F 1996. 116 Min
Regie: Gilles Mimouni,
Buch: Gilles Mimouni,
Musik: Peter Chase,
Kamera: Thierry Arbogast,
Schnitt: Caroline Biggerstaff, Françoise Bonnot,
Darsteller: Romane Bohringer (Alice), Vincent Cassel (Max), Jean-Philippe Ecoffey (Lucien), Monica Bellucci (Lisa), Sandrine Kiberlain (Muriel), Olivier Granier (Daniel)
Kinostart: 12/6/1998
Zuviel darf man vom Inhalt dieses Spielfilmerstlings nicht verraten, sonst geht die Spannung verloren, die sich aus der raffinierten Erzählanlage ergibt. Das Publikum weiß zumindest bis zur Hälfte nie mehr als die Hauptfigur Max, der einem Geheimnis aus seiner Vergangenheit auf die Spur kommt. Max (Vincent Cassel) steht kurz vor einer Geschäftsreise nach Japan, als er in einem Café zufällig ein Telefongespräch mithört. Er glaubt, in der Stimme der Anruferin eine ehemalige Geliebte wiederzuerkennen, die ihn eines Tages Knall auf Fall verlassen hat. Er setzt nun alles daran, diese Frau wiederzutreffen, und läßt darob Japan sausen. Die Geschichte wird auf zwei Ebenen erzählt. Während Max in der Gegenwart wie ein Detektiv den Aufenthalt seiner alten Flamme ausfindig macht, wird in Rückblenden, die immer mit einem Zoom auf das Gesicht von Max eingeleitet werden, die Liebesgeschichte der beiden aufgerollt. Vergangenheit und Gegenwart werden dabei von Gilles Mimouni so verschachtelt, daß sie am Schluß zusammenfallen und das Rätsel preisgeben. Niemand kommt in Mimounis Gefühlskrimi voll überraschender Wendungen, Täuschungen und Lügen ungeschoren davon. (Trudy Baumann, Zürcher Tagesanzeiger)
Mimouni, der an der Pariser Filmhochschule gelernt hat, mit den Versatzstücken des Kinos umzugehen, verwischt die Grenzen zwischen Illusion und Wirklichkeit, Spiel und Realität mit einem geradezu diabolischen Vergnügen. Dem Regisseur scheint es in erster Linie darum zu gehen, den Zuschauer in die Irre zu führen und dort stehen zu lassen. Das rasante Tempo der Montage läßt dem Betrachter indes keine Zeit, sich darüber aufzuhalten. Es bleibt ihm gar nichts übrig, als sich dem optischen Sog der sich überstürzenden Bilder hinzugeben. Er kann dies umso unbefangener, als die jugendlichen Interpretinnen und Interpreten an dem Spiel um Schein und sein ganz offensichtlich selber ihren hellen Spaß haben. (Gerhard Wassert)
Ich wollte eine Art Thriller machen, bei dem sämtliche Beweggründe der Figuren gefühlsbedingt sein sollten. Eine Liebeskomödie mit Anleihen an den Kriminalfilm - ohne Pistolen und Polizisten allerdings. Im Grunde erzählt der Film die Geschichte eines Mannes, der auf der Suche nach einer verlorenen Frau Nachforschungen über seine eigene Vergangenheit anzustellen beginnt. Es gibt ein ungelüftetes Geheimnis in seiner Vergangenheit. Jemand, der von einer leidenschaftlichen Liebe erfaßt wird, gerät leicht in einen Strudel der Gefühle und wird sozusagen betriebsblind. Es fällt ihm schwer, die Grenzen zwischen Realität und Phantasie zu wahren - erst recht, wenn er einen Freund hat, dem er sich anvertrauen kann, weil die eigene Erzählung mit ihm durchgeht, er bastelt sich eine Geschichte zusammen, was sowohl komische als auch tragische Aspekte in sich birgt. (Gilles Mimouni über seinen Film)
[Quelle aller vorangegangenen Informationen: filmcasino, Wien]
Zu Beginn des Films hält man Max für einen gestressten Manager, der nichts als seine Karriere im Kopf hat. Er soll in wenigen Tagen Muriel, die Schwester seines Chefs, heiraten, muss aber vorher noch nach Tokio jetten, um einen wichtigen Vertrag zu unterzeichnen. Doch in Gilles Mimounis Spielfilmerstling ist alles anders, als es den Anschein hat. Der junge Geschäftsmann setzt bald einmal seine Karriere aufs Spiel, um dem Phantom einer früheren Geliebten und andern Geheimnissen nachzujagen, und wird dabei von seinen Erinnerungen eingeholt. In der Telefonkabine eines Restaurants glaubt er die Stimme von Lisa zu erkennen, die er einst sehr geliebt hat. Kurz entschlossen meldet er sich in Tokio krank, um die Verschollene in Paris zu suchen.
