Verlangen nach Monarchie in der Magengegend verspüren, dann wählen Sie doch einfach: "König" Kurt Biedenkopf! Der König ist tot! Es lebe der König! |
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In
diesem Sinne, allen eine schöne Woche, Euer Micha.
PS:
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