zurück

Hinweis Nr. 51 - Der "beste" Deutsche

von Michael Winkler
gesendet am 02. Dezember 2003

 

 

“Wir danken heute Gott, dass er uns Konrad Adenauer geschenkt hat.”

Erzbischof Joachim Kardinal Meisner, anlässlich der Feierlichkeiten zum 125. Geburtstag von Konrad Adenauer, Köln 2001

(entnommen aus Werner Rügemer „Colonia Corrupta“, 2003)

 

 

Mein Arbeitsplatz – mein Kampfplatz für den Frieden

 

Wer im Bereich der Geodäsie, Kartographie, Geographie u.ä. tätig ist, hat sicherlich schon einmal etwas von Geoinformationssystemen, kurz GIS, gehört. Bisher war es mir noch gar nicht so bewusst geworden, was für ein „höllisches Werkzeug“ ich da mitunter in der Hand habe. Das musste mir erst ein US-amerikanisches GIS-Journal namens „geoworld“ (www.geoplace.com) vor Augen führen. Beim Anblick einzelner Titelseiten dieses Journals wird man mitunter allerdings zwangsläufig zum Lachen animiert. Während mich das Juni-Titelblatt (Disease Management „GIS takes a Bit out of the West Nile Virus“, http://www.geoplace.com/gw/2003/0306/0306wnv.asp, oben links) stark an die Bienen-Szenen aus Michael Moore’s „Bowling for Columbine“ erinnerten, in denen er darauf verwies, dass in den US-amerikanischen Medien alles gefährliche immer aus Schwarzafrika komme, zeigte das Oktober-Titelblatt einen GI neben einer Munitionskiste (http://www.geoplace.com/gw/2003/0310/0310cvr.asp). Die Editoren des Artikels fragten dann unter der Hauptüberschrift „Targeting Terrorism“ doch allen Ernstes „Can GIS lead the attack?“. Eingeordnet wurde der Artikel unter die Rubrik „Homeland Security“. Aber damit nicht genug: Jagte man im Oktober noch Terroristen, machte dies das November-Heft wieder gut. Auf dem  Titelbild sah man irakische Bauern unter der Überschrift „Restoring Eden“ („GIS Helps Repair Marshlands in Iraq“, http://geoplace.com/gw/2003/0311/0311cvr.asp) durch die Gewässer fahren. Besser geht’s wirklich nicht. Mir geht es nun auch von Tag zu Tag besser, seitdem ich weiß, wofür man Geoinformationssysteme alles benutzen kann: um Mücken zu finden, Terroristen zu orten und um den Garten Eden wieder herzustellen. Ein Allheilmittel offensichtlich .. wie im Märchen. Einfach schön.

 

Ob Mücken, Terroristen oder irakische Bauern ...
 mit GIS ist einfach alles möglich.

 

GEOWORLD hilft Ihnen dabei!

 

 

Der beste Deutsche

Wenn man so scheinbar vor sich hinträumt, ist es gut, wenn man ab und an wieder aufgeweckt wird. Das gelingt zwar nicht immer häufig, aber mitunter gibt es Ereignisse, die dann doch sehr bedenklich sind. Da wählen einige Millionen Deutsche und Menschen, die in Deutschland leben, deeeeen „besten“ Deutschen. Und was passiert am Ende ... es gewinnt Konrad Adenauer. Der Mann der maßgeblich die deutsche Spaltung forciert hatte. Es gewann nicht etwa Helmut Kohl, als „Vater der deutschen Einheit“ (der er zwar nicht war, aber als der er häufig dargestellt wird). Es war auch nicht Friedensnobelpreisträger Willi Brandt, der ab Ende der 60er Jahre die Entspannungspolitik zum Osten einleitete. Nein, es gewann Konrad Adenauer. Nun, als ehemaliger Ossi, fehlen mir natürlich etwas die positiven Seiten (die es zweifelsohne bei jedem Menschen gibt) des Konrad Adenauer. Stattdessen blieben mir einige andere Dinge stark im Gedächtnis verhaften. Nachzulesen sind diese u.a. im bereits erwähnten „Schwarzbuch Helmut Kohl – wie alles begann“ von Bernt Engelmann, welches ein Sammelsurium von Machenschaften der Cash-Dealer’s-Union enthält. Dort heißt es u.a.:

„Konrad Adenauer, erster Bundeskanzler von 1949 bis 1963, zog aus den Gegebenheiten politische Konsequenzen, die seiner Herkunft, Erfahrung und Grundeinstellung entsprachen. Er wurzelte noch im 19. Jahrhundert und hatte die ersten 42 Jahre seines Lebens unter dem autoritären Regime des wilhelminischen Kaiserreichs verbracht. Er war Rheinländer, Katholik, Mitglied der katholischen Zentrumspartei, wo er dem eher rechten Flügel angehörte, der im Sozialismus den Erzfeind, im Faschismus einen möglichen Verbündeten sah. 1929, als Mussolini, der den italienischen Arbeiterführer Giacomo Mateotti kurz zuvor hatte ermorden lassen, seinen Frieden mit dem Vatikan machte, telegrafierte ihm Adenauer, damals Kölner Oberbürgermeister: „Der Name Mussolini wird in goldenen Buchstaben in die Geschichte der katholischen Kirche eingehen!“

1919, nach dem Untergang der Hohenzollern-Monarchie, hatte Adenauer schon mit dem Gedanken geliebäugelt, Westdeutschland vom sozialistisch regierten Reich abzuspalten und es als starken Partner in eine katholisch-konservative Wirtschaftsunion der westlichen Nachbarn Belgien, Luxemburg und Frankreich einzubringen. 1945 nahm er diese Pläne sogleich wieder auf.“

Bernt Engelmann stellt weiterhin heraus, dass Adenauer nicht nur einen „tiefe Abneigung gegen alles auch nur entfernt Sozialistische“ hatte, sondern auch ein entschiedener Gegner Preußens. Angeblich soll Adenauer Berlin als eine „heidnische Stadt“ und Preußen als „Anfang Asiens“ bezeichnet haben. Unter Adenauer wurde ebenso die so genannte Hallstein-Doktrin entwickelt, die der BRD die alleinige Rechtsnachfolge des untergegangenen Deutschen Reiches zusicherte. Die DDR war dieser Doktrin zufolge „nichtexistent“.