Mimouni, der an der Pariser Filmhochschule gelernt hat, mit den Versatzstücken des Kinos umzugehen, verwischt die Grenzen zwischen Illusion und Wirklichkeit, Spiel und Realität mit einem geradezu diabolischen Vergnügen. Die langen Szenen, in denen man Lisa bei den Theaterproben auf einer Bühne sieht, erinnern kaum zufällig an die frühen Arbeiten eines Jacques Rivette, von dessen souveräner Leichtigkeit im Umgang mit den verschiedenen Ebenen der Phantasie Mimouni allerdings weit entfernt ist. Dem jungen Regisseur und Drehbuchautor scheint es in erster Linie darum zu gehen, den Zuschauer in die Irre zu führen und dort stehenzulassen. Das rasante Tempo der Montage lässt dem Betrachter indes keine Zeit, sich darüber aufzuhalten. Es bleibt ihm gar nichts anderes übrig, als sich dem optischen Sog der sich überstürzenden Bilder hinzugeben. Er kann dies um so unbefangener tun, als die jugendlichen Interpretinnen und Interpreten ( Vincent Cassel, Monica Bellucci, Romane Bohringer u. a.) an dem hektischen Spiel um Schein und Sein ganz offensichtlich selbst ihren hellen Spass haben. Durch den Aberwitz, mit dem er bei möglichen Alternativen stets die am wenigsten erwartete wählt, entwickelt Mimouni eine ausgeklügelte und zuweilen recht witzige Dramaturgie der Unwahrscheinlichkeit. «L'appartement» ist ein verquerer romantischer Thriller, der Psychologie und Logik konsequent durch handfeste Überraschungseffekte ersetzt und das Publikum in eine schwindelerregende Achterbahn der Emotionen versetzt, die es erst nach dem unerwarteten Ende benommen wieder verlässt. (Gerhart Waeger, Neue Zürcher Zeitung, 18/7/1997)
"L'Appartement" - Ein Märchen vom Lieben und vom Lügen
Liebe ist - dem wunderschönen Gesicht einer Unbekannten quer durch Paris nachzulaufen. Liebe ist - sich in Lügen zu verstricken, um dadurch eine andere zu werden. Liebe ist - töten, um frei zu sein. Das alles erzählt uns Gilles Mimouni in seinem Regiedebüt, das nicht nur extreme Aufmerksamkeit des Zuschauers fordert, sondern auch seine Vorstellungskraft.
Verschiedene Beziehungsverwicklungen kommen auf unterschiedlichen Zeitebenen daher und das auch noch in einem Affentempo. (Einer der Gründe, warum man dem ganzen dennoch einigermaßen folgen kann, ist die Tatsache, daß die Protagonisten in den Vergangenheitsszenen immer die komischeren Frisuren tragen.)
Mimouni benutzt Märchenelemente wie einen Schuh, der dem falschen Schneewittchen nicht paßt. Verbindet sie mit Liebesgeschichten, die - man ahnt es recht bald - alle irgendwie zusammengehören und hat auch noch Platz für ein letales Eifersuchtsdrama.
Mit „L’appartement“ hat sich der Regisseur viel vorgenommen. Und wenn ihm auch nicht alles wirklich gelungen ist, so scheint das Ergebnis zumindest interessant. (Heike Obermeier, KURIER)
Weitere Kritiken der IMDb
USA 1997. 123 Min
Regie: John Landis,
Buch: Dan Aykroyd, John Landis,
Musik: Paul Shaffer,
Kamera: David Herrington,
Schnitt: Dale Beldin,
Darsteller: Dan Aykroyd (Elwood Blues), John Goodman (Mighty Mack McTeer), Joe Morton (Cabel Chamberlain), J. Evan Bonifant (Buster), Kathleen Freeman (Mutter Mary Stigmata), Nia Peeples (Lt. Elizondo)
Kinostart: 12/6/1998
Nach einer langjährigen Gefängnisstrafe reist ein Musiker und einstiger Ganove mit einem musikalisch begabten zehnjährigen Jungen durch Amerika, um die nach dem Tod seines langjährigen Partners auseinandergefallene Band auferstehen zu lassen. Fortsetzung des Films "Blues Brothers", die trotz zahlreicher Stars der Rhythm & Blues-, Rock'n'Roll- und Country-Szene nie die chaotisch-ausgelassene Stimmung des Originals trifft und durch eine lieblose Gestaltung mehr langweilt als unterhält.
Daß von Kassenschlagern oft so schnell wie möglich Fortsetzungen gedreht werden, liegt in der Natur des Filmmarktes. Bei "Kultfilmen" gibt man sich dagegen zurückhaltender. Einerseits brauchen sie meist länger, um ihren Status zu erreichen, andererseits steht eine eingeschworene Fan-Gemeinde allen Versuchen, ihren Lieblingsfilm nochmals aufzuwärmen, besonders kritisch gegenüber. Da der Erfolg des legendären Films "Blues Brothers" (fd 22 660) zudem untrennbar mit seinen Hauptdarstellern Dan Aykroyd und John Belushi verbunden war, erschien es nach Belushis Tod im Jahr 1982 undenkbar, das chaotische Musikerteam wieder auferstehen zu lassen. Vielleicht hielt John Landis nach 19 Jahren und einem Generationswechsel unter den Kinobesuchern die Zeit reif für einen zweiten Teil, vielleicht hoffte er auch, mit John Goodman einen adäquaten Ersatz für Belushi gefunden zu haben. Auf jeden Fall konnte er davon ausgehen, daß das heutige Publikum, das ja kaum noch die Möglichkeit hat, selbst die jüngere Filmgeschichte im Kino aufzuarbeiten, seinen damaligen Erfolgsfilm eher nur vom Hörensagen kennt. Warum er allerdings den guten Ruf der "Blues Brothers" mit diesem faden Aufguß aufs Spiel setzte, bleibt unverständlich.
