Vor dem
Hintergrund der Terroranschläge auf die USA haben die amerikanischen
Geheimdienste ihre Kontrollen im Cyberspace mit Hilfe der Provider ausgeweitet.
So
hat das FBI bei privaten Anbietern wie America Online, Hotmail, Earthlink und
Yahoo
ein System zur Lokalisierung verdächtiger Internetinhalte installiert -
vorübergehend,
wie die Fahnder erklären. Analysten und Menschenrechtler sind bereits alarmiert.
Ihrer Meinung nach ist eine vollständige Kontrolle des Webs ohne Verstöße
gegen
den Datenschutz nicht machbar.
Die Microsoft-Firma
Hotmail, einer der größten Gratis- Mailprovider der Welt, hat
den Behörden auf Anfrage Informationen über »besondere Konten«
ausgehändigt.
Im Fadenkreuz der CIA stehen vor allem Mitteilungen in arabischer Sprache, in
denen das Wort »Ala« (Allah) vorkommt. »Ich teile die Sorge,
daß Terroristen das
Internet für ihre Zwecke mißbrauchen. Dennoch bin ich gegen jede
Form der
elektronischen Überwachung«, sagte der Uruguayer Raul Echeverria,
Leiter des
Archivs für die Verwaltung von Internetadressen in Lateinamerika und der
Karibik
(LACNIC).
FBI-Agenten
sollen einen Provider aufgefordert haben, für mehrere Tage zwei
Spiele des Spionagesystems Carnivore zu installieren. Sie hätten, so der
Geschäftsführer der Firma, die volle Kostenübernahme zugesichert.
Zeugenaussagen zufolge waren die Agenten in Besitz eines richterlichen
Durchsuchungsbefehls. Die vom FBI entwickelte Abhöranlage Carnivore ist
seit
1999 im Einsatz. Sie gilt als äußerst umstritten, da sie bis ins
Schaltzentrum der
Provider vordringen und die gesamte Kommunikation mitschneiden kann. In
regelmäßigen Abständen wird das System angehalten, um die Festplatte
mit den
Aufzeichnungen auszutauschen.
Im letzten
Jahr hatte sich der US-Senat nach Beschwerden unabhängiger
Organisationen mit dem Abhörsystem befaßt, das derzeit unter dem
Handelsnamen
DCS 1000 im Umlauf ist. Nach FBI-Angaben hat das Computersystem erst nach
Vorlage einer richterlichen Genehmigung Zugriff auf spezielle Daten. Doch aus
Unterlagen des Electronic Privacy Information Centre (EPIC) geht hervor, daß
Carnivore den gesamten Datenverkehr kontrollieren kann. »Jeder Versuch,
das
Internet zu kontrollieren, verstößt gegen die grundlegende Web-Philosophie
von
Freiheit und Intimsphäre«, meint der Experte für Datensicherheit
Reynaldo de la
Fuente von der Computerfirma Datasec.
Bereits
im Februar hatten US-Regierungsvertreter erklärt, daß der saudische
Geschäftsmann Osama bin Laden, der für die Attentate vom 11. September
in New
York und Washington verantwortlich gemacht wird, im elektronischen Schriftverkehr
Kodierungsprogramme verwendet. Diese Programme ermöglichten eine
Verständigung lediglich zwischen Sender und Empfänger, hatte im letzten
Jahr der
damalige FBI-Chef Louis Freeh erklärt. Terroristen könnten somit ungestört
miteinander kommunizieren.
Für
östliche Staaten sei es sehr schwierig gewesen, derart komplizierte
Kodierungsprogramme zu entwickeln. Auf Drängen der Privatwirtschaft seien
die US-
Exportrestriktionen zum Ende der Regierungszeit William Clintons gelockert worden,
erinnert de la Fuente. Inzwischen sei der Algorismus PSP, der bei der Kodierung
verwendet wird, frei im Internet erhältlich.
Zwar hat
sich der US-Kongreß bereits mit einem Gesetzentwurf befaßt, der
die
Verbreitung nicht zu entschlüsselnder Internet-Inhalte verbietet. Das Projekt
ist
jedoch nicht richtig vorangekommen. Ohnehin, so de la Fuente, ließe sich
ein
solches Gesetz bestenfalls in den Staaten Amerikas anwenden.