Aber wenn jemand politische Entscheidungen fällt, die größeren Ausmaße annehmen, dann ist dass nicht unbedingt nur ihm selbst zuzuschreiben. Hinter Adenauers Interessen standen sicherlich noch eine ganze Menge anderer Leute, die nicht nur Gefallen an der damaligen Entwicklung gefunden haben, sondern auch finanziell sehr gut dadurch verdienten.

 

Adenauer als OB von Köln 1916-1933

Ich möchte nicht auf das Schema der Sendung um den „Besten Deutschen“ eingehen. Da ich nicht eine einzige Sendung gesehen habe, kann ich mir diesbezüglich auch kein Urteil erlauben. Aber wenn Adenauer nun der „beste“ Deutsche ist, schließt das ja zumindest ein, dass er ein „guter Deutscher“ ist, sonst wäre er ja nicht der „beste“ geworden. Nun, was zeichnet einen guten Deutschen denn aus?

Wie wir bereits erfahren haben, zeichnet er sich dadurch aus, dass er die Spaltung Deutschlands durchaus sehr gemocht haben musste. Was einen guten Deutschen noch auszeichnet, kann man u.a. in Werner Rügemers Buch „Colonia Corrupta“ (Dampfboot Verlag, 2002, darin sind auch einige Geschichten zum Thema „Cross Border Leasing“ enthalten) nachlesen. Über mehrere Jahre hinweg – 17 Jahre als OB von Köln schaffen die entsprechenden Strukturen – bediente sich Adenauer aus den Kassen der Stadt. Hier eine zusätzliche „Aufwandsentschädigung“, da ein bisschen „Wohngeld“ .. so ließ es sich leben. Doch auch dies schien mit der Zeit etwas langweilig geworden zu sein, denn anders kann man sich wohl kaum erklären, dass Konrad Adenauer sich Anfang der Zwanziger Jahre Börsen-Insidergeschäften widmete. Natürlich nicht aus seiner eigenen Tasche. Nein, dazu schöpfte er aus den Kassen der damals am höchsten verschuldeten deutschen Stadt, Köln. Den Höhepunkt der Börsenkarriere Adenauers bildete ein Geschäft, bei dem er mit Hilfe des Generaldirektors der Glanzstoff AG Wuppertal, Fritz Blüthgen, und Anton Brüning von der Deutschen Bank 2,8 Millionen Reichsmark in Glanzstoff-Aktien (es war die Zeit, dass Nylon-Booms) investierte. Das war im Februar 1928. Ein paar Monate später, 1929, sorgte der Börsencrash in New York für einen Kursverfall um 75 %. Da sich keiner der Beteiligten, weder der kurz vor der OB-Wiederwahl stehende Adenauer noch die „Spendengeber“ der Deutschen Bank, die Blöße geben wollte, zahlte die Deutsche Bank die Schulden und alles blieb mehrere Jahre unter der Decke. Als die Sache 1942 brenzlig zu werden schien und ein Glanzstoff-Aktionär verlangte, dass Adenauer die geliehenen Aktien zurückgeben solle, wandte sich letzterer an einen gewissen Hermann Joseph Abs in Berlin. Dieser war inzwischen Vorstandschef der Deutschen Bank und siehe an, Aufsichtsratsvorsitzender der Glanzstoff AG (die Sache mit den klüngelnden Vorständen und Gremien ist also keine Erfindung der heutigen so genannten „Globalisierung“). Schließlich kam man zu der Vereinbarung, dass alles so hat sein sollen und Adenauer musste nicht nur nicht die Schulden von 1929 zurückzahlen; vielmehr noch: er durfte die geliehenen Aktien gleich mitbehalten. Eine Hand wäscht die andere ... und so wurde nach Ende des Zweiten Weltkrieges jener Hermann Joseph Abs zum wichtigsten Finanzberater des späteren Bundeskanzlers und ersten CDU-Vorsitzenden.

 

Moral aus der Geschicht’

Nun, was bleibt uns von dieser Geschichte?: Dass der „beste Deutsche“ offensichtlich einer war, der in erster Linie in seine eigene Tasche gewirtschaftet hat und dies in einer kaltschnäuzigen Art, dass selbst Helmut Kohl alt dagegen aussehen würde. Sind wir jetzt alle, die einigermaßen ehrlich bleiben wollen/sollen, schlechte Deutsche? Oder sind wir sogar besser als der „beste“ Deutsche? Fragen über Fragen ... und ich weiß immer noch nicht, warum gerade Konrad Adenauer die Ehre des Siegers gebührt. Weint ein Großteil der Westdeutschen immer noch der guten alten Zeit unter Konrad A. hinterher? So wie einige Ostdeutsche vielleicht der DDR?! Aber könnte man sich vorstellen, dass Ostdeutsche Wilhelm Pieck zum besten Ostdeutschen gekürt hätten? Wohl kaum, also muss Konrad A. noch eine ganze Menge anderer Qualitäten (außer dass unter ihm in Westdeutschland so etwas wie Wohlstand entstand) gehabt haben .. Wer diese kennt, kann mir gern zurückschreiben ...

 

In diesem Sinne, eine schöne Woche euch allen, Euer Micha.