Es beginnt wie einst, nur daß diesmal nicht Jake, sondern Elwood Blues aus dem Gefängnis entlassen wird. Erst als er vor dem Tor auf seinen einstigen Partner wartet, erfährt er vom Gefängnisdirektor, daß Jake längst gestorben ist - eine der vielen Ungereimtheiten des hingeschludderten Drehbuchs. Da auch ihr damaliger "Ersatzvater" Curtis nicht mehr unter den Lebenden weilt, besucht Elwood Mutter Mary Stigmata, die er noch aus gemeinsamen Zeit mit Jake im Waisenhaus kennt. Die resolute Ordensschwester drückt ihm den zehnjährigen Buster aufs Auge, und fortan reist das ungleiche Paar quer durch die Staaten auf der Suche nach den alten Mitgliedern der "Blues Brothers Band". In New Orleans treffen sie Polizeichef Cabel, dem Elwood einreden will, er sei ein uneheliches Kind von Curtis, somit sein Stiefbruder und geborenes Mitglied der Band. Entrüstet weist Cabel ihn aus dem Büro, und Elwood und Buster ziehen weiter nach Louisiana. Unterwegs schließt sich ihnen der Barkeeper Mighty an, der sich für den "King of Blues" hält. Mittlerweile wird das Trio sowohl von Cabel, der Elwood der Entführung Busters verdächtigt, als auch von der Russen-Mafia verfolgt, denen sie bei einer Schutzgeld-Erpressung in die Quere gekommen sind. In Louisana treffen sie auf Queen Mousette, die einen Blues-Wettbewerb veranstaltet. Aber irgendwie kommt das Trio nicht richtig in Fahrt. Da taucht plötzlich Cabel auf, springt auf die Bühne - und schon geht (musikalisch) die Post ab: Die "Blues Brothers" sind wiederauferstanden.
Obwohl die Produktion das Beste der Rhythm & Blues-, Rock'n'Roll- und Country-Szene engagiert hat, geht die Inszenierung mit ihr genauso lieblos um wie mit den Schauspielern. Ob Aretha Franklin, James Brown, Sam Moore, Wilson Pickett, Eddie Floyd, B. B. King oder Eryka Badu - sie alle dürfen ein Lied trällern, wirken aber in der nie zu einem Zusammenhalt findenden Geschichte verloren. In den langweilig fotografierten Bildern und ihren vielen statischen Kadragen fühlt sich auch der renommierte Choreograf Barry Lather nicht wohl und kann keinerlei Schwung, geschweige denn tänzerische Raffinesse herbeizaubern. Dan Aykroyd beweist einmal mehr, daß er ein nicht gerade begnadeter Schauspieler ist, und der schwerfällige John Goodman besitzt nie jene Quirrligkeit von John Belushi, die im einstigen Kultfilm davon ablenkte. Insgesamt scheint Landis fast alles verlernt zu haben, was seine Filme einst auszeichnete: Tempo, Witz, Spannung, Action und satirische Seitenhiebe. Alles läuft auf Sparflamme, wirkt wie der lustlos heruntergekurbelte Aufguß eines ehemaligen Hits, an den man kein "Herzblut" verschwendet hat. So wird Hollywood-Routine zum berechnenden Kalkül - und letztlich zum Betrug an einem auf Innovationen hoffenden (Kult-)Filmpublikum. (Rolf Ruediger Hamacher, film-dienst)
Es waren mal vor 18 Jahren zwei Brüder auf musikalischer Mission: Jake und Elwood, die Blues Brothers retteten ein Waisenheim und bekehrten ein Millionenpublikum. Die "Blues Brothers" James Belushi und Dan Aykroyd schufen zusammen mit Regisseur John Landis einen Kultfilm. Belushi starb 1982, aber Dan Aykroyd und John Landis inszenierten jetzt zusammen mit fast allen Promis aus "Blues Brothers" die späte Fortsetzung.
Elwood Blues (Aykroyd) bleibt nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis nicht lange solo. Mutter Mary Stigmata hängt ihm das zehnjährige Heimkind Buster (J. Evan Bonifant) zur Betreuung an. Auch erfährt der ewig coole und hinter der Sonnenbrille ungerührte Elwood von einem entfernten Stiefbruder im Geiste. Doch Cable Chamberlain (Joe Morton) ist nicht nur Polizeichef in Chicago, steht also auf der anderen Seite des gerne gebrochenen Gesetzes, er weiß selbst noch nicht von seiner Berufung für "die Band". Jene will Elwood nämlich wieder zusammenbringen und so sammeln wir all die alten Bekannten wie Aretha Franklin ("Respect!") oder James Brown ein. Aretha hat sich mittlerweile vom Coffeeshop zur eigenen Mercedesfiliale hochgearbeitet, die Stimme bleibt dafür etwas flacher. Dann gibt es wieder die vielen Musiknummern, den Auftritt vor Country-Fans und eine Begegnung mit rechts-nationalen, weißen Idioten.
Es dauert jedoch fast 15 Minuten bis die ersten Ansätze einer Verfolgung starten. Obwohl in dem erwarteten Supercrash (auch ein alter Bekannter) unzählige Polizeiwagen verschrottet werden und die Kolonne der Verfolger öfters bis an den Horizont reicht, fehlt der Schwung jüngerer Jahre. Dabei hat Landis selbst Dampf rausgenommen, indem er viele Szenen weit ins Absurde übertrieb: Ein paar Nägel verursachen mehrfache Überschläge der Böse-Russen-Limousine, beim Supercrash drehen und wirbeln die Autos wie Kunstspringer von 10-Meter-Turm.
Neben dem kleinen Buster, für den extra ein Blues Brothers-Dress angefertigt wird, kommt noch Mighty Mack McTeer in die Band. John Goodman wurde laut Pressemappe von Dan Aykroyd erwählt, weil er neben seinen enormen schauspielerischen Fähigkeiten auch stimmgewaltig ist.
Die zwei Stunden Kino sind kaum nette Erinnerung an bessere Filme. Die R&B-Musik; reißt heute weniger Menschen vom Hocker und gerade Tendenzen in der Musik machen vor, wie gewitzt und reizvoll es sich zitieren ließe. Landis ist dies überhaupt nicht gelungen. "Modernisierungen" wie eine Bond-Fernsteuerung für den altbekannten Polizeiwagen oder recht unpassende Bildtricks locken kaum ein müdes Lächeln hervor. Irgendwann warnt Elwood die neunköpfige Band, die mit ihm im Wagen sitzt: Schaut nicht zurück! Dieses Motto hätten alle Beteiligten an "The Blues Brothers" befolgen sollen.
Wer sind heute die wahren Blues Brothers im Kino? Vielleicht die "Men in Black", die hinter Sonnenbrillen und im schwarzen Anzug ihnen äußerlich so ähneln? Auch deren Mission ist wahrhaft himmlisch, doch Musik betreibt der Man in Black Will Smith nur außerhalb des Films. Die meisten Blues Brothers-Punkte erhält da noch "The Big Lebowski" - vor allem wegen seiner relaxten Lebenshaltung.(Günter H. Jekubzik)
"Blues Brothers 2000": Kultfilm-Remake mit Musik und Karambolagen. Die Männer mit den dunklen Sonnenbrillen und den schwarzen Anzügen kehren zurück
Mitreißender Blues, qualmende Reifen und coole Sprüche: "Die Blues Brothers" kehren auf die Leinwand zurück. Mit "Blues Brothers 2000" versucht Regisseur John Landis seine rasante Kultkomödie "The Blues Brothers" von 1980 wiederzubeleben. Diese Woche kehren die Männer mit den dunklen Sonnenbrillen und den schwarzen Anzügen auch in die österreichischen Kinos zurück.
Diesmal schrieb das Leben beim Drehbuch mit. Nach 18 Jahren wird "Blues"-Bruder Elwood (Dan Aykroyd) aus dem Gefängnis entlassen und muß erfahren, daß sein Partner Jake gestorben ist. Dan Aykroyd saß im wirklichen Leben zwar nicht ein. Doch der drogensüchtige Jake- Darsteller John Belushi starb tatsächlich 1982 an einer Mischung aus Kokain und Heroin. In der Neuauflage muß Elwood erfahren, daß sich die "Blues"-Band in alle Windrichtungen zerstreut hat. Auch das Waisenhaus, in dem er aufwuchs, gibt es nicht mehr. Ihm wird die Aufsicht für den zehnjährigen Buster (J. Evans Bonifant) übertragen. Von nun an bemühen die Drehbuchautoren Aykroyd und Landis, beide saßen schon für "The Blues Brothers" am Skript, allerlei Verwicklungen, um für Kurzweil im Kinosessel zu sorgen.
Immer noch im Auftrag des Herrn unterwegs, will Elwood wieder seine alte Band zusammenstellen. Zuerst sucht er seinen Stiefbruder Cabel Chamberlaine (Joe Morton) auf, der noch nichts von der Verwandschaft weiß. Als bekennender Polizist will Cabel den schrägen Elwood nicht akzeptieren und ihm schon gar nicht mit Geld aushelfen. Langfinger Buster entwendet Cabel die Brieftasche: Die 500 Dollar für ein neues "Blues"-Mobil sind gesichert. Vor allem Verfolger gibt es in dem Film wieder im Überfluß. Cabel schickt "Blues"-Bruder Elwood die Polizei auf den Hals. Derweil gabelt der in einem Striplokal den dicken Mighty Mack McTeer (John Goodman) als zweiten Sänger auf.
Nebenher vermasselt er eine Schutzgelderpressung und fortan hängt auch die Russenmafia an seiner Stoßstange. Weil er Buster nicht zu den Nonnen zurückbringt, hält man ihn für einen Kidnapper - ein Fall für das FBI. Obendrein will sich auch noch eine militante Nazi-Truppe an den "Blues"-Brüdern rächen, nachdem ihr Anführer in Flammen aufging. Regisseur Landis konnte mit seinem ersten "Blues Brothers"- Film einen Hit landen, der in Amerika zwar nur mittelmäßig erfolgreich war, in Europa dagegen nach dem Tod von Belushi zu einem Kultfilm avancierte. In "Blues Brothers 2000" kommt trotz aller Explosionen, einer Massenkarambolage und Einparkmanövern im Schleudergang nicht recht Stimmung auf.
Große Namen sind aber auch diesmal dabei: James Brown, B.B. King und Eric Clapton treten auf. Eine Augenweide ist Soulkönigin Aretha Franklin, die ihrem Mann im orangefarbenen Kostümchen mit dem Song "Respect" die Leviten liest. Bei einer Andacht in einem Zelt wird schließlich auch Polizist Cabel zum Musiker bekehrt. Der Weg ist frei für eine Fahrt nach New Orleans, wo die "Blues"-Brüder gegen eine andere Band antreten sollen. Der musikalische Schlagabtausch findet im Hause der Voodoo-Königin Mousette (Erykah Badu) statt, die kurzerhand Instrumente herzaubert und die "Blues Brothers" verhext.
Es kommt, wie es kommen muß. Beim großen Konzert in New Orleans treten die "Blues Brothers" gegen Eric Clapton, Bo Diddley und Steve Winwood an. Zum Schluß sind alle auf der Bühne und im Publikum drohen die Polizei, die Russenmafia und die Neonazis. (APA/dpa - STANDARD, 8/6/1998)
Die Ekstasen des Elwood Blues. Ein ehrenwertes Comeback im Auftrag des Herrn: "Blues Brothers 2000" im Kino
Eins vorweg: Das Erwartete ist eingetreten. John Belushi bleibt unersetzbar. "Die Band im Dienste des Herrn wieder zusammenbringen" ("Jesus holy tapdancing Christ!"), dabei Rednecks und Neonazis aufmischen sowie Polizeiautos in Blechsalate verwandeln: Das ist ohne dieses Kraftbündel von einem Komiker nur der halbe Spaß, weit entfernt vom Kult Blues Brothers, der 1980 Millionen Menschen zu wiederholtem Kartenkauf verführte.
Andererseits: Blues Brothers 2000, wieder inszeniert vom zuletzt so glücklosen John Landis, ist dennoch eines jener Kinoereignisse geworden, die einem liebevolle Nachsicht abnötigen. Es ist ein Film für Leute mit Herz, Erinnerungsvermögen und einem Gefühl für Treue über alle Schwächen und Unsicherheiten, die der Lauf der Zeit mit sich bringen kann.
Wie wunderbar verwundbar ist gleich am Anfang Dan Aykroyd als Elwood Blues, der da einsam vor den hinter ihm sich schließenden Toren einer Haftanstalt steht, weil sein Bruder Jake verstorben ist, so wie Belushi 1982. Wer soll jetzt mit ihm schwärmen über "Bullenstoßdämpfer", "Bullenreifen" und "Bullenvergaser"? Nein, John Goodman ist dabei kein guter Ersatz (auch wenn er mitunter sehr herzhaft hinter Aykroyd hertanzt), und ein Kind holt man sich auch nicht in die neuformierte Musikshow, selbst wenn es etwaige Publikumsschichten erweitern könnte.
Tat es aber nicht. Und so ist Blues Brothers 2000 zumindest in Amerika ein relativer Mißerfolg, was fast logisch ist, aber ungerecht, weil irgendwo sollte es doch Leute geben, die gloriose musikalische Auftritte etwa von James Brown, Aretha Franklin, Wilson Pickett, Eddie Floyd und unzähligen anderen Größen des Rhythm and Blues and Soul zu würdigen wissen.
Gerade darin, daß man nun nur mehr den Eindruck einer Nummernrevue hat, liegt natürlich auch das Problem: Schon immer hatten Landis' Filme eine episodische Struktur - vom ekstatischen Studentenulk Ich glaub', mich tritt ein Pferd (Animal House, 1978) bis herauf zu In die lange Nacht (1985) -, aber es war immer ein politisch subversiver Wille dahinter, der sich unverstellt äußern konnte, und ein filmisches Wissen, auf das sich ein breites Publikum damals noch einließ.
Heute hingegen kann sich Landis (wie zuletzt in Cannes bei einer Pressekonferenz) noch immer formidabel über Autozerstörungen seit Lumière äußern, aber die Crashes, die er selbst inszeniert, geraten witzlos. Und das reaktionäre Amerika, das er etwa in Blues Brothers hart in die Mangel nahm, ist jetzt nur noch ein Reigen schrullig-liebenswerter Comicfiguren.
Ein Gefühl von Verlust also an allen Fronten. Gleichzeitig aber die Vorahnung, daß man irgendwann auf Blues Brothers 2000 zurückgreifen wird wie auf ein Dokument aus einer Zeit, in der relativ sehr beleibte Damen (Aretha Franklin!) ihren ältlichen Gemahlen (Matt "Guitar" Murphy!!) noch "R.E.S.P.E.C.T." abnötigen konnten: Wahnsinn im Autosalon. Und ganz am Ende kann man sogar mit Eric Clapton leben, wenn er mit B. B. King, Bo Diddley, Isaac Hayes und vielen anderen Göttern in einer All-Star-Band spielt. (Claus Philipp, DER STANDARD, 12/6/1998)
"Blues Brothers 2000" - Geballte Musicpower einer Blaupause
Techno ist jenes Geräusch, das entsteht, wenn Gehirnmasse in exaltiertem Körpergehopse zerstampft wird. Soul und Blues dagegen: Gefühlsregungen, die virtuos Gitarre oder Saxophon spielen. Lust und Qual in Schwarz, die singt und röhrt und dröhnt. Daher schlägt jetzt die Stunde der Nostalgie. Dabei geht Rechtgläubigen das Herz auf und der Körper vibriert in Trance...
Die Engel des Herrn tragen wieder schwarze Anzüge, schwarze Brillen, schwarze Hüte und verstoßen vehement gegen die Straßenverkehrsordnung. Sie peitschen den Techno aus dem Allerheiligsten hinaus und preisen himmlisch den Blues. Dieses Comeback der kultfilmgeborenen Blues Brothers hat musikreligiöse Ursachen. Santa Aretha oder Holy Brown, BB.
King und Reverend Wilson Pikkett sind die Missionare und Propheten. Wer da über die schwachen und wackeligen Vorwände jammert, aus denen die Rahmenhandlung der Fortsetzung gezimmert ist, hat gar nichts verstanden. Und mag zur Hölle oder, gleichbedeutend, in die nächste Disco gehen oder sich dem europäischen Bedeutungskino widmen.
Natürlich kann nicht einmal Roseannes Ehetölpel einen John Belushi ersetzen. Als wenn der Verstorbene nicht trotzdem mitspielen würde: sein Geist weicht keine Sekunde aus diesem erneuten cinepathischen Kreuzzug gegen virtuelle Bands und mechanische Computerkomposition.
Als Draufgabe zur Belushi-Beschwörung aber ist John Goodman nicht nur buchstäblich eine Wucht; und er hat eine Stimme! Die ist erstaunlicherweise schwarz wie das Gewissen eines Wirtschaftsanwalts. Gewiß, Handlung und Gags des Roadmoviemusicals könnte vom jüngsten Bluesbrother, einem nicht einmal halbwüchsigen Waisenknaben und Lausbuben, erfunden sein.
Wobei die müden Kopien der Verfolgungsjagdszenen und Polizistenverscheißerungen des Originals die allerdings fulminanten Konzertnummern fast störend unterbrechen. Die einstige Anarchie ist einer Banalchie gewichen. Statt balls harter Männer die Ballons strippender Weiber. Und die russische Mafia macht den einst konkurrenzlosen Chicagoer Stadtsheriffs das intellektuelle Nullwachstum streitig.
Aber ihre geballte Musicpower wird auch diese Blaupause der Kinolegende zum Erfolg führen. Die Liebe zu den Blues Brothers in allen Erdteilen verkünden. Dann soll nicht verwundern, wenn toughe Busineßwomen in der Kirche für Johns Soulheil etliche Kerzen entzünden. Und biedere Familienväter statt Fotos von Frau und Kindern Bilder der Blues Brothers aus der Brieftasche ziehen. (Rudi John, KURIER)
Weitere Kritiken der IMDb, offizielle Site: Universal
USA 1997. 106 Min
Regie: Dwight H. Little,
Buch: Wayne Beach, David Hodgin,
Musik: Christopher Young,
Kamera: Steven Bernstein,
Schnitt: Leslie Jones, Billy Weber,
Darsteller: Wesley Snipes (Detective Regis), Diane Lane (Nina Chance), Daniel Benzali (Nick Spikings), Alan Alda (Alvin Jordan), Ronny Cox (President Jack Neil), Tate Donovan (Kyle Neil)
Kinostart: 12/6/1998
Carla Town, eine Angestellte im Weißen Haus, wird dort ermordet aufgefunden. Mit der Lösung des Falls beschäftigt sich der Detective Harlan Regis (Wesley Snipes), dem die scharfschießende Agentin Nina Chance (Diana Lane) zur Seite gestellt wird. Schnell haben sie trotz etlicher Verdunklungsmanöver einen Verdächtigen: Kyle Nell (Tate Donovan), den Sohn des Präsidenten, der als gewaltätig bekannt ist. Weiterhin ist es wohl so, daß er seine Geliebten gerne auch mit seinem Vater teilt, wodurch auch dieser in den Kreis der Hauptverdächtigen gerät. Dies paßt ihm in global unruhigen Zeiten natürlich gar nicht ins Konzept. Auch intern scheint sich ein Korruptionsnetz etabliert zu haben.
Mit reichlich Verspätung in Deutschland gestartet (mehr als 1 Jahr später als in den USA), überzeugt in erster Linie Wesley Snipes (wie meist). Die Handlung ist mehrschichtig und verrät nicht zu früh, wer der wahre Täter ist. Somit ist für reichlich Spannung gesorgt, die im großen Showdown mündet.(film.de)
Ein schwarzer Beamter des Washingtoner Morddezernats soll den Tod einer Frau aufklären, die im Weißen Haus ermordet wurde. Nicht nur durch die Secret-Service-Beamtin, die ihm an die Seite gestellt wird, merkt er, daß ihm nur frisierte Informationen zugänglich sind, weil der Präsident, sein Sohn und der Sicherheitschef des Oval Office zu den Verdächtigen zählen. Polizei-Thriller, der sich damit begnügt, die Mechanismen des Genres routiniert in Gang zu setzen. Kurzatmige Anspielungen auf aktuelle Zusammenhänge verpuffen ohne inhaltlichen Widerhall.
Auch wenn Amt und Inhaber nur selten mit messanischen Qualitäten belegt werden, bleibt das amerikanische Staatsoberhaupt doch eine der markantesten Projektionsflächen Hollywoods. In dieser jüngsten Version gibt er den skrupulösen Zauderer, der mit ängstlichem Blick den Ausführungen seines Sicherheitsberaters folgt, sich dann aber nicht entschließen kann, ein paar in Nord-Korea entführte GIs durch Army und Air Force befreien zu lassen. Dafür lastet ein anderer, schrecklicher Verdacht über ihm: Er soll in den Tod einer jungen Frau verwickelt zu sein, deren blutverschmierte Leiche in einer Toilette des Weißen Hauses gefunden wurde. Bei der Toten handelt es sich um eine der zahllosen Geliebten von Kyle Neil, dem Junior des Präsidenten. Allerdings wird auch dem Senior ein Verhältnis mit der Angestellten nachgesagt. Als Harlan Regis, ein Ermittler des Washingtoner Morddezernates, nach Nummer 1600 in die Pennsylvania Avenue gerufen wird (darauf spielt der Originaltitel an), hat der Secret Service schon ganze Arbeit geleistet; alle Spuren führen im Kreis herum, und der Öffentlichkeit wird ein Verdächtiger präsentiert, dessen Unschuld Regis förmlich riechen kann. Außerdem erhält er eine Geheimagentin zur Unterstützung zugewiesen, die nichts anderes tun soll, als den Fall möglichst schnell und unauffällig abzuschließen.
Diese Nina Chance wäre eine interessante Figur, wenn die Inszenierung nach einer sorgfältigen Exposition nicht plötzlich auf die ausgetretenen Pfade eines durch und durch konventionellen Polizei-Thrillers einschwenken würde. Bei ihr handelt es sich nämlich um eine überzeugte Idealisitin, die als goldbehängte Olympia-Schützin von einer früheren First Lady (wohl Nancy Reagan) engagiert wurde. In der bislang kaum auf die Probe gestellten Überzeugung, der Wahrheit und Gerechtigkeit zu dienen, trifft sie sich mit dem schwarzen Detective, der in seiner Freizeit Miniaturmodelle der Schlachten des amerikanischen Bürgerkriegs baut und sich riskanten Aktionen aussetzt, wo seine Kollegen längst hinter Routine und Dienstvorschriften in Deckung gegangen sind. Die filigrane Kunst der Eingangssequenz, in der eine lange Kamerafahrt Ort, Atmosphäre und Umstände mehr im Vorbeigehen andeutet als explizit macht, gerät zunehmend in Vergessenheit, sobald die Mechanik der genreüblichen Versatzstücke in Gang gesetzt ist. Neben Vater und Sohn wird der undurchschaubare Sicherheitschef als weiterer Tatverdächtiger präsentiert. Regis entgeht nur knapp einem Anschlag, Chance fördert Ungereimtheit über Ungereimtheit zutage, der Präsident gerät wegen der Korea-Krise in der Öffentlichkeit wie hinter verschlossenen Türen zunehmend unter Druck. Wer die Fäden im Hintergrund zieht, spielt nur eine ungeordnete Rolle, weil immer deutlicher Actionelemente hervortreten. Die lange Passage, in der sich Regis und Chance durch ein unterirdisches Tunnelsystem ins Weiße Haus stehlen, um Mr. President die Augen zu öffnen, bildet das visuelle und konzeptionelle Zentrum des wenig inspirierten, dafür aber routiniert abgedrehten "Verschwörungskrimis", in dem Wesley Snipes hauptsächlich gutgeschnittene Designer-Hosen spazierenträgt. Wie unentschlossen der Film mit brisanteren Anklängen des Plots umgeht, spürt man an kurzatmigen Gags wie der Instruktion der Presseattachés, die in ihren Erklärungen die Wörter "Frau" und "Mord" vermeiden sollen, oder dem wiederholten Hinweis, daß der Präsident selbst nie als Soldat seinem Land gedient habe. Das mag den ein oder anderen Lacher hervorrufen, findet aber im strukturellen Gefüge keinen Widerhall. Der Amtsinhaber weckt optisch Assoziationen an eine Kombination aus Carter und Bush, bleibt dramaturgisch aber blaß wie die heiligen Hallen der Macht. Das geschlossene System hinter den weißen Sandstein-Fassaden, in dem andere Regeln als außerhalb gelten, bleibt ein Sandkasten-Konstrukt, erbaut zum reinen Vergnügen des Spielers, der sich vor der Illusion hüten sollte, damit irgendwie einer faktischen Wirklichkeit nahe zu sein. (Josef Lederle, film-dienst)
Der Originaltitel suggeriert beim Actionhungrigen eine Art "Speed hoch 2": Bei Tempo 1600 ereignet sich ein Mord! Wäre sicher ein spannender Film gewesen - im Gegensatz zum "Mord im Weißen Haus", der streckenweise fesselt wie eine Nachmittags-Fernsehserie.
Die "1600" ist eine Hausnummer der Pennsylvania Avenue - die Adresse der Weißen Hauses. Dort landet - nach einer wilden Nummer im Amtszimmer des Präsidenten - eine junge Frau brutal ermordet in den Toiletten. Die Mordkommission schickt Harlan Regis (Wesley Snipes). Draußen ist dieser ein guter Mann, geschickt und überzeugend wie Eddie Murphy in "Metro". Doch im abgeschlossenen System des Weißen Hauses hat der Geheimdienst schon alles untersucht und gesäubert. Dessen Auflagen sind rigide, seine Informationen knapp und unbedingt geheim zu halten. Geheimdienstchef Nick Spikings (Daniel Benzali) macht sich ebenso verdächtig, wie der Präsidentensohn Kyle (Tate Donovan) mit seinen vielen Affären. Aber auch der Präsident Jack Neil (Ronny Cox) selbst könnte in der Mordnacht heimlich im Haus gewesen sein. Die Medienöffentlichkeit wirft ihm doppeltes Versagen vor, weil er nicht mal sein Haus schützen kann und zusätzlich zögert, Nordkorea wegen ein paar gefangener US-Soldaten den Krieg zu erklären.
Auch dieser Präsident hat nicht gedient. Neuerdings fallen die amerikanischen Filmpräsidenten in zwei Kategorien. Die gedient Habenden und die Pazifisten. Je nach Kriegslust des Films wird damit stellvertretend Bill Clinton attackiert, der in jungen Jahren ja sogar gegen den Vietnamkrieg der Amerikaner protestierte. Die "guten" Staatschefs machen dabei die bessere Kinokasse. Sowohl in "Independence Day" als auch in "Air Force One" hauen richtige Männer-Präsidenten eigenhändig zu - sie haben gedient und sogar gekämpft! Die amerikanische Filmindustrie hatte ja schon immer eine besondere Neigung zum Militär - nicht an letzter Stelle wegen der teueren Kriegsmaterialien, die Army, Air Force und Marine öfters für besonders militaristische Machwerke zur Verfügung stellen. Andererseits sind die Film-Präsidenten ziemlich dreisten Vorwürfen ausgesetzt: In "Absolut Power" vergewaltigt er eine Frau, in "Verschwörung in Schatten" stellt er nur einen Hampelmann dar, der von seinem Helden-Freund Charly Sheen gerettet wird.
Die Themenreihe "US-Präsident" könnte allerdings auch von ganz banalen Grundlagen inspiriert sein: Das Weiße Haus als Filmset taucht in letzter Zeit auffällig häufig auf. Von "Dave" bis "Mr. Präsident Jr." werden Nachbildungen von Fassade und Oval Office vor die Kamera gehalten. Eine Besonderheit von "Mord im Weißen Haus" ist - vor allem in den ersten Szenen - das stark von unten scheinende Licht, das den Figuren etwas Unheimliches gibt.
Harlan Regis erhält nur Hilfe von der Geheimdienstfrau und Ex-Olympiaschützin Nina Chance (Diane Lane), die auch nicht einen unschuldigen Sündenbock für eine undurchschaubare Geheimniskrämerei opfern will. Zusammen rätseln sie herum, laufen vor ballernden Schurken weg und kriegen irgendwie die Zeit gefüllt. Die Mängelliste für dieses charakterarme Etwas zwischen Politthriller und Langeweile ist lang: Stellenweise benehmen sich die Figuren dümmer als es des Zuschauers Vernunft erlaubt. Die einfältige Vorstellung von Politik liegt jenseits jeder Diskussionswürdigkeit. Einige Szenen sind auffällig holpernd geschnitten, andere furchtbar langatmig. Der souverän und lässig spielende Wesley Snipes droht am Ende wieder in seine alte Action-Kiste abzurutschen, wo er doch in "One Night Stand" sein großes Vermögen zeigte.
Mit dem "Mord im Weißen Haus" läßt sich ganz gut die Zeit vertreiben, etwas Besonderes oder etwas Neues, etwas Interessantes läßt sich dabei nicht entdecken. (Günter H. Jekubzik)
Eine 25-Jährige wird ermordet im Weißen Haus, D.C. aufgefunden. Da es sich um eine der Geliebten des Sohnes des Präsidenten Jack Neil handelt, der bereits eine Geschichte vertuschter Gewaltausbrüche gegenüber Frauen aufweisen kann, wundert es Detective Harlan Regis nicht sonderlich, dass er wenig Kooperation von den Angestellten des Secret Service zur Aufklärung des Falles erfährt. Im Grunde sollte er sich fragen, weshalb er überhaupt herangezogen wurde...
Verschwörungen inclusive Jagden im Weißen Haus zeichneten sich in den letzten Monaten als beliebtes Thema ab, und so hat auch Mord im Weißen Haus die üblichen Spannungselemente gegen eine Übermacht an Technologie und Geheimdiensttätigkeiten in petto. Aber all die gelegentlichen Handlungsumschwünge können nicht darüber hinwegtäuschen, dass außer mäßigen Adrenalinschüben nichts gewesen ist. Je weiter sich die Wege der Aufklärung verstricken, um so unwahrscheinlicher werden zudem die Handlungsentscheidungen der Charaktere. Gut für den kleinen Bildschirm, ein Familienausflug ins Kino wäre zu viel investiert. (Queer View)
"Mord im Weißen Haus" - Das fabelhafte Drehtürprinzip der guten Thriller
Ein guter Thriller arbeitet nach dem Drehtürprinzip. Er hält den Zuschauer nach Betreten gleichsam gefangen, zwingt ihm in der Bewegung mit wechselnder Richtung gleichzeitig auch den wechselnden Blickwinkel auf. Diese Metapher geht sogar oft noch weiter, als sie sollte: indem der Zuschauer wieder an derselben Stelle landet, wo er eingetreten ist.
Im Kreis zu gehen kann diesem im Vergleich eher wenig maliziösen Präsidentenfilm freilich nicht vorgeworfen werden. Man merkt die Drehtür, ist aber nicht verstimmt. Wer sich willig an der Nase durch einen Mordfall im Haus Pennsylvania Avenue 1600 herumführen läßt (also dem Amtswohnsitz des amerikanischen Präsidenten), wird von einem Umfeld aus Macht und Mißbrauch, Suspence und Action fasziniert.
Gleich zu Beginn die Blicke aus vielen Präsidentenporträts, wie sie auf eine keuchende Sexszene fallen. Und auf das Gesicht einer jungen Frau in Lust und bald darauf Tod. Beim Großreinemachen findet man ihre Leiche, und nun kommen gleich nach den Putzfrauen Geheimdienst und Kriminalpolizei, um Ordnung zu machen.
Nur mit dem baldigen Verdacht, der Präsident oder ein Familienmitglied könnte der Tat verdächtig sein, wird naturgemäß bis (fast) zum Schluß nicht aufgeräumt. Wesley Snipes, Black Hero mittlerweile auch weißer Kinogeher, kultiviert sein Rollenfach als unbestechlicher, gerechtigkeitsfanatischer Ermittler mit einer Zuwaage hartgesottenen Humors.
Dafür darf er mit einer weißen CIA-Agentin herumspielen, die sich vereinsunübliche Skrupel leistet - in der Gestalt Diane Lanes drahtig und auf Draht. Rundherum der übliche Weiße-Haus-Fundus: Präsidentenberater als zwielichtige Charaktere, für die Gesetze nicht zu existieren scheinen. Wanzen und Videoüberwachungsbänder. Vorauseilender Gehorsam und rückbezügliche Anordnungen.
Beweise, die sich in Luft auflösen, zum Schweigen gebrachte Zeugen. Im Hohlraum hinter der offiziellen Wahrheit nisten die Ungeziefer Perfidie, Verrat und Manipulation. Aktuelle Kriegsgefahr durch eine politische Krisensituation sortiert die Administration des Präsidenten in Falken und Tauben usw.
Und die Drehtür gibt immer wieder neue, veränderte Ansichten möglicher Hintergründe des Mordes frei, wie es sich gehört. Was dabei störend quietscht, ist freilich nicht Mangel an Schmieröl. Vielmehr die mühsame Tatsache, daß selbst die besten Drehbuchschreiber Hollywoods sich in Sachen Verfolgungsjagden nicht mehr viel Originalität abringen können. (Rudi John, KURIER)
Weitere Kritiken der IMDb, offizielle Site: Warner Brothers
Besucher seit 11/1